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Veröffentlicht am 26.03.2021

Spreewald-Krimi

Verfehlt
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In Lübbenau steigt das große Spreewaldfest. Touristen und Einheimische drängen sich auf dem Festplatz, Fahrgeschäfte und Schausteller hoffen auf Umsatz. Klaudia Wagner und ihre Kollegen vom Kriminalkommissariat ...

In Lübbenau steigt das große Spreewaldfest. Touristen und Einheimische drängen sich auf dem Festplatz, Fahrgeschäfte und Schausteller hoffen auf Umsatz. Klaudia Wagner und ihre Kollegen vom Kriminalkommissariat zeigen in Uniform Präsenz. Dann gleiten die geschmückten Kähne vorüber. Der diesjährige Schützenkönig grüßt jovial nach allen Seiten, bis er plötzlich ins Wasser stürzt – ein Messer im Rücken.

Zeugen haben sogar einen tatverdächtigen Messerwerfer gesehen, eine Spreewald-Gurke auf Stelzen. Dann wird ein zweites Opfer gefunden, der alte Schiebschick, ein stadtbekannter Fährmann und Klaudias väterlicher Freund, liegt schwerverletzt zwischen den Schausteller-Wagen.

Christiane Dieckerhoff hat einfach ein Gespür für die richtige Spreewald Atmosphäre. Die Landschaft, der typische Menschenlag – sie kann das alles wunderbar einfangen. Das Team um Klaudia, die aus dem Ruhrgebiet kam, hat sich im Lauf der Zeit zusammengerauft. Das war nicht immer ganz einfach und ab und zu spürt Klaudia immer noch gewisse Vorurteile. Das mag auch daran liegen, dass sie zur Zeit die Dienststelle leitet, da der Chef auf Fortbildung ist. Das macht Klaudia noch mehr Druck als sonst.

Der Plot ist spannungs- und temporeich. Je mehr sie die Ermittler mit den Opfern auseinandersetzen, umso mehr weisen die Hinweise auf die Vergangenheit. Dazu kommen die internen Probleme, die man aus Klaudias früheren Fällen kennt. Sie ist ja kein einfacher Charakter und ich habe auch ein – zwei Bände gebraucht, bis ich mit der Figur so richtig warm geworden bin. Inzwischen schätze ich ihre Eigenarten, sie bilden einen reizvollen Gegensatz zum romantischen Spreewald. Aber auch die anderen Charaktere sind schön ausgestaltet, manchmal ein wenig verschroben, aber immer wirken sie echt.

Ein gelungener Band aus der Spreewald-Reihe.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Katz und Maus

Böse Absichten
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Kunihiko Hidaka wird am Vorabend einer Auslandsreise tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Seine Ehefrau und sein Freund und Schriftstellerkollege Nonoguchi haben die Leiche gefunden. Die Polizei steht ...

Kunihiko Hidaka wird am Vorabend einer Auslandsreise tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Seine Ehefrau und sein Freund und Schriftstellerkollege Nonoguchi haben die Leiche gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel, Haus und Arbeitszimmer waren von innen verschlossen, es gibt keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens oder eines Raubs. Der Kommissar ist auf die beiden Zeugen angewiesen, die zudem noch ein wasserdichtes Alibi haben, Kommissar Kaga ist froh, in Nonoguchi einen ehemaligen Kollegen wiederzuerkennen. Beide haben einige Jahre gemeinsam als Lehrer gearbeitet. Nonoguchi ist ein penibler Zeuge. Als Schriftsteller ist er gewohnt, genau zu beobachten und sich Notizen zu machen. Geschmeichelt stellt er seine Notizen der Polizei zur Verfügung. Aus seinen Eindrücken erfährt die Polizei, dass das Opfer kein ganz angenehmer Zeitgenosse war, so hat er die Nachbarskatze vergiftet, die immer seinen Garten als Toilette missbrauchte. Einen ehemaligen Mitschüler hat er als Hauptfigur eines Romans genommen und ihn ehrverletzend und abwertend portraitiert

Die Suche nach dem Täter ist für Polizist Kaga eine diffizile Angelegenheit, es gibt kaum Anhaltspunkte, jede neue Erkenntnis gibt dem Vorfall eine neue und andere Bedeutung, vor allem die Aufzeichnungen Nonoguchis werfen immer neue Schlaglichter auf den Mord. Als Schriftsteller war Nonoguchi zwar erfolglos und immer wieder auf die Unterstützung und Hilfe seines Freundes Hidaka angewiesen, aber als Beobachter erweist er sich als schlauer und gewiefter Taktiker.

Dieser Kriminalroman ist fast wie ein Kammerspiel aufgebaut, es gibt nur wenige handelnde Personen. Hauptsächlich beschränkt sich das Buch auf die Aufzeichnungen Nonoguchis und die Ermittlungen Kagas. Aber wie in einem Labyrinth wird der Leser mit jeder Wendung in die Irre geschickt. Wie die Katze mit der Maus spielt der Kommissar mit dem Täter und der Autor mit dem Leser. Der Täter ist schnell erkannt, aber das Wie und Warum macht den Reiz dieses Buches aus.

Ein wirklich raffinierter Kriminalroman, der aus dem Rahmen fällt.

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Veröffentlicht am 23.03.2021

Die 49 Geheimnisse von Grady

Hard Land
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Sam ist 15, ein schwieriges Alter – kein Kind mehr, aber noch nicht erwachsen. Er ist in der Schule ein Außenseiter und seit sein einziger Schulfreund weggezogen ist, noch mehr zum Einzelgänger geworden. ...

Sam ist 15, ein schwieriges Alter – kein Kind mehr, aber noch nicht erwachsen. Er ist in der Schule ein Außenseiter und seit sein einziger Schulfreund weggezogen ist, noch mehr zum Einzelgänger geworden. Die familiäre Situation ist belastend, seine Mutter ist todkrank und zu seinem Vater findet er keinen richtigen Draht.

Doch als er im kleinen Kino der Stadt einen Ferienjob annimmt, ändert sich sein Leben. Er lernt Brandon, Cameron und Kirstie, die Tochter des Inhabers kennen. Die Drei sind in ihrem letzten Highschool-Jahr und auf dem Absprung zum College und sie nehmen Sam ein wenig unter ihre Fittiche. Und damit wird aus diesem Sommer, trotz aller Trauer das, was bereits im ersten Satz des Buches anklingt: „In diesem Sommer verliebte ich mich und meine Mutter starb.“

Benedikt Wells ist ein Shooting Star unter den jungen Schriftstellern und seine Bücher werden regelmäßig zu Bestsellern. Nicht unverdient, wie ich finde. Er trifft ganz genau den Ton dieser Teenager, kann sich in ihr Denken und Fühlen hineinversetzen.

Die Geschichte spielt in einer amerikanischen Kleinstadt in den 80iger Jahren und auch hier hat Wells ein ganz genaues Gespür für die Zeit und die Atmosphäre. Was ich ganz erstaunlich finde, wenn ich bedenke, dass er erst Mitte der 80iger geboren wurde.

Das schmerzhafte Ende einer Jugend wird sehr empathisch beschrieben, manchmal anrührend und nah an der Sentimentalität, aber nie ins Kitschige abrutschend. Wells hat eine leichte und ansprechende Art zu schreiben, der Leser kann sich wunderbar in die Geschichte fallen lassen. Dass alles ein wenig zu glatt erscheint, muss gar kein Manko sein.

Durch das ganze Buch läuft wie ein Roter Faden die Geschichte des einzigen namhaften Bürgers der Kleinstadt, ein Schriftsteller, dessen Gedichtzyklus seit Jahrzehnten Thema in der Highschool ist. Mit der Auflösung der „49 Geheimnisse von Grady“ endet das Buch und dieses Ende ist für mich die einzige kleine Schwachstelle des Buches.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

Guter Auftakt

Nordwesttod
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Hendrik Norberg hat beruflich einen Rückschritt gemacht. Nach dem Tod seiner Frau lässt er sich zur Schutzpolizei zurückversetzen, um mehr Zeit für seine halbwüchsigen Söhne zu haben. Der Verlust macht ...

Hendrik Norberg hat beruflich einen Rückschritt gemacht. Nach dem Tod seiner Frau lässt er sich zur Schutzpolizei zurückversetzen, um mehr Zeit für seine halbwüchsigen Söhne zu haben. Der Verlust macht allen drei sehr zu schaffen.

Aber auch in der Polizeidienststelle in Sankt Peter Ording, deren Leitung Norberg übernimmt ist im Augenblick viel los. Zwei Beamte bearbeiten einen tödlichen Unfall mit Fahrerflucht und eine Beamtin aus dem LKA Kiel ist ebenfalls vor Ort. Anna Wagner soll ein Dezernat für Vermisstenfälle aufbauen und ein Vermisstenfall liegt nun in SPO vor. Nina Brechtmann wurde von ihren Kollegen vermisst gemeldet. Die Brechtmanns sind eine bekannte Hoteliersfamilie, aber Nina hat sich als aktive Umweltschützerin schon länger von der Familie distanziert. Deren Pläne, immer mehr, immer größere Hotels an die Nordseeküste zu bauen, versucht sie aktiv zu verhindern. Kein Wunder, dass Mutter und Schwester schon lange nichts mehr von Nina hörten und ihr Verschwinden sie auch wenig berührt.

Während sich Norberg mit familiären Problemen plagt, gibt es auf der Dienststelle ebenfalls jede Menge Ärger und Kompetenzgerangel mit Kollege Paulsen.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Er beginnt mit einer guten und tiefgehenden Einführung des Ermittlerteams. Da werden die Figuren schon sehr gut angelegt, so dass ich mir gut vorstellen kann, dass das schon im Hinblick auf Folgebände geschieht. Dann ist natürlich das Setting ein großes Plus, Sankt Peter Ording, die Landschaft der Nordseeküste, das bildet einfach den perfekten Hintergrund.

Der Plot ist raffiniert aufgebaut, allmählich werden die Handlungsstränge miteinander verwoben, das ist von der ersten Seite an spannend. Die Autorin schreibt wirklich fesselnd und das war genau ein Krimi, wie ich ihn gern lese. Die Mischung aus gut beschriebener, realistischer Ermittlerarbeit und privaten Verwicklungen und Problemen war ausgewogen. So stelle ich mir einen klassischen Krimi mit regionalem Hintergrund vor.

Der Auftaktband macht wirklich neugierig auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 16.03.2021

Lesenswert

Kronsnest
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Kronsnest, ein kleines Dorf in der Elbmarsch in den Zwanziger Jahren. Hannes lebt mit seinen Eltern auf einem kleinen Hof. Die Arbeit ist hart und trotz Schule arbeitet er wie ein Mann. Anerkennung findet ...

Kronsnest, ein kleines Dorf in der Elbmarsch in den Zwanziger Jahren. Hannes lebt mit seinen Eltern auf einem kleinen Hof. Die Arbeit ist hart und trotz Schule arbeitet er wie ein Mann. Anerkennung findet er selten. Sein Vater ist ein harter, unberechenbarer Mann, der schnell die Fäuste fliegen lässt, auch Hannes ist sein Opfer. Mehr als einmal liegt er mit Prellungen und Knochenbrüchen nach einer Attacke seines Vaters im Bett. Die Mutter versucht zu vermitteln, den Vater zu beruhigen und Hannes um Verständnis zu bitten. Eine harte Jugend und der Krieg haben den Vater so verändert.

Dann trifft Hannes mit Mara ein junges Mädchen, das so ganz anders ist, als die Mädchen, die Hannes aus dem Dorf kennt. Träumerisch, fantasievoll, mutig, rebellisch – mit Mara bekommt seine Welt einen bunten Anstrich. Aber Mara hat auch andere Seiten, sie schleppt ebenfalls eine Menge Sorgen und Ängste mich sich, die sie doch gut verbergen kann.

Das Buch hat mich Tage nach dem Lesen noch beschäftigt. Ich war hin und her gerissen. Mir gefiel die Sprache des Autors, seine stimmungsvollen Landschafts- und Naturbeschreibungen, die ungeschönte Wirklichkeit auf einem kleinen, alten Bauernhof. Dieser Teil hat eine große Anziehungskraft auf mich gehabt. Womit ich weniger gut zurecht kam, waren die Protagonisten. Anfangs dachte ich noch, dass ihre Handlungsweise nachvollziehen kann, wenn ich sie besser kenne. Aber sie blieben mir fremd. Besonders traf das auf Hannes‘ Mutter zu. Ihre stille, schweigsame Art, ihre Unentschiedenheit störte mich, vielleicht auch, weil ich erwartete, dass sie ihren Sohn besser schützt, verteidigt….

Wobei ich die Wortkargheit durchaus als Stilmittel erkannte. Ein verschlossener Menschenschlag, der alles mit sich selbst ausmacht und Missernten und Schicksalsschläge stoisch hinnimmt. Florian Knöppler lässt dies zwischen den Zeilen anklingen ohne die Gefühle seiner Figuren immer auszuformulieren.

Das war schon eine Herausforderung für mich, aber wenn mich ein Buch so lange beschäftigt und ich mir auch nach dem Lesen immer wieder Gedanken über die Figuren mache, bedeutet es auch, dass der Text etwas in mir angesprochen hat. Insofern war es ein positives Leseerlebnis.

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