Auf dem Weg durchs Leben kann man den Wind nicht immer im Rücken haben. (aus Irland)
Das DünencafeNur ganz langsam erholt sich die Wirtschaft von den Nachwehen des Ersten Weltkrieges und die Gäste kommen wieder nach Sylt, aber das Geld sitzt nicht mehr so locker in den Taschen. Moikens Geschick für ...
Nur ganz langsam erholt sich die Wirtschaft von den Nachwehen des Ersten Weltkrieges und die Gäste kommen wieder nach Sylt, aber das Geld sitzt nicht mehr so locker in den Taschen. Moikens Geschick für kleine lukullische Genüsse ist gefragt und so zaubert sie Törtchen und Pralinen, die den Gaumen verwöhnen. Da kommt ihr die Nachricht, dass der lang geplante Damm auf die Insel nun endlich verwirklicht werden soll, gerade recht, denn die Anbindung an das Festland verheißt neue Gäste und somit wird Geld in die leeren Kassen gespült. Der Bau wird von vielen argwöhnisch betrachtet und Moiken sieht sich plötzlich Adam von Baudissen gegenüber - der Mann, der einst der erste Gast in ihrem Dünencafe gewesen ist...
Erneut dürfen wir zu Gast in der Strandvilla und im Dünencafe sein, doch mit dem zweiten Teil der Sylt-Saga tue ich mir ein bisschen schwer, um in die nicht enden wollenden Begeisterungsstürme einzufallen, die mich in Band 1 fast vom Hocker gehauen haben.
Die liebgewonnenen Charaktere aus der Strandvilla tauchen alle wieder auf und haben sich weiterentwickelt, die schlechten Erfahrungen der Kriegsjahre haben Narben und sichtbare Spuren hinterlassen - sowohl am Körper als auch in der Seele. Und genau da fangen schon meine kleinen Kritikpunkte an - die veränderten Persönlichkeiten, egal ob Moiken, Boy oder Emma, lassen sich nur schwer greifen und Sina Beerwald schafft es nicht, dem Leser die Einblicke in Herz und Seele ihrer Figuren zu ermöglichen, die sie dem Leser in Band eins so offen präsentiert hat.
Auch sind zu vielen Nebenhandlungen (galoppierende Inflation, zunehmende Sympathie für rechtes Gedankengut, Stellung der Frau in der Gesellschaft) und Komparsen vorhanden, die meiner Meinung nach nicht wirklich viel zum Fortgang der Geschichte beitragen. Das Leben und Wirken von Boy und Emma in Berlin wird sehr ausführlich betrachtet, der Bau den Hindenburgdammes inklusive der miserablen Arbeitsbedingungen sehr genau beschrieben und das zieht das Buch unglaublich in die Länge. Ja, diese Details gehören zum Roman, aber ich finde, ein wenig straffer hätte man die Abläufe ruhig erzählen können.
So geht dem Buch irgendwann die Puste aus und der Leser findet sich in einer zwar hervorragend recherchierten Geschichtsstunde wieder, denn Sina Beerwald hat hier wirklich jedes noch so kleine Detail aus dieser Zeit mit eingebunden, aber die eigentliche Geschichte rund um das Dünencafe bleibt auf der Strecke. Dem schnuckligen kleinen Pavillon am Strand widmet die Schreibende nämlich leider nicht ihre volle Aufmerksamkeit und so wirkt das namengebende kleine Häuschen eher wie eine Staffage - und das finde ich extrem schade.
Die letzten hundert Seiten jedoch haben es in sich, denn hier ist Spannung, Dramatik, Emotionen pur und ein richtiges Fieber zu spüren, das von den Figuren Besitz ergreift. Der Leser wird regelrecht in die Seiten hineingezogen und hält den Atem an....der Cliffhanger macht neugierig auf die Fortsetzung und ich hoffe, dass dann die Autorin wieder Inselzauber und Nordseefeeling mit aufwühlenden Szenen einer abwechslungsreichen und unterhaltsamen Erzählung inklusive stimmungsvoller Bildern kombiniert.