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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2021

Provokant und regt zum Nachdenken an

Sind wir noch zu retten?
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„Sind wir noch zu retten?“ Diese provokante Frage stellen Hans-Peter Hutter und Judith Langasch.

In acht Kapiteln versuchen uns der (Umwelt)Mediziner und die Journalistin Antworten auf die Frage(n) zu ...

„Sind wir noch zu retten?“ Diese provokante Frage stellen Hans-Peter Hutter und Judith Langasch.

In acht Kapiteln versuchen uns der (Umwelt)Mediziner und die Journalistin Antworten auf die Frage(n) zu geben.

Plastik & Mikroplastik
Pestizide
Leicht- & Schwermetalle
Luftverschmutzung
Innenraum
Handy & Co.
Lärm
Klimakrise

In jedem Kapitel erhält der interessierte Leser Informationen zum Thema und anschließend die Antwort auf die titelgebende Frage. Zusätzlich gibt es eine Liste mit Dingen, die jeder Einzelne zur Rettung des Ganzen beitragen kann.

Als Arbeitsmediziner weist Hans-Peter Hutter auch darauf hin, dass nicht nur Chemikalien und/oder elektromagnetische Strahlungen auf uns einwirken. Lärm als Verursacher von „akustischer Umweltverschmutzung“ und Krankmacher darf nicht vernachlässsigt werden.

Hans-Peter Hutter erklärt die Fakten anhand von Beispielen und ohne erhobenen Zeigefinger sowie Missionseifer. Zwischendurch kommt sein Humor durch. Ich habe ihn schon bei verschiedensten Veranstaltungen und Workshops erlebt. Seine bunten Hawai-Hemden sind sein Markenzeichen. Wo er die wohl herhat?

Die Antwort auf die spannende Frage „Sind wir noch zu retten?“ Ist ein deutliches „Ja, klar, wenn ...“

Fazit.

Ein provokantes, sachkundiges und notwendiges Buch, das zum Nachdenken anregt und Lösungsansätze anbietet. Gerne gebe ich hier 5 Stern.

Veröffentlicht am 21.03.2021

Einblick in die unbekannte Welt der chassidischen Juden

Eine ganze Welt
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Autorin Goldie Goldblum lässt uns mit diesem Roman in eine fremde Welt eintauchen: in die Lebenswelt der orthodoxen Juden.

Surie Eckstein, geachtete Ehefrau eines Rabbis in Brooklyn, zehnfache Mutter, ...


Autorin Goldie Goldblum lässt uns mit diesem Roman in eine fremde Welt eintauchen: in die Lebenswelt der orthodoxen Juden.

Surie Eckstein, geachtete Ehefrau eines Rabbis in Brooklyn, zehnfache Mutter, Großmutter von 32 Enkeln und angehende Urgroßmutter, erfährt mit 57 Jahren, dass sie mit Zwillingen schwanger ist. Ein Schock für die Frau, die eine Brustkrebserkrankung überstanden hat. Obwohl sie eine gute und liebevolle Beziehung zu ihrem Mann Ydel hat, verheimlicht sie die Schwangerschaft.

Val, die Hebamme, wird ihr zur großen Stütze und ermuntert Surie als Dolmetscherin auf der gynäkologischen Station des Krankenhauses zu arbeiten. Wieso also Dolmetscherin? Die strenggläubigen Frauen sprechen nur jiddisch, manche ein paar Brocken englisch. Sie dürfen nur eingeschränkt ihre Wohnungen verlassen und bewegen sich ausschließlich in ihren eigenen orthodoxen Kreisen.

Durch die Arbeit im Krankenhaus öffnet sich für Surie eine neue Welt, die sie einerseits fasziniert und die ihr andererseits auch Angst macht.

Meine Meinung:

Goldie Goldblum entführt ihre Leser in eine bizarre Welt der Ver- und Gebote.
Chassidische Juden müssen extra strenge Regeln befolgen bzw. fragen wegen jeder Kleinigkeit den Rabbi, ob erlaubt oder nicht erlaubt.

Den Mädchen wird häufig weiterführende Schulbildung verwehrt. Sie sollen sich um die Familie kümmern, mehr braucht es nicht. Doch auch die Jungs haben es nicht leicht, wie das Beispiel von Suries Sohn Lipa zeigt. Er ist schwul, hat AIDS und wird aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Selbst nach seinem Tod darf sein Name nicht mehr genannt werden. Er gilt als Schande für die Familie, die auf ihre Reputation bedacht ist. Surie erfährt lediglich durch ihre alte, blinde Schwiegermutter so etwas wie Anteilnahme.

Der Schreibstil ist eindringlich, sorgt manchmal für Staunen, Kopfschütteln und Wut. Wut deshalb, weil ich Fanatismus und Orthodoxie in jeder Form ablehne. Ich beschäftige mich schon länger mit den unterschiedlichen Richtungen innerhalb des Judentums. Frauen werden häufig nur als Gebärmaschinen gesehen. Je mehr Kinder, desto besser. Das stärkt das Ansehen der Männer. Wenn man die vielen Vorschriften für das Eheleben kennt, wundert es nicht, dass fast jeder Beischlaf zu einer Schwangerschaft führt und zehn, zwölf Kinder eher die Regel als die Ausnahme.

Ich lebe in Wien und bin in der Leopoldstadt, jenem Bezirk mit den meisten jüdischen Einwohnern, aufgewachsen. Regelmäßig begegne ich jüdischen Familien. Den Frauen, die mit kaum 20 Jahren schon vier, fünf Kinder geboren haben, die aufgrund der strengen Kleiderordnung und den Perücken sofort als orthodoxe Juden identifizierbar sind und ihren Männern, die entweder doppelt oder dreifach so alt sind wie die Frauen selbst, oder ähnlich jung sind. Auch leicht zu erkennen an ihren Kniebundhosen, den weißen Strümpfen, den Schläfenlocken und dem mit Biberpelz besetzten großen Hut.

Mich hat das Buch sehr berührt, zumal ich am Vortrag eine Doku über jüdische Frauen in Israel gesehen habe, die sich scheiden lassen wollten und denen ihre Männer dieselbe aus unterschiedlichen Gründen verweigern.

Deborah Tannens Buch „Unorthodox“ wartet noch darauf gelesen zu werden, was ich nun angehen werde.


Fazit:

Ein interessanter Einblick in eine unbekannte Welt. Gerne gebe ich diesem Roman 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.03.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Das Grab in den Schären
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Dieser 10. Fall für Thomas Andreasson ist für mich der erste aus dieser Reihe. Von der Autorin habe die beiden weihnachtlichen Kurzkrimis „Weihnachten auf Sandhamn“ gelesen, die mir nicht so gut gefallen ...

Dieser 10. Fall für Thomas Andreasson ist für mich der erste aus dieser Reihe. Von der Autorin habe die beiden weihnachtlichen Kurzkrimis „Weihnachten auf Sandhamn“ gelesen, die mir nicht so gut gefallen haben. Der Klappentext zu diesem Krimi hat mich verführt, das Buch zu lesen.

Worum geht’s?

Auf Telegrafenholmen, einer der Schäreninseln, werden Skelettteile gefunden. Leider sind nur kleine Fragmente erhalten, weil die Baufirma für die Aushubarbeiten Sprengstoff verwendet hat. Dabei sollte diese Schäreninsel überhaupt unbebaut bleiben - aber, das wäre eine andere spannende Geschichte.

Das Team um Thomas Andreasson überprüft zunächst die Vermisstenanzeigen. Tatsächlich bleiben zwei Frauen im Raster hängen: die damals 17-jährige Astrid und die 35-jährige Siri.

Während Thomas und sein Kollege Aram den Spuren der vermissten Frauen nachgehen, beginnt Staatsanwältin Nora Linde auf eigene Faust in dieser Causa zu ermitteln. An sich nicht unüblich, doch leider ist Nora aufgrund einer Belastungsstörung krankgeschrieben. Sie leidet an Albträumen, weil sie in ihrem letzten Fall versagt hat. Um ihr Gewissen zu beruhigen, versucht sie die Hintergründe zu Astrids und Siris Verschwinden herauszubekommen und begibt sich in große Gefahr. Denn es gibt jemanden, der die Zusammenhänge kennt und seit zehn Jahren eisern schweigt....

Meine Meinung:

Obwohl ich die Vorgänger nicht kenne, habe ich mich recht gut zurechtgefunden. Dennoch werde ich wohl die anderen Teile dieser Reihe „nachlesen“.

Viveca Sten präsentiert mehrere Verdächtige, doch wer ist wirklich der Täter? Und noch wichtiger, wessen Überreste hat man hier gefunden? Ist Astrid oder Siri das Opfer oder vielleicht beide?

Interessant ist der häufige Perspektivenwechsel, der uns in die unterschiedlichen Zeiten und Ereignisse eintauchen lässt. So lernen wir Siri, Astrid, Nora und Thomas sowie ihr Umfeld kennen. Dass es mit diversen Partnerschaften nicht zum Besten steht, erhöht die Spannung, die am Ende eine unerwartete Auflösung bietet.

Fazit:

Eine komplexe Geschichte, die durch mehrfachen Perspektivenwechsel bis zur letzten Seite spannend bleibt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Hat mir gut gefallen

Idole sind weiblich
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Autorin und Journalistin Christine Dobretsberger hat 18 erfolgreiche Frauen aus Österreich interviewt und sie nach ihren weiblichen Vorbildern befragt. Diese achtzehn Frauen sind:

Helga Rabl-Stadler
Brigitte ...

Autorin und Journalistin Christine Dobretsberger hat 18 erfolgreiche Frauen aus Österreich interviewt und sie nach ihren weiblichen Vorbildern befragt. Diese achtzehn Frauen sind:

Helga Rabl-Stadler
Brigitte Bierlein
Emmy Werner
Elisabeth Gürtler-Mauthner
Uschi Pöttler-Fellner
Renate Holm
Erika Pluhar
Gerda Rogers
Petra Kronberger
Andrea Jonasson
Christina Schwarz
Lisl Wagner-Bacher
Maria Rauch-Kallat
Helene Klaar
Lou Lorenz-Dittlbacher
Heide Schmidt
Dagmar Schratter
Helga Kromp-Kolb

Viele dieser engagierten und innovativen Frauen Österreichs nennen ihre Mutter oder Großmutter als Vorbild, weil die in der schwierigen Zeit während des Zweiten Weltkrieges bzw. in der Zeit danach, die Familie zusammen gehalten haben.

Einigen dieser bemerkenswerten Frauen wie Dagmar Schratter, Helga Kromp-Kolb, Brigitte Bierlein, Maria Rauch-Kallat, Heide Schmidt, Erika Pluhar oder Helene Klaar bin ich auf diversen Veranstaltungen schon begegnet. Jede für sich ist eine starke Persönlichkeit und ich wünsche, dass es mehr davon gäbe.

Die 18 Porträts sind einfühlsam und einprägsam gestaltet. Daneben gibt es noch eine Auflistung zahlreicher Ehrungen, einen kurzen Blick auf die Lebensstationen und - was mit besonders gefällt - sechs Fragen, die jeder Frau gestellt werden:

Ich werde schwach bei ...
Ich tanke Kraft ...
Ich habe Angst ....
Ich werde ärgerlich bei ...
Ich glaube fest daran, dass
Ich würde mir wünschen, dass...



Fazit:

Gerne gebe ich diesen achtzehn Kurzporträts 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Fesselnde Fortsetzung

Abels Auferstehung
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"Man sieht nur, was man weiß." Dieser Aphorismus von Johann Wolfgang von Goethe begleitet uns und Paul Stainer durch das Buch.

Der zweite Fall beginnt mit folgendem Prolog:
„...Nichts konnte sein Fallen ...

"Man sieht nur, was man weiß." Dieser Aphorismus von Johann Wolfgang von Goethe begleitet uns und Paul Stainer durch das Buch.

Der zweite Fall beginnt mit folgendem Prolog:
„...Nichts konnte sein Fallen mehr aufhalten, und er würde unweigerlich dort unten ins schäumende Brodeln eintauchen und versinken. Diese Einsicht löschte die Flamme der Panik aus, und von einem Augenblick auf den anderen erfüllte ihn eine überirdische Ruhe...“

Den Inhaber dieser Gedanken fischt man wenig später tot aus dem Rhein. Die Leipziger Journalistin Marlene Wagner sucht nach ihrem vermissten Bruder. Als sie von diesem Toten erfährt, der ein Zigarettenetui aus Leipzig bei sich hat, eilt sie nach Basel. Der unbekannte Soldat ist nicht ihr Bruder. Dennoch nimmt sie sich vor, dessen Identität zu lüften und ihm ein Denkmal zu setzen. Dass es ausgerechnet das Zigarettenetui ist, das ihr eigenes Leben in Gefahr bringt, weiß sie noch nicht.

Währenddessen schlägt sich Paul Stainer - im wahrsten Sinne des Wortes - mit den schlagenden Studentenverbindungen von Leipzig herum. Denn der jüdische Maler Fritz Sternberg, der erst kürzlich an einer Mensur teilgenommen hat, ist in seinem Hotelzimmer ermordet aufgefunden worden. Es ist übrigens jene Mensur, über die Marlene in der linken Zeitung berichtet hat und deren Artikel im konservativen und nationalen Lager hohe Wellen schlägt.

Meine Meinung:

Der zweite Teil „Abels Auferstehung“ schließt zeitlich unmittelbar an „der rote Judas“ an. Paul Stainer, Kriminalbeamter und Kriegsheimkehrer, ist nach wie vor traumatisiert. Doch nicht nur seine Erlebnisse im Großen Krieg, wie der Erste Weltkrieg damals genannt wurde, sondern auch der Doppelmord an seiner Frau Edith und deren Geliebten, machen ihm zu schaffen. Denn Stainer weiß, dass er eigentlich an der Seite seiner Frau sterben hätte sollen.

Thomas Ziebula ist es wieder bestens gelungen die aufgeheizte Stimmung in Deutschland um 1920 dazustellen. Die Linken agitieren gegen die Konservativen und man übersieht dabei, dass es ein drittes Lager gibt, das händereibend und zündelnd auf seinen großen Auftritt wartet.

Noch immer sind nicht alle deutschen Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause gekommen. Und die, die es geschafft haben wie Paul Stainer sind an Körper und Seele verwundet. Manche machen einfach dort weiter, wo der Befehl der Generäle aufgehört hat:

„...Ich schreibe es nicht gern, doch das Töten fällt mir von Mal zu Mal leichter. Eine verstörende Erfahrung – doch habe ich sie nicht schon im Krieg gemacht?...“

Andere wie Paul Stainer entwickeln einen überlebenswichtigen Sarkasmus:
„...“Deine Frisur gefällt mir, Paul. Wer hat dir die Haare gefärbt?“ „Zwei Herren, die man mir gegen meinen Willen vorgestellt hat – der Krieg und der Tod.“

Die Männer müssen sich in der neuen Ordnung erst orientieren und fordern ihre alten Rechte wieder. Die Frauen, die zwischen 1914 und 1918 die eingerückten Männer in allen möglichen Belangen ersetzt haben, werden nun gekündigt und an den Herd zurückgedrängt. Ohne, dass sich auch nur irgendjemand über sie Gedanken machen würde. Wie die Kriegerwitwe Fine, die seit Jahren Straßenbahn fährt und die Arbeit zum Überleben für sich und ihre Kinder braucht.

Der Autor hat penibel recherchiert und lässt dadurch diese Zeit lebendig erstehen. Sehr gut gelungen sind die Dialoge, die jeweils in der passenden Sprache, auch mit Dialektpassagen, erstellt sind. Der stetig steigende Antisemitismus macht auch vor den Polizisten nicht Halt.

Die Figuren sind lebendig und facettenreich dargestellt. Sie haben alle so ihre Ecken und Kanten. Siggi Junghans steht Stainer loyal zur Seite und darf sich in Fines Tochter Mona verlieben. Auch, die neuerdings wieder aufgetauchte Krankenakte Stainers, sorgt wieder für Bauchweh, denn eigentlich werden Kriegsneurotiker bei der Polizei nicht geduldet. Das und die verabscheuungswürdige Vorliebe des Dr. Kasimirs für kleine Mädchen bieten genug Stoff für einen dritten und vielleicht auch vierten Band.

Das Buch ist wie sein Vorgänger gediegen als Hardcover mit Lesebändchen erschienen. Als Vorsatzblatt ist ein Stadtplan von Leipzig abgedruckt.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die den Vergleich mit ähnlichen Reihen wie die beiden Wiener Serien rund um Inspektor Emmerich (Alex Beer) oder Inspektor Bronstein (Andreas Pittler) oder die Berliner Reihe um Gereon Rath (Volker Kutscher) nicht zu scheuen braucht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne (mehr geht ja leider nicht) und warte mit Ungeduld auf den näc