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Veröffentlicht am 06.09.2017

Der Wolf im Schatten

Der Preis, den man zahlt
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Falcó, der Protagonist in Arturo Pérez-Revertes Roman “Der Preis, den man zahlt“, arbeitet als Spion in einer Spezialeinheit der Falangisten. Er selbst ist weder Falangist noch Republikaner. Mit 37 glaubt ...

Falcó, der Protagonist in Arturo Pérez-Revertes Roman “Der Preis, den man zahlt“, arbeitet als Spion in einer Spezialeinheit der Falangisten. Er selbst ist weder Falangist noch Republikaner. Mit 37 glaubt er nach einem bewegten Leben voller Abenteuer und Gefahren an gar nichts mehr, auch nicht an Vaterland, Liebe oder Zukunft. Der Admiral, sein Chef, der die Hand über ihn hält, erteilt ihm den Auftrag, einen prominenten Gefangenen aus der Festung von Alcatraz zu befreien und ihn damit vor dem sicheren Tod zu retten. José Antonio Primo de Rivera ist der Gründer der Falange. Die Befreiungsaktion wird durch die Tatsache erschwert, dass der Süden noch in der Hand der Roten, der Verteidiger der Republik, ist. Falcó muss sich auf feindliches Gebiet begeben und dort mit nur wenigen Mitstreitern, darunter zwei Frauen, eine sehr komplizierte und überaus gefährliche Aktion leiten. Eine der beiden Frauen ist die attraktive, geheimnisvolle Eva Rengel. Falcó und Eva sind Komplizen, kommen sich jedoch zeitweise sehr nahe.

Die fiktive Geschichte spielt im Herbst 1936 nach dem Putsch der Faschisten und zeigt einen weitgehend verdrängten oder sogar vergessenen Krieg in all seiner Grausamkeit. Der Roman beschreibt, in welchem Maße auch die Nazis zum Sieg des Caudillo beitrugen, der Spanien eine fast 40jährige Diktatur bescherte – bis zu seinem Tod im Jahr 1975. Der Held dieses Romans ist ein charismatischer Einzelkämpfer, der vor allem die Frauen für sich einnimmt. Er fühlt sich keiner Ideologie verpflichtet. “Er war ein Mann des Augenblicks, (…). Ein Wolf im Schatten. Gierig und gefährlich.“ (S. 22). Er erledigt seinen Job sehr effizient und hat normalerweise keine Skrupel zu töten. Der Verrat, zu dem ihn seine Vorgesetzten zwingen, geht jedoch sogar ihm gegen den Strich, denn er ist trotz allem auch zu Loyalität fähig.

Der auf eine Fortsetzung hin angelegte Roman liest sich sehr gut. Er ist spannend und vor allem authentisch, was das Porträt Spaniens zur Zeit des Bürgerkriegs angeht. Bei der Darstellung von Gewalt und Folter ist der Autor jedenfalls nicht zimperlich. Insgesamt verdient “Der Preis, den man zahlt“ eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Drogenkrieg in England

Die Lieferantin
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Zoë Beck hat ihren neuen Kriminalroman "Die Lieferantin" in London angesiedelt, und ihr Ausblick in die Zukunft ist düster. Nach dem Brexit haben sich die Fronten verhärtet. Beim nächsten Referendum will ...

Zoë Beck hat ihren neuen Kriminalroman "Die Lieferantin" in London angesiedelt, und ihr Ausblick in die Zukunft ist düster. Nach dem Brexit haben sich die Fronten verhärtet. Beim nächsten Referendum will die konservative Regierung durch Volksentscheid über eine Verschärfung der Drogengesetze abstimmen lassen. Danach würden Drogenabhängige jegliche staatliche Unterstützung verlieren, sie wären nicht mehr versichert und würden obdachlos werden. Die schärfste Druxit-Gegnerin ist Catherine Wiltshire, eine Freundin von Ellie Johnson. Ellie unterstützt Catherines Kampagne mit dem Geld, das sie durch den Verkauf von erstklassigem Heroin übers Internet verdient. Ihr Geschäftsmodell ist gut. Über ihre App bestellt man die Drogen, geliefert wird mit Hightech-Drohnen, die eine enorme Reichweite haben. Das ist effizient, anonym und hervorragend organisiert, bis Ellies Lieferant stirbt, der für den Tod des Schutzgelderpressers Gonzo verantwortlich gemacht wird. Dass der Restaurantbesitzer Leigh Sorsby, der durch die Schutzgelderpressungen kurz vor dem Ruin steht, im wahrsten Sinne des Worte eine Leiche im Keller hat, erfährt der Leser gleich zu Beginn des Romans. Gefährliche Verwicklungen zeichnen sich ab, und auch Ellie muss um ihr Leben fürchten. Zoë Beck hat einen interessanten politischen Kriminalroman geschrieben, den ich gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Noch smarter durch "Smart Cooking"

Björn Freitag – Smart Cooking
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Das neue Kochbuch "Smart Cooking" von Björn Freitag enthält 70 Rezepte und ist aufgegliedert in folgende Abschnitte: Einfaches mit Fleisch, mit Geflügel, mit Gemüse, mit Fisch und Meeresfrüchten sowie ...

Das neue Kochbuch "Smart Cooking" von Björn Freitag enthält 70 Rezepte und ist aufgegliedert in folgende Abschnitte: Einfaches mit Fleisch, mit Geflügel, mit Gemüse, mit Fisch und Meeresfrüchten sowie Suppen und Salate. Auf S. 7 hat der Sternekoch eine Basic-Liste mit Lebensmittel aufgestellt, die in keiner Küche fehlen sollten. Abschließend werden ab S. 156 die Grundrezepte für Nudeln, Basilikumpesto , Kartoffelpuffer, Schupfnudeln, Maultaschen und Pizzateig vorgestellt. Damit man die Übersicht nicht verliert gibt es ab S. 164 ein Rezeptregister.
Die Rezepte sind für 2 Personen gedacht und mit Zutatenliste und Zubereitungsanleitung recht knapp gehalten. Kalorienangaben fehlen völlig. Die Rezepte sind individuell gestaltet. Eine Seite Text, die andere Seite ein Foto, wie das Essen aussehen sollte. Dass die Gerichte nicht immer gelingen, habe ich selbst erfahren müssen. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass bei manchen Rezepten die Beilagen fehlen und zwei Personen nicht immer satt werden. Paprika/Brokkoli/Eier auf S. 99 ist schnell gekocht. 15 Minuten Arbeitszeit und 20 Minuten Backzeit habe ich eingehalten. Das Gemüse war noch etwas bissfest, um nicht zu sagen hart, und durch die vier Eier und den Frischkäse sehr trocken. Geschmacklich ist das Rezept ein Volltreffer. Ganz hervorragend haben mir die schon altbekannten Rezepte Spiegelei/Schmortomaten/Kirschtomaten auf S. 87 und gekochte Eier mit Senfsauce und Blumenkohl auf S. 84 geschmeckt. Interessant und ein großer Helfer ist der Mengenrechner auf www.mengenrechner.de. So können alle Gerichte individuell an die Personenzahl angepasst werden. Mich stört etwas, dass zu vielen Gerichten Eier gehören. Das fördert nicht unbedingt die Gesundheit. Ansonsten hat "Smart Cooking" von Björn Freitag einen Platz in der Kochbuchsammlung auf jeden Fall verdient.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Später Ermittlungserfolg

Die Grausamen
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John Katzenbachs erster Ermittlerkrimi "Die Grausamen" beginnt mit einem Prolog. In einem noblen Vorort an der US-Ostküste kehrt die 13jährige Tessa Gibson am 9. Oktober 1996 von einem Besuch bei ihrer ...

John Katzenbachs erster Ermittlerkrimi "Die Grausamen" beginnt mit einem Prolog. In einem noblen Vorort an der US-Ostküste kehrt die 13jährige Tessa Gibson am 9. Oktober 1996 von einem Besuch bei ihrer Freundin nicht nach Hause zurück. Außer ihrem pinkfarbenen Rucksack taucht nichts auf. Ihre Leiche wird nie gefunden und der Fall nie aufgeklärt.
Die eigentliche Romanhandlung beginnt 20 Jahre später mit dem unaufhaltsamen Abstieg des ehemaligen Assistant Deputy Chief Gabriel Wilkinson. Bei einem Bootsausflug kommt sein Schwager Teddy ums Leben, der geliebte Zwillingsbruder seiner Frau. Sie verlässt ihn sofort und nimmt den gemeinsamen Sohn mit. Gabriel - genannt Gabe - beginnt zu trinken, verwahrlost und vernachlässigt seinen Job. Kurz vor dem Rausschmiss gibt ihm der Polizeichef eine letzte Chance. Zusammen mit Detective Marta Rodriguez-Johnson, einer ehemaligen Kollegin aus dem Drogendezernat, soll er in der neu gegründeten Abteilung „Cold Cases“ alte ungelöste Fälle neu untersuchen. Marta wird in die Abteilung versetzt, weil sie bei der Verfolgung eines Dealers versehentlich ihren Kollegen Detective Tompkins erschossen hatte. Beide akzeptieren ihre neue Aufgabe. Zwei traumatisierte Polizisten auf dem Abstellgleis, in einem kleinen Büro, das ihnen wie ein Verlies vorkommt. Das Sichten der kalten Fälle erweist sich als äußerst schwierig, da die damaligen Ermittler schon alles Mögliche versucht haben, um sie aufzuklären. Bis Marta auf vier Akten stößt, die alle neunzehn Jahre alt sind. Ungewöhnlich daran ist, dass in ein und demselben Jahr "... die besten, gründlichsten Detectives, die das Dezernat damals zu bieten hatte... "(S. 222), diese vier Tötungsdelikte an jungen Männern nicht aufgeklärt haben. Zufällig stoßen sie auf den Fall der vor zwanzig Jahren verschwundenen Tessa Gibson. Es muss eine Verbindung zwischen den Fällen geben, doch ist die Polizeiführung an der Aufklärung ausgerechnet dieser ungeklärten Todesfälle nicht interessiert und behindert die Ermittlungen. Gabe und Marta erkennen: Wer zu viel fragt, spielt mit seinem Leben.

Beschädigte Ermittlerpersönlichkeiten sind nichts Neues in der Kriminalliteratur, jedoch von US-Bestsellerautor John Katzenbach überzeugend gezeichnet. Die beiden Ermittler sind mir mit ihren Schwächen und Problemen ans Herz gewachsen. Der Schreibstil liest sich gut, die Story ist gut durchdacht. Das Ende kann man nicht vorhersehen.
Der Roman hat mir auch sonst sehr gut gefallen. Er erinnert mich an alte Kriminalromane, wo die klassische Ermittlertätigkeit noch im Vordergrund steht: viel Nachfragen, viel Laufarbeit, viel Recherche, keine Brutalität, die dem Leser nachts den Schlaf raubt. Sollte es eine Fortsetzung mit diesem Ermittlerteam und der Arbeit an alten Fällen geben, werde ich gern weitere Romane lesen. Das Cover passt außerordentlich gut und scheint Bezug auf eine Textstelle zu nehmen: "Gabe kam das seltsame Bild eines Spinnennetzes in den Sinn - alle Fäden miteinander verbunden, aber jeder einzelne so dünn, dass er bei der kleinsten Berührung riss." (S. 176) Ein rundherum gelungener Kriminalroman.

Veröffentlicht am 19.03.2017

Ende eines Martyriums

Der Mörder und das Mädchen
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Cornelia Göransson will sich nach vielen Jahren von ihrem gewalttätigen, älteren Ehemann Hans scheiden lassen. Alles ist vorbereitet. Sie hat eine neue Wohnung, in die sie mit ihrer sechsjährigen Tochter ...

Cornelia Göransson will sich nach vielen Jahren von ihrem gewalttätigen, älteren Ehemann Hans scheiden lassen. Alles ist vorbereitet. Sie hat eine neue Wohnung, in die sie mit ihrer sechsjährigen Tochter Astrid ziehen wird. Es muss nur noch die geplante Hausbesichtigung stattfinden, dann will sie mit den nötigsten Sachen heimlich, still und leise das gemeinsame Haus verlassen. Cornelia "wagt nicht, jetzt schon etwas einzupacken. Die Erfahrung sagt ihr, dass sie sich nicht zu früh in Sicherheit wiegen darf. Sonst geht es garantiert schief" (Kapitel 2, Pos. 114)." Mit allen möglichen Requisiten wie exklusive Sessel, Teppiche und Lampen versucht sie, den Betrachter von den Mängeln der Villa im attraktiven Stockholmer Vorort Bromma abzulenken. Cornelias Ahnungen bewahrheiten sich. Am Tag nach der Hausbesichtigung liegt ihr Ehemann tot im Gästezimmer im Erdgeschoss. Schnell steht für das Ermittlerteam der Mordkommission die Verdächtige fest: die Ehefrau. Sehr oft sind auch in der Wirklichkeit die Täter in der Familie zu finden, aber wieso sollte Cornelia ihren Mann gerade in dem Augenblick umbringen, wo sie alles für ein neues Leben vorbereitet? Sie hat ein starkes Motiv, denn ihr Ehemann hat kurz vor seinem Tod noch eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen und der Verkauf des Hauses würde Millionen einbringen, die ihr allein gehören würden. Außerdem kann niemand, auch nicht ihre beste Freundin Josefin, die zufällig die Schwester der Ermittlerin Emma Sköld ist, bezeugen, dass sie wirklich von ihrem Ehemann misshandelt wurde. Anzeigen oder Krankenhausaufenthalte hat es nie gegeben. Cornelia kommt der Tod ihres Ehemannes Hans sehr gelegen, doch so einfach ist die Geschichte nicht gestrickt.

"Der Mörder und das Mädchen" von Sofie Sarenbrant ist der dritte Band der Reihe um die schwedische Ermittlerin Emma Sköld, der vor kurzem in Deutschland erschienen ist. Die Autorin wird als "die aufregendste neue Krimiautorin in Schweden" (Camilla Läckberg) angepriesen, und das vorliegende Buch war der Krimi des Jahres 2015 in Schweden. Es lässt sich gut lesen, die Handlung ist schlüssig mit guten Wendungen zum Ende hin. Der in 105 kurze Kapitel eingeteilte Thriller spielt in einem Zeitraum von acht Tagen. Angesiedelt ist er in der Maklerbranche und behandelt Themen wie häusliche Gewalt, Stalking, Verlust und Rache. Mir hat leider etwas die Spannung gefehlt, und mich stören die vielen banalen Details aus dem Alltagsleben, die den Lesefluss hemmen. Am Ende kennt der Leser den Täter, doch die Geschichte geht weiter, denn Emma und ihr Team ahnen nicht, wer wirklich hinten den Morden steckt und sie wissen auch nicht, wer Emmas Schwester Josefin wirklich umbringen wollte. Das halboffene Ende zeigt, dass die begonnene Serie fortgesetzt werden soll und die losen Enden in den Folgebänden verknüpft werden sollen. Mir hat der Thriller ganz gut gefallen, obwohl ich das überschwängliche Lob für den neuen Star der an Autoren nicht eben armen schwedischen Krimiszene zum jetzigen Zeitpunkt nicht so ganz nachempfinden kann. Ich glaube nicht, dass ich die ganze Serie lesen werde.