Einst war es Tannenstein, dann Finsterthal ,wo sich die Wege von Born und Wolkow kreuzten. Eine Begegnung, die nicht ohne Spuren bei beiden Seiten blieb.
Nun ein letztes Mal.
Eine Konfrontation die über alles entscheidet.
Ein letztes Mal ist fraglich wer Jäger und wer Gejagter ist.
Engelsgrund wird darüber entschieden, wer leben und wer sterben darf.
Vom ersten Moment hab ich diese Trilogie geliebt, hab den Abschied hinausgezögert.
Denn so sollte es nicht sein.
Aber irgendwann ist der Moment des Abschieds gekommen und dieser ist jetzt.
Bereits die ersten beiden Bände haben mich unsagbar begeistert. Denn ohne Frage hat Linus Geschke eine unglaubliche Art ,Geschichten zu erzählen.
Ruhig, wohl überlegt und dennoch so unglaublich einnehmend und brennend, dass man sich nicht davon lösen kann.
Auch im letzten Band hat er mich einfach nur vollkommen in den Bann gezogen, dass ich am Ende einfach keine Worte finde, für das, was hier geschehen ist und das, was sich dabei herauskristallisiert hat.
Das Böse regiert die Welt ,Born und Carla mittendrin.
Doch was , wenn es plötzlich persönlich wird und wir Opfer unser Entscheidungen und Gefühle sind? Macht uns das schwach?
Zu Verlierern? Noch ehe es begonnen hat?
Ist es nicht Stärke, sich diesem entgegenzustellen und zu kämpfen?
Ich weiß es nicht.
Aber ich weiß, dass das Böse nicht so einfach zu klassifizieren ist. Das es immer zwei Ebenen gibt, die sich miteinander verbinden und nur eine davon ,wird an die Oberfläche dringen und ihr Soll erfüllen.
In den ersten beiden Bänden haben mich der Wanderer und der Dunkle unsagbar fasziniert, beeindruckt und einfach begeistert.
Im dritten Band erfüllt diesen Part Artjom.
Eine geschmeidige und lautlose Person, die sich der Umgebung anpasst und situationsbedingt perfekt agiert und reagiert.
Ich mochte die Unschuld, den Schmerz in seinen Augen.
Seine Vergangenheit, seine Zukunft.
Das, was Ihn tief im Inneren ausmacht.
Das er nicht nur das war, was aus ihm gemacht wurde.
Sondern das er mehr war, als das.
Mutig, erbarmungslos und dennoch voller Emotionen, die ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht haben.
Artjom ist nur einer von vielen, die diesen Thriller ausmachen.
Linus Geschke gelingt wieder ein geschickter Perspektivenwechsel, wodurch man so unsagbar viele Personen kennenlernt und sie quasi sezieren kann.
Sie können sich nicht verstecken und trotzdem blickt man nicht völlig hinter die Fassaden, was mich sehr herausgefordert hat.
Alle fand ich unglaublich authentisch und greifbar. Denn sie sind wandelbar und schwer zu durchschauen.
Erneut wird Born mitten in eine Mordserie hineingezogen. Diesmal verschlägt es ihn nach Engelsgrund ,wo brutal zugerichtete Leichen ihm in Empfang nehmen.
Eine sonderbare Gesellschaft, die ihre eigenen Gesetze und Regeln hat.
Und doch ist da viel verschüttet.
Es gibt Geheimnisse, die können verstören.
Aber es gibt auch Geheimnisse, die können töten und dich für immer aus dem Leben reißen.
Engelsgrund ist genau so ein Geheimnis.
Leben oder sterben.
Du hast die Wahl. Welche wirst du treffen?
Anfangs brauchte ich etwas um in die Story hineinzukommen. Der Autor bindet kleinere Rückblenden ein, wodurch der Einstieg nicht ganz so schwerfällt.
Ab S.30 gab es für mich kein Halten mehr.
Es passiert so viel, in so kurzer Zeit.
Gut koordiniert und eindringlich erzählt der Autor nicht nur das perfide Katz- und Mausspiel zwischen Born und Wolkow.
Es geht auch um die Gesellschaft, wo sie ihre Schwächen nur allzu deutlich klarmacht.
Das Unschuld schamlos ausgenutzt wird, um eigene Ziele zu verfolgen.
Es geht um Verletzlichkeit. Denn jeder Mensch hat eine Achillesferse, die ihn angreifbar und zum leichten Opfer macht.
Hier geht es noch um so viel mehr.
Um die eigene Persönlichkeit, um tiefen Schmerz, Wahn und auch die Vergangenheit spielt eine verdammt wichtige Rolle.
Und letztendlich ist auch die Wahrheit von essentieller Bedeutung.
Denn sie entscheidet ,in welche Richtung alles verlaufen wird.
Durch geschickte Schachzüge gelingt es dem Autor immer wieder, dem Verlauf eine völlig neue Bedeutung zu verleihen.
Dabei ist zu keiner Sekunde nur irgendetwas ,wie es scheint.
Und sobald man die Puzzleteile auf richtige Art und Weise zusammensetzt, wird man überrollt mit Ängsten, Wut und einer Ohnmacht der Hilflosigkeit.
Ich war so oft sprachlos und komplett erschüttert.
Doch es ist noch nicht genug.
Diese Story birgt so viele Gesichter, ist so faszinierend und facettenreich, dass sich stetig etwas verändert und man das tragische Ausmaß dennoch nicht in seiner Fülle und Form erkennen kann.
Es ist brutal und beängstigend. Aber nicht das, was sich vor dem Auge abspielt.
Das Innere ist so verstörend, so beklemmend, dass man immer wieder innehält und nachdenkt.
Diese Menschen reißen so mit ihrer Präsenz in den Bann, dass man die Traurigkeit dahinter förmlich mit Händen greifen kann.
Diese große Wut, diese Zerrissenheit und Zerstörung.
Es ist eine Story ,die zeigt wie getrieben und verloren man sein kann und das Hoffnung nicht immer existent sein kann.
Die menschliche Seele handelt auf ihre eigene Art und Weise.
Teilweise wusste ich nicht, was ich fühlen oder denken sollte.
Ich kann nicht sagen, das der dritte Band anders ist.
Aber er ist intensiver, tragender und so unglaublich spannend, weil er immer wieder die Richtungen wechselt.
Das Ende kommt quasi mit einem Paukenschlag und auch wenn ich möchte, dass es weitergeht, so hat der Autor hier dennoch ein geniales Ende geschaffen, das niemals hätte besser sein können.
Fazit:
Mit “Engelgrund” findet die Born Trilogie ihre fulminantes Finale ,in der die Grenzen immer wieder neu abgesteckt werden.
Es beinhaltet nicht nur das perfide Katz- und Mausspiel zwischen Born und seinem Widersacher.
Es ist verdammt nervenaufreibend, vielschichtig, dramatisch und wendungsreich.
In meinen Augen hat Linus Geschke wieder unter Beweis gestellt, wie absolut treffend er vor allem die psychologischen Aspekte ausarbeiten kann.
Ein absolut perfekter Abschluss, der aufzeigt, dass es immer Entscheidungen und die Wahrheit sind, die über alles entscheiden.
Kaum überraschend, dass auch dieser Band wieder ein absolutes Highlight darstellt.