Profilbild von Recensio

Recensio

Lesejury Star
offline

Recensio ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Recensio über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.03.2021

Keine leichte Lektüre

Winter Traffic
0

Uff! Das beschreibt so ziemlich genau, wie ich mich während des Lesens und nach Beenden des Buches gefühlt habe. Erwartet hatte ich eine unterhaltsame Lektüre, die ich nach Feierabend genießen und bei ...

Uff! Das beschreibt so ziemlich genau, wie ich mich während des Lesens und nach Beenden des Buches gefühlt habe. Erwartet hatte ich eine unterhaltsame Lektüre, die ich nach Feierabend genießen und bei der ich mich entspannen kann. Weit gefehlt! Tatsächlich hat mir dieses Buch einiges an Konzentration abverlangt. Das soll bitte nicht negativ bewertet werden, denn es spricht auch für eine Geschichte, wenn man sich mit dieser mehr als mit anderen auseinandersetzen muss. Oder sagen wir: darf. Erinnerte mich ein bisschen an meine Schulzeit, wenn wir im Deutschunterricht bestimmte Bücher lasen und diese anschließend besprachen. Auch hier musste ich Sätze mehrmals lesen, über das nachdenken, was ich glaube, dass mir der Autor mitteilen wollte. Klingt kompliziert? War es auch irgendwie. Beispiel gefällig?

Zitat Seite 16:
Die Tragweite lastete schwer. Nicht sichtbar: die Größe übertragen auf interne synoptische Karten, ein Überdruck in ihrer Schläfe, den kein Meteorologe je verzeichnen könnte. Die übersinnliche Gabe, Kristys beinahe willkommener Fremder. Vielleicht wieder am Aufflackern.

Ich kann mich nur wiederholen: uff! Ich habe bewusst ein Zitat von Seite 16 genommen, weil ich damit sagen möchte, dass das direkt so losgeht und sich bis zur letzten Seite durchzieht. Wer mit diesem Stil also nicht klarkommt, sollte tunlichst die Finger von diesem Buch lassen! Alle anderen erleben eine lyrische, fast schon poetische Geschichte, die im Sydney der 90er angesiedelt ist und nicht nur im Plot vor rhythmischer Wildheit strotzt, sondern auch wesentliches Merkmal der Protagonisten ist. Sie sind komplex und doch unaufgeregt, wirken stellenweise der Prosa überdrüssig. Trotzdem schafft es Greenall, ein gewisses Tempo beizubehalten, was nicht zuletzt an der originellen Handlung liegt, die er geschaffen hat. Wendungen hat er glaubwürdig und pointiert inszeniert.

Persönliches Fazit: "Winter Traffic" ist eine Geschichte, die man gut und gerne als literary crime bezeichnen könnte. Drama, stellenweise schwarzer Humor und ein außergewöhnlicher Schreibstil machen dieses Buch zu einer keineswegs leichten Lektüre, aber zu einer, die man garantiert nicht mehr vergisst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2021

Solides Debüt

Das Landhaus
0

In der Ehe von Isabel kriselt es. Um einen Neuanfang zu beginnen, möchte Ehemann Tom von London aufs Land ziehen, denn er hat sich dort bereits in ein Anwesen verliebt. Während Izzy eigentlich kein gutes ...

In der Ehe von Isabel kriselt es. Um einen Neuanfang zu beginnen, möchte Ehemann Tom von London aufs Land ziehen, denn er hat sich dort bereits in ein Anwesen verliebt. Während Izzy eigentlich kein gutes Gefühl bei dem Haus hat, will Tom "The Lodge" unbedingt kaufen und setzt sich durch. Doch schon bald nach dem Umzug wird Izzy, die durch eine frühere Kopfverletzung Erinnerungslücken hat, verstärkt von Alpträumen und Déjà-vus heimgesucht. Welche Erinnerungen liegen in ihrem Kopf verborgen und was haben diese mit dem Haus zu tun?

Der Klappentext klang so spannend, dass dieses Debüt bereits seit Monaten auf meiner Vorbesteller-Wunschliste stand. Den teilweise fast poetischen Schreibstil und die humorvollen und sarkastischen Absätze, mit der die Hauptfigur ihre "Beschädigung" präsentiert, gefielen mir direkt und spiegelten ihre Gefühle authentisch und nachvollziehbar wider. Die Geschichte, die ihr passierte, ist allerdings beklemmend. Lizzy wurde mit 14 Jahren überfallen und kann sich daran nicht mehr erinnern. Durch einen Kopfschlag schwer verletzt, dauerte es Jahre, körperlich wieder halbwegs die Alte zu sein. Psychisch sieht das aber anders aus. Gespannt verfolgt man, dass ihr das Haus Angst einjagt, und man grübelt lange mit, was der Auslöser dafür ist. In einem zweiten Erzählstrang erfährt man von einem Jungen und seinen früheren Taten.

Zitat S. 23:
"Blitzartig wie eine Schlange ließ er die Zunge hervorschnellen und fuhr damit über den Türgriff, wo ihre Hand gelegen hatte. (...) Ihre DNA vermischte sich mit seinem Speichel. (...) Jetzt besaß er ein wenig von ihr, und bei diesem Gedanken fühlte er sich stärker und lebendiger."

Erst im Laufe des Buches erschließen sich Zusammenhänge. Die Autorin schaffte es, mich auf die falsche Fährte zu lenken, so dass ich den Falschen im Visier hatte.

Zitat S. 207:
"Dieses Haus hasst uns, ich kann es fühlen."

Auf den letzten Seiten merkte ich meinen Fehler und ahnte Schlimmes.

Persönliches Fazit: Ein solides Debüt, das mich mit lockerem Schreibstil und unterschwelliger Spannung zwischendurch gut unterhalten konnte.

/RO, Daniela

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2021

Solider Krimi mit einigen Schwächen

Hüte deine Zunge
0

Emily steht mitten im Leben. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann, sie besitzen ein Haus und führen ein beschauliches Leben. Emily hat erst vor Kurzem mit ihrer Freundin Becca eine Aufräumfirma gegründet ...

Emily steht mitten im Leben. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann, sie besitzen ein Haus und führen ein beschauliches Leben. Emily hat erst vor Kurzem mit ihrer Freundin Becca eine Aufräumfirma gegründet und geht in ihrem neuen Job auf. Alles scheint perfekt, bis alles anders kommt als geplant. Ausgelöst durch zu viel Alkohol, gerät Emily in eine schwierige Situation, die immer größere Wellen schlägt...

Genau dieses Leben wird in den ersten 10 Kapiteln ausführlich beschrieben. Wir lernen Emily und ihren Mann Frank kennen. Emily ist eine gestandene und ordnungsliebende Frau, Frank dagegen ein absoluter Chaot, der meiner Meinung nach nicht zu Emily passt. Er ist mir unsympathisch und scheint etwas zu verbergen. Die beiden sind nicht auf einer Linie und häufig unterschiedlicher Meinung.

Wie lange waren sie jetzt schon verheiratet, und er hatte immer noch nicht gelernt, dass es kontraproduktiv war, sie in diesem Ton herumzukommandieren. (Zitat Seite 189)

Von Becca hätte ich gerne mehr erfahren. Sie ist leider nur eine kleinere Nebenfigur und geht als Emilys gleichwertige Partnerin ein wenig unter. Quinn dagegen, eine Kundin von Emily und Becca, drängt sich zu sehr in das Geschehen mit hinein. Von ihrer aufdringlichen und doch auch anhänglichen Art würde sie eher zu Frank passen.

Die Autorin lässt viele Charaktere mit einfließen, die meisten aber nur oberflächlich. Sie versucht damit den Leser zu verwirren und möchte ihn auf eine falsche Fährte führen. Oft sind es ja die Unscheinbaren, die einen Mord begehen. Doch hier war mir schnell klar, wie alles zusammenhängt, und meine Vermutungen wurden am Ende bestätigt. Die Spannung fehlte gänzlich und das Buch dümpelte gemütlich vor sich hin. Gerade in einem Krimi erwarte ich Spannungsbögen und Szenen, die mich überraschen. Die Autorin versucht im Showdown noch einmal für Verwirrung zu sorgen und beendet dann jedoch viel zu schnell das Buch. Hier hätte es gerne ein wenig ausführlicher sein dürfen. Weitere Erklärungen und Aufklärungen, damit zum Schluss der erleichternde Aha-Effekt erreicht wird. Diesen vermisste ich leider gänzlich und war überrascht, als kein weiteres Kapitel mehr folgte. Stimmig war das Ende somit leider nicht.

Persönliches Fazit: Ein solider Krimi mit einigen Schwächen, der mich leider nicht komplett überzeugen konnte. Als absoluter Krimi/Thriller-Fan sollte man nicht zu viel erwarten, doch eine leichte Lektüre für zwischendurch ist das Buch allemal.

/RO, Lena

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.02.2020

Solide Unterhaltung

Liebe mich, töte mich
0

Um ehrlich zu sein: Anfangs dachte ich, das Buch und ich werden keine Freunde. Es lief zwar gut an, verlor dann aber rasch das Tempo und wurde sehr langatmig. Obwohl mich die Story um Geo, die beim Mord ...

Um ehrlich zu sein: Anfangs dachte ich, das Buch und ich werden keine Freunde. Es lief zwar gut an, verlor dann aber rasch das Tempo und wurde sehr langatmig. Obwohl mich die Story um Geo, die beim Mord an ihrer Freundin geholfen haben soll, schon sehr interessiert hat. Im Nachhinein kann ich sagen: Gut, dass ich drangeblieben bin! Denn ab der Hälfte nahm das Tempo wieder rasant zu, es gab neue Entwicklungen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Und welche, die ich geahnt habe, aber eine ganz andere Erklärung hatten. Kurzum: Die Story entwickelte sich zu einem echten Pageturner!

„Die Realität des Gefängnisses – die Trostlosigkeit, die Eintönigkeit, die unablässige Angst vor Gewalttaten – ist grauenhaft.“

Und genauso geht die Story auch los. Wir begleiten Geo im Gefängnis, eine ganze Zeit lang. Dort büßt sie ihre fünfjährige Haftstrafe ab – Mittäterschaft bei einem vierzehn Jahre zurückliegenden Mord an ihrer besten Freundin Angela. Ob es von der Autorin so gewollt ist, dass die Eintönigkeit aus Geos Leben sich auf den Leser überträgt? Wage ich zu bezweifeln. Denn beinahe hätte ich das Buch nach den ausufernden Schilderungen über das Gefängnisleben zur Seite gelegt. Doch dann ging es auf Geos Entlassung zu, und es gibt zwei Morde. Ab hier hatte mich die Story gepackt. Geo ist zwar ein gänzlich unaufregender Charakter (man könnte schon fast sagen langweilig), aber nach der Isolation muss sie sich wahrscheinlich erstmal neu (er)finden.

Wir lernen auch Kaiser kennen, der damals mit ihr und Angela sehr gut befreundet war. Doch nach Angelas Verschwinden änderte sich auch die Beziehung zwischen Geo und Kaiser. Der ist inzwischen bei der Polizei und ermittelt in dem Fall der beiden Morde, die Calvin zur Last gelegt werden – Geos Exfreund, der für den Mord an Angela verantwortlich war.

„Wer behauptete, Lügen sei schwer, der irrt sich gewaltig. Lügen war ganz einfach. […] Aber die Wahrheit zu sagen, das war unmöglich.“

Während der Ermittlungen wird die Story über zwei Zeitebenen erzählt. Was passierte wirklich in der Nacht, als Angela vor vierzehn Jahren verschwand? Langsam tasten wir uns hier vorwärts und begleiten die junge Geo. Die mir, um es ganz ehrlich zu sagen, sehr leid getan hat. Dennoch habe ich mich nicht so richtig mit ihr verbunden gefühlt. Abwechselnd kommt dann die erwachsene Geo zu Wort und hält uns über die Ermittlungen im Fall der neuen Morde auf dem Laufenden.

Gegen Ende wurden beide Erzählstränge miteinander verbunden. Ich möchte nicht sagen, dass die Entwicklungen vorhersehbar waren, denn das waren sie nicht. Aber ab einem gewissen Punkt konnte ich ahnen, worauf es hinausläuft – und war dennoch überrascht, als es tatsächlich passierte.

Persönliches Fazit: Solider Start, im weiteren Verlauf spannend und ausgeklügelt. Der packende Schreibstil und zwei starke letzte Drittel machen das Buch doch noch zu einem empfehlenswerten Thriller!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.02.2020

Solider Auftakt

Teufelswerk
0

"Teufelswerk" ist der Auftakt einer Reihe um die Anthropologin Josefine Jespersen. Lotte Petri hat einen flüssigen, anschaulichen Schreibstil, der es mir leicht machte, mittels Kopfkino im Geschehen zu ...

"Teufelswerk" ist der Auftakt einer Reihe um die Anthropologin Josefine Jespersen. Lotte Petri hat einen flüssigen, anschaulichen Schreibstil, der es mir leicht machte, mittels Kopfkino im Geschehen zu sein. Die ausführliche Beschreibung der Tätigkeit von Josefine erinnerte mich dabei an die TV-Serie "Bones".

Zitat: Pos 116

Sie drehte das Wasser auf und säuberte den Knochen gründlich in dem tiefen Stahlbecken. In südlichen Gefilden reichte es, Knochen mit einem weichen Pinsel zu säubern, aber die lehmige Erde in Dänemark erforderte krassere Methoden. Durch eine vermoderte Seite war Erde in das Innere des Sarges gelangt, doch der Rest der Wände war gut erhalten. Josefine legte den Oberschenkelknochen auf einen Stahltisch.

Die Spannung ist, bis auf ein paar Stellen, durchgängig hoch, denn das Buch hat neben den Thriller-Elementen auch etwas aus dem Horror-Genre, was ich gut umgesetzt fand. Es geht um brutale Morde und Teufelsaustreibung, aber als Leser wurde ich ziemlich in die Irre geführt, denn ich hatte lange Zeit einen falschen Kontext dazu im Auge. Die Protagonisten sind sympathisch und glaubwürdig gezeichnet. Lange Zeit rätselte ich, wer hinter den Morden steckt, und ich wurde tatsächlich diesbezüglich überrascht. Allerdings fand ich, die Auflösung und das dahintersteckende Motiv hätten am Ende besser umgesetzt werden können, denn der Schluss ist mir leider nicht spektakulär genug. Auch die "plötzliche" Liebesszene hat mich einigermaßen überrumpelt. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Szene eine erkennbare Annäherung der beiden Protagonisten vorangegangen wäre.

Persönliches Fazit: Dies ist ein solider Serienauftakt, der mit Spannung und einigen Horror- Elementen aufwartet, und ich bin gespannt, wie sich die Reihe weiterentwickelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere