Ein wichtiges Thema, das uns allen sehr viel bewusster werden sollte
„Einsamkeit ist nicht nur eine subjektive Gemütsverfassung. Sie ist auch ein gemeinschaftlicher Daseinszustand, der einen hohen Tribut von uns als Individuen und von der Gesellschaft als Ganzer fordert, ...
„Einsamkeit ist nicht nur eine subjektive Gemütsverfassung. Sie ist auch ein gemeinschaftlicher Daseinszustand, der einen hohen Tribut von uns als Individuen und von der Gesellschaft als Ganzer fordert, denn sie trägt jährlich zum Tod von Millionen Menschen bei, kostet die Weltwirtschaft Milliarden und stellt eine große Bedrohung für die Idee einer toleranten und inklusiven Demokratie dar.“ (55%)
Seit Beginn der Coronapandemie sprechen wir häufig über Social Distancing und Isolation oder Quarantäne. Plötzlich bekam man einen „Budenkoller“, grüßte Nachbarn beim Spaziergang, weil man sich durch diese neue einschneidende Lebenssituation, die wirklich alle betraf, sogar verbundener fühlte… (Ich schreibe diesen Satz bewusst im Präteritum, weil ich das Gefühl habe, dass diese Entwicklung längst wieder rückläufig ist.)
Doch die Einsamkeit in unserer modernen Welt griff auch schon vor Corona um sich - und zwar nicht nur in Form von Einzelschicksalen, sondern als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Die Menschen haben sich im Neoliberalismus zu Konsumenten entwickelt, die nach mehr Geld und Besitz streben. Die sich dabei von ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen immer stärker abkapseln: Statt den Menschen um uns herum zuzulächeln, schauen wir auf unser Handy und verschließen unsere Ohren durch Kopfhörer.
Diese Kritik klingt vielleicht spießig. Doch sie ist es ganz und gar nicht. Noreena Hertz beschreibt in ihrem Buch das Phänomen der Einsamkeit so eindrücklich und analytisch, dass es schmerzt. Denn eigentlich sind wir alle doch soziale Wesen, die das Miteinander schätzen und brauchen.
„Einsamkeit tritt nicht einzeln auf, sie ist Teil eines ganzen Ökosystems.“ (55%)
Wie konnte es so weit kommen, dass wir zu lauter Einzelkämpfern geworden sind? Und wie können wir zurück zu mehr Gemeinsamkeit finden?
Noorena Hertz findet Antworten. Sie erklärt, wie unser Wirtschaftssystem und moderne Technologien zur heutigen Gesellschaft führten. Und sie zeigt auf, wie schlecht das für uns Menschen eigentlich ist. Sie hat auch Ideen und sehr konkrete Forderungen - an jeden von uns, aber vor allem auch an die Politik. Denn es muss gemeinschaftlich und auch durch den Staat und die Wirtschaft etwas geändert werden! Nicht nur (aber auch!) durch das Individuum.
Sehr häufig hatte ich bei der Lektüre dieses Buches einen Kloß im Hals. Noreena Hertz schreibt über eine traurige Entwicklung, aber sie tut dies in einem sehr freundlichen und mutmachenden Ton.
Ein wichtiges Thema, das uns allen sehr viel bewusster werden sollte.
„Wenn wir Einsamkeit sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene lindern wollen, müssen wir unbedingt den dominanten Kräften, die unser Leben beherrschen, das Ausmaß des Problems vor Augen führen. Regierungen, Unternehmen und wir als Individuen spielen dabei allesamt eine bedeutende Rolle. Denn die Einsamkeitskrise ist zu komplex und vielgestaltig, als dass eine einzige Instanz sie eigenständig lösen könnte.“ (55%)