Ein vielversprechender Reihenauftakt!
Rock my HeartEs war wieder einmal einer dieser Tage, an denen ich in meiner Heimat auf meinen Bus warten musste. Direkt gegenüber der Haltestelle befindet sich die Buchhandlung meines Vertrauens. Während der Wartezeit ...
Es war wieder einmal einer dieser Tage, an denen ich in meiner Heimat auf meinen Bus warten musste. Direkt gegenüber der Haltestelle befindet sich die Buchhandlung meines Vertrauens. Während der Wartezeit ging ich also kurz rüber, „nur mal gucken“ – ihr kennt das sicherlich … Letztendlich habe ich auch nur geguckt. Und auf meinem Handy die Einkaufsliste um ein paar Titel erweitert. Aufgeschoben ist ja leider nicht aufgehoben. Langer Rede kurzer Sinn: Rock my Heart lag dort im Laden und sprang mir in seiner pinken Farbe quasi ins Gesicht, umgeben von ein paar in schwarz gehaltenen Titeln. Da hat der Verlag mit der Coverwahl auf jeden Fall etwas richtig gemacht. Ich habe mich aber dagegen entschieden, dieses Buch zu kaufen, sondern habe es ein paar Stunden im Bloggerportal als eBook angefragt – und bekommen. Danke dafür! Ich brauchte noch ein Buch für meinen Tolino, das ich auf meiner Reise in den Süden lesen konnte. Da wollte ich kein physisches Buch mitschleppen, obwohl ich sonst eher der Typ für Haptik bin.
Jamie Shaw war mir vor dieser Lektüre kein Begriff (allerdings fiel der Name in den letzten Monaten ab und zu im Internet, wenn ich mich nicht irre). Ich ging also ohne Vorurteile an diese Geschichte. Na gut, ich gestehe. Ich habe eine relativ schwache Storyline mit relativ starkem Fokus auf Bettgeschichten und ach so tolle Rockstars erwartet. Eben das, was sich momentan gut verkauft. Und ich wurde dahingehend auch nicht wirklich enttäuscht: Vom übermenschlich heißen Leadsänger einer Rockband über den fremdgehenden Pfarrerssohn-Freund und die „etwas“ exzentrische beste Freundin bis hin zum hässlichen unscheinbaren Entlein, das, sobald es die Brille absetzt, zum Schwan wird, ist hier alles dabei. Und ja, die ersten paar Kapitel drehen sich hauptsächlich darum, dass Rowan (ich finde es übrigens super, einen nicht zu mädchenhaften Namen für die Protagonistin zu verwenden) eigentlich ja gar nicht der Typ für One Night-Stands ist und damit auch nicht für One Night-Küsse, dass sie Adam aber sowas von überhaupt nicht widerstehen will, weil sie ihrem jetzt Exfreund ja unbedingt eins auswischen muss. Aber die Bettszenen sind rar gesät, die Sprache ist nicht zu explizit und die Beziehung basiert mehr auf Nachhilfestunden als auf dem Rockstargehabe.
Tatsächlich sehen sich Adam und Rowan nach der ersten Begegnung nicht wieder, bevor Rowan Adam an der Uni aus der Patsche hilft und dadurch dazu verdonnert ist, ihm Nachhilfe zu geben. Da der Frauenheld aber ausgerechnet dann auf eine kleine Konzerttour muss, bleibt Rowan nichts anderes übrig, als mitzufahren (Also, der gesunde Menschenverstand sagt mir etwas anderes, aber meinetwegen. Soll sie doch mitfahren.). Sie muss sich dabei also nicht nur mit Adam, sondern auch mit den restlichen Jungs in der Band The last ones to know (daher der Reihentitel) auseinandersetzen. Ich finde besonders die Charaktere in dieser Geschichte sehr schön gezeichnet. Jeder hat seine Macken und sein Päckchen zu tragen, aber es geht insbesondere um das Zusammenspiel der Band und der Menschen um sie herum, was Rowan irgendwann mit einschließt. Der Fokus liegt also absolut nicht auf den Bettgeschichten, diese werden – wenn überhaupt – nur am Rande erwähnt. Rowan ist eine Figur, mit der ich mich ganz gut identifizieren konnte. Äußerlich die graue Maus, die gerne auch mal still in ihrem Eckchen sitzt, aber wenn sie erst einmal mit einer Person oder Situation warm geworden ist, sieht es schon ganz anders aus. In Dee hat sie ihr absolutes Gegenstück gefunden: ihre beste Freundin zeigt gern mehr Haut, als notwendig wäre, und hat kein Problem damit, jeden Tag einen neuen Kerl abzuschleppen. Die Jungs aus der Band sind alle herzallerliebst (obwohl ihnen diese Bezeichnung bestimmt nicht gefallen würde) und nach außen hin natürlich Frauenmagneten, aber der eine ist kaum von seiner Spielekonsole wegzubekommen und der nächste hat Probleme an der Uni – sie sind eben nicht nur auf ihr Rockstardasein reduziert, sondern haben mit denselben Dingen zu kämpfen, wie alle anderen Menschen auch. In dem Zusammenhang finde ich es auch sehr gut, dass es nicht um eine riesengroße Band geht, eine, die weltweit bekannt ist, sondern eine, die auf lokaler Ebene sehr erfolgreich ist. Leider ist es ja oft so, dass ein Normalo-Mädchen rein zufällig auf den Leadsänger oder -gitarristen der weltberühmten Band XY trifft und sich beide unsterblich ineinander vergucken. Das ist ja sowas von realistisch … Hier ist Jamie Shaw aber dezenter vorgegangen – und schwupps! ist die Geschichte um einiges glaubhafter.
Der Schreibstil von Jamie Shaw gefällt mir auch sehr gut. Wie schon gesagt ist die Sprache überhaupt nicht derb, sondern der jeweiligen Situation angemessen und an die Charaktere angepasst. Ich habe das Buch in kaum mehr als einem Tag durchgelesen und dabei gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht. Wenn das kein Signal für Qualität ist (zumindest, was den Schreibstil und das Lesetempo betrifft), dann weiß ich nicht weiter. Das Buch ist jugendlich gehalten, passt super in meine eigene Lebenssituation (Uni) und kaum eine Stelle erschien mir unpassend oder langweilig. Ich finde The last ones to know 1. Rock my Heart sehr gut gelungen. Das Buch ist auf jeden Fall zu empfehlen. Die einzigen Schwächen, die ich gefunden habe, waren manche Handlungen und Reaktionen der Charaktere. Nicht alle waren nachvollziehbar und meines Erachtens nur dazu gedacht, die Geschichte etwas in die Länge zu ziehen (etwa, indem sich die Auflösung eines Problems über vier statt zwei Kapitel zieht, weil Person 1 in der Situation A die Entscheidung X getroffen hat, nicht die Entscheidung Y). Das hat nicht dazu geführt, dass das Lesen langweilig wurde oder dass es richtige Durchhänger gegeben hätte, sondern einfach nur, dass ich mich manchmal über eine Figur geärgert habe. Aber sowas gehört eben auch dazu – man kann es als Autor nie jedem Leser recht machen.
Fazit
Ein vielversprechender Reihenauftakt mit ein paar kleinen Schwächen, der sich von der aktuellen 08/15-Masse abhebt und definitiv kein Fehlgriff war. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!