»Richard Wagamese ist der geborene Geschichtenerzähler.« Louise Erdrich
Erstmals in deutscher Übersetzung - Richard Wagameses wegweisender Roman über das Schicksal eines kleinen Jungen, in dem die Geschichte eines ganzen Landes widerhallt.
Saul wächst in einem staatlichen Heim auf – wie so viele Kinder indigener Herkunft. Dem Zwang und der Kälte der Einrichtung kann Saul in den kostbaren Momenten entfliehen, wenn er auf Schlittschuhen über das Eishockeyfeld fliegt. Sein magisches Talent für das Spiel öffnet ihm einen Weg in die Freiheit. Und begleitet Saul auf der Suche nach der Geborgenheit einer Familie, dem kulturellen Erbe der Ojibwe-Indianer und der Versöhnung mit einer Welt, die keinen Platz für ihn vorgesehen hatte.
»Ein Roman der seltensten Art - sowohl bedeutend als auch ein Lesevergnügen, das einem das Herz bis zum Hals schlagen lässt.« Edmonton Journal
Saul Indian Horse, geboren 1953, erfährt schon in frühester Jugend, was es bedeutet, einer Minderheit im eigenen Land anzugehören.
Seine Eltern mussten die Residential Schools durchlaufen und waren ...
Saul Indian Horse, geboren 1953, erfährt schon in frühester Jugend, was es bedeutet, einer Minderheit im eigenen Land anzugehören.
Seine Eltern mussten die Residential Schools durchlaufen und waren gebrochene Menschen. Seine Großmutter versuchte ihn davor zu bewahren, was ihr nur bis zu ihrem Tod gelang. Die Schulen hatten nur den einen Grund, unter dem Deckmantel der Erziehung, Sprache, Tradition, Kultur der indianischen (indigen) Völker zu verbieten. Es durfte nur französisch und englisch gesprochen werden. Dort kam es zu zahlreichen psychischen und physischen Übergriffen. Der mehrere Generationen umfassende Versuch, ganze Kulturen auszulöschen, wird bis heute nur selten als ein Verbrechen verurteilt.
Saul lernt im Heim Eishockey spielen und wird bald zu einem der besten Spieler. Doch sein Schicksal lässt ihn nicht los und er verfällt dem Alkohol. Aufgewachsen in einer Pflegefamilie, fehlte ihm die Wärme und Geborgenheit seiner eigenen Familie.
Der Autor Richard Wagamese, geboren als Sohn von Ojibwe Indianern, hat einen wunderbaren Roman geschrieben, der autobiografische Züge trägt und die Geschichte wachhält. Ein Buch gegen das Vergessen, gegen die Ungerechtigkeit und Diskriminierung der kanadischen Ureinwohner. Sein Schreibstil ist einzigartig, voller Emotionen und Melancholie, berührend und mitreissend.
Richard Wagamese, der leider bereits 2017 starb, ist beim Blessing Verlag gleich doppelt vertreten: Nachdem im vergangenen Jahr bereits "Das weite Herz des Landes" erschien, kam nun vor kurzem "Der gefrorene ...
Richard Wagamese, der leider bereits 2017 starb, ist beim Blessing Verlag gleich doppelt vertreten: Nachdem im vergangenen Jahr bereits "Das weite Herz des Landes" erschien, kam nun vor kurzem "Der gefrorene Himmel" heraus - und dieses Buch hat mich sprachlich womöglich sogar noch mehr beeindruckt. Wagamese war Ojibwe, ein indigener Schriftsteller, der in seinen Büchern indianische Identität und den Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit den First Nations thematisiert. So manches Element aus "Der gefrorene Himmel" findet Parallelen in Wagameses eigener Biografie, der in Heimen und Pflegefamilien aufwuchs und erst als erwachsener Mann zu seinen Ojibwe-Wurzeln fand.
Saul Indian Horse, dem Ich-Erzähler geht es ähnlich: Mit acht Jahren endet er in einem staatlichen Heim unter Leitung von Priestern und Nonnen, wo den Kindern ihr Indianertum mit aller Gewalt ausgetrieben werden soll. Gewalt, Misshandlung und Missbrauch sind an der Tagesordnung, Fluchtversuche werden mit drakonischen Strafen geahndet und das "Indianerfeld" auf dem Schulgelände ist voll mit den namenlosen Gräbern jener Kinder, die sich selbst töteten, um dem Leben im Heim zu entkommen.
Saul findet seine Rettung im Eishockey: Zwar darf er beim Spiel der älteren Jungen, die von einem hockeybegeisterten Priester trainiert werden, nicht mitmachen. Doch er darf die Eisbahn vorbereiten, und bringt sich heimlich Schlittschuhlaufen und Hockeytechniken bei. Der schmächtige 13-jährige ist ein Naturtalent, der eine symbiotische Beziehung zu dem Spiel und zum Eis zu haben scheint, wie sich herausstellt, als er durch den Ausfall eines Spielers plötzlich selbst eine Chance erhält.
Mehr noch: Sein Hockeytalent verschafft Saul die Chance, das Heim zu verlassen und beim Reservatteasm "Moose" zu spielen, dessen Trainer die Vormundschaft für ihn übernimmt. Zum ersten Mal seit der Trennnug von seinen Angehörigen hat Saul wieder so etwas wie eine Familie. Sein Talent und sein Gespüt für das Spiel überzeugt auch Skeptiker. Er ist so gut, dass auch "weiße" Mannschaften Interesse an ihm haben. Doch Saul muss gleich mehrfach erleben: Für das Publikum, die Medien, für die Gegner, selbst für die eigenen Mannschaftskameraden ist er immer nur "der Indianer". Rassismus wird zur ständigen Erfahrung, ebenso Anfeindungen: "Das Eis ist weiß,und die Spieler sind es auch."
In einem Hollywood-Drehbuch würde Saul als einsamer Held alle Widerstände überwinden und triumphieren, Wagamese hingegen zeigt, wie Saul in eine Abwärtsspirale gerät, als Gelegenheitsarbeiter von Job zu Job zieht, ein immer schwereres Alkoholproblem entwickelt und buchstäblich ganz unten ankommen muss, bis er nicht nur seine Sucht, sondern seine Vergangenheit konfrontiert und erkennt, was er erfolgreich verdrängt hat.
Ist in "Das weite Herz des Landes" der junge Ich-Erzähler ein Ojibwe, der von seinem weißen Pflegevater nach bestem Wissen mit den Traditionen seines Volkes bekannt gemacht wird, ist Saul ein Entwurzelter. Doch wenn er auf dem Eis steht, wenn er in der Wildnis unterwegs ist, hat er das Gefühl, das Land spreche zu ihm. Die Lebensgeschichte von Saul ist harte Kost, doch Wagamese schreibt geradezu poetisch, mitunter mythisch. Etwa wenn Saul Visionen von seinem Urgroßvater hat. Dann durchdringt ein Hauch von Schamanismus die Welt dieses lakonischen, stillen Erzählers.
Hatte Schreiben für Wagamese die gleiche therapeutische Wirkung wie Eishockey für Saul? Vielleicht hat auch er Dämonen mit seinen Büchern bezwungen. Die Behandlung der "First Nations" durch die Mehrheitsgesellschaft, für die sich die kanadische Regierung mittlerweile entschuldigt hat, war jedenfalls abscheulich. Wagamese schafft es, ohne Selbstmitleid den Finger in die Wunden zu legen - und verleiht den Opfern und Überlebenden gerade dadurch ihre Würde. Ein beeindruckendes Buch von einem großartigen Autor.
Ein Buch, das dem Leser lange nicht aus dem Kopf geht und man hat viel darüber nachzudenken. Der Autor ist ein indigener Kanadier. In diesem Buch läßt er teilweise sein Leben und das Leben seiner Vorfahren ...
Ein Buch, das dem Leser lange nicht aus dem Kopf geht und man hat viel darüber nachzudenken. Der Autor ist ein indigener Kanadier. In diesem Buch läßt er teilweise sein Leben und das Leben seiner Vorfahren miteinweben. Saul gehört dem Stamm der Ojibwe an. Er erzählt sein Leben aus einer Suchtanstalt, in der er sich befindet, um von seiner Alkoholsucht freizukommen. Bis zu seinem achten Lebensjahr wächst er bei seiner Großmutter auf, da seine Eltern dem Alkohol total verfallen sind. Die Großmutter lehrt ihm die indianische Lebensweise. Als diese stirbt, wird er zwangsweise in die Residential School eingewiesen. Dort werden sie gezüchtigt, die indianische Lebensweise wird ihnen herausgeprügelt und sie werden sexuell belästigt. Saul beginnt mit dem Eishockey, um damit all den Schmerz und die Wut hinauszuschreien. Er wird einer der besten Spieler und darf in den führenden Mannschaften mitspielen. Doch das Schicksal, indianischer Abstammung zu sein, holt ihn ein und er verfällt dem Alkoholismus. Der Autor erzählt in kurzen Kapiteln sehr detailliert Sauls Leben und man spürt, dass dies nicht Fiktion ist, sondern diese intensiven schmerzhaften Schilderungen muß man selbst erlebt haben. Mit eindrucksvollen Worten beschreibt er Kanadas Natur, die weiten Wälder, die zugefrorenen Seen und die miefigen Industriestätte. Das karge und menschenverachtende Leben in der Residential School. Und seine großen Erfolge beim Hockey, wo Saul alle Techniken des Spiels beherrscht und schneller als alle anderen war. Mich hat das Buch tief beeindruckt. Die einzelnen Kapitel sind sehr kurz gehalten und man muß nach jedem Kapitel immer wieder innehalten um das zu verstehen, was da erzählt wurde. Der eisblaue Einband mit dem Pferd im Vordergrund weist auf die indische Tradition des Autors hin. 100 % zu empfehlen. Und man fragt sich, wer gibt den Menschen das Recht, die alten indianischen Traditionen und Rituale diesen Menschen zu verbieten.
Das Cover passt sehr gut zu dem Buch. Es ist schlicht, aber symbolisiert auch Stärke. Das Buch ist vom Schreibstil her gut zu lesen, präsentiert dem Leser aber inhaltlich durchaus schwere Kost. Man lernt ...
Das Cover passt sehr gut zu dem Buch. Es ist schlicht, aber symbolisiert auch Stärke. Das Buch ist vom Schreibstil her gut zu lesen, präsentiert dem Leser aber inhaltlich durchaus schwere Kost. Man lernt Saul und den Lauf seines Lebens kennen und hat Anteil an den schönen und den furchtbaren und grauenhaften Momenten und Ereignissen. Mich hat das Buch emotional mitgenommen und ich musste immer mal wieder eine Pause einlegen. Das Buch spricht wichtige Themen an und macht es zu einem Juwel unter der Nichtmainstream-Literatur.
Richard Wagamese ist ein indigener kanadischer Autor, dessen Buch „Der gefrorene Himmel“ nun auch in deutscher Übersetzung erschien.
Was für ein gewaltiges und wichtiges Buch. Er lässt seinen Protagonisten ...
Richard Wagamese ist ein indigener kanadischer Autor, dessen Buch „Der gefrorene Himmel“ nun auch in deutscher Übersetzung erschien.
Was für ein gewaltiges und wichtiges Buch. Er lässt seinen Protagonisten Saul Indian Horse von seinem Leben berichten. Das geschieht rückblickend, als Saul in einer Suchtklinik in Therapiegesprächen von seiner Vergangenheit berichtet, er will nicht sprechen, er schreibt seine Geschichte auf. So taucht der Leser unmittelbar in sein Leben ein. Die ersten Jahre noch in der Obhut der Großmutter, die das traditionelle Leben der Objiewe aufrechterhalten will. Sauls Eltern sind gebrochene Menschen, beide haben die grausamen kanadischen Residential Schools durchlaufen und nach Großmutters Tod, macht auch Saul seine Erfahrungen mit dieser Institution. Unter dem Deckmantel der Erziehung werden die Kinder den Eltern entrissen, Sprache, Tradition, Kultur – das alles soll ausgemerzt werden. Die Schulen selbst sind Verwahranstalten, ein bisschen Lesen und Rechnen, ansonsten wartet harte Arbeit auf Saul. Er sieht die Kinder an Krankheiten sterben, sieht die Suizide der Mitschüler, die keinen Ausweg mehr sehen, wenn die Übergriffe der Patres zuviel werden. Der kleine, schmächtige Saul findet einen Ausweg im Eishockey, das die Kinder im Winter auf dem gefrorenen Feld spielen. Sein Talent fällt auf, er kommt so einer Pflegefamilie und bald werden auch weiße Talentscouts auf ihn aufmerksam.
Ich konnte dieses Buch nicht aus der Hand legen und musste doch immer wieder Pausen einlegen, sonst hätten mich Grausamkeiten, die Saul er- und überleben muss, überwältigt. Das Buch ist ein Roman, aber wenn man die Lebensgeschichte Richard Wagameses liest, erkennt man durchaus Parallelen. Einen solchen Roman kann man sicher nicht schreiben, wenn man nicht selbst oder aus erster Hand von den Erfahrungen der Indigenen mit den staatlichen Institutionen weiß.
Aber genauso beeindruckend sind die Schilderung der Natur und der arktischen Kälte auf den Natureisflächen, da findet Wagamese wunderschöne, poetische Beschreibungen, die mich durchatmen ließen.
Der Autor klagt nicht an, aber als Leser kann ich nicht umhin, den institutionellen Rassismus zu sehen, den die weiße Bevölkerung sicher noch heute zeigt. Ein bemerkenswertes Nachwort ergänzt den Roman.
Mir fiel auf, dass auch der Gender-Sprache Rechnung getragen wird. So ist der Objiwe Medizinmann ein Medizinmensch, ob das Wagamese im Original so schrieb?