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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2021

Meierhofer & Team ermitteln wieder

Teufelsblüten
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Das Buch hätte eigentlich zur Marillenblüte 2020 erscheinen sollen, aber Covid-19 hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich bin dann im Herbst auf den achten Fall des Johann Meierhofer gestoßen ...

Das Buch hätte eigentlich zur Marillenblüte 2020 erscheinen sollen, aber Covid-19 hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich bin dann im Herbst auf den achten Fall des Johann Meierhofer gestoßen und habe ihn pünktlich zur Marillenblüte 2021 gelesen.

Worum geht’s?

Mitten in einem Garten voller blühender Marillenbäume wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden, der neben einen Zweig des bekannten Wachauer Obstbaumes noch einen Zettel mit der kryptischen Botschaft „Teufelsblüten -> Teufelsfrüchte -> Teufelstod“ izwischen den Zähnen hat. Chefinspektor Meierhofer und sein Team, Stefano Staudinger und und Eva Brombspeidel, werden mit den Ermittlungen betraut.

Recht schnell entdecken die Polizisten, dass es sich bei dem Toten um Rudolf Maria Baumstingl handelt, dessen Bruder als Clément LeStyler ein bekannter Influencer ist. Meierhofer, ein knapper Sechziger, hat mit dem Gewese um die Social Media nichts am Hut und lässt sich von seinem Enkel Lukas ein wenig Nachhilfe geben, zumal die beiden quasi allein zu Hause sind, weil Lukas‘ Eltern mit kleiner Tochter und der Oma in Grado weilen.

Bei ihren Recherchen im Leben des Influencers kommen einige Ungereimtheiten zutage und so wundert es nicht wirklich, dass es eine zweite Leiche gibt: Nämlich die erfolgreiche Herz-Schmerz-Buchautorin, mit herrlichen Künstlernamen Jolanda Blütentraum, die zwar tolle Verkaufszahlen aufweisen kann, aber kaum jemand zugibt, deren Buch gelesen zu haben.

Wie hängen die beiden Morde zusammen? Denn, dass die Toten mehr als den einen Marillenblütenzweig gemeinsam haben, ist Chefinspektor Meierhofer und seinem Team klar.

Meine Meinung:

Mir gefällt diese Reihe um den Kremser Polizisten sehr gut. Hier wird im Team gearbeitet und obwohl Hans Meierhofer der Chef ist, kehrt er diesen nicht wirklich heraus. Es geht immer freundschaftlich zu, die Kulinarik der Wachau kommt nicht zu kurz und die Charaktere sind liebevoll gezeichnet. Meierhofers Skepsis den sozialen Medien gegenüber kann ich gut nachvollziehen. Hier ist nicht alles Gold, was glänzt, aber ohne Internet ist man schon ziemlich aufgeschmissen. Die Rolle, die Lukas als Berater für den Opa in Sachen Social Media spielt, ist total nett. Warum nicht einmal von den Jungen lernen? Opa Hans hat auch keine Scheu, seinen Enkel zu fragen.

Wir Leser dürfen durch die Obstgärten flanieren und das Lokalkolorit genießen. Mehrmals werden wir durch falsche Fährten in die Irre geführt. Der Täter ist mir eine Spur zu spät aus dem Hut gezaubert worden. Da muss ich diesmal leider einen Stern abziehen. Ich habe es lieber, wenn der Täter oder die Täterin schon vorab einmal vielleicht auch nur ganz kurz in Erscheinung getreten ist.

Der Schreibstil ist flott und flüssig. Über die wohlklingenden Namen wie Klemens Alois Baumstingl, der als Clément LeStyler im Internet Furore macht, oder Jolanda Blütentraum, die gut bürgerlich Josepha Huberpichler heißt, musste ich herzhaft lachen. i

Fazit:

Ein gelungener Wohlfühlkrimi, dessen Epilog eine Fortsetzung verspricht. Gerne gebe ich hier 4 Marillenknödel, äh, 4 Sterne.

Veröffentlicht am 03.04.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Fräulein Gold: Scheunenkinder
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Diese Fortsetzung der Geschichte rund um die Hebamme Hulda Gold ist ein gut gelungenes Abbild der frühen Zwanziger Jahre. Die Hyperinflation bringt auch ehemals Wohlhabende beinahe an den Bettelstab, doch ...

Diese Fortsetzung der Geschichte rund um die Hebamme Hulda Gold ist ein gut gelungenes Abbild der frühen Zwanziger Jahre. Die Hyperinflation bringt auch ehemals Wohlhabende beinahe an den Bettelstab, doch zu kaufen gibt es ohnehin nichts mehr. Der Kampf um ein Stück Brot, einen vergammelten Kohlkopf oder einen Schluck verwässerte Milch hält die Menschen auf Trab. Die Arbeitslosigkeit steigt rasant und viele Familien brechen auseinander.

Während Hulda ihrem Beruf nachgeht, ist Karl North mit einem abscheulichen Verbrechen konfrontiert: Man findet eine Wagenladung voll Kinderleichen. Es scheint, als ob ein Kinderhändlerring sein Unwesen treibt. Üblicherweise bespricht Karl verbotenerweise seine Fälle mit Hulda, die mit ihrem analytischen verstand häufig einen Lösungsansatz findet. Doch diesmal schweigt er, bis Hulda von einem verschwundenen Säugling erzählt, den sie wenige Tage vorher auf die Welt geholt hat. Das Baby ist eines der sogenannten „Scheunenkinder“, aus jenem Viertel von Berlin, in dem neben den Ärmsten der Armen auch zahlreiche jüdische Familien angesiedelt haben. In dieser Familie scheint einiges nicht zu stimmen, denn das Verhältnis zwischen der Wöchnerin und ihrer Schwiegermutter ist über die üblichen Ausmaße zerrüttet. Hulda beginnt zu recherchieren und wird Zeugin eines der zahlreichen antisemitischen Überfälle.

Meine Meinung:

Auch dieses Buch ist weniger Krimi als historischer Roman. Sehr gut gelungen ist die Darstellung der politischen Situation. Zuerst die Hyperinflation, dann die Einführung der Rentenmark, die den Deutschen ein wenig Hoffnung macht und gleichzeitig das Erstarken der antisemitischen Kräfte. Hitler sitzt zwar gerade in der Festung Landsberg ein, aber, wie die weitsichtige (und vermutlich schwule) Bert, feststellt, wird er dadurch zum Märtyrer hochstilisiert.

Erschreckend ist, wie viele Polizisten bereits dem rechten Lager angehören und die Polizei unterwandert haben. Ich gehe davon aus, das Norths Kollege Fabricius auch einer dieser Sorte ist.

Der interessant ist, wie Hulda stetig an ihre eigene jüdische Herkunft erinnert wird. Die Gestalt des Bert gefällt mir sehr gut, denn er ist so etwas wie der Rufer in der Wüste. Über ihn wüste ich gerne mehr.

Die Autorin hat penibel recherchiert und stellt die Situation im Berlin von 1923 authentisch dar.

Sowohl Hulda als auch die anderen Charaktere sind vielschichtig angelegt und schön ausgearbeitet.

Fazit:

Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 03.04.2021

12 "Familienrucksäcke" als Folge des 20. Juli 1944

Stauffenberg. Folgen
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Nach ihrem Buch „Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter“ hat die Autorin eine Fülle von Zuschriften erhalten. Wildfremde Menschen haben ihr die eigene Familiengeschichte erzählt. Viele davon ...

Nach ihrem Buch „Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter“ hat die Autorin eine Fülle von Zuschriften erhalten. Wildfremde Menschen haben ihr die eigene Familiengeschichte erzählt. Viele davon tragen die Ereignisse der Vergangenheit wie einen „Familienrucksack“ mit sich herum. Manche mit Stolz, manche spüren das Gewicht der Vergangenheit auf ihren Schultern, weil einiges ungesagt oder ungelöst ist. Andere wieder können ihre Vorfahren nicht mehr fragen, sondern schleppen Geheimnisse oder nicht Aufgearbeitetes nach wie vor mit sich herum.

Zwölf ausgewählte, höchst unterschiedliche Menschen bzw. Geschichten werden hier vorgestellt. Da ist zum einen jener Mann, der nun auch die andere Seite sieht, nämlich jene der Widerstandskämpfer und posthum der Gruppe um Stauffenberg Abbitte leistet.

Oder die Tochter von Heinrich Berger, eines jener vier Männer die bei der Bombenexplosion in der Wolfschanze, die Hitler töten sollte, ums Leben kam. Diese Geschichte ist besonders interessant, weil sich hier die Tochter des Attentatsopfers und die Enkelin des Attentäters gegenüberstehen.

Auch der Schwiegervater der Historikerin und Autorin findet Platz, denn alleine die lose Bekanntschaft mit der Familie Stauffenberg bringt jene von Christoph von Bechtolsheim in akute Gefahr. Was wohl in ihm vorgegangen ist, als sein Sohn ausgerechnet Sophie als Ehefrau auserkoren hat?

Fazit:

Ich hätte noch viel mehr solcher Lebensgeschichten lesen mögen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 18.03.2021

Eine Hommage an einen großen Künstler

Ein Lied in allen Dingen – Joseph Schmidt
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Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, ...

Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, in der Bukowina, die damals Teil der Donaumonarchie war. Der Sohn jüdischer Eltern lässt sich in Berlin zum lyrischen Tenor ausbilden. Aufgrund seiner geringen Körpergröße (er ist nur 1,54m groß), bleibt ihm die große Opernkarriere verwehrt. Allerdings profitiert er vom boomenden Rundfunk und nimmt mehrere Platten auf. Joseph Schmidt hat weltweit Erfolg und zahlreiche Liebschaften.

Wie viele andere Juden unterschätzt er die Gefahr durch den NS-Staates. Anstatt Europa den Rücken zu kehren und in Amerika zu blieben, reist er wieder nach Deutschland. Dann beginnt seine Flucht über Österreich, Belgien nach Frankreich und von dort illegal in die Schweiz, wo er 1942 in einem Internierungslager stirbt.

Meine Meinung:

Die Lebensgeschichte ist gut und atmosphärisch erzählt. Manchmal lässt der Autor seinen tragischen Helden in seinen Erinnerungen ein wenig durch Zeit und Raum springen.

Sehr eindrucksvoll, fast schon poetisch, obwohl die Wirklichkeit im Schtetl alles andere als rosig ist, schildert Stefan Sprang das Leben der jüdischen Bevölkerung in Dawideny. Sehr interessant ist die enge Bindung Joseph Schmidts
zu seiner Mutter „Mamitschka“, um die er sich bis zuletzt sorgt.

Seine größten Erfolge sind bis heute unvergessen: "Ein Lied geht um die Welt", "Heut´ ist der schönste Tag in meinem Leben" oder "Ein Stern fällt vom Himmel".

Fazit:

Eine Hommage an einen fast vergessenen Künstler, der wie so viele Juden, ein Opfer des NS-Regimes wurde. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.03.2021

Neustart für Maddalena Degrassi

Grado in Flammen
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Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines ...

Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines Kollegen lässt sie langsam aus ihrem Kokon der Trauer auftauchen.

Da kommt dann die Serie von Bränden in Grado gerade recht, denn was zuvor nur Sachschäden verursacht hat, endet nun mit einem toten Österreicher. Comandante Scaramuzza, Degrassis Vorgesetzter und Ehemann ihrer Mutter, holt sie aus der selbst gewählten Einsamkeit zurück, um das Team zu unterstützen.

Meine Meinung:

Dieser 5. Band der Reihe rund um Commissaria Maddalena Degrassi ist weniger ein Krimi als ein Studie über ihre Trauer, ihr Seelenleben nach dem Tod von Franjo. Andrea Nagele, im Brotberuf Psychotherapeutin, kann hier ihr ganzes Wissen und ihre Erfahrung zum Thema Schuldgefühle und Trauerbewältigung ausspielen. Wir Leser können mit Maddalena mitleiden und erfahren, wie man aus diesem tiefen Tal der Trauer wieder herausfinden kann.
Die Charaktere sind wieder komplex angelegt. Über den Comandante Scaramuzza muss ich mich regelmäßig aufregen. Er ist verbal dermaßen übergriffig, dass ich ihn am liebsten von der Terrasse seines Penthouses stoßen möchte. Doch es scheint, als könnte sich Maddalena doch gegen ihn wehren.

Am Ende des Krimis sind ein paar Rezepte angegeben, die ich gerne nachkochen werde.

Fazit:

Mehr Psychogramm als Krimi, daher diesmal nur 4 Sterne.