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Veröffentlicht am 21.03.2017

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Barrakuda
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Unglaublich vielschichtig: Sprachlich, stilistisch, thematisch.

Ersteindruck:

Seit "Nur eine Ohrfeige" fesseln mich die Bücher des Autors. In "Barrakuda" nimmt er sich eines Themas an, das gerne tot ...

Unglaublich vielschichtig: Sprachlich, stilistisch, thematisch.

Ersteindruck:

Seit "Nur eine Ohrfeige" fesseln mich die Bücher des Autors. In "Barrakuda" nimmt er sich eines Themas an, das gerne tot geschwiegen wird - wir steht es um die soziale Aufwärtsmobilität und ist es wirklich so leicht, als Kind aus einfachen Verhältnissen in die upper class aufzusteigen?

Mein Fazit nach der Lektüre:

Mit grosser Virtuosität nimmt sich der Autor eines sozialen Mißstandes an - was macht es mit "kleinen Leuten", wenn sie die Chance zum Aufstieg haben, und ist diese Chance Segen oder Fluch?

Der Protagonist Danny wäre ohne seine Schwimmbegabung vermutlich in seinem Milieu geblieben, er hätte einen handwerklichen Beruf wie seine Eltern - die Mutter ist Friseurin, der Vater Fernfahrer - ergriffen. Er wäre im Kreis seiner Freunde geblieben, er hätte Demet jeden Tag gesehen.
So aber ist er einem unglaublichen Druck ausgesetzt, dem er anfänglich noch standzuhalten scheint.

Die Hänseleien an der Eliteschule, die finanziellen Unterschiede - geschenkt! Doch das Stipendium ist eher ein Makel, Danny wird zur stetigen Scham gedrängt, für seine Herkunft, und eigentlich will man ihn, das working class Kind, nicht haben. So wird er zum "Psycho" gemacht. Seine Eltern sind aber nicht überehrgeizig, sein Vater sieht es kritisch, dass "nur Sport" gefördert wird, für Bildung aber wenig Geld da ist. Ausserdem sieht er den wachsenden "Egoismus" seines Sohnes sehr ungern.

Der Autor tappt hier nicht in die Klischeefalle und entlarvt auch das Märchen vom Zusammenhalt von Sportkameraden als solches. Seine zwischen den Zeilen durchscheinende Sozialkritik wirkt aber nie platt.

Denn Danny schwimmt der Konkurrenz buchstaeblich davon, und sein Talent ist das (einzige) As im Ärmel, dass er besitzt. Sein elitäres neues Umfeld platzt vor Neid, denn der Junge hat ein Stipendium ergattert, und er ist schnell, stark. Immer wieder wird ihm "Du gehörst nicht dazu" signalisiert, sogar vor einem entscheidenen Wettkampf. Doch als er einmal versagt (nota bene: er wird 'nur' Fünfter) , kommt es zur Katastrophe...

Besonders gefallen hat mir, dass der Autor hohe literarische Standards setzt, und mit einer nicht - linearen Erzählweise unter Beweis stellt, dass "Barrakuda" mehr als ein schnöder Unterhaltungsroman ist. Zur formalen Hochwertigkeit steht der etwas schnodderige, unverblümte Sprachgebrauch in Kontrast, der an einen Bukowski erinnert und nicht jedermanns Sache ist.
Aber diese Derbheit suggeriert Authentizität.

Zu Beginn der Erzählung ist der Protagonist mit seinem Partner in Europa unterwegs - die verschiedenen Erzähleben werden auch durch alternierende Perspektiven (1.Person versus 3. Person) gekennzeichnet, was Distanz und Nähe aufzeigt, die schiere 'Schizophrenie' einer gleich mehrfach hybriden Identität (sexuelle Orientierung, Herkunft, Arbeiterklassenzugehörigkeit.). Danny ist einem doppelten Druck ausgesetzt - nicht nur wird er von seinen WASP-Mitschülern verachtet, er wird auch von seinem Vater nahezu an seine Arbeiterklassenzugehörigkeit "gekettet" , und immer steht er unter Verdacht, etwas nicht zu "verdienen". Der Autor fängt unglaublich glaubhaft das Spannungsfeld ein, in dem sich ein Mensch mit Migrationshintergrund befindet, ohne jemals ins Phrasendreschen abzugleiten.
Einen derart kraftvollen, "wahren" Roman habe ich noch von keinem auf Deutsch schreibenden Schriftsteller gelesen, da können sich viele im deutschen Literaturbetrieb eine Scheibe von Tsiolkas abschneiden.

Alles in allem eine unglaublich stimmige Erzählung, die den Leser fordert und zum Nachdenken anregt. Von Sozialromantik keine Spur, der Autor zeigt auf, dass Klassenunterschiede keineswegs nur in den Feudalgesellschaften des Mittelalters existierten. Danny wird sein ganzes Leben lang von einem Standesdünkel verfolgt, aber was hätte er tun sollen, Fernfahrer wie sein Vater werden ?!

Toll fand ich, wie unangestrengt der Autor auch ein multikulturelles "Personal" einflicht, ohne in Migrantenkitsch zu verfallen - Türken, Griechen, Vietnamesen...

Ein wenig hatte ich bei der Lektüre das Gefühl, dass der Autor (natürlich leicht verfremdet) auch seine eigene Geschichte erzählt, denn er ist das Kind griechischer Einwanderer und er hat einen Partner.

Vielleicht rührt es daher, dass "Barrakuda" nicht immer leicht zu 'verdauen', aber stets glaubwürdig ist.

"Barrakuda" ist einer der besten Romane, die ich in letzter Zeit gelesen habe, da er unglaublich vielschichtig ist: Sprachlich, stilistisch, thematisch.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus!

Veröffentlicht am 21.03.2017

Roe ermittelt

Echte Morde
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Inhalt:

'Eine wendungsreiche Handlung und ausreichend Blutvergießen machen diesen ersten Roman um die Bibliothekarin Aurora „Roe“ Teagarden aus der Feder Charlaine Harris’, der „Mutter“ von Sookie Stackhouse, ...

Inhalt:

'Eine wendungsreiche Handlung und ausreichend Blutvergießen machen diesen ersten Roman um die Bibliothekarin Aurora „Roe“ Teagarden aus der Feder Charlaine Harris’, der „Mutter“ von Sookie Stackhouse, zu einem echten Lesevergnügen. Eine Mordserie nach dem Vorbild berühmter Tötungsdelikte erschüttert die kleine Gemeinde Lawrenceton im US-Bundesstaat Georgia. Die achtundzwanzigjährige Hobbydetektivin gehört zu dem Club „Echte Morde“, einer Gruppe von 12 Krimifans, die sich einmal im Monat treffen, um sich mit berühmten oder ungelösten Verbrechen zu befassen. Zu Beginn eines dieser Treffen findet Roe die Leiche eines Clubmitglieds. Sie erkennt den Modus Operandi als genau den wieder, um den sich das Treffen drehen sollte – und muss plötzlich tatsächlich ermitteln. Der Mörder findet derweil weitere Opfer, jeweils im Stil eines anderen historischen Verbrechens. Roe wird selbst zur Zielscheibe und findet zudem zwei Verehrer, einen jüngst nach Lawrenceton gezogenen berühmten Krimiautor namens Robin Crusoe und den Kriminalbeamten Arthur Smith, der ebenfalls dem Club angehört. Der Tod scheint ihr dahinsiechendes Sozialleben wiederbelebt zu haben, eine Ironie, die der nachdenklichen Heldin nicht entgeht...'



Mir hat das Buch echt gut gefallen, da es sich so schön flüssig liest. Einige Elemente wirken aber wirklich altmodisch , wie die Karteikarten in der Bibliothek. Heute ist alles digital! Auch wunderte ich mich darüber, dass die eher unscheinbare Roe gleich zwei Verehrer hat, das kam ein bisschen aus dem Nichts, wie in einem Bollywoodfilm. Es gibt auch skurrile Figuren, ich habe den Krimi gern gelesen und werde wohl die Reihe im Auge behalten!

Veröffentlicht am 21.03.2017

Toller Roman

Liebesleben
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Ja'ara lebt mit ihrem Mann Joni zusammen und bastelt an ihrer wissenschaftlichen Karriere -beim Dekan hat sie einen "Stein im Brett". Eines Tages lernt sie den alternden Arie kennen, und sie lässt sich ...

Ja'ara lebt mit ihrem Mann Joni zusammen und bastelt an ihrer wissenschaftlichen Karriere -beim Dekan hat sie einen "Stein im Brett". Eines Tages lernt sie den alternden Arie kennen, und sie lässt sich auf eine amour fou ein....an diesem Buch hat mich vor allem die tolle Sprache begeistert. Ferner ist der Roman wie eine russische Matroschka - Liebesroman,Familiengeschichte, Psychogramm...das Buch ist so viel mehr als ein Liebesroman. Shalev versteht es meisterhaft, menschliche Befindlichkeiten abzubilden.

Veröffentlicht am 18.03.2017

Die Akte Vaterland

Die Akte Vaterland
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Kurzbeschreibung:

"Mysteriöse Mordserie führt Gereon Rath bis nach Masuren

Juli 1932, die Berliner Polizei steht vor einem Rätsel: Ein Mann liegt tot im Lastenaufzug von "Haus Vaterland", dem legendären ...

Kurzbeschreibung:

"Mysteriöse Mordserie führt Gereon Rath bis nach Masuren

Juli 1932, die Berliner Polizei steht vor einem Rätsel: Ein Mann liegt tot im Lastenaufzug von "Haus Vaterland", dem legendären Vergnügungstempel am Potsdamer Platz, und alles deutet darauf hin, dass er dort ertrunken ist.Kommissar Gereon Rath ist wenig erfreut über den neuen Fall, denn er hat schon genug Ärger. Seine Ermittlungen gegen einen mysteriösen Auftragsmörder, der die Stadt in Atem hält, treten seit Wochen auf der Stelle, seine große Liebe Charlotte "Charly" Ritter kehrt von einem Studienjahr in Paris zurück und fängt als Kommissaranwärterin am Alex an ausgerechnet in der Mordkommission, was die Dinge nicht einfacher macht.Der Tote vom Potsdamer Platz scheint Teil einer Mordserie zu sein, deren Spur weit nach Osten führt. Während Charly als Küchenhilfe ins Haus Vaterland eingeschleust wird, ermittelt Rath in einer masurischen Kleinstadt nahe der polnischen Grenze und gerät in eine fremde Welt. Er macht Bekanntschaft mit wortkargen Ostpreußen, schwarzgebranntem Schnaps und den Tücken der Natur. Die Widerstände gegen den Ermittler aus Berlin wachsen, als er ein lang gehütetes Geheimnis aufzudecken droht.Volker Kutscher entwirft erneut eine packende und komplexe Geschichte vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse. Während Straßenschlachten zwischen Nazis und Kommunisten immer mehr Todesopfer fordern, putscht Reichskanzler von Papen die demokratische Regierung Preußens aus dem Amt und mit ihr die Spitze der Berliner Polizei. "

Volker Kutschers "Die Akte Vaterland" konnte mich vollends überzeugen. Dieser Histokrimi ist perfekt recherchiert und hebt sich wohltuend von anderen historisierenden Romanen ab. Mit grosser Detailkenntnis und Faktenwissen erzählt der Autor eine Kriminalgeschichte vor dem Hintergrund der untergehenden Weimarer Republik ( Hitlers Machtergreifung fand bekanntlich 1933 statt). Diese "Wendezeit" illustriert der Autor perfekt, alles stimmig, bis hin zum vorangestellten Zitat am Anfang des Romans.
Die Parteienzersplitterung, die politischen Kämpfe, der Antikatholizismus ( Stichwort: "Ultramontane", Bismarck), die aufkommende "braune" Terrorherrschaft, aber auch der Nachklang der " goldenen Zwanziger " - all dies setzt Kutscher perfekt in Szene.

Wer also die Nase voll hat von schlecht recherchierten historisierenden Romanen - der nehme bitte Kutschers Roman zur Hand, da dieser die grosse Ausnahme in dem Pool von Mittelmässigkeit darstellt. Der Zigarette rauchende Ermittler ist ein echtes Original (so wie etwa Phillip Marlowe für den angloamerikanischen Bereich).
Genial finde ich ferner den Umstand, das Krimigenre zu wählen, da dieses die ohnehin spannende Umbruchzeit der Weimarer Republik noch zu potenzieren scheint.

Verdiente Höchstpunktzahl und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.03.2017

Lizzies Entscheidung

Bauchentscheidung
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Elizabeth, 17, ist schwanger.

Auf einer öffentlichen Toilette wägt sie ihre Möglichkeiten ab. Was ist zu tun? Das Kind behalten oder nicht?
Lizzie gehört zur working class, höchstens zur lower middle ...

Elizabeth, 17, ist schwanger.

Auf einer öffentlichen Toilette wägt sie ihre Möglichkeiten ab. Was ist zu tun? Das Kind behalten oder nicht?
Lizzie gehört zur working class, höchstens zur lower middle class. Ihre Familienverhältnisse sind nicht die allerbesten - die Mutter bringt die Kinder alleine durch und führt mit dem Vater eine on/off - Beziehung. Lizzies Alltag in einem kleinen,englischen Küstenort ist eintönig und eher trist. Abwechslung bieten die Treffen mit ihrer besten Freundin Shona und mit ihrem Freund.
Doch der Freund stammt auch nicht gerade aus guten Verhältnissen. Sein "alter" Vater Francis zieht den Jungen alleine auf und denkt nicht gerade das Beste über das "Hippiemädchen" Lizzie. Lizzies Freund wiederum ist ein relativ unreifer Junge.
Das Pärchen scheint schon die Zusagen für verschiedene Universitäten zu haben. Die Uni ist Liz' Chance auf ein besseres Leben. Die Hauptpersonen gehören zur working class, einzig Freundin Shona ist reich, aber rebellisch. Shonas Mutter ist depressiv und wahrt den schönen Schein. Haarscharf schlittert die Autorin hier an Klischees vorbei - sind Teenagerschwangerschaften primär ein Problem der working class in GB ?

Und so steht der Teenie vor einer grossen Entscheidung....

Nach Beginn der Lektüre konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, und ich habe es in einem Rutsch ausgelesen. Es ist gut geschrieben und spannend. Episodenartig werden diverse Entscheidungen der Protagonistin durchgespielt, und obwohl es vordergründig keine weitläufige Handlung gibt, fesselt der Roman den Leser . Das Ende bleibt offen und trägt somit der Mündigkeit des Lesers Rechnung. Der Roman "Bauchentscheidung" ist ein tolles Buch, aber ich habe auch ein paar kleine Kritikpunkte anzubringen - Form und Inhalt passen irgendwie nicht richtig zusammen. Das pinkfarbene Cover und der saloppe Titel "Bauchentscheidung" suggerieren, dass es sich um seichte, vielleicht alberne chicklit handelt. Weit gefehlt - der Roman ist für ein Jugendbuch überraschend tiefgründig und nie klamaukhaft. Daher finde ich den englischen Titel - " But what next? " sehr viel gelungener & adäquater. Wer also ein humoristisches, lustiges Buch zum Schmunzeln sucht, der wird am Roman keine Freude haben.
Fazit: Ein lesenswertes Jugendbuch mit einem ernsten Hintergrund.