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Veröffentlicht am 29.04.2021

Ein Haus voller Aggressionen

Das Haus
1

Zunächst ist es Enis Al Agha, dessen Tod aufgeklärt werden muss. Wie kommt der von seiner Terrasse über die Brüstung und fällt in die Tiefe – war es Selbstmord oder hat da einer nachgeholfen? Bei den ...

Zunächst ist es Enis Al Agha, dessen Tod aufgeklärt werden muss. Wie kommt der von seiner Terrasse über die Brüstung und fällt in die Tiefe – war es Selbstmord oder hat da einer nachgeholfen? Bei den regelmäßigen Treffen der Mieter mit Umtrunk war genau er es, der sich zurückhielt, keinen Anschluss suchte oder wollte. Hat er die Fremdenfeindlichkeit gespürt? Nachgesagt wird einem schnell was von wegen Asylant, lebt von unseren Steuergeldern…

Jeder beäugt jeden, es gibt die Lauscher an der Wand und in der Besenkammer. Je länger sich die Bewohner gegenseitig beobachten, desto eher findet sich bei jedem ein dunkler Punkt oder noch mehr – eine kriminelle Energie. Zugetraut wird jedem alles, keiner traut dem anderen so richtig über den Weg. Bei dem einen Toten bleibt es nicht, es werden Bewohner vermisst, andere tot aufgefunden.

Was ist los in diesem Haus? Erzeugt es gar Aggressionen, ist schuld an all diesen Verbrechen? Aus Sicht der Parapsychologin Nadja wird die Geschichte erzählt. Geht der Tötungsbefehl von diesem Haus aus?

Die Story hat mich gleich für sich eingenommen, die in jeder Hinsicht unterschiedlichen Bewohner tappen genau wie ich als Leser im Dunkeln, man kommt keinen Schritt weiter. Bis das nächste Unglück geschieht – hat diese Tat mit dem ersten Toten zu tun? Man sieht zu, wie sie sich untereinander taxieren, die Angst ist greifbar. Eine unheilvolle Atmosphäre, gepaart mit Ratlosigkeit lässt einen nicht los.

„Das Haus“ von Olivia Monti ist ein gut zu lesender, ja durchaus fesselnder Krimi mit übersinnlichen Momenten.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Ein Sommer mit Asta Nielsen

Das Haus der Winde
1

Juni 1934: Gut gelaunt unternehmen die Schwestern Asta und Johanne einen Segeltörn, als sie gerammt werden. Zunächst sieht es so aus, als ob sie für den nicht unerheblichen Schaden aufkommen müssen, bis ...

Juni 1934: Gut gelaunt unternehmen die Schwestern Asta und Johanne einen Segeltörn, als sie gerammt werden. Zunächst sieht es so aus, als ob sie für den nicht unerheblichen Schaden aufkommen müssen, bis die Fischer mehrere Studenten im fliegenden Holländer als Verursacher ausmachen. Nachdem die Sache aus der Welt geschafft ist, will Asta für ihren guten Freund Joachim Ringelnatz, von ihr liebevoll Ringel genannt, ein Bett bauen lassen. Er soll in ihrem Haus, das sie Karusel nennt, von seiner schweren Krankheit genesen. Da trifft es sich gut, dass Kai, der Fischer, auch ein hervorragender Möbelbauer ist. Asta und Kai kommen sich näher, sie verbringen unbeschwerte Wochen auf der Ostseeinsel Hiddensee.

Der Stummfilmstar Asta Nielsen inmitten der Insulaner. Neben Ringelnatz zählten Gerhard Hauptmann, Heinrich George und viele Größen ihrer Zeit zu ihren Freunden. In das Leben der Insulaner konnte ich mich gut hineinversetzten, Sylvia Frank hat mich direkt daneben gestellt, mich als Beobachter einen Blick auf deren Alltag werfen lassen.

Die Zeit des Stummfilms ist vorbei, Asta wendet sich dem Theater zu. Als Hitler sie umgarnt, ihr eine eigene Filmgesellschaft anbietet, vom Staat finanziert, lehnt sie ab. Sie, die Dänin, will nichts mit den Nazis zu tun haben.

Dieser unbeschwerte Sommerurlaub mit der Diva, die ganz bescheiden daherkommt, ein großes Herz für alle hat, ist kurzweilig und unterhaltend geschrieben. Eine Auszeit in Hiddensee, ganz nett zu lesen, eine Liebelei – oder war es doch Liebe? Genau so könnte es gewesen sein, einen unprätentiösen Umgang mit den einfachen Leuten pflegte sie. Es war ihr letzter Sommer auf dieser Ostseeinsel, danach kam sie nie wieder her.

„Das Haus der Winde“ ist angenehm zu lesen, die Liebesgeschichte nimmt für meinen Geschmack jedoch einen zu breiten Raum ein. Das Angebot der Nazis, mit ihnen zu kooperieren, wurde auf wenigen Seiten abgetan. Was an und für sich in Ordnung ist, doch die Ankündigung dessen las sich für mich, als ob da noch mehr kommen müsste. So bleibt eine wohlgefällige Liebesgeschichte übrig – wie eine Sommerbrise. Ein durchaus erfrischender Roman für vergnügliche Lesestunden.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Eine Spurensuche

Was von Dora blieb
1

Isa, die gerade dabei ist, Abstand von ihrem Mann zu finden, erhält eine Kiste – voll mit alten Schriften ihrer Großmutter Dora. Um dem eigenen Schmerz zu entkommen, taucht sie tief ein in deren Leben. ...

Isa, die gerade dabei ist, Abstand von ihrem Mann zu finden, erhält eine Kiste – voll mit alten Schriften ihrer Großmutter Dora. Um dem eigenen Schmerz zu entkommen, taucht sie tief ein in deren Leben. Bald findet sie heraus, dass diese mit ihrem Jugendfreund Frantek und ihrer besten Freundin Maritz die spätere Folkwangschule besuchte, alle drei waren künstlerisch sehr begabt. Und Isa, die sich in die Wohnung einer Bekannten einquartiert, findet in ihrem Nachbarn Gustav einen, der in Geschichten aus alten Zeiten nur zu gerne abtaucht.

Der doch recht holprige Start ins Buch ist Neugier auf Doras Geschichte gewichen. Sie war eine aufgeschlossene, lebensbejahende junge Frau. Ihr stand die Welt offen, sie musste nur noch zugreifen. Das Schicksal, die Nationalsozialisten, der Krieg – vieles kam dazwischen, das Leben verläuft nie geradlinig.

Eine Story - zwei Zeitebenen. Doras Part war nach dem schleppenden Anfang einer unterhaltsamen Geschichte gewichen, die sehr anschaulich ihre Freundschaften, ihre Leidenschaften beschreibt, um dann im Erwachsenenalter mehr und mehr unnahbar zu werden.

Sehr poetische Momente beeindrucken neben einem immer wieder durchschimmernden unterkühlten Stil, der viel Positives zunichte macht. Schade auch deshalb, weil lyrische Sequenzen dadurch nicht so recht hervortreten, nicht glänzen können. Es sind da Passagen, an denen ich nahe dran bin, ins Geschehen hineingezogen werde, es mich regelrecht aufsaugt, um dann wieder in diese bruchstückhafte Erzählweise abzugleiten. Ich bin mit einer Figur mittendrin, die dann im Nichts versandet. Es wird einfach nicht auserzählt. So hatte ich oft das Gefühl, dass ich die Charaktere aus weiter Ferne beobachte.
Der historische Part war in Großen und Ganzen gut erzählt, ich konnte mich Dora annähern, ihr Tun nachempfinden, wenn auch nicht immer akzeptieren.

Das Heute um Isa empfand ich hingegen in weiten Teilen überflüssig. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen, sie blieb für mich farblos.

Was bleibt von Dora? Ein historischer Roman mit Höhen und Tiefen, der mich trotz allem gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 18.03.2021

All das Fremde, allzu fremd

Die Fremde
1

Der autobiografische Roman über eine außergewöhnliche Familie wird hochgelobt. „Die Fremde“ blieb mir dennoch weitgehend fremd. Claudia Durastanis Leben spielt sich im Brooklyn der sechziger Jahre und ...

Der autobiografische Roman über eine außergewöhnliche Familie wird hochgelobt. „Die Fremde“ blieb mir dennoch weitgehend fremd. Claudia Durastanis Leben spielt sich im Brooklyn der sechziger Jahre und dann während ihrer Kindheit weitgehend in einem süditalienischen Dorf ab. Das besondere, sehr eigene Leben wird geprägt von der Gehörlosigkeit der Eltern.

Hineingeworfen werde ich gleich mal in die Geschichte des Kennenlernens der Eltern. Zwei ganz und gar konträre Erzählungen von ihrer ersten Begegnung, jede für sich liest sich angenehm, sehr unterhaltsam, beide Schilderungen haben mir gut gefallen. Wenngleich ich nochmal zurückblättern musste, um dann für mich festzustellen, dass ich hier nicht alles glauben sollte, was ich lese.

Vater und Mutter sind beide taub, alle zwei waren sie Exzentriker - durch ihre Gehörlosigkeit in ihrer eigenen Welt. „Ich wollte mich nur frei fühlen“ sagt die Mutter und vergisst darüber immer mal wieder ihre Kinder, die sich irgendwie selbst erziehen müssen, die ihren Freunden gegenüber Hausarreste oder ähnliches erfinden, um das Familienleben als normal darzustellen. Der Vater wird schon mal gewalttätig und zusammen wetteifern sie, wer die phantastischsten Lügen erzählen kann. Gehen in Lokale, ohne zu bezahlen, schlängeln sich durchs Leben. Welche Geschichten sind wahr und welche sind gut oder weniger gut erfunden? In dieser Familie, die schon ein wenig chaotisch daherkommt, ist alles möglich.

Die Autorin nimmt den Leser mit in ihre Kindheit bis hin zur erwachsenen Frau. Von Italien über New York und zurück reist sie später dann nach Indien, um jetzt in London zu leben. Erzählt ihr Gefühl, nirgends so richtig dazuzugehören, sich nie heimisch zu fühlen.

Ihren Gedankensprüngen war nicht immer leicht zu folgen. Ist sie noch in einer Geschichte, springt sie unvermutet in die nächste. Eine ewig Suchende – so kommt mir Claudia Durastani vor. Ihre gehörlosen Eltern lebten eine gewisse Leichtigkeit vor, derer sie sich vielleicht bedienen mussten, um nicht unterzugehen. All die beschriebenen Momente – fiktiv aufbereitet, um von der Familie zu erzählen und doch nicht alles preiszugeben. Wahrheit und Fantasie wechseln sich ab und es bleibt dem Leser ü
berlassen, zu sortieren, seine Gedanken einzuordnen.

„Ist das denn auch eine wahre Geschichte?“ – diese letzte Satz, diese Frage - das ganze Buch besteht daraus wahr zu sein oder auch nicht.

Das Lesen war ein auf und ab der Gefühle. War ich zu Anfang gerne dabei, so schwankte ich später so manches Mal zwischen weiterlesen und aufhören. „Die Fremde“ blieb mir doch in weiten Teilen fremd, wenngleich ich gelegentlich eine angenehme Zeit mit ihr verbrachte.

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Veröffentlicht am 16.03.2021

Wie eine leichte Sommerbrise

Sieben Tage am Meer
3

So richtig glücklich ist keine. Jede hat ihr Päckchen zu tragen – Gitta, Marlies und Cornelia, alle drei Anfang fünfzig. Natürlich geht das Leben nicht spurlos an einem vorbei, auch wenn jede von ihnen ...

So richtig glücklich ist keine. Jede hat ihr Päckchen zu tragen – Gitta, Marlies und Cornelia, alle drei Anfang fünfzig. Natürlich geht das Leben nicht spurlos an einem vorbei, auch wenn jede von ihnen meint, genau ihr Lebensglück hat sich aus dem Staub gemacht, war vielleicht niemals da. Zumindest nicht so, wie sie es sich einmal vorgestellt hatte. Ihr Mädels-Wochenende steht an und diesmal treffen sie sich auf Sylt. Kaum angekommen wird richtig abgefeiert, so wie früher. Aber vertragen kann keine mehr diese Gin-Tonic-Eskapaden. In dieser Nacht haben alle denselben Traum – ein Engel erscheint ihnen. Er hat hier die Aufgabe, den Freundinnen den Weg aufzuzeigen, wie sie alles Schöne in ihr Leben lassen und dabei anderen helfen können: Der Club der Engel ist erschaffen. Schon irre, dieser Traum! Oder doch nicht?

Drei ganz unterschiedliche Frauen begleite ich durch diese Tage am Meer. Jede hat ihr Leben. Stellt sich vor, wie es sein soll, was alles sie noch erleben, ja erreichen möchte. Aber nicht immer kommt es so, wie man es sich ersehnt. So manches Mal muss man Abstriche machen, eine ganz andere Richtung einschlagen. Wenn das nur immer so einfach wäre. Manches kommt ganz von selbst, man muss es nur sehen, es annehmen, nicht immer zweifeln. Einen Engel hier mit einzubeziehen, hat was. Eine Metapher für all die unerfüllten Wünsche, für all das, was man sich nicht zutraut aber doch gerne tun möchte? Lernen, mutig zu sein!

„Sieben Tage am Meer“ ist der Debütroman von Ella Rosen. Sie träumte davon am Meer zu leben und hat sich diesen Traum verwirklicht. Ja, Träume sind da, um sie Wirklichkeit werden zu lassen. Nicht alle, das geht nicht, aber Herzenswünsche sollten schon irgendwann auch gelebt werden können. Die Autorin bringt uns diese drei Frauen mitsamt ihrem Engel näher - ein Sinnbild für all das, was in uns schlummert. Es regt zum Nachdenken an.

Was ich nicht so gut fand, waren die Überzeichnungen, die dem Ganzen die Feinheiten nahmen. Natürlich darf übertrieben werden, aber hier waren es viel zu viele Zufälle, die in einer nicht mehr glaubhaften Wolke waberten. Unterhaltsam ist der Roman allemal. Ich stelle ihn in die Kategorie „leichte Sommerlektüre“ mit sehr viel Lebensfreude, Sommer, Sonne und Amore – natürlich!

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