Lass dich nicht unterkriegen, sie frech und wild und wunderbar! (Astrid Lindgren)
Die Frau auf dem FotoManchmal braucht es nur einen einzigen Augenblick, um aus einem gefeierten Star ein gefallenes Sternchen zu machen. Genauso ergeht es Veronica Moon, als ein Foto von ihrer Freundin Leonie Barrat veröffentlicht ...
Manchmal braucht es nur einen einzigen Augenblick, um aus einem gefeierten Star ein gefallenes Sternchen zu machen. Genauso ergeht es Veronica Moon, als ein Foto von ihrer Freundin Leonie Barrat veröffentlicht wird, das für heiße Diskussionen und erhitzte Gemüter sorgt. Und ausgerechnet diese heikle Fotografie soll der krönende Abschluss einer Ausstellung sein, die das Lebenswerk von Veronca einem breiten Publikum zugänglich macht. Präsentiert wird das alles von Erica, der Nichte von Leonie, die im Rahmen der Vorbereitung so unglaublich viele Fragen zu ihrer Tante beantwortet haben möchte. Für Veronica eine Reise zurück in eine wilde Zeit, die mit Geheimnissen verbunden ist...
Stephanie Butland verleiht in ihrem Roman "Die Frau auf dem Foto" starken Frauen eine Stimme und lässt die Frauenrechtsbewegung Ende der 1960er Jahre wieder aufleben.Dabei geizt sie nicht mit dem Griff in die Klischeeschublade und fördert einiges zutage, was an manchen Stellen ziemlich dick aufgetragen wird.
Mit Leonie ist ihr aber eine extrem hervorstechende Persönlichkeit gelungen, die sich mit einer Mischung aus unwiderstehlicher Dreistigkeit und fast schon charmanter Penetranz für die Rechte der Frauen einsetzt. Ihre Wortwahl ist dabei immer sehr grenzwertig, unverblümt und scharfzüngig, sodass diese Frau mit Vorsicht zu genießen ist. Sie eckt an, auch beim Leser, und weiß zu polarisieren.
Veronica ist immer ein wenig zwiegespalten, wirkt zurückhaltender und ist eher der ruhende Pol in der Frauenfreundschaft. Ihr Werdegang ist vom Blick fürs Wesentliche geprägt und ihre Liebe zur Fotografie schwappt regelrecht auf den Leser über. Wenn man mit ihr durch den Sucher der Kamera schaut merkt man, wie sehr sich ihr Fokus auf das e i n e Bild richtet und sie so mit Stimmung, Atmosphäre und Blickwinkel die wichtigsten Szenen einfängt - hier ist der Autorin ein kleines Meisterwerk gelungen, denn mit den Fotos von Vee bekommt der Leser auch einen fotografischen Einblick in die bewegte Vergangenheit der Protagonisten. Es wirkt, als würde man in der Dunkelkammer bei der Vervollständigung der Szenen im Entwicklerbad dabei sein und so alles vor sich sehen. Ein sehr gelungener Schachzug.
Das Geheimnis um das viel diskutierte Foto bleibt bis zum Schluss verborgen und gibt Rätsel auf. So hält die Schreibende den Leser bei der Stange und versucht mit ihm in den Dialog zu treten, um eigene Vermutungen anzustellen.
Das Buch zeigt aber auch in aller Deutlichkeit auf, dass auch nach fünfzig Jahren Kampf um Gleichberechtigung und Gleichstellung zwar schon einiges erreicht worden ist, aber das Umdenken noch längst nicht in allen Köpfen und Bereichen ankommen ist. Ein Manko, das es noch auszumerzen gilt.
Ein abwechslungsreiches, emotionales und trotzdem sehr feinfühliges Buch, das den Leser nachdenklich und sensibilisiert für dieses Thema zurück lässt.