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Veröffentlicht am 18.06.2021

Sauerstoff

Miracle Creek
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Im ländlichen Miracle Creek kommt es zu einem tragischen Vorfall, bei dem ein kleiner Junge und eine Mutter von vier Kindern verstirbt und mehrere Personen schwer verletzt werden. Nach einem Jahr wird ...

Im ländlichen Miracle Creek kommt es zu einem tragischen Vorfall, bei dem ein kleiner Junge und eine Mutter von vier Kindern verstirbt und mehrere Personen schwer verletzt werden. Nach einem Jahr wird der Fall gerichtlich aufgearbeitet und die Mutter des kleinen Jungen sitzt auf der Anklagebank, weil man ihr Mord vorwirft. In einer Scheune hatte ein koreanisches Einwandererpaar eine HBO Therapie angeboten, wobei den Patienten in einer Druckkabine aus gesundheitlichen Gründen reiner Sauerstoff zugeführt wurde. Insbesondere bei autistischen Kindern sollte diese Therapie das Krankheitsbild verbessern , aber auch bei anderen gesundheitlichen Problemen,so hieß es, führe HBO zur Besserung des Wohlbefindens. Durch die Explosion eines Sauerstofftanks ausgelöst durch ein Feuer wurde die Druckkabine zur tödlichen Falle.

Was zunächst wie ein typischer Gerichtsthriller anmutet, entpuppt sich als vielschichtiger Roman, der sich neben dem Kriminalfall mit einer Fülle an Themen befasst. Es geht um Einwanderer, hier explizit asiatische Einwanderer in Amerika, die nicht besonders hoch angesehen sind, um Rassismus, um das Rollenbild von Asiaten, um Kinder mit besonderen Bedürfnissen, um Mütter und um Überforderung, um unerfüllten Kinderwunsch und und und..!

Dreh und Angelpunkt ist natürlich das tragische Ereignis, und das wird von allen Seiten beleuchtet, indem es jede Menge Perspektivwechsel gibt. Die Sprache ist klar, der Erzählstil ruhig. Einfach jeder scheint etwas verbergen zu wollen und so scheint nach und nach auch jeder verdächtig zu sein.

Pak und Young tun sich schwer in der neuen Heimat. Amerika ist ganz anders als sie sich das vorgestellt haben. Ihre Tocher Mehheeyah in den USA zu Mary umbenannt lernt zwar zügig Englisch fühlt sich aber dennoch entwurzelt. Die Mütter Elisabeth, Theresa und Kit verbindet ein gemeinsames Schicksal. Sie alle haben Kinder mit besonderen Bedürfnissen und stossen täglich an die Grenzem ihrer Belastbarkeit.

"Miracle Creek" war eine spannende und fazinierende Geschichte, die mich wirklich begeistern konnte. Sie lädt nicht nur zum Miträtseln ein, sondern spart auch nicht mit Gesellschaftskritik , geht in die Tiefe und wird mir ganz sicher in guter Erinnerung beiben.

Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 01.06.2021

Ungewöhnlich

Drei
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Der Roman spielt in Israel und erzählt in 3 Abschnitten von sehr unterschiedlichen Frauen, die eine Gemeinsamkeit haben, ihre Begegnung mit dem Rechtsanwalt Gil.

Aus der Perspektive des allwissenden Erzählers ...

Der Roman spielt in Israel und erzählt in 3 Abschnitten von sehr unterschiedlichen Frauen, die eine Gemeinsamkeit haben, ihre Begegnung mit dem Rechtsanwalt Gil.

Aus der Perspektive des allwissenden Erzählers lernen wir zunächst Orna kennen, die frisch geschieden, nun als alleinerziehende Mutter die alleinige Verantwortung für ihren sehr sensiblen 9jährigen Sohn Eran tragen muss, und die verzweifelt versucht wieder in ein normales Leben zurückzufinden.

Die zweite Frau heißt Emilia und ist eine lettische Einwanderin, die als Altenpflegerin arbeitet und in ein seelisches Loch fällt, als der alte Mann, den sie pflegt verstirbt und sie gezwungen ist in einem Altenheim zu arbeiten, wo man sie eher duldet als schätzt.

Ella, im letzen Abschnitt des Buches, ist mit einem eifersüchtigen Berufssoldaten verheiratet, hat 3 Kinder und versucht sich mit 37 Jahren noch verspätet an ihrer Masterarbeit.

Dror Mishani entwirft in seinem Roman ein Psychogramm dieser Frauen, lotet feinfühlig ihre Gefühlslagen aus und entlarvt ihre Einsamkeit. Von Gil, dem die Frauen auf unterschiedliche Weise begegnen, erfährt man wenig. Seine Gefühle und Beweggründe bleiben im Dunkeln.

Ein toller literarischer Schreibstil lässt vermuten, man hat es mit einem klug gestrickten Gegenwartsroman zu tun, doch dann hat der Autor mich sehr überrascht, weil sich das Buch plötzlich wie ein Krimi anfühlte.

Die ein bisschen monotone, sehr nüchterne Vertonung durch den Sprecher Franz Dinda hat mich anfänglich irritiert, passte im Nachhinein aber hervorragend zur Geschichte. Ich fand das Buch ungewöhnlich, erfrischend anders, mit einem sehr interessanten Schauplatz und bin restlos begeistert.

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Veröffentlicht am 29.05.2021

Tolles Reihenfinale

Vanitas - Rot wie Feuer
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Bitte bei dieser unterhaltsamen, wenn auch unrealistischen Reihe, (was für mich den Spaß nicht geschmälert hat), unbedingt bei Band 1 anfangen!

Zum Inhalt werde ich nicht allzu viel verraten, da ich nicht ...

Bitte bei dieser unterhaltsamen, wenn auch unrealistischen Reihe, (was für mich den Spaß nicht geschmälert hat), unbedingt bei Band 1 anfangen!

Zum Inhalt werde ich nicht allzu viel verraten, da ich nicht spoilern möchte. Anna alias Caro hat ihre Tarnnachnamen, die wenn man es mit der Mafia zu tun hat schon mal gewechselt werden müssen an Schachfiguren angelehnt, und genau wie in einem Schachspiel versucht sie ihre mächtigen Gegner von der russischen Mafia Stück für Stück auszuschalten, um selbst wieder angstfrei leben zu können. So wurde aus Caro Bauer aus dem letzen Teil jetzt Caro König, und ich fand es wieder sehr unterhaltsam wie einfallsreich Ursula Poznanski ihre Protagonistin agieren lässt, ohne sich selbst allzu sehr die Hände schmutzig zu machen. Es geht nicht unblutig zu aber irgendwie haben die Opfer ihr Schicksal doch auf jeden Fall verdient.

Als Hörbuch ist die Reihe unbedingt zu empfehlen, da die Sprecherin Luise Helm einfach grandios ist, Stimmungen perfekt vertont und besonders bei den Akzenten, deren sich Caro bedient, austoben konnte. Viel zu schnell waren die fast 13 Stunden Hörzeit vorbei, und ich habe mich nur ungern von Caro, der ehemaligen Passfälscherin, die zur Informantin der Polizei wurde, dann zur Blumenhändlerin und letzendlich im Schachspiel ihres Lebens zum weißen König transformierte, mit dem Ziel den schwarzen König zu schlagen, getrennt. Für mich war Band 3 der beste Teil dieser fesselnden Reihe, und die Autorin schaffte es auch dieses Mal wieder mich in einen Sog zu ziehen, dem ich mich nur schwer entziehen konnte.

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Veröffentlicht am 21.04.2021

Ein Roman, der unter die Haut geht

Der Verdacht
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In " Verdacht" von Ashley Audrain schildert Blythe ihre Lebensgeschichte und explizit ihre Sicht auf Geschehnisse, die im Laufe ihrer Mutterschaft geschehen sind.

Noch in der Uni lernt Blythe ihren späteren ...

In " Verdacht" von Ashley Audrain schildert Blythe ihre Lebensgeschichte und explizit ihre Sicht auf Geschehnisse, die im Laufe ihrer Mutterschaft geschehen sind.

Noch in der Uni lernt Blythe ihren späteren Ehemann Fox kennen und lieben. Fox kann es gar nicht erwarten eine Familie zu gründen. Genau hier liegt schon der Knackpunkt ihrer Beziehung, denn Blythe weiß gar nicht so genau, ob sie überhaupt Kinder will und ob sie in der Lage sein würde eine gute Mutter zu sein. Wenn sie auf ihre eigene Familie schaut, ihre Mutter und auch ihre Großmutter, haben diese beim Muttersein total versagt. Gibt es vielleicht eine genetische Disposition, und die Frauen in ihrer Familie sind gar nicht fähig gute Mütter zu sein?

Blythe wird trotz ihrer Bedenken schwanger. Ihr Mann wünscht sich so sehr ein Kind, und sie liebt ihren Mann. Ein gesundes Mädchen wird geboren und schon die Geburt ist furchtbar. Blythe hat das Gefühl dieses Kind lehnt sie ab, und sie kann kaum positive Gefühle oder gar Liebe für dieses kleine Wesen entwickeln. Trotzdem entscheidet sie sich bewusst für ein 2. Kind, denn sie kann und will nicht glauben, dass sie einfach eine schlechte Mutter ist.

Dadurch, dass man als Leser vollständig in die Gefühlswelt der Ich-Erzählerin Blythe einsteigt, ist man ihr sehr nah, fühlt all ihre Zweifel und Ängste ungefiltert mit. Als der kleine Bruder geboren ist, der ein problemloser Sonnenschein ist, legt die große Schwester Violet Verhaltensweisen an den Tag die erschüttern. Das Drama nimmt seinen Lauf und so verstörend sich der Roman auch entwickelt, ist es kaum möglich das Buch zur Seite zu legen, Es ist ein furchtbarer Alptraum, den Blythe ganz alleine überleben muss, denn ihr einst so charmanter Ehemann Fox sieht nur was er sehen möchte.

Der Roman ist kein Thriller wie man vermuten könnte, eher ein Spannungsroman bzw ein Psychogramm, wahnsinnig emotional und intensiv. Er bietet reichlich Diskussionsstoff und hallt sicher noch länger nach. Für mich war das Buch ein Überraschungshighlight, dass ich wärmstens empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 05.04.2021

Dem Ursprung des Nahost-Konflikts auf der Spur

Jaffa Road
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"Jaffa Road" ist die Fortsetzung des Mehr-Generationen-Romans "Piccola Sicilia" von Daniel Speck, den ich schon sehr gerne gelesen habe, und ich habe mich riesig auf die jetzt erschienene Fortsetzung gefreut. ...

"Jaffa Road" ist die Fortsetzung des Mehr-Generationen-Romans "Piccola Sicilia" von Daniel Speck, den ich schon sehr gerne gelesen habe, und ich habe mich riesig auf die jetzt erschienene Fortsetzung gefreut. Man braucht allerdings keine Sorge zu haben ohne Band 1 gelesen zu haben im 2. Band den Anschluss zu verlieren. Der Autor vermittelt auch dem neueinsteigenden Leser durch Rückblicke das notwendige Wissen in die Geschichte vollständig eintauchen zu können.

Der Roman beginnt mit einer Erbschaftsangelegenheit bei der Nina aus Deutschland und Enkelin des verstorbenen Moritz, sowie ihre Tante Joëlle, israelische Jüdin ,und Elias, der den beiden unbekannte Sohn des Erblassers nach Palermo zur Testamentseröffnung gebeten werden.

Die Erben begegnen sich mit Mißtrauen, versuchen aber nach und nach Moritz bewegtes Leben, von dem jeder nur Bruchstücke kennt zu rekonstruieren.Noch im Krieg desertiert Moritz in Tunesien und wird von einer jüdischen Familie versteckt, deren Tochter Yasmina er später heiratet, wohlwissend ,dass er in Deutschland eine Verlobte zurücklässt. Wie es zu einer 3. Frau in seinem Leben kommt, erfahren wir im Laufe der Geschichte.

Der Leser wird zurück in die Nachkriegszeit versetzt, in das Jahr 1948, wo die Weltgemeinschaft nach dem Holocaust beschloss, der Forderung der Juden nach einem eigenen Staat nachzugeben und Israel gegründet wurde. Die Freude über eine Heimat auf Seiten der Juden war aber nur eine Seite der Medaille, denn die Staatsgründung hatte zur Folge, dass die Palästinenser, die zuvor friedlich mit ihren jüdischen Nachbarn zusammengelebt hatten nun von ihrem Grund und Boden vertrieben wurden und dann als "Abwesende" enteignet wurden. Es hat mich schon erschüttert, wie den neuankommenden Juden Wohnungen zugewiesen wurden, in denen die Kaffetassen der palästinensischen Vorbewohner noch auf dem Tisch standen.

Daniel Speck schlüpft ohne zu werten in unterschiedliche Perspektiven, so dass man Verständnis und Empathie für jeden seiner Protagonisten und somit für alle Seiten des Konflikts entwickeln kann. Viele geschichtlichen Ereignisse waren mir gar nicht so bekannt und ich habe sie an anderer Stelle nochmal nachgeschlagen. Ich kann den Autor für seine hervorragende Recherchearbeit nur loben.Ihm ist ein Familienepos gelungen, dass mir den Nahostkonflikt und dessen Ursprung deutlich näher gebracht hat. Ich fand den Roman spannend und unterhaltsam, und auch wenn es ein dicker Schmöker ist, gab es für mich kaum Längen. Die Charaktere hat der Autor authentisch und sympathisch angelegt. Nicht immer konnte ich die Lebensentscheidungen von Moritz so ganz nachvollziehen. Trotzdem war er mir nicht unsympathisch. Wenn Figuren Ecken und Kanten haben, finde ich das auf jeden Fall realistischer, als wenn sie nur gut oder nur schlecht angelegt sind. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, und es war ein perfekter Reihenabschluss. Wer groß angelegte Familienromane mit geschichtlichem Hintergrund und tiefgründigen Figuren mag, dem wir "Jaffa Road" sicher genauso begeistern wie mich. Da Daniel Speck auch Drehbuchautor ist, habe ich die Hoffnung, dass diese interessante Geschichte auch irgendwann mal verfilmt wird.

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