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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.03.2017

Der Pakt mit dem Teufel

Ragdoll - Dein letzter Tag (Ein New-Scotland-Yard-Thriller 1)
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Detective William Oliver Layton-Fawkes, besser bekannt als Wolf, ist kein durchschnittlicher Ermittler. Im Gegenteil, er polarisiert. Und wenn es sein muss, rastet er auch komplett aus und landet in der ...

Detective William Oliver Layton-Fawkes, besser bekannt als Wolf, ist kein durchschnittlicher Ermittler. Im Gegenteil, er polarisiert. Und wenn es sein muss, rastet er auch komplett aus und landet in der Psychiatrischen Klinik. Kein Wunder, dass ihn nicht alle Kollegen in ihrer Nähe haben wollen. Doch als eine entsetzliche Collage an Leichenteilen, die Ragdoll, gefunden wird und diese direkt auf Wolfs Wohnung zeigt, wird er zum Mittelpunkt der Ermittlungen. Besonders, weil Wolfs Exfrau, die Journalistin Andrea Hall eine Liste zugespielt wird. Eine Liste mit den Namen der nächsten Opfer. Und auch Wolf steht darauf …

Wieder einmal hat ein Autor einen Protagonisten mit einem ganz besonders schwierigen Charakter erschaffen. Das ist inzwischen so weit verbreitet, dass es langsam ein wenig langweilig wird. Doch Wolf ist ein Extremfall und ich bin gespannt, wie der nächste Teil dieser neuen Serie sein wird, denn das Ende hier ist im Grunde kein Cliffhanger und deutet auch nicht wirklich auf eine Fortsetzung hin. Also lasse ich mich überraschen!

Der Spannungsbogen ist genial gestaltet. Denkt man anfangs, dass der Mörder sich selbst eine Fall gestellt hat mit der Liste, staunt man doch, wie es sein kann, dass die Ermittler immer zwei Schritte hinterherhinken. Dass Edmunds dann auf den einzig logischen Schluss kommt, ist unvermeidbar. Doch der Showdown setzt dem Ganzen dennoch die Krone auf.

Sämtliche relevanten Figuren sind ausnehmend gut aufgebaut. Die Spannung zwischen Andrea und Emily ist eine ganz besondere, denn noch immer denkt Andrea, Wolf hätte sie in der Ehe mit Emily betrogen. Emily dagegen wünscht sich genau das mehr als alles andere, ohne es erreicht zu haben.

Edmunds versucht sich als Neuer in der Abteilung, während seine Verlobte nicht mit seinem neuen Job umgehen kann, zumal sie schwanger ist. Wolf selbst kämpft mit seiner eigenen Vergangenheit und einem alten Fall, der ihn einfach nicht loslassen will.

Die Story hat viel Tempo und überrascht immer wieder. Die Wendungen sind erstaunlich, aber nicht an den Haaren herbeigezogen. Alles ist sehr gut aufgebaut und stimmig in sich. Man liest das Buch erstaunlich schnell weg. Dennoch verliert die Story im letzten Drittel ein wenig. Es lässt sich schlecht greifen, denn die Spannung ist nach wie vor da. Dennoch war ich stellenweise dann einfach nicht mehr einhundertprozentig bei der Sache und driftete zeitweise gedanklich ab. Hier hätte eventuell ein wenig gekürzt werden sollen, um das Ganze nicht zu überdehnen.

Dass die Story in London spielt, ist erstaunlich. So schwungvoll und rasant sind die Engländer selbst in Thrillern nur äußerst selten. Auch eine Spur des guten alten schwarzen britischen Humors findet sich immer wieder, besonders in den Dialogen zwischen Baxter und Wolf. Das gefällt mir sehr und ist mit ein Grund, warum ich „Ragdoll – Dein letzter Tag“ mit vier Sternen bewerte.

Veröffentlicht am 19.03.2017

Geballtes Wissen in kompakter Form

Welcher Baum ist das?
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Bestimmungsbücher sind immer eine Sache für sich. Man muss sich in den Gedanken der Ersteller einarbeiten, um zielsicher die Bestimmungsmerkmale angehen zu können. Hier wird mit einem Farbcode gearbeitet, ...

Bestimmungsbücher sind immer eine Sache für sich. Man muss sich in den Gedanken der Ersteller einarbeiten, um zielsicher die Bestimmungsmerkmale angehen zu können. Hier wird mit einem Farbcode gearbeitet, der die erste grobe Einteilung ermöglicht. Danach orientiert man sich an der Blattform, um den zu bestimmenden Baum eingrenzen zu können. Die Blüten und Früchte helfen zusätzlich.

Ich finde dieses Buch sehr gelungen. Es bietet eine Masse an Informationen auf kleinstem Raum. Allerdings hat es auch ein hübsches Gewicht und das will bei Wanderungen oder gar Spaziergängen dann auch getragen werden.

Man erfährt die wichtigsten Informationen über die Bäume und ihre Früchte. Wer mehr darüber wissen möchte, benötigt dann ein anderes Nachschlagewerk. Wären mehr Informationen untergebracht, könnte man den Ratgeber nicht mehr mitführen, dann wäre er eindeutig zu schwer.

Aufgrund der Vielzahl der Bäume sind die Fotos etwas kleiner ausgefallen, doch bin ich der Meinung, man kann alles gut genug erkennen, um sich bei Bedarf anschließend anderweitig mehr Wissen aneignen zu können.

Für die gesunde Neugier von Otto Normalverbraucher ist dieses Buch klasse. Schnell kann man auch als kompletter Laie die Bäume bestimmen. Wer wie ich immer wieder vergisst, wie die Arten heißen, hat hier eine tolle Gedächtnisstütze.

Sehr schön auch die kostenlose App mit den Erklärfilmen.

Mir persönlich fehlen allerdings Angaben zu Allergien. Einige Bäume und Büsche lösen bei mir extreme Hautreaktionen aus. Dazu findet sich im Buch leider nichts. Gerade das wäre aber interessant.

Insgesamt gebe ich dem Naturführer vier Sterne.

Veröffentlicht am 03.03.2017

Vera und die Männer

Anfang 40 - Ende offen
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Vera freut sich darauf, an ihrem 46. Geburtstag (also gar nicht so Anfang 40) endlich geschieden zu werden. Sven, ihr Noch-Mann, hat sie mit einer Jüngeren betrogen und will mit dieser Frau neu anfangen. ...

Vera freut sich darauf, an ihrem 46. Geburtstag (also gar nicht so Anfang 40) endlich geschieden zu werden. Sven, ihr Noch-Mann, hat sie mit einer Jüngeren betrogen und will mit dieser Frau neu anfangen. Greta, ihre Tochter, macht gerade Abi und wird flügge. Also der ideale Zeitpunkt, komplett neu anzufangen, zumal ihre Agentur gerade richtig gut läuft und da ein schnuckeliger Typ ist, auf den Vera steht und der sie ordentlich anbaggert. Aber dann läuft es komplett anders – angefangen damit, dass Sven gar nicht erst zum Scheidungstermin kommt und auch eindeutig nicht vorhat, sich scheiden zu lassen …

Vera durchlebt eine ordentliche Midlife-Crisis, mit all den typischen Effekten: Hitzewallungen, Schlafstörungen, hektische Aktivitäten, Stimmungsschwankungen, Überdrehtheit und jeder Menge irrer Ideen. Das wäre noch okay, da Greta ihren eigenen Weg zu gehen weiß und Sven nichts mehr zu melden hat, aber Vera zieht immer wieder ihre Freundinnen und Pavel, den schwulen Wirt von „Müllers Büro“ in ihr Chaos mit hinein. Eine Katastrophe jagt die nächste und beim Lesen wird man ganz atemlos, weil Vera einem keine Sekunde zum Ausschnaufen gibt.

Dennoch mag ich Vera. Sie nervt, sie stresst – aber sie ist okay. Ihre Freundinnen mag ich aber ganz besonders, auch Greta. Ein Mädchen, wie man es sich zur Tochter wünschen würde (auch wenn sie dann im Laufe des Buches sozusagen einen Vera-Fehler macht). Pavel ist mein persönliches Äquivalent zu einem Café-Besitzer früherer Zeiten und so mag ich ihn ganz besonders gern. Und Paul, tja, der ist im Grunde mein Mann! Nur dass ich nicht ganz so anstrengend wie Vera bin.

Es gibt zwischen Vera und mir eine Parallele, die mir bei der Lektüre des Buches besonders Spaß gemacht hat: Paul ist 14 Jahre jünger als Vera. Ja, das verwirrt Frau und das muss sie erst einmal einsortieren und verarbeiten, das ist völlig normal. Dass Vera sich immer wieder im Kreis dreht, nervt gewaltig, ist aber verständlich, wie ich meine.

Leider ist das Buch am Anfang extrem witzig und wird dann etwas ruhiger in dieser Hinsicht, aber amüsant ist es durchweg. Sogar Sven, der in Sachen Nerven Vera in nichts nachsteht, hat seine guten und witzigen Seiten.

Insgesamt liest sich das Buch flott weg. Die Charaktere gefallen mir sehr, denn sie sind alle einzigartig und mit wenigen Strichen gut gezeichnet. An vielen Stellen kann ich Veras Launen tatsächlich nachvollziehen (auch wenn sie nerven) und deshalb denke ich, dass dieses Buch allen Mittvierzigern Mut macht, sich so jung zu fühlen, wie sie sind und nicht in eine Art Schockstarre zu verfallen. Zu schnulzig ist der Roman auch nicht und deshalb kann ich gerne vier Sterne geben.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Verlust und Neuanfang

In Liebe, Brooklyn
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Brooklyn trauert seit einem Jahr um ihren Freund Lucca. Dieser ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie schreibt ihm täglich Briefe, doch ihre Albträume werden nicht weniger. Luccas Bruder Nico bekämpft ...

Brooklyn trauert seit einem Jahr um ihren Freund Lucca. Dieser ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie schreibt ihm täglich Briefe, doch ihre Albträume werden nicht weniger. Luccas Bruder Nico bekämpft seinen Schmerz durch Lauftraining. Als sich Gabe, Luccas bester Freund und der Schuldige am Unfall, mit einer Überdosis das Leben nimmt, wird alles noch schlimmer für beide. Und plötzlich empfängt Nico Nachrichten von Lucca – er soll Brooklyn retten. Nico ist verwirrt, doch irgendwann nimmt er Brooklyn mit zum Laufen. Die beiden spüren, dass sie die gemeinsame Trauer verbindet und sie sich gegenseitig helfen können, doch so ganz mit der Wahrheit herausrücken kann keiner von beiden …

Anna Carlsson und Andreas Fröhlich lesen dieses Hörbuch sehr emotional und einfühlsam. So wird sehr schön transportiert, wie schwer ein solcher Verlust für die Betroffenen ist und wie unterschiedlich damit umgegangen werden kann. Auch, wie schmerzhaft es sein kann, wenn die Trauer sich verändert und dem Leben wieder mehr Raum gibt.

Die beiden Erzählstränge von Brooklyn und Nico werden immer abwechselnd gelesen. So hat man den direkten Vergleich der Gedanken und Gefühle von der Freundin und dem Bruder, der weiblichen Sichtweise und der männlichen. Sehr schön lässt sich erkennen, wie unterschiedlich Menschen allgemein und die Geschlechter im Vergleich sind. Noch dazu in einer Lebensphase, in der man mit dem Tod nicht rechnet. Dazu der zweite Tod, ein Suizid. Das macht die Situation noch spezieller.

Die Kapitel sind kurz und dennoch regen sie zum Nachdenken an und machen betroffen. Es braucht eben nicht immer viele Worte, um zu beschreiben, wie man sich fühlt. Lisa Schroeder hat ihre Figuren mit ganz wenigen Worten sehr stark gezeichnet und die Sprecher füllen diese Figuren sehr treffend aus.

Die Hinweise und Nachrichten, die Nico von Lucca empfängt, wirken zunächst komplett mystisch und unwirklich, doch mit der Zeit fragt man sich, welche unbewussten Handlungen sie in Wahrheit ausgelöst haben, welche Zufälle zusammenspielen und ob das alles nicht logisch erklärbar ist. Doch auch dann: die Story ist wunderschön, wenn auch sehr traurig. Und sie zeigt, dass alles im Leben seine Zeit hat und braucht und dass auch Trauer zum Leben gehört. Doch auch, wenn sie nie ganz vergeht, verändert sie sich stark.

Dieses Jugendbuch hat mich zunächst ein klein wenig erschrocken. Habe ich mich doch gefragt, ob es bei labilen Jugendlichen nicht die falschen Reaktionen auslösen könnte. Doch insgesamt komme ich zu dem Schluss, dass es ein großer Trost ist und sehr schön erklären kann, wozu Eltern und Freunde oft nicht in der Lage sind, denn noch immer ist der Tod ein Tabuthema. Alles in allem möchte ich diesem Hörbuch deshalb vier Sterne geben.

Veröffentlicht am 06.02.2017

Drei Wochen auf einem Dampfer

Katzentisch
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Michael, gerade elf Jahre alt, fährt mit dem Schiff von Ceylon nach Großbritannien zu seiner Mutter. Auf der Reise, die drei lange Wochen dauert, lernt er viele Menschen kennen: Gleichaltrige, aber auch ...

Michael, gerade elf Jahre alt, fährt mit dem Schiff von Ceylon nach Großbritannien zu seiner Mutter. Auf der Reise, die drei lange Wochen dauert, lernt er viele Menschen kennen: Gleichaltrige, aber auch Erwachsene. Einige davon spielen auch in seinem späteren Leben, zu dem immer wieder abgeschweift wird, eine Rolle. Die Reise prägt den Jungen für das ganze Leben.

Michael sitzt am „Katzentisch“, dem unattraktivsten Tisch im Speisesaal, denn er ist kein Gast, der viel Geld bringt, sondern schon eher eine kleine Last. Schon erstaunlich, dass in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts Kinder einfach ohne Begleitung eine solche Strecke allein fahren konnten und durften. Das ist heute unvorstellbar. Die Erlebnisse des Jungen sind nicht alle erfreulich und schön, aber jedes einzelne hat Auswirkungen auf seine weitere Entwicklung und sein späteres Leben. Das weiß er zu dem Zeitpunkt nicht, aber da Michael diese Story aus seiner Erinnerung heraus erzählt, weiß er es inzwischen und lässt es auch immer wieder durchblicken. Die unterschiedlichen Reisebegleiter, allesamt auf ihre Weise besonders, bringen die drei Kinder auf immer neue Ideen, die nicht immer mit den Ge- und Verboten übereinstimmen. So füllen sie die 21 Tage mit Erlebnissen, die andere in einem ganzen Leben nicht sammeln können.

Die vielen Zeitsprünge vor und zurück und die große Zahl an Charakteren machten es mir zwischendurch etwas schwer, der Story zu folgen. Auch kam ich mit einigen Namen nicht so ganz klar. Johannes Steck erzählt (bzw. liest) das Buch sehr passend in einem ruhigen, nachdenklichen Ton. Diese Stimme ist super angenehm – aber sie verleitet auch zum Abdriften mit den Gedanken.

Wirklich spannend ist das Hörbuch nicht, doch lauscht man dem Erzähler dennoch immer weiter. So ähnlich, wie man als Kind gern etwas vorgelesen bekam und sich dabei wohl, sicher und gut aufgehoben fühlte. Der Katzentisch wird zum interessantesten Platz auf dem Schiff. Als Zuhörer mag man von den „besseren“ Leuten gar nicht so viel wissen, da sie schnell verblassen im Vergleich mit der illustren Gesellschaft an diesem abseits stehenden Tisch.

Die Abgeschlossenheit auf diesem Dampfer lässt die Ereignisse ganz anders auf die Personen wirken, besonders auf die Kinder, als es in einer Stadt gewesen wäre. Es gibt keine Möglichkeit, den Geschehnissen aus dem Weg zu gehen. Und auch in drei Wochen Fahrt kann niemand alle Geheimnisse dieser in sich geschlossenen Welt ganz enträtseln. Die Verbindungen, die teils über viele Jahre bestehen bleiben, haben ihren ganz eigenen Zauber und Reiz.

Wer sich auf das Hörbuch einlässt und sich voll und ganz konzentriert, hat viel Freude damit. Insgesamt kann ich vier Sterne dafür geben.