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Veröffentlicht am 06.05.2021

Der Sprung

Die Beichte einer Nacht
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Heleen befindet sich in einer psychatrischen Klinik. Eines Abends setzt sie sich zur Nachtschwester und erzählt ihr ihre Lebensgeschichte in Form einer Beichte. Aufgewachsen in einer kinderreichen Familie, ...

Heleen befindet sich in einer psychatrischen Klinik. Eines Abends setzt sie sich zur Nachtschwester und erzählt ihr ihre Lebensgeschichte in Form einer Beichte. Aufgewachsen in einer kinderreichen Familie, als Ältestes Kind musste sie schon bald Verantwortung für ihre Geschwister übernehmen. Besonders genervt ist sie von ihrer jüngsten Schwester Lientje. Einem Säugling, der ständig am Plärren ist. Beinahe hätte sie was Unüberlegtes getan. Heleen schafft den Sprung aus dem ärmlichen Milieu in eine bessere Gesellschaft. Das ihr das gelingt, hat sie vor allem ihrer Schönheit, ihrem Sinn für Ästhetik und ihrer Kreativität zu verdanken. Ihre große Liebe lernt sie ausgerechnet über Lientje kennen.

Der Roman ist ein in Vergessenheit geratener Klassiker. Er erschien zum ersten Mal im Jahre 1930. Marianne Philips, die Autorin, wurde 1886 in Amsterdam geboren und verstarb nach einer längeren schweren Krankheit im Jahre 1951. Sie verstand das Schreiben als Therapie, weshalb auch viel Autobiographisches in das Buch eingeflossen ist. Denn auch Marianne Philips musste sich ihren Weg aus ärmlichen Verhältnissen hart erarbeiten.

Während der Roman nur langsam an Fahrt gewinnt und die Protagonistin anfangs nur am Klagen über ihre Bettgenossinnen ist, kommt später überraschen Spannung auf. Der Roman wird in Form eines Monologs erzählt. Eine etwas gewöhnungsbedürftige Erzählweise. Für Heleen empfand ich ehrliche Bewunderung, der es gelang in dieser für Frauen chancenarmen Zeit ihren Weg zu gehen. Die Protagonistin ist mutig und zaudert nicht. Und sie kennt ihren Wert. Das betont sie immer wieder. Diese Sichtweise fand ich hoch interessant. Denn viel Menschen verkaufen sich besonders in der Arbeitswelt unter ihrem Wert. Aber kann man seinen Wert wirklich am Materiellen festmachen? Heleen macht es mir als Leserin dennoch schwer, sie wirklich sympathisch zu finden. Sie liebt ihre Außenwirkung zu stark, und kommt nicht damit zurecht, dass sie nicht die junge anziehende Frau bleibt. Hier erkenne ich große Parallelen zu Frauen aus dem heutigen Showbiz, die ihr Alter ebenfalls nicht akzeptieren können, was zum Teil groteske Ausmaße annimmt.

In „Die Beichte einer Nacht“ geht es um starke Gefühle. Liebe, Eifersucht, Hass, Ängste. Gefühle, die die Macht haben, einen Menschen innerlich zu zerstören. Heleen werden ihrer Gefühle zum Verhängnis, sie verliert die Selbstkontrolle., wird von Zweifeln aufgefressen. Im Rückblick sieht Heleen ihren Lebensweg durchaus kritisch.

Mich hat das Buch nach anfänglichen Schwierigkeiten stark gefesselt und ich konnte es bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen. Keine leichte Lektüre, aber absolut faszinierend und zum Nachdenken anregend. Ich wurde nicht nur unterhalten, ich wurde angehalten, tiefer in die Lektüre einzutauchen und mich auch noch nach dem Lesen länger damit zu beschäftigen. Deshalb von mir eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 05.04.2021

Ein Glücksfall

Die 12 Glücksbringer
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12 Glücksexperten geben uns in diesem Ratgeber ihre Geheimnisse des Glücks preis. Prof. Dr. Hüther fordert uns auf, selbst herauszufinden, worauf es im Leben ankommt und wie es gelingen kann, ein glücklicher ...

12 Glücksexperten geben uns in diesem Ratgeber ihre Geheimnisse des Glücks preis. Prof. Dr. Hüther fordert uns auf, selbst herauszufinden, worauf es im Leben ankommt und wie es gelingen kann, ein glücklicher Mensch zu werden. Die meisten Menschen beginnen die Suche nach dem Glück nicht im Innern, bei sich selbst, sondern draußen. Sie wollen in den Augen ihrer Mitmenschen Einfluss, Macht, Reichtum und damit auch gesehen und beachtet werden. Aber ist das Glück? Robert Betz sagt, Glück ist eine bewusste Entscheidung. Und darin stimme ich ihm 100% zu. Das sagen im Übrigen alle 12 Coaches. Stefanie Stahl arbeitet zudem mit dem Sonnen- und Schattenkind in uns. Und auch Laura Malina Seiler möchte uns zum Strahlen bringen. Der bekannte Kinder- und Jugendbuchautor Thomas Brezina möchte uns die Glückskraft der Kinder ans Herz legen, denn Kinder haben noch ein natürliches Glücksgefühl. Jeder Betrag ist für sich ist eine Perle für sich.
Es ist kein Buch, dass dir das GLÜCK auf einem Silbertablett präsentiert. Wer das erwartet, der wird leider enttäuscht. Denn jeder von uns muss seinen eigenen Weg finden um glücklich zu sein. Für jeden von uns sieht dieser Weg anders aus. Glück lässt sich ja auch schwer beschreiben. Schon große Denker wie Aristoteles und Epikur haben sich mit dem Glück beschäftigt. Dennoch ist dieses Buch ein Glücksfall. Es bietet eine Fülle an Tipps und Unterweisungen von den unterschiedlichsten Coaches, es liefert Denkanstöße von denen der Leser, wenn er sich darauf einlässt, profitieren kann.

So oft ich darin lese, bekomme ich neue positive Impulse und ja, es macht mich glücklich. Ich werde dieses Buch noch oft zur Hand nehmen, um meiner Seele positive Nahrung zu geben.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Edna, das Schwabenkind

Als wir uns die Welt versprachen
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Die Autorin Romina Casagrande bringt mit ihrem berührenden Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ das Schicksal tausender Schwabenkinder in Erinnerung. Der Schreibstil der Autorin ist voller Poesie, ...


Die Autorin Romina Casagrande bringt mit ihrem berührenden Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ das Schicksal tausender Schwabenkinder in Erinnerung. Der Schreibstil der Autorin ist voller Poesie, Frau Casagrande entwirft eindrucksvolle Stimmungsbilder. Die Erzählung wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Vieles wird nur angedeutet und erschließt sich erst später. Das macht es umso spannender.

Edna hatte Schlimmes erfahren in ihrer Kindheit. Sie war erst zehn, als sie ihr Vater für Geld in die Fremde zum Arbeiten schickte und damit in eine ungewisse Zukunft. Sie war eines jener Schwabenkinder die während der Sommermonate über die Alpen kamen, um in Oberschwaben zu arbeiten um ihre Familien zu unterstützen

Edna erwartete ein hartes Leben beim Großbauern, den die Kinder heimlich „Struwelpeter“ nannten. Seitdem hatte Edna in ihrem Leben viele Struwelpeter kennengelernt. Halt gab ihr damals ein Junge namens Jacob. Vor Jacob hatten alle Respekt. Er schien alle Regeln zu übertreten und trotzdem durchzukommen. So sah ihn jedenfalls Edna. Sie bewunderte Jacob. Er nannte sie Zimperliese. Jacob hatte sie später gerettet hat und vom Hof wegbracht. Wie das vor sich ging, darüber erfahren wir sicher noch im weiteren Verlauf der Geschichtet.

In der Jetztzeit ist Edna alt. Ihr wurde bereits ein Platz in einer Seniorenresidenz zugesagt. Adela, die den Dorfladen betreibt, kümmerte sich rührend um die alte Dame. Dann kommt der Tag an dem Edna in einer Zeitschrift von einem Unglück in Ravensburg liest und dieses eine Foto entdeckt. Sie ist sich sicher, der Mann auf dem Foto ist ihr Jacob. Sie hat bei Jacob noch eine Schuld abzutragen, sie muss ein Versprechen einlösen. So macht sich Edna zusammen mit Emil auf den beschwerlichen Weg, Jacob in Ravensburg im Krankenhaus zu besuchen. Ich fragte ich mich unwillkürlich: Oje, ist sie denn von allen guten Geistern verlassen. Was für ein hirnrissiger Plan. Eine alte Frau, mit Papagei in einer Karre, in einem Umhang gehüllt und mit einer Baseballkappe auf dem Kopf. Was für ein seltsames Bild muss sie für die Menschen abgegeben haben?

Edna verliert ihr Portemonnaie und muss sich auf der Straße durchschlagen. Doch sie lernt auch die unterschiedlichsten Menschen kennen, die ihr auf ihrem Weg immer wieder weiterhelfen, Menschen Herz zeigen, denen ihre Mitmenschen nicht egal sind.

Edna, als Charakter mochte ich sehr. Wobei ich bezweifle, dass sich Damen ihres Alters tatsächlich dieser Strapaze aussetzen würden. Auch die anderen Protagonisten waren sehr gut gezeichnet. Ich mochte sie alle.

Eine eindringliche Geschichte, die mich tief erschüttert und berührt hat, und die mich bewogen hat, über das Schicksal der Schwabenkinder nachzulesen. Was für eine schlimme Zeit.

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Veröffentlicht am 21.03.2021

TEACH THE ELEPHANT

Folge deinem Bauchgefühl
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Nein, es ist kein neuer Diätratgeber. In diesem Buch geht es um ehr als Kalorien zählen. Die Autorin fordert auf, die Verantwortung für unser Essverhalten in die Hand zu nehmen. Denn es gibt keinen heiligen ...



Nein, es ist kein neuer Diätratgeber. In diesem Buch geht es um ehr als Kalorien zählen. Die Autorin fordert auf, die Verantwortung für unser Essverhalten in die Hand zu nehmen. Denn es gibt keinen heiligen Gral. Auch keinen Zauberspruch. Sie rät, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Wofür steht eigentlich die Schokolade? Und wie kann ich dieses Gefühl von Befriedigung anderswo finden? Ursachenforschung statt Symptombekämpfung. Darin stimme ich der Autorin Johanna Fischer vollkommen zu. Wir sind verantwortlich für unsere Entscheidungen, für die Erfüllung unserer Bedürfnisse und unser persönliches Glück. Die Autorin schreibt: „Wenn du etwas willst, musst du etwas dafür tun, du kannst nicht von anderen erwarten, dass sie dich glücklich machen.“ Genauso sind wir nicht verantwortlich für andere, jeder ist seines Glückes Schmied. Niemand sollte zu viel Energie verschwenden, um zu erklären, warum etwas nicht funktioniert, sondern vielmehr seine Energie in die Suche nach den Gründen stecken, warum es funktionieren wird.

Die Autorin empfiehlt, auf den eigenen Körper zu hören, ihm zu vertrauen.

Wir erfahren wichtiges Basiswissen über Mikro- und Macronährstoffe und erfahren, was die Autorin unter proaktive Ernährung versteht. Listen der proaktiven Lebensmittel befinden sich in den jeweiligen Kapiteln.

Die Frage ist: Warum tun wir eigentlich oft das nicht, was wir eigentlich wissen? Genau das ist das Problem, das viele von uns haben. Wir kennen uns mit Nahrungsmitteln und Kalorien sehr gut aus, aber es hakt trotzdem. Der Rat der Autorin: TEACH THE ELEPHANT, NOT THE RIDER. Ein absolut einleuchtender Ansatz, der mir persönlich ein Aha-Erlebnis verschafft hat. Für mich überhaupt der wichtigste Punkt in diesem Buch, da ich mich mit Ernährung sehr gut auskenne und eigentlich nicht noch ein weiteres Diätbuch benötige.

Der mentale Schwerpunkt in diesem Buch ist tatsächlich sehr erhellend. Nun weiß ich wie ich meinen inneren Schweinehund beikommen kann. Meine Motivation ist angesprungen und ich habe große Lust, diese Ratschläge in meinen Alltag zu integrieren.

Fazit: Daumen hoch. Diesen Ratgeber kann ich von ganzem Herzen empfehlen. ❤️

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Gedächtnis verrutscht

Stay away from Gretchen
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»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben. Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht.« Auf diesen Spruch wartet die 84-jährige ...

»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben. Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht.« Auf diesen Spruch wartet die 84-jährige Greta jeden Abend vor dem Fernseher, zum Abschluss der Nachrichten, die Tom, ihr Junge, moderiert. Greta wohnt allein in einer Wohnung mit einhundertsechzig Quadratmetern. Ihr Mann ist schon seit 18 Jahren verstorben. Wann hatte sie ihren Sohn zum letzten Mal persönlich gesehen, er wohnt doch nur wenige Kilometer von ihr entfernt? Sie ruft ihn an, bemerkt dabei gar nicht, dass sie nur auf Band spricht.

Ich habe tatsächlich die Luft angehalten, als sich die alte Dame ins Auto setzt und nach Irrwegen auf der Autobahn landet, wo sie hilflos hinter ihrem Steuer sitzt. Vier Stunden ist sie unterwegs bevor sie mit leerem Tank liegenbleibt und aufgegriffen wird. Sie ist völlig verwirrt. Dringender Verdacht auf Demenz, sagt der Arzt im Krankenhaus zu Thomas

So startet die Geschichte in der Gegenwart. Doch es gibt auch noch Gretas Geschichte in der Vergangenheit und die beginnt mit dem 1. September 1939, als der Schuldirektor verkündet: "Jetzt ist Krieg!" und endet im Juli 1953. Und diese Geschichte ist über allen Maßen spannend, berührend, grausam, menschlich und unmenschlich zugleich.

Greta verbringt ihre Kindheit in Ostpreußen, als der Vater in den Krieg muss. Ihr wird als Kind die Nazi-Propaganda eingepflanzt und so verehrt sie, wie so viele, diesen Adolf Hitler. Dann gilt ihr Vater in Russland als verschollen und die Familie befindet sich auf der Flucht vor der anrückenden russischen Armee. Unvorstellbar, was Greta und ihrer Familie widerfahren ist. Auch als Flüchtlinge sind sie nirgend willkommen. Ich kann mich jetzt umso besser in die Flüchtlinge versetzen, die in der heutigen Zeit aus Kriegsgebieten nach Deutschland kommen. Auch sie sind von vielen hier nicht erwünscht und auch das faschistische Gedankengut ist bereits wieder in vielen Köpfen vorhanden.

In Heidelberg lernt sie die schwarzen GI Robert Cooper kennen. Hier lesen wir von Rassismus der Gis in den eigenen Reihen. Die schwarzen Soldaten dürfen zwar in den Krieg ziehen und ihr Vaterland verteidigen, sind jedoch weniger Wert als ein weißer Soldat. Ich möchte hier nicht zu viel von der Geschichte verraten. Mich haben gerade dieser Rassismus und die Mischlingsproblematik stark betroffen gemacht.

Von all dem hatte Thomas nichts gewusst. Seine Mutter hat nie davon gesprochen. Allmählich bekommt er eine Ahnung vom Leben seiner Mutter
Tja, und nun zum Hauptprotagonisten. Ich mochte Thomas anfangs überhaupt nicht. Er wurde mir zunehmend unsympathischer. Er ist ein typischer Vertreter der Generation „Ellbogen“, für die nur ein Höher/Größer/Weiter/Schneller zählt. Ich fand es seine arrogante Art, besonders seiner Ersatzassistentin Jenny gegenüber, abscheulich. Allerdings gewinnt er im Laufe der Geschichte, und je mehr er über seine Mutter erfährt, an Menschlichkeit. Gretchen mochte ich. Sie weiß, dass was nicht mit ihr stimmt und das macht ihr Angst. Sie versucht es zu vertuschen. Interessant ist, dass sie, trotz Demenz, noch in der Lage ist Kreuzworträtsel zu lösen. „Das Gedächtnis verrutscht im Alter“, sagt Greta. In ihren jungen Jahren hat Greta mehr aushalten müssen, als man sich vorstellen kann. Ich hielt beim Lesen oft die Luft an.

Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar und voller Dramatik. Susanne Abel lässt den Leser in eine andere Zeit eintauchen. Man fühlt sich mitten im Geschehen. Ich habe mitgelebt und gelitten. Die Charaktere sind lebensecht.

Fazit: Ein grandioser gut recherchierter Debütroman, der mich jede Sekunde fesseln konnte.

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