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Veröffentlicht am 23.01.2022

Absolut durchschnittlich mit kaum eigenen Ideen

The Crown's Game
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Dieses Buch stand schon lange auf meiner Wuli. Der Klapptext erinnerte mich gleich an Der Nachtzirkus von Erin Morgenstern und dieses Buch liebe ich abgöttisch. Da wollte ich the Crowns Game natürlich ...

Dieses Buch stand schon lange auf meiner Wuli. Der Klapptext erinnerte mich gleich an Der Nachtzirkus von Erin Morgenstern und dieses Buch liebe ich abgöttisch. Da wollte ich the Crowns Game natürlich auch eine Chance geben, leider konnte es mich nicht mal annähernd so begeistern.

Magier im Zarenreich
Was mich an dem Buch am meisten gereizt hatte, war das Setting des russischen Zarenreichs und zwar nicht nur in Anlehnung, wie z. B. bei der Grischa Trilogie, sondern tatsächlich Sankt Petersburg als historischen Schauplatz. Ich hatte halt schon immer eine Schwäche für historische Fantasy. Leider konnte mich die Autorin hier nur halb überzeugen.
Gut gelungen sind Evelyn Skye die Beschreibungen von Sankt Petersburg bez. der Landschaften allgemein. Man bekommt als Leserin einen guten Eindruck der Pracht der Zarenstadt und sie geht in ihren Beschreibungen glücklicherweise über die reine Betonung von Zwiebeldächern hinaus, das hat mir gut gefallen und man gewinnt den Eindruck, dass die Autorin schon selbst dorrt war, oder sich zumindest viele Fotos angeschaut hat.

Leider scheint sie diese Akribie bei der restlichen Recherche nicht an den Tag gelegt zu haben. Sie bemüht sich zwar sichtlich russischen Flair aufkommen zu lassen, bedient sich dabei aber vor allem Klischees. So betrinken sich die Leute mit Kwas, dabei hatte der im 19. Jh. schon fast gar keinen Alkohol mehr, der Alkoholgehalt von Kwas liegt bei ca. 0,5 – 1%, zum Vergleich die meisten Fruchtsäfte haben einen Gehalt von 0,3% (das könnte man bei der Gelegenheit auch Leigh Bardugo mal sagen).
An anderen Stellen ist sie hingegen viel zu modern unterwegs. Ihre Darstellung eines Hofballs zum Beispiel hätte jeden Hofmeister des 19. Jahrhunderts ob der Verstöße gegen das Zeremoniell in panische Schnappatmung versetzt.

Der tödliche Kampf, der keiner ist
Über diese Fehler hätte man ja noch hinwegsehen können, wenn die Handlung wenigstens gut gewesen wäre. Doch das Wort, dass mir nach dem Lesen vor allem im Kopf rumspukt ist: langweilig! Wir haben zwei Magier im Zarenreich. Aus Gründen, die etwas fadenscheinig sind, darf es aber nur einen Magier in Russland geben, also müssen die beiden in einen tödlichen Wettkampf zeigen, wer als Magier des Zaren und damit für die Verteidigung Russlands gegen seine Feinde besser geeignet ist.
Die beiden Protagonisten Vika und Nikolai wurden ihr ganzes Leben darauf vorbereitet, doch sobald sie einander erblicken, sind sie sofort verliebt und der eigentlich tödliche Wettkampf wird von Anfang an halbherzig und unwillig mit ein paar Zauberkunststückchen ausgeführt, weswegen nie das Gefühl von Spannung oder Bedrohung aufkommt.

Auch finde ich es etwas seltsam, dass ein Zar der einen Magier für den Krieg sucht sich von Spielereien wie Springbrunnen und bunte Hausfassaden beeindrucken lässt. Hier hatte ich das schale Gefühl, dass direkt versucht wurde Der Nachtzirkus zu kopieren, ohne darauf zu achten, ob das überhaupt zur eigenen Ausgangssituation passt. Auch gibt es so manche Szenen zwischen Vika und Nikolai, die unangenehm direkt an Erin Morgensterns Werk erinnern, und zwar in einer Art und Weise dir über Inspiration” hinausgehen, bei weitem aber nicht deren Raffinesse erreichen.

Und das Liebesdreieck, das keins ist*
Nun habe ich schon viel kritisiert und bin leider immer noch nicht fertig, denn genauso langweilig, wie der Kampf der Magier, ist die romantische Beziehung. Vika und Nikolai haben selbst für Jugendbuchverhältnisse eine Blitzliebe und das will schon was heißen. Als Drittes im Bundes haben wir den Prinzen Pascha, der da mehr Dramatik reinbringen soll, einem am Ende aber nur Leid tut, denn was ein Liebesdreieck sein soll, ist in Wahrheit keins, denn Pascha war nie wirklich eine Option. Es ist von Anfang an klar, dass Vika und Nikolai das gepushte Paar sind. Liebesdreiecke können spannend sein, aber nur, wenn beide potenzielle Charaktere echte reelle Chancen haben. So ist es nur viel heiße Luft und der Ausgang von Anfang n klar. Gähn. Auch sonst bleibt die unsterbliche Liebe der beiden Protagonisten hohl und oberflächlich. Es wird viel geschmachtet und Aussehen und Magiekünste des anderen gelobt, große Gefühle sucht man aber vergebens.

Fazit:


Vielleicht, wenn man noch nie ein Jugendfantasyroman gelesen hat oder wenn man die typischen YA Kniffs und Wendungen amüsant findet, kann man Gefallen an The Crown’s Game finden. Wem jedoch die gängigen Jugedbuchklischees mittlerweile auf die Nerven gehen, der wird auch mit diesem Buch nicht glücklich werden. Denn mit seiner Instaliebe und der schwachen Handlung ist dies ein völliges 0815 Buch, an das ich mich in einem Jahr wahrscheinlich schon gar nicht mehr erinnern werde.

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Gute und wichtige Ansätze, Schwächen in der Umsetzung.

Unsichtbare Frauen
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Weiter geht’s mit meinem Sachbuch-Leseplan. Ich bleibe erstmal beim Feminismus und las im August dieses Buch.

Datenlücke Frau
Unsichtbare Frauen ist ein klassischer Fall von What you see is what you get. ...

Weiter geht’s mit meinem Sachbuch-Leseplan. Ich bleibe erstmal beim Feminismus und las im August dieses Buch.

Datenlücke Frau
Unsichtbare Frauen ist ein klassischer Fall von What you see is what you get. Gerade der Untertitel verrät schon ziemlich genau, worum es geht: Um Datenerhebungen, Statistiken und Analysen und wie und warum Frauen dort kaum bis gar nicht auftauchen und welche Probleme sich daraus ergeben.
Das Buch ist in sechs große Themenbereiche unterteilt: Alltagsleben, Arbeit, Design, Medizin, öffentliches Leben und der Katastrophenfall. Stets geht es darum, wie in diesen Bereichen Daten erhoben und genutzt werden und Frauen dabei fast immer kategorisch ausgeschlossen werden. Dabei weist die Autorin schon in ihrem Vorwort hin, dass das meist nicht mal mutwillig ist und nicht alle Menschen, die solche Daten erheben sexistische Vollpfosten sind. Vielmehr ist es eine kulturell und historisch bedingte tief verwurzelte Annahme, die den Mann zum “Standard” erklärt.

"Die Annahme, alles Männliche sei allgemeingültig, ist eine direkte Folge der geschlechtsbezogenen Datenlücke. Weißsein und Mannsein können nur unausgesprochen Selbstverständlichkeit sein, weil die meisten anderen Identitäten die artikuliert werden. Aber die Selbstverständlichkeit des Männlichen ist auch ein Grund für die Datenlücke: Frauen werden nicht gesehen, und man erinnert sich nicht an sie, weil Daten über Männer den Großteil unseres Wissens ausmachen. So erscheint alles Männliche als allgemeingültig. Es führt zur Positionierung der Frauen – also der Hälfte der Weltbevölkerung – als Minderheit mit einer Nischenidentität und einem subjektiven Standpunkt."
(Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert von Caroline Criado-Perez, btb Verlag, 2020, S. 47)

Doch ganz gleich, was die Ursache ist, die Probleme, die sich dadurch für Frauen ergeben sind enorm. So zum Beispiel in der Medizin. Der männliche Körper gilt weiterhin als Norm. Wir wissen alles Mögliche über ihn, a er kaum etwas über den weiblichen Körper und wie dieser zum Beispiel diverse Medikamente verarbeitet. Die Medikationsempfehlungen richten sich nämlich auch nach dem männlichen Körper. Nun ist der weibliche Körper aber nun mal nicht nur eine kleinere Version des Mannes. Frauen verarbeiten manche Medikamente ganz anders, als Männer, sodass die empfohlenen Dosen mitunter gar nicht passen. Auch wurden bisher geschlechtstypische Symptome bei diversen Krankheiten fast komplett ignoriert, mit fatalen Folgen: Da Frauen nämlich bei einem Herzinfarkt oft andere “untypischere” Symptome zeigen als Männer, wird der Intakt im Schnitt deutlich später erkannt und behandelt und das Todesrisiko ist dadurch signifikant höher.

Dies ist nur eins von vielen, vielen Beispiele die die Autorin in diesen Buch aufführt und mit allerhand Statistiken belegt. Es sind erschreckende Fakten die wütend machen. Umso mehr, da es für einen Großteil der Probleme ja eine denkbar simple Lösung gibt: Bezieht Frauen in die Daten ein!

"Die Lösungen für die geschlechter- und genderbezogene Datenlücke liegt auf der Hand: Wir müssen die Lücke in der Repräsentation von Frauen schließen. Wenn Frauen in der Forschung und Wissensproduktion an Entscheidungsprozessen beteiligt sind, werden Frauen nicht vergessen. Die Leben und Perspektiven von Frauen werden sichtbar. Davon profitieren Frauen auf der ganzen Welt."
(Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert von Caroline Criado-Perez, btb Verlag, 2020, S. 419)


Verloren im Datensumpf
Doch so wichtig und aufführend ich das Thema und die angesprochenen Beispiele auch fand, komme ich nicht umhin Kritik an der Präsentation der Fakten zu üben. Zum einen haben wir die schiere Menge. Die Autorin führt auf wirklich jeder Seite allerhand Studien, Belege und Statistiken an. Während ich das in einer Facharbeit begrüßen würde, ist es für ein an die Allgemeinheit gerichtetes Sachbuch schlichtweg zu viel. Schon nach den ersten Kapiteln raucht der Kopf, zumal die Fakten schon recht trocken präsentiert werden.
Was mich jedoch noch viel mehr gestört hat, sind die zahlreichen Wiederholungen. Manche Statistiken werden von der Autorin, ohne Übertreibung, dutzendfach wiederholt. Ja, dass 70 % (oder 75 % ? Dafür, dass die Autorin diese Statistik gefühlt hundertmal bringt, ist sie erschreckend uneinheitlich) der unbezahlten Carearbeit von Frauen erledigt werden, ist schockierend, aber das ist noch lange kein Grund mir das alle zwei Seiten zu sagen. Danke ich habs verstanden, ich habe kein Gedächtnis wie ein Regenwurm, ich kann mir das auch ohne ständige Erinnerung merken. Auch inhaltlich wird vieles mehrfach wiederholt und in den unterschiedlichen Bereichen lediglich mit anderen Beispielen belegt, der Kern bleibt jedoch derselbe. Ich bin überzeugt, dass man das Buch problemlos um 200 Seiten hätte kürzen können, ohne dass signifikante Aussagen verloren gegangen wären.


Welche Frauen?
Womit man diese 200 Seiten,die ich rigoros rausgekürzt ersetzten könnte? Na mit queeren Positionen. Diese fehlen mir in diesem Buch nämlich leider völlig. Tatsächlich ist es oft nicht ersichtlich, ob die Autorin, wenn sie von Frauen spricht, nun tatsächlich alle Frauen meint, oder nur jene Wesen mit Uterus? Ich fürchte her letzteres, da sie Probleme die z. B. Transfrauen nochmal gesondert haben völlig unbeachtet lässt. Wenn sie davon spricht das (Uterus besitzende) Frauen unsichtbar seien, dann sind queere Frauen ihrer Schilderung nach quasi nicht existent. Das ist nicht nur schade, sondern problematisch!

Des Weiteren geht eine Rüge an die Übersetzerin. Man kann sicherlich streiten wie und in welchem Umfang gegendert werden sollte und ich stimme auch nicht mit allen aktuell dazu geäußerten Positionen überein, aber ich denke schon, dass in einem feministischen Buch doch wenigstens grundlegend gegendert werden sollte, gerade wenn die Autorin das Problem der Sprache (mit dem Beispiel deutsch!) bereits im Vorwort erwähnt. Und noch wichtiger, ganz egal wie man sich entscheiden, es sollte doch gefälligst einheitlich sein. Tatsächlich finden wir aber im Vorwort gegenderte Formen mit * später im Text mit / und dazwischen seltsame Konstrukte wie “männliche Schüler”. In den allermeisten Fällen wird jedoch einfach gar nicht gegendert, gerade bei Berufsbezeichnungen steht fast immer die männliche Form alleine dort.

Fazit:


Das, was Caroline Criado-Perez in diesem Buch anspricht und genaustens recherchiert aufzeigt, ist ohne Frage wichtig und auffüllend. Nichtsdestotrotz hätte all dies auch auf 200 Seiten weniger geschildert werden können, wenn die Autorin die zahlreichen Wiederholungen vermieden hätte. Auch fehlen mir Queere Positionen in diesem Buch. Resümierend lässt sich sagen, das Buch ist sicherlich schon aufgrund seiner Thematik lesenswert, man kann aber durchaus einiges überspringen.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Gute und wichtige Ansätze, Schwächen in der Umsetzung.

Was Männer nie gefragt werden
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Dieses Buch hatte mich vor allem durch seine aktuelle Thematik gereizt. Gerade in Bewerbungsgesprächen bez. dem Berufsalltag allgemein spielt die Familienplanung bei Frauen eine abnorm große Rolle, während ...

Dieses Buch hatte mich vor allem durch seine aktuelle Thematik gereizt. Gerade in Bewerbungsgesprächen bez. dem Berufsalltag allgemein spielt die Familienplanung bei Frauen eine abnorm große Rolle, während Männer zumeist noch nicht mal danach gefragt werden. Ebenso wird leider in der medialen Berichterstattung über Frauen immer noch mehr über Äußerlichkeiten geschrieben, als über Leistungen.

"Die Rolle eines Mannes als Vater, Anzugträger oder Ehemann rückt dann in den Fokus, wenn es darum geht, ihn als Vater, Anzugträger oder Ehemann zu porträtieren. Bei einer Frau dagegen sind Klamotten, Aussehen und Familienpflichten immer ganz automatisch und ohne jede Überleitung Thema."
(Was Männer nie gefragt werden von Fränzi Kühne, Fischer Verlag, 2021, S. 15.)

Umso interessanter fand ich den Ansatz dieses Buches diese unangenehmen bis übergriffigen Fragen mal Männern zu stellen.

Das ist Fränzi Kühnes Buch
Ich muss zugeben, als ich das Buch begann, war ich zuerst etwas überrascht. Ich hatte eine Sammlung von Interviews erwartet und dann eventuell eine daran anschließende Auswertung und Einordnung. Doch Autorin Fränzi Kühne baut ihr Buch anders auf. Statt die kompletten Interviews wiederzugeben, behandelt jedes Kapitel einen Abschnitt des Fragenkatalogs. Die Autorin fasst dann dort die Antworten der Befragten zusammen, geht auf einige ausgewählte Aussagen kommentierend ein und äußert zugleich ihre eigenen Gedanken und Einschätzungen zu der jeweiligen Thematik. Dadurch verschiebt sich meiner Meinung nach der Fokus des Buches etwas. Weg von den Interviewten und hin zur Autorin. Zu ihren Gedanken, Überlegungen und Einstellungen. Es ist durch und durch Fränzis Buch. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die zahlreichen Anekdoten der Autorin.
Prinzipiell fand ich das nicht so schlimm, nachdem man sich erst von der ursprünglichen Erwartung verabschiedet und darauf eingelassen hat, denn mir persönlich war Fränzi Kühen sehr sympathsich. Ihre offene, lockere Art spiegelt sich auch in ihrem Schreibstil wieder, was das Lesen dieses Buches durchaus angenehm und unterhaltsam macht.


Zu wenig Konfrontation
Doch so gerne ich mal mit der Autorin einen Tee trinken gehen würde um zu plaudern, ich bin mir nicht sicher, ob sie für die Umsetzung ihrer Idee nicht jemand anderes ins Boot hätte holen sollen. Fränzi führt alle Interviews selbst, hat aber bis dato solche nur in der Rolle der Befragten geführt und dementsprechend überhaupt keine Erfahrung als Interviewführende und das merkt man leider deutlich. Es geht leider sogar so weit, das man spürt, dass ihr diese Rolle eher unangenehm ist, und sie viel Wert darauf legt, dass auch das Gespräch freundlich, nett und “angenehm” bleibt. Damit verschenkt sie jedoch eine Menge von dem Potenzial der ursprünglichen Idee, nämlich Männern mit sexistischen Fragen zu konfrontieren. Von einer Konfrontation kann nämlich kaum noch gesprochen werden. Fränzi stellt ihre Fragen sehr umsichtig und vorsichtig und gibt den Interviewten viel Raum und Zeit sich ihre Antworten zurechtzulegen und sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Hier hätte es in meinen Augen jemand mit journalistischer Erfahrung gebraucht, der die Männer aus der Reserve gelockt hätte. Der mehr nachgehackt hätte und ja, auch aggressiver gewesen wäre (natürlich immer noch im Rahmen journalistisch ethischer Richtlinien).

Die fehlende Konfrontation und Vehemenz während des Interviews zeigt sich dann auch deutlich bei der letzten gestellten Frage. Die interviewten Männer wurden gefragt, ob sie das Interview als unangenehm empfanden. Fast alle verneinten es und stellten lediglich fest, dass sie über manche der Fragen noch nie nachgedacht haben. Sexismus oder Übergriffigkeit, die viele Frauen in Interviews empfinden, spürten die Männer nicht und das lag in meinen Augen weniger an der Einstellung der Männer, so wie es sich die Autorin erklärt, sondern vielmehr an der soften Interviewführung und den harmlosen Fragen.


Interessante Überlegungen, jedoch durcheinander
Nun ist es nicht so, dass man aus der Lektüre dieses Buches so gar nichts mitnehmen könnte. Sowohl von der Autorin, als auch von einigen Interviewten kommen interessante Einschätzungen zum weiblichen Rollenbild, der Familienplanung und der Stellung der Frau im Berufsalltag. Einige Sätze von Fränzi Kühne decken die Missstände dabei sehr pointiert und deutlich auf, so z.B. wenn sie zusammenfasst, warum sich Frauen immer wieder für das Erreichen von Leistungen oder ihre Eignung für ein Amt/berufliche Position rechtfertigen müssen:

"Von Männern lässt man sich die Welt erklären, Frauen dagegen müssen beweisen, dass sie die Welt verstanden haben."
(Was Männer nie gefragt werden von Fränzi Kühne, Fischer Verlag, 2021, S. 186.)

Solche treffenden Aussagen sind Lichtblicke in diesem Buch, leider muss man sie mitunter etwas suchen. Denn auch wenn die Gedankengänge der Autorin nicht uninteressant sind, verliert sich doch gerade ab der Hälfte des Buches hin und wieder ihren Fokus und fängt an sich unnötig lange an Nichtigkeiten aufzuhalten. Es mag dem grundlegenden Aufbau dieses Buches geschuldet sein, dennoch etwas mehr roter Faden, wäre schön gewesen, dann hätten die Kernaussagen mehr Wucht gehabt.

Fazit:


Die Idee hinter diesem Buch finde ich immer noch genial und sehe es weiterhin als eine Auseinandersetzung die durchgeführt werden muss. In der Umsetzung schwächelt dies jedoch, was vor allem an der mangelnden journalistischen Erfahrung der Autorin und dem Aufbau des Buches lag. Das Buch bietet durchaus einige interessante Einblicke in die Denkweise mancher Männer und auch einige treffende Erkenntnisse zum Rollenbild der Frau, gerade in der Berufswelt, die zwar nicht zwangsweise neu, aber dafür pointiert und aussagekräftig sind, weswegen ich trotz Kritik dazu rate dieses Buch mal zu lesen und sich damit auseinander zu setzten.

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Eine Hommage an die Natur

Die Welt ohne Fenster
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Mit diesem Buch wollte ich mal wieder über meinen Tellerrand hinausschauen. Ich bin zwar eigentlich eher eine Großstadtpflanze, als ein Naturmensch, aber dass die Autorin, als sie dieses Buch geschrieben ...

Mit diesem Buch wollte ich mal wieder über meinen Tellerrand hinausschauen. Ich bin zwar eigentlich eher eine Großstadtpflanze, als ein Naturmensch, aber dass die Autorin, als sie dieses Buch geschrieben hat, erst zwölf Jahre alt war und es auch noch von 1926 stammte, fand ich faszinierend und so wollte ich es unbedingt lesen.

Ein Buch von Freiheit und Flucht
Die Handlung von Die Welt ohne Fenster ist schnell erzählt. Das junge Mädchen Eepersip fühlt sich von Häusern mit ihren Wänden und Glasscheiben eingeengt und möchte viel lieber draußen in der Natur leben. Also schleicht sie eines Morgens aus dem Fenster und verschwindet sehr zum Leidwesen ihrer Eltern hinaus in die Natur, wo sie fortan in der freien Natur lebt.
Das Büchlein ist dabei in drei Teile unterteilt, die jeweils Eepersip Stationen auf ihrer Reise durch die Natur darstellen: die Wiese, das Meer und die Berge, wobei Reise eigentlich auch nicht ganz das richtige Wort ist, denn sobald Eepersip das Elternhaus verlassen hat, ist sie eher wie ein Blatt im Wind, lässt sich hierhin und dorthin tragen, ohne ein konkretes Ziel zu haben. Sie entdeckt die Natur auf ihre Art und Weise und findet Freude an jeder Pflanze und jedem Tier, dem sie begegnet. Sie dabei zu begleiten, ist sehr entschleunigend und das Buch daher für jeden geeignet, der dem Alltag entfliehen möchte.

Überhaupt dreht sich in diesem Buch alles um Flucht und Freiheit. Der Flucht aus den Einengungen der Zivilisation und die Freiheit eins zu werden mit der Natur. Das zusammen mit dem kindlichen Blick auf die Natur ergibt eine faszinierende Mischung die, wie bereits gesagt unglaublich entschleunigend wirkt. Interessant ist die Geschichte auch im Hinblick auf die Hintergründe der jungen Autorin, die Jackie Morris in einem Vorwort wirklich sehr gut zusammenfasst, ohne aber die eigentliche Geschichte zu spoilern. Durch dieses Vorwort erhält man gerade als erwachsener Leser eine sehr interessante Perspektive auf die Geschichte und sieht manches im ganz neuen Licht, das hat mir sehr gut gefallen.

Trotzdem nicht ganz, was ich erwartet hatte
So faszinierend ich die kindlichen Naturphantasien auch fand, so ganz überzeugen konnte mich das Buch dann leider trotzdem nicht. Vielleicht habe ich etwas zu anderes erwartet, doch mir persönlich gibt es in Die Welt ohne Fenster einfach zu wenig Handlung. Der Großteil des Buches besteht daraus, wie Eepersip durch die Gegend stromert, hier einen hübschen Teich und da eine schöne Blume entdeckt und immer wieder tanzt und singt. Die Beschreibungen ihrer Entdeckungen sind zwar weiterhin schön zu lesen, nach der Hälfte wird es jedoch etwas langweilig vom x-ten Tanz mit den Schmetterlingen zu lesen. Es gibt zwar durchaus kurze Einschübe, in denen etwas mehr passiert, meist wenn Eepersip durch die Umstände doch gezwungen wird mit anderen Menschen zu interagieren, diese bleiben aber eben genau das: Einschübe. Insgesamt liest sich das Buch eher wie ein literarisches Essay über die Natur, als ein Roman.
Gut gefallen hat mir hingegen das Ende. Es ist wohl nicht das, was man am Anfang erwartet hätte, für mich aber eine sehr schöne Auflösung der Geschichte.

Fazit:


Dieses Buch ist für all jene, die aus der Hektik des modernen Alltags entfliehen wollen, die Ruhe und Entschleunigung suchen und dabei einen kindlichen Blick auf die Natur entdecken möchten. Man sollte jedoch nicht allzu viel Handlung erwarten.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Gute Ansätze, aber ausbaufähig

Nocturna - Das Spiel des Fuchses
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Auf dieses Buch bin ich, wie gesagt, durch das Cover aufmerksam geworden, der Klapptext sprach mich jedoch auch gleich an und als ich es dann in den Händen hielt, freut ich mich auf ein spannendes Fantasyabenteuer.

Spanien ...

Auf dieses Buch bin ich, wie gesagt, durch das Cover aufmerksam geworden, der Klapptext sprach mich jedoch auch gleich an und als ich es dann in den Händen hielt, freut ich mich auf ein spannendes Fantasyabenteuer.

Spanien oder Südamerika?
Als Erstes möchte ich mit etwas beginnen, mit dem das Buch groß beworben wird. Der Verlag preist das Buch als “ungewöhnlichen High-Fantasy-Serie mit lateinamerikanisch angehauchtem Setting” an. Diesen Aspekt fand ich sofort interessant, da mir lateinamerikanisch inspirierte Fantasywelten bisher eher weniger untergekommen sind und ich es toll finde, wenn nicht nur das westliche Mittelalter als Vorbild dient. Allein für diese Idee bin ich daher schon bereit, einen Punkt zu vergeben.
In der Umsetzung hapert es dann aber leider. Denn abgesehen von ein paar spanischen Zaubersprüchen und eins, zwei erwähnten Gerichten ist von Lateinamerika in diesem Buch nichts zu spüren. Weder Flora, noch Fauna, noch die Kultur erinnern geben einen Hinweis auf das angebliche Vorbild. Es hätte ebenso gut spanisch oder kubanisch inspiriert sein, da die paar spanischen Floskeln tatsächlich die einzige Anlehnung sind, was ich sehr schade finde, hier wurde eine Menge Potenzial verspielt. Was eigentlich auch im Ganzen für das Worldbuilding gesagt werden kann, denn es sind viele wirklich gute Ideen da. Neben dem Setting kann auch das Magiesystem mit interessanten Ansätzen und Ideen aufwarten, aber auch hier, könnte es mehr ausgearbeitet werden. Die Ideen sind da, aber es fehlt das Auge für Details.

Die Diebin, der Prinz und der Psychopath
Jetzt habe ich zuerst über einen Kritikpunkt gesprochen, dabei beginne ich lieber mit etwas Positiven. Da wäre zum Beispiel die Entwicklung der Beziehung zwischen Finn und Alfie (ja, wie so viele andere, finde ich den Namen auch doof und zu kindlich für einen 23-Jährigen). Diese konnte mich nämlich auf ganzer Linie überzeugen, da sie erfrischender Weise nicht gleich ins Romantische schwenkt. Stattdessen nimmt die Autorin sich Zeit eine aufrichtige Verbundenheit in Freundschaft aufzubauen. Das hat mir an dem Buch am besten gefallen.

Doch so sehr mir das Zusammenspiel von Finn und Alfie gefiel, hatte ich leider trotzdem auch Kritikpunkte an der Charakterzeichnung. Von Alfie wissen wir, dass er 23 sein müsste, Finn soll wohl ein klein wenig jünger sein, also vielleicht 18 oder 19. Leider verhalten sich die Charaktere nicht diesem Alter entsprechend. Häufig wirken beide, als seien sie noch fest in den Fängen der Pubertät. Bei Alfie hat mich zudem noch diese extreme Naivität gestört.
Ja die Charaktere sind Sympathieträger, aber meine Stirn wurde schon ganz rot, so viele Facepalms bescherten mir die Beiden, da sie gefühlt auch eher durch die Handlung stolpern und sich Probleme eher durch Glück, als durch durchdachtes Handeln lösen.

Als Letztes aber nochmal ein Lob und das geht an den Antagonisten. Klar, zum “lieb haben” ist der überhaupt nicht, aber ich finde ihn wahnsinnig gut ausgearbeitet. Seine verdrehten Ansichten zu Liebe, die zu Hass und Besitzansprüchen auswuchern ist wirklich gut und glaubhaft dargestellt. Er ist so ein richtiger Psychopath, trotzdem machen seine Motive und Handlungen aus seiner verquirlten Sicht tatsächlich Sinn, was Ignacio zu einem sehr interessanten Gegenspieler macht.

Fazit:


Nocturna hat viele wirklich gute Ansätze und Ideen, denen es jedoch noch an Ausarbeitung fehlt. Die Stärke des Buches liegt klar bei dem Zusammenspiel der Protagonisten (und dem wirklich gelungen Antagonisten), die Protagonisten können jedoch ihrem angeblichen Alter entsprechend noch etwas mehr Reife vertragen.

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