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Veröffentlicht am 06.04.2021

Starkes Buch und späte Einsicht

Was vom Tage übrig blieb
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Was vom Tage übrig blieb“ ist der wohl berühmteste Roman des britischen Schriftstellers Kazuo Ishiguro, für den er 1989 den Booker Prize erhielt. Kazuo Ishiguro erhielt 1997 den Nobelpreis für Literatur ...

Was vom Tage übrig blieb“ ist der wohl berühmteste Roman des britischen Schriftstellers Kazuo Ishiguro, für den er 1989 den Booker Prize erhielt. Kazuo Ishiguro erhielt 1997 den Nobelpreis für Literatur als ein Schriftsteller, „der in Romanen von starker emotionaler Wirkung den Abgrund in unserer vermeintlichen Verbundenheit mit der Welt aufgedeckt hat“.

Diese Begründung finde ich sehr interessant und hat mich zu folgender Rezension gebracht.

Drei Jahrzehnte dient der Hauptprotagonisten Butler Stevens seinem Herrn Lord Darlington auf Darlington Hall aufopferungsvoll und mit voller Hingabe, sodass er alles Emotionale, wie Private und Persönliche um sich herum vergisst und dadurch vernachlässigt. Aus Sicht des Butlers ist diese bedingungslose Dienerschaft aber das, was einen guten Butler seines Standes ausmacht.

Der Autor erzählt die Geschichte des Butlers Stevens rückwirkend in Erinnerungen, während dieser sich aktuell auf einer Fahrt zu seiner ehemaligen Haushälterin Miss Kenton befindet. Die Sprache, die Ishiguro hierbei verwendet finde ich extrem gut gewählt, vermittelt sie mir doch tatsächlich das Gefühl in den damaligen, adligen Kreisen verweilen zu dürfen. Ich darf an verschworenen Treffen der gehobenen Gesellschaft ebenso teilnehmen, wie an Auseinandersetzungen des Butlers mit dem ihm unterstellten Personal.

Wie kommt es aber zunächst zu dieser Reise? Nach dem Tod seines Arbeitgebers Lord Darlington wird der amerikanische Millionär Mr. Farraday neue Besitzer von Darlington Hall. Alsbald reduziert dieser nun nicht nur die Anzahl der zu bewohnten Räume im Hause, sondern auch das dazu notwendige Personal von ehemals 30 Personen auf eine Handvoll, was den Butler vor schier unlösbare Probleme stellt. Als ein Brief der ehemaligen Haushälterin Miss Kenton eintrifft, indem der Butler etwas zu lesen scheint, was Miss Kenton nach fast zwanzig Jahren zur Rückkehr veranlassen könnte, drängt ihn zeitgleich sein neuer Arbeitgeber, sich ein paar Tage Auszeit zu gönnen um sich Englands Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Diesen Umstand nutzt nun der Butler um sich auf den Weg zu Miss Kenton zu machen und erlebt dabei so allerhand. Der stete Wechsel hierbei zwischen der Gegenwart (auf dem Weg zur ehem. Haushälterin) und der Vergangenheit, in der er stets schwelgt und sich in vielen Details des Hauses Darlington Hall verliert, sind aus meiner Sicht sehr gut und abwechslungsreich.

Nun könnte man aber meinen, der Butler Stevens hat mit seiner Loyalität und Dienstpflicht einen Abgrund weit überschritten. Denn er selbst stellt seinen Beruf über die Zulassung zu den emotionalen, vorsichtigen Annäherungen einer Miss Kenton, die er einerseits überhaupt nicht erkennt in all seiner Dienstpflicht und zum anderen verwirren ihn diese und er erklärt sie sich mit unerklärbarem Fehlverhalten seiner Haushälterin. Des Weiteren kümmert er sich weiter zuerst um eine hochrangige Gesellschaft von politischer Brisanz, welche im Hause zu Gast ist, obwohl sein Vater im Sterben liegt. Selbst dann, als sein Vater verstirbt ist die „Würde eines Butlers“ die es zu wahren gilt, größer und er bittet Miss Kenton die Augen seines Vaters zu schließen.

Der eiserne Willen seine Pflichten als Butler zu 150% zu erfüllen, übersteigen meine schlimmsten Erwartungen. Aber er hat dies immer nach bestem Wissen und Gewissen getan. Sein Vater selbst würde dies von ihm so erwarten; so erklärt er sich seiner Haushälterin gegenüber.

Ich glaube, dass er am Ende sein Handeln, seine Entscheidungen und sein gesamtes Leben bereut, auch wenn er immer glaubte, absolut loyal zu sein, sei das einzig Richtige und entspräche der „Berufsehre“ eines Butlers, egal in welcher Situation. Denn er meinte: „ich gab Lord Darlington das Beste, das ich zu geben hatte, und jetzt – nun sehe ich, dass nicht mehr viel übrig ist, was ich noch geben kann.

Vielleicht hat es etwas für sich, dass man aufhören sollte, zu viel zurückzuschauen und eine positive Einstellung zu gewinnen um zu versuchen, aus dem, was vom Tage übrig ist, noch das Beste zu machen.

Für mich ein zwar anstrengendes Werk, denn noch nie habe ich mich so intensiv und so lange mit einem Buch auseinandergesetzt, wie mit diesem, aber Kazuo Ishiguro ist hier ein absolut großartiges Werk gelungen.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Ein interessanter, wortstarker Roman

Die Großwäscherei
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Ich wäre nie auf diesen Roman gestoßen, wenn ich nicht bei der Instagram-Aktion „Buchwechsel 2.0“ mit gemacht hätte, und mir im Rahmen dieser Aktion ein Buch geschenkt wurde. Nämlich eben dieser Roman. ...

Ich wäre nie auf diesen Roman gestoßen, wenn ich nicht bei der Instagram-Aktion „Buchwechsel 2.0“ mit gemacht hätte, und mir im Rahmen dieser Aktion ein Buch geschenkt wurde. Nämlich eben dieser Roman.

Weder der Autor noch dessen Roman war mir bisher bekannt und so lies ich mich auf dieses „blind Date“ mit dem Buch ein. Warum auch nicht? Ich habe nichts zu verlieren.

„Die Großwäscherei“ ist ein mit 201 Seiten recht kurzer Roman von Andor Endre Gelléri, der 1906 in Budapest geboren wurde und nur wenige Tage nach der Befreiung des Lagers in Mauthausen, wo er inhaftiert war, im Mai 1945 am Flecktyphus starb.

Worum gehts:

Die Geschichte spielt Anfang der 1930er Jahre in einem alten Arbeiterviertel in Budapest. In der Großwäscherei Phönix, die aus nur fünf Räumen besteht, aber an die 100 Menschen beschäftigt, die zwischen Kesseln, ätzendem Geruch von Salmiak, Chlor und anderen Chemikalien herumwuseln, herrscht immer extreme Hektik, Druck und unmenschliche Zustände. Alles was Rang und Namen hat, lässt hier seine Wäsche reinigen. Von edler Tischwäsche bis hin zu wenig ansehnlicher und wohlriechender Unterwäsche ist alles dabei, die in der stickigen Wäschemarkierkammer sortiert und markiert werden. Und hier hat mich der Autor. Ich kann mir diese dunkle, stickige Kammer vorstellen mit all diesen üblen Gerüchen. Durch die Beschreibungen mit großartiger Sprache stehe ich mittendrin in der Wäscherei. „Im Maschinenraum klappern Gasbügeleisen und Heißmangeln, von denen die Beine der Frauen, die an ihnen arbeiten, nilpferddick werden. Es gibt „rußbeschmierte Heizer mit mageren Gliedmaßen“ und wenn dann auch noch detailliert vom „rot flackernden Feuer im Kessel“ geschrieben wird, kann man sich diese Wäscherei durchaus als eine Art Vorstufe zur Hölle vorstellen. Es wird deutlich, dass das Arbeiten in dieser Großwäscherei alles andere als ein Zuckerschlecken ist.

Und mittendrin befindet sich dann der Besitzer Herr Taube. Er führt den Betrieb mit strenger Hand, neigt zum Größenwahn und ist dennoch am Ende gelangweilt von seiner Macht und seinem Geld. Er vertreibt sich die Zeit mit seinen weiblichen Angestellten und stellt Arbeiter ein und entlässt diese wie er will und sät damit Neid, Missgunst und die Gier nach Macht.

Ein nur sehr kurzer aber insgesamt ein interessanter, starker und wortgewaltiger Roman, der aus meiner Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

Danke an Dennis, ohne den ich diesen Roman wohl nie gelesen hätte.

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Veröffentlicht am 11.02.2021

Eine ruhige liebenswerte Geschichte

Nonna
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Ich habe mich für dieses Buch entschieden, da ich lange in Italien gelebt habe und gerade in dieses Zeiten meine Sehnsucht nach Italien sehr groß ist. Ich habe wieder einmal Fernweh und zugleich etwas ...

Ich habe mich für dieses Buch entschieden, da ich lange in Italien gelebt habe und gerade in dieses Zeiten meine Sehnsucht nach Italien sehr groß ist. Ich habe wieder einmal Fernweh und zugleich etwas Heimweh nach Italien. Nie habe ich mich irgendwo wohler gefühlt als dort.

Kurz zum Inhalt:

Thomas De Padova verbrachte seine Sommer stets in einem Dorf am Meer in Apulien, dort wo schon sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater geboren wurden. Alle verließen jedoch das Dorf in Italien auf der Suche nach einer neuen Existenz. Lediglich seine Oma, die Nonna ist geblieben. Aber warum? Ganz allein sitzt sie in ihrem dunklen Haus, ganz in schwarz gekleidet und wartet jeden Sommer auf den Besuch ihres Enkels Thomas de Padova.

Das Cover gefiel mir gleich sehr gut, weckt es doch Erinnerungen in mir. Dem Autor gelingt durch seinen wunderbaren Schreibstil eine bezaubernde Geschichte. Ich spüre gleich bei der Beschreibungen des Dorfes, der Gegend und der Menschen dort, die Verbundenheit des Autors mit der Heimat seiner Väter.

Auch ist die Nonna sehr gut und detailliert, mit viel Empathie beschrieben und ich sehe sie quasi vor mir, kann den Geruch, welcher sich durch das kleine Haus zieht riechen, die Stimmung dort regelrecht spüren, höre die Geräusche im und um das Haus und doch fühle ich etwas Bedrückendes.

Die Nonna passt nicht mehr in diese Zeit, so glaubt man. Doch wer sich einmal auf den Weg in den Süden Italiens macht und auch mal fernab der Touristenströme das Land erkundet, wird merken, dass es sie wirklich gibt. Diese Menschen, die allein vor ihren Häusern sitzen, sinnieren und dennoch mit sich scheinbar im Reinen sind und in ihrer eigenen kleinen Welt doch zufrieden wirken.

Zunächst war mir die Nonna nicht wirklich sympathisch, was sich aber im Verlauf der kurzen Geschichte bald legt. Ich mag sie, je weiter ich lese. Und es schweben die ganze Zeit die Fragen über der Geschichte: Warum ist sie allein in Italien zurück geblieben, warum ist sie mit ihrem Mann zusammen geblieben, ja warum haben sie damals überhaupt geheiratet? Thomas de Padova versucht in Gesprächen mit seiner stets wortkargen Nonna all diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Wir erfahren die Geschichte seiner Vorfahren, vieles über das Leben im Dorf der Nonna und auch über die Nonna selbst.

Es ist ein einfühlsames Werk, das leise und sehr emotional geschrieben ist und mich mitnimmt in eine ganz bezaubernde Gegend Italiens. Allerdings erschließt sich mir des Rätsels Lösung nicht wirklich und auch der Schluß lässt mich etwas ratlos und allein zurück.

Ich bin noch hin und hergerissen ob des Schlusses im Buch. Auch wenn ich am Ende nicht hundertprozentig zufrieden zurückbleibe, hat mich der Autor ein Stück weit mit nach Italien genommen und ich bin dankbar dafür, aber mein Heimweh ist dadurch wieder etwas größer geworden.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Spannend aber mit Schwächen

42 Grad
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Zur Geschichte:

Ganz Deutschland freut sich zunächst über den Jahrtausendsommer. Nur der Hydrologe Denner und die IT-Spezialistin Forsberg warnen vor den Folgen der Hitze.

Niemand nimmt sie ernst, bis ...

Zur Geschichte:

Ganz Deutschland freut sich zunächst über den Jahrtausendsommer. Nur der Hydrologe Denner und die IT-Spezialistin Forsberg warnen vor den Folgen der Hitze.

Niemand nimmt sie ernst, bis die ersten Flüsse austrocknen und Waldbrände außer Kontrolle geraten und sogar Atomkraftwerke vom Netz gehen müssen und Wasserwerke ihre Arbeit einstellen.

In ganz Europa machen sich Wasserflüchtlinge auf den Weg um an das Wichtigste zu kommen: Wasser.

Denner und Forsberg versuchen die Katastrophe aufzuhalten, haben aber eine scheinbar übermächtigen Gegner.

Das Cover finde ich gelungen und ist für mich ein eyecatcher. Der Titel passt perfekt und man weiß gleich: es geht ums Klima.

Mir gefällt der Schreibstil, ich kann ihn flüssig lesen, und Wolf Harlander baut einen guten Spannungsbogen auf, der bis zum Schluss anhält. Ich will gleich zum nächsten Kapitel um zu erfahren wie es weiter geht.

Die Charaktere sind gut dargestellt, wobei mir die beiden BKA-Ermittler zu schwach beschrieben sind. Da hätte ich gern mehr erfahren.

Es fällt mir auch schwer zu glauben, dass das BKA Informationen einer zivilen IT-Spezialistin, welche per internationalen Haftbefehl gesucht wird, bei der Klärung der Fälle benötigt, da das BKA scheinbar keine eigenen fähigen Fachleute dafür hat um im Darknet zu recherchieren. Das war mir etwas „too much“.

Davon abgesehen finde ich die Hintergründe gut recherchiert und auch wirklich nachvollziehbar dargestellt. Ein durchaus denkbares „Horrorszenario“, dass Wolf Harlander hier beschreibt. Wirklich erschreckend und nicht so weit hergeholt.

Ich tappe zunächst im Dunkeln, habe aber eine leise Ahnung worauf das Ganze hinausläuft. Die BKA- Ermittler brauchen etwas länger als ich, um zu merken, wer hinter den ganzen Szenarien steckt, aber das ist ok. Mir war dann nach 2/3 des Buches klar, wer die Urheber allen Übels in der Geschichte sind. Aber dennoch habe ich es gern bis zum Schluss weitergelesen. Aber das Finale war mir dann auch wieder etwas drüber und zuviel.

Dennoch gefiel mir das Buch insgesamt sehr gut, ich habe mich gut unterhalten gefühlt und ja, eine Leseempfehlung gibt es trotz der kleinen Schwächen auch.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Skurill, extrem schwarzer Humor, toll!

Frauen, die Bärbel heißen
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Bärbel Böttcher ist 54 Jahre, ledig hat keine Kinder aber eine Hündin namens Frieda. Und beide leben abgelegen am Rande der Stadt. Bärbel ist eine Eigenbrötlerin, findet das gut, meidet Kontakte zu anderen ...

Bärbel Böttcher ist 54 Jahre, ledig hat keine Kinder aber eine Hündin namens Frieda. Und beide leben abgelegen am Rande der Stadt. Bärbel ist eine Eigenbrötlerin, findet das gut, meidet Kontakte zu anderen Menschen und ist am liebsten mit ihrer Hündin allein. Das war auch gut so, bis zu dem Tag, an dem Bärbel beim Gassi gehen ein Stöckchen für Frieda findet, was allerdings im Auge eines toten Mannes steckt. Das bedauert Bärbel zutiefst, denn es wäre das perfekte Stöckchen für Frieda.

Bärbel und ihr Hund stapfen am Tatort umher, bevor sie dann die Polizei informieren. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf und ab dem Zeitpunkt verändert sich Bärbels Leben schlagartig.

Marie Reiners ist hier ein leicht zu lesender, irrwitzig, skuriller Krimi gelungen. Ein Buch dass sich ob seines flüssigen Schreibstils sehr gut lesen lässt und ist für mich ein gutes Buch zur Unterhaltung für zwischendurch. Ich habe mich köstlich amüsiert.

Bärbel finde ich wirklich schrullig. Manchmal wirkt sie einfältig ob der Einsamkeit in der sie lebt und dann wiederum ist sie so gewieft und hat schräge Ideen, um aus dieser Geschichte wieder heraus zu kommen, in die sie sich aber immer weiter hinein bugsiert, da ihr immer noch mehr schräge Situationen und Entscheidungen das Leben schwer machen. Zugegeben, ihre Ideen führen dann nicht immer zum gewünschten Erfolg.

Bärbel verstrickt sich immer weiter in den Mordfall, entdeckt Zusammenhänge, kommt hinter die Geschichte und wird am Ende selbst von der Polizei gesucht und ist dann plötzlich auf der Flucht; aber nicht allein, denn nicht nur ihre Hündin ist bei ihr.

Eine turbulente, schwarze Komödie, die mir richtig gut gefallen hat.

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