Cover-Bild Vom Aufstehen
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 18.03.2021
  • ISBN: 9783423282789
Helga Schubert

Vom Aufstehen

Ein Leben in Geschichten | Die Wiederentdeckung einer Jahrhundertautorin

Ein Jahrhundertleben – verwandelt in Literatur

Drei Heldentaten habe sie in ihrem Leben vollbracht, erklärt Helga Schuberts Mutter ihrer Tochter: Sie habe sie nicht abgetrieben, sie im Zweiten Weltkrieg auf die Flucht mitgenommen und sie vor dem Einmarsch der Russen nicht erschossen. In kurzen Episoden erzählt Helga Schubert ein deutsches Jahrhundertleben – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Als Kind lebt sie zwischen Heimaten, steht als Erwachsene mehr als zehn Jahre unter Beobachtung der Stasi und ist bei ihrer ersten freien Wahl fast fünfzig Jahre alt. Doch vor allem ist es die Geschichte einer Versöhnung: mit der Mutter, einem Leben voller Widerstände und sich selbst.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2021

Ein Kriegskind, Flüchtlingskind und ein Kind der deutschen Teilung

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"Nicht, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus." (Marie von Ebner-Eschenbach)
Die erst kürzlich mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet Autorin beschreibt ...

"Nicht, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus." (Marie von Ebner-Eschenbach)
Die erst kürzlich mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet Autorin beschreibt in 29 Geschichten aus der Sicht ihres Lebens. Dieser Preis hätte ihr schon 1980 zugestanden, doch die DDR Regierung wollte, dass sie ihn ablehnt. Ihre Geschichten erzählt die Autorin hier in der Ich-Form, in knappen kurzen Sätzen und mitunter wiederholen sich einzelne der Begebenheiten. Die Geschichten sind nicht chronologisch angeordnet, sondern ich habe eher den Eindruck, als wenn sie das niedergeschrieben hat, was ihr gerade in den Sinn kam. So schildert sie von der Nachkriegszeit und dem viel zu frühen Tod ihres Vaters, den sie selbst nie kennenlernen durfte, da er im Krieg gefallen ist. Und auch wenn sie ihn nicht kannte, bleibt sein Verlust doch immer ein Trauma für sie. Weil sie nie erfahren wird, ob wenigstens er sie geliebt hätte. Den ihre kaltherzige und lieblose Mutter vertraut lieber der eigenen Mutter ihr Kind an, als sich selbst um sie zu kümmern. Dort jedoch erlebt Helga meist ihre schönsten Zeiten. Besonders, wenn sie in den Ferien zwischen zwei Apfelbäumen in der Hängematte liegt und den Duft von Großmutters frischem Streuselkuchen ihr in die Nase steigt. Zumindest bei ihr fühlt sie Liebe und Geborgenheit, die ihr die eigene Mutter nie geben konnte. Die Mutter dagegen vermittelt ihr bei jeder Gelegenheit, das sie Helga eigentlich erst abtreiben, auf der Flucht zurücklassen und vor den Russen fast vergiften wollte. Was müssen solche Aussagen bei einem Kind für Spuren hinterlassen? Es muss für sie doch jedes Mal wie ein Stich gewesen sein, mitzuerleben, dass die eigene Mutter sie nie haben wollte. Lag diese Ablehnung daran, weil Helga ihrer Schwiegermutter und ihrem Vater so ähnlich war? Selbst mit dem vierten Gebot hadert sie, weil sie ihre Mutter ebenfalls keine Liebe zeigen konnte. Doch eine Theologin kann sie diesbezüglich etwas beruhigen. Und erst als die Mutter stirbt, beginnt sie ihre Leben mit diesem Buch aufzuarbeiten. Bei vielen Geschichten schreibt sie über den Alltag und das Regime der ehemaligen DDR, unter dem sie ebenfalls zu leiden hatte. Sie berichtet von ihrem ehemaligen Nachbarn, der sich erhängt hat, genauso wie über ihren Ehemann, dem Sohn der Enkelin, dem Altwerden und der Pflege, so wie den Vorlieben für gute Gerüche. Da schreibt sie z. B. über ihre Erinnerung an den Duft nach Nelkenseife, das Lavendelsäckchen neben dem Kissen und der Duft ihrer Bettwäsche, der in einem diese Gerüche widerspiegelt. Sie lässt den Leser in ihren Geschichten die Erinnerungen nicht nur fühlen, sehen, schmecken, sondern ebenso riechen. Leider kam ich nicht immer mit ihrem Schreibstil klar, der doch mitunter sehr anspruchsvoll war. Oft musste ich Sätze mehrmals lesen und sogar herausfinden, über wen sie gerade in der Geschichte erzählt. Doch die Emotionen, Tragik, mitunter Humor und insbesondere die Traurigkeit, die sich darin widerspiegelt, die spüre ich auf alle Fälle in ihnen. Und trotzdem sie mit so wenig Mutterliebe gesegnet wurde, habe ich das Gefühl bei ihren Geschichten, das sie mit ihrem Leben glücklich und zufrieden ist. Was sie sicherlich ihrer Großmutter, ihrem Mann, der Familie, dem starken Willen und ihrem Glauben zu verdanken hat. "Vom Aufstehen", einem autobiografischen, sehr persönlichen und intimen Einblick in ihr Leben und über Verletzung und Heilung, dem ich 4 von 5 Sterne gebe.

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Veröffentlicht am 10.04.2021

Banal und besonders

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Helga Schubert erzählt in „Vom Aufstehen“ Geschichten aus ihrem Leben - unter anderem in ihren Rollen als Tochter einer schwierigen Mutter und als Schriftstellerin in der DDR - unverblümt und leichtfüßig ...

Helga Schubert erzählt in „Vom Aufstehen“ Geschichten aus ihrem Leben - unter anderem in ihren Rollen als Tochter einer schwierigen Mutter und als Schriftstellerin in der DDR - unverblümt und leichtfüßig formuliert.
Diese beiden besonderen Themen schildert sie nie anklagend, obwohl sie sie sehr geprägt zu haben scheinen. „Meine Mutter ist mein Problem. ... Ich fürchte mich vor ihr. ... Ich fühle mich bei ihr fremd und ungeliebt ...“
Es sind Episoden eines achtzigjährigen Lebens, die mitunter banal wirken - von den Ferien bei den Großeltern bis zum Altern - doch sind darin viele besondere Beobachtungen und sprachliche Feinheiten verborgen, die das Buch nachhallen lassen und bei mir den Wunsch hervorrufen, es später noch einmal zur Hand zu nehmen.

Veröffentlicht am 06.04.2021

Mein liebster Ort ist die Erinnerung, so lautet der erste Satz. Und es sind Erinnerungen an ihr Leben.

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Es handelt sich bei diesem Buch um einen Erzählband, in dem Helga Schubert 29 persönliche Geschichten gebündelt hat. Sie schreibt über persönliche Eindrücke zu Episoden aus ihrem Leben. Das sind abschließende ...

Es handelt sich bei diesem Buch um einen Erzählband, in dem Helga Schubert 29 persönliche Geschichten gebündelt hat. Sie schreibt über persönliche Eindrücke zu Episoden aus ihrem Leben. Das sind abschließende Geschichten, in einem Band gesammelt. Sie sind sehr unterschiedlich. Einige sind nur 2 – 3 Seiten lang, andere wiederum umfassen mehr als 10. In einigen erzählt sie von ihrer Kindheit, in anderen schildert sie ihr Leben in der DDR als Schriftstellerin. Manchmal durfte sie ins Ausland reisen, andere Mal wieder nicht. Von ihren Büchern gibt es welche, die nur in der BRD erschienen sind und in der DDR nicht. Denn dafür hatte sie die Erlaubnis nicht bekommen. Es ist ein bunter, ruhiger Mix.

Meine persönlichen Eindrücke

Die erste Erzählung ist sehr schön. Sie erzählt von ihrer Großmutter und ihren Sommerferien. Dann wird es aber schwieriger. Damit ich zurechtkomme, muss ich nach jeder Erzählung eine Pause machen. Ich muss sie einzeln lesen und immer wieder unterbrechen. Das ist kein Roman. Die einzelnen Kapitel müssen sich nicht zu einem Ganzen fügen.

Die einzelnen Geschichten sind so unterschiedlich, dass ich mich schwer tue, sie in einen Zusammenhang zu bringen.

Sie ist eine leise Schriftstellerin, so jedenfalls empfinde ich während ich ihre Erzählungen lese. Sie beschreibt ein Leben, wie sie es gelebt hat und wie es war und blickt zurück ohne Häme, Hass oder Abrechnung.

Fazit

Es ist ein gutes und sehr persönliches Buch. In 29 Erzählungen schreibt sie über ganz private Erinnerungen. Mit diesem Erzählband hat sie 2020 den Ingeborg–Bachmann-Preis gewonnen. Ohne dieser Auszeichnung wäre dem Erzählband wahrscheinlich nicht diese große Aufmerksamkeit zuteilgeworden.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Tiefblicke und Einblicke in ein Leben

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Helga Schubert erzählt in Kapitel eingeteilt von ihrem Leben. Das Verhältnis zu ihrer Mutter bzw. dieser zu ihr stellt sie so dar, dass sie von sich selbst in der dritten Person erzählt. Was für mich anfangs ...

Helga Schubert erzählt in Kapitel eingeteilt von ihrem Leben. Das Verhältnis zu ihrer Mutter bzw. dieser zu ihr stellt sie so dar, dass sie von sich selbst in der dritten Person erzählt. Was für mich anfangs ungewöhnlich war. Sie verwendet tiefgründige Aussagen und treffsichere Zitate.

Sie erzählt auch kurz, präzise und ohne viel Gefühlsduselei von ihrem Leben, ihren Grosseltern, Mutter und späteren Lebenspartner. Sie hatte sicher kein einfaches Leben, aber sie lies sich auch nie unterkriegen.

Fazit, ein tiefblickendes Buch für das man sich die Zeit zum Lesen nehmen sollte.
Lesen sollte man es auf jedenfall.

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Eine in Literatur verwandelte Lebensgeschichte

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Helga Schubert lässt uns in ihrem autobiografischen Roman "Vom Aufstehen" durch ihr Leben in Episoden wandern; der UT lautet "Ein Leben in Geschichten". Das Buch ist (HC, gebunden) 2021 im dtv-Verlag erschienen.

Die ...

Helga Schubert lässt uns in ihrem autobiografischen Roman "Vom Aufstehen" durch ihr Leben in Episoden wandern; der UT lautet "Ein Leben in Geschichten". Das Buch ist (HC, gebunden) 2021 im dtv-Verlag erschienen.

Die Autorin nennt sich selbst eine "Formbeachterin" - und das ist sie m.E. par excellence. Ich habe selten einen solch' geradlinigen, schnörkellosen, interessanten und etwas spröde zuweilen, andererseits mit einer unglaublichen Tiefe behafteten Schreibstil gelesen, in den man sich einfinden muss, der jedoch dennoch einfach zu lesen ist.

Die "Episoden" ihres Lebens beginnen federleicht und die Szene in Großmutters Garten in der Hängematte, in der Helga Schubert als Kind in den Sommerferien las, fand ich wunderschön erzählt:

"So konnte ich alle Kälte überleben. Bis heute." (Zitat S. 10)

Und an einer großen Kälte mütterlicherseits mangelte es im Leben der Autorin nicht: Die Texte der einzelnen Lebensstationen erreichten mich mal mehr, mal weniger, da meine eigene Sozialisation so wenig mit der von Helga Schubert gemein hat: Sie war ein Kriegskind, ein Flüchtlingskind und ein Kind des geteilten Deutschland. In der DDR aufgewachsen, wurde sie Schriftstellerin und musste sich dem System anpassen (ihre politischen Äußerungen sind spärlich; finden aber dennoch kritische Worte im Roman). Relativ priviligiert, durfte sie zuweilen ins Ausland reisen, stand jedoch unter Stasi-Beobachtung und musste zuvor eine Erlaubnis einholen. Auffallend war für mich die Aussage, dass sie nach der Wende die Reiselust verlassen hat, da sie "nicht mehr um Erlaubnis fragen musste".

Sie lässt den Leser teilhaben an ihren Betrachtungen und Gedanken zum Winter, zur Familie, zum Älterwerden bzw. alt sein (sie ist heute 80 Jahre alt). Für die Geschichte "Vom Aufstehen" erhielt sie 2020 den Ingeborg-Bachmann-Preis und ist vollkommen zurecht nominiert für den Buchpreis der LBM.

Fassungslos folgt man dem immer wieder aufflackernden Unvermögen ihrer Mutter, ihr Kind, also die Autorin zu lieben und diese erfahrene Ablehnung und Kälte verfolgt Helga Schubert bis zum Tod der Mutter, letztendlich ist eine Aussöhnung möglich. Die Mutter wird in Streiflichtern beschrieben und was ich las, passte überhaupt nicht zu deren Gefühlskälte, die sich allerdings bei der Enkelin wiederum eher in liebevollem Umgang zeigte. Helga Schubert arbeitete als Psychologin und ich fand die Art und Weise, wie sie mit dem Stapel Briefe ihrer Mutter umging, unglaublich gut beschrieben und die Achtsamkeit dokumentierend:

"sie (die Autorin) stapelt die Briefe der Mutter unter orientalischen Tüchern wie in kostbaren farbigen Meereswellen - ihre Schatzkammer - in der sie nicht ertrinken muss, in der auch alles versinken kann" - so der Text, der mich sehr beeindruckte.

Die letzten Geschichten im Buch, in denen Helga Schubert u.a. das Älter werden bzw. alt sein beschreibt, konnten mich persönlich am ehesten erreichen, da auch ich nicht mehr ganz jung bin. Hier wurde auch deutlich, dass sie ihren Lebenspartner betreut, der nicht mehr reisen kann und man erlebt sie als liebevollen Menschen. Was mich jedoch am meisten beeindrucken konnte, ist ihre Willenskraft und ihre Unbeugsamkeit; sowohl im eigenen Leben als auch im schriftstellerischen Wirken. In den elementaren Beobachtungen ihrer Texte, die sehr authentisch und schonungslos offen auf mich wirken, gibt sie dem Leser Raum zum Nachspüren und Nachdenken. Durch die sprachliche Dichte und "Formbeachtung" ein außergewöhnlicher Lebensroman, dem auch ein außergewöhnliches Leben zugrunde liegt. Ich wünsche Frau Schubert viel Glück bei der Preisvergabe der Leipziger Buchmesse, auch wenn mich der Roman nicht in allem erreichen konnte.

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