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Veröffentlicht am 11.05.2017

Kann es Glück im Krieg geben?

Die Liebe in diesen Zeiten
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Anders als es der Klappentext vermuten lässt, handelt es sich nicht so sehr um eine Liebesgeschichte als vielmehr um eine Erzählung über den Zweiten Weltkrieg. Die Handlung spielt in den frühen Tagen dieses ...

Anders als es der Klappentext vermuten lässt, handelt es sich nicht so sehr um eine Liebesgeschichte als vielmehr um eine Erzählung über den Zweiten Weltkrieg. Die Handlung spielt in den frühen Tagen dieses Krieges. Im Mittelpunkt stehen vier junge Briten: Mary, aus gutem Hause, rebellisch, meldet sich zur Truppenunterstützung; ihre beste Freundin Hilda, die sich immer als in Marys Schatten stehend fühlt, weil Mary ihr die Männer ausspannt; Tom, Mitarbeiter einer Schulbehörde, verschafft Mary einen Job und wird ihr Geliebter; Toms bester Freund Alistair, Restaurator, der sich schnell freiwillig meldet.
Die Geschichte wechselt im Wesentlichen zwischen Marys und Alistairs Perspektive. In London erlebt Mary die Angriffe der deutschen Luftwaffe zunächst als Hilfslehrerin, dann als Rettungswagenfahrerin. Alistair ist auf Malta stationiert, um die Kontrolle über die belagerte, strategisch wichtige Insel zu behalten, und ist ständigen Bombardierungen der deutschen und italienischen Luftwaffe ausgesetzt. Beide begegnen sich nur einmal und verlieben sich ineinander. Verkompliziert wird alles durch Marys Beziehung zu Tom und Hildas Interesse an Alistair.
Die Erzählung bietet neben mir bisher nicht geläufigen Informationen zum Zweiten Weltkrieg – wie die Belagerung Maltas (wo der Großvater des Autors diente) und das Schicksal nicht aus London evakuierter Kinder – weitere interessante Aspekte: Morphinsucht, Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Das Buch ist gut geschrieben. Auffällig sind die fast schon scherzhaften Dialoge der Romanfiguren, die den Kriegshorror überdecken sollen. Das offene Ende ließ mich etwas unbefriedigt zurück.

Veröffentlicht am 06.05.2017

Ein folgenschweres Kindheitstrauma

Ich, Eleanor Oliphant
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Die 30jährige Eleanor Oliphant führt ein sozial völlig zurückgezogenes Leben. Unter der Woche arbeitet sie als Buchhalterin und das Wochenende schlägt sie mit Pizza, Pasta, Um-die-Ecke-gedacht-Rätseln ...

Die 30jährige Eleanor Oliphant führt ein sozial völlig zurückgezogenes Leben. Unter der Woche arbeitet sie als Buchhalterin und das Wochenende schlägt sie mit Pizza, Pasta, Um-die-Ecke-gedacht-Rätseln und Wodka tot. Sie ist sehr intelligent, wortgewandt, weltfremd und vor allem einsam. Nach einem mysteriösen Ereignis in ihrer Kindheit, das ihr Gesicht entstellte, lebte sie in Pflegefamilien und Heimen. Jetzt hingegen geht es ihr genau richtig, wie sie sich selbst beständig versichert. Aber ist es tatsächlich so? Immerhin hortet sie Schmerztabletten und ist, fast einer Stalkerin gleich, völlig besessen von einem Musiker. Als sich Raymond, ein Kollege aus der IT-Abteilung, mit ihr anfreundet, beginnt sich ihr Leben zu verändern.
Eleanor selbst erzählt ihre Geschichte. Angesichts ihres doch monotonen Lebens erfährt diese eine tolle Aufheiterung durch Eleanors beständige innere Monologe, die schrullig, lustig und von trockenem Humor sind. Eleanor hat zu allem etwas zu sagen, z.B. fragt sie sich im Kosmetiksalon beim Anblick schwarzer Handtücher, welche hygienischen Mängel die Farbe wohl verbergen soll oder bei der Bestellung einer Lieferpizza, wie sie das mit dem frischen Basilikum machen, ob der Pizzabote eine Pflanze bei sich hatte. Eleanors traumatische und der psychotherapeutischen Behandlung bedürftige Vergangenheit, an die sie selbst kaum Erinnerungen hat, kommt erst nach und nach zu Tage. Da es aber schon frühzeitig Hinweise darauf gibt, dass ihr Leben für Eleanor wohl doch nicht o.k. ist und sie sich hinter einer Maske versteckt, bleibt die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten. Angesichts der positiven Entwicklung, die Eleanor durch die Inanspruchnahme professioneller Hilfe und der ihres Freundes erfährt, stimmt das Ende hoffnungsvoll.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Erzählstil
  • Humor
  • Originalität
Veröffentlicht am 21.04.2017

Entscheidung zwischen Stadt- und Inselleben

Seeluft macht glücklich
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Die Krankenhausangestellte Jasmin aus Köln, einsam, an Burnout leidend, begibt sich zur Erholung auf die Insel Föhr. Dort trifft sie den Ferienhausverwalter Thore, der nur noch fort will, um seiner Ex-Freundin ...

Die Krankenhausangestellte Jasmin aus Köln, einsam, an Burnout leidend, begibt sich zur Erholung auf die Insel Föhr. Dort trifft sie den Ferienhausverwalter Thore, der nur noch fort will, um seiner Ex-Freundin nicht mehr zu begegnen. Spontan tauschen beide für einige Wochen ihre Wohnungen. Sie finden so viel Gefallen an ihrem neuen Leben, dass sie vor der Entscheidung stehen, Stadt- bzw. Inselleben ganz an den Nagel zu hängen. Allerdings sind sie auch einander über regen Telefon- und SMS-Verkehr nahe gekommen ...
Wieder ein typischer Janne Mommsen-Roman, der in der Lieblingslandschaft des Autors spielt. Neu ist allerdings, dass die Handlung zusätzlich in Köln angesiedelt ist. Auf diese Weise werden dem Leser sowohl das beschauliche Leben auf einer friesischen Insel als auch das im fröhlichen Rheinland nahe gebracht. Zu beidem hat der Autor gut recherchiert, so dass alles recht wirklichkeitsnah herüber kommt. Das gilt vor allem für die Einschübe in friesischem bzw. Kölner Dialekt und die Beschreibungen der Insel- bzw. Stadtbewohner mit ihren so typischen Eigenschaften. Inhaltlich haben wir es mit einer seichten Liebesgeschichte zu tun, die einmal anders beginnt, deren Ende aber doch rasch voraussehbar ist. Thematisiert wird auch durchaus Ernstes wie Einsamkeit, Burnout, Krankheit. Die Protagonisten stehen vor wesentlichen Entscheidungen bzgl. ihres weiteren Lebens und machen in der kurzen Zeit wichtige Veränderungen durch. Wenngleich es in der Realität doch nicht immer so zugeht wie im vorliegenden Buch (wo es etwas zu viele Zufälle und Fügungen gibt), ist es doch als unterhaltende Lektüre zu empfehlen.

Veröffentlicht am 24.03.2017

Über den Syrien-Krieg

Gott ist nicht schüchtern
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Der Roman beginnt in Syrien im Jahr 2011 im Arabischen Frühling kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs und zeichnet die Schicksale zweier Flüchtlinge - Amal und Hammoudi, beide in den Zwanzigern - nach. Amal ...

Der Roman beginnt in Syrien im Jahr 2011 im Arabischen Frühling kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs und zeichnet die Schicksale zweier Flüchtlinge - Amal und Hammoudi, beide in den Zwanzigern - nach. Amal ist Schauspielerin. Wegen der Teilnahme an Demonstrationen gegen Präsident Assad gerät sie ins Visier des Geheimdienstes. Hammoudi ist Arzt in Paris und kehrt zurück, um seinen Pass zu verlängern. Die Wiederausreise wird ihm verweigert, er versorgt fortan in einem illegalen Lazarett verletzte Assad-Gegner. Beide begegnen sich kurz in Damaskus und dann einige Jahre später in Berlin, wohin sie flüchten.

Der Roman lässt einen betroffen zurück. Das Schicksal der Protagonisten, die beispielhaft für so viele Flüchtlinge stehen, ist furchtbar. Sie, die von einem besseren Leben träumen, sind Erniedrigungen, Demütigungen und Gewalt ausgesetzt und geraten immer weiter hinein in die für einen Außenstehenden undurchsichtigen Verhältnisse ihres Heimatlandes. Insoweit ist das gut recherchierte Buch sehr informativ. Real vorgekommene Massaker werden erwähnt, das Schlepperwesen, Fremdenfeindlichkeit. Für mich war es manchmal fast zu viel. Treffend ist der Buchtitel gewählt - mit dem nicht schüchternen Gott ist Assad gemeint.

Zu empfehlen für die am syrischen Bürgerkrieg Interessierten.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Suche nach einem Neuanfang

Wenn ich jetzt nicht gehe
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Mexiko-Stadt in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Der Spanier Mauro Larrea hat es im vergangenen Vierteljahrhundert als Bergmann im Silberminenabbau zu beträchtlichem Wohlstand gebracht. Eine geschäftliche ...

Mexiko-Stadt in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Der Spanier Mauro Larrea hat es im vergangenen Vierteljahrhundert als Bergmann im Silberminenabbau zu beträchtlichem Wohlstand gebracht. Eine geschäftliche Fehlentscheidung führt zu seinem finanziellen Ruin. Um seine Schulden fristgemäß tilgen zu können und wieder auf die Beine zu kommen, sucht er nach neuen Geschäftsideen. Er begibt sich erst nach Havanna/Kuba, dann nach Jerez/Spanien, wo er ein nach einem gewonnenen Billardspiel übereignet erhaltenes Weingut verkaufen will. Sein Zusammentreffen mit der schönen, geheimnisumwobenen Soledad Montalvo, Nachfahrin des Winzers, bringt Mauro neue Probleme, die es im Zusammenwirken mit Soledad zu lösen gilt.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir nicht leicht gefallen. Zu verwirrend waren anfänglich die vielen Romanfiguren mit ihren für meine Ohren fremd klingenden spanischen Namen. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase waren diese Leseschwierigkeiten aber bald behoben. Die Hintergrundinformationen zu der mir nur wenig bekannten Geschichte Mexikos als spanischer Kolonie und dann als unabhängiger Staat mit seinen unterschiedlichen Bewohnergruppen (Indios, Mestizen, Kreolen …) fand ich sehr lehrreich und interessant. Gleiches gilt für Kuba, das damals immer noch spanisches Vizekönigreich war. Die erste Hälfte des Romans, deren Handlung in Südamerika angesiedelt ist, hat mich auch inhaltlich gefesselt. Das liegt vor allem an der Person des Self-made-Mannes Mauro und seinen schnellen Entscheidungen, die die Handlung vorangetrieben haben. Nachdem sich dann jedoch die Handlung nach Spanien verlagert hatte, begann sie zu schwächeln, wirkte konstruiert und kam von der bis dahin im Mittelpunkt stehenden Lösungssuche hinsichtlich der finanziellen Probleme Mauros ab. Stattdessen nahm die Familiengeschichte von Soledad mit ihren Geheimnissen viel Raum ein. Das führt für mich zu einer Bewertungsherabsetzung auf knappe vier von fünf Sternen. Empfehlen kann ich das Buch Lesern von historischen Romanen über andere Länder beiderlei Geschlechts.