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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2021

Ein verzwickter Fall

Dunkler Grund
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„...Sie waren in der Tat ein ungleiches Paar – ein älterer Herr mit Rückenproblemen und zerzaustem Haarkranz und eine junge Frau von fast zwei Meter Größe. Wo sie auftauchten, sorgten sie für Aufsehen...“

Im ...

„...Sie waren in der Tat ein ungleiches Paar – ein älterer Herr mit Rückenproblemen und zerzaustem Haarkranz und eine junge Frau von fast zwei Meter Größe. Wo sie auftauchten, sorgten sie für Aufsehen...“

Im Zitat ist die Rede von Kommissar Theo Krumme und seiner Partnerin Pat. Momentan sind sie im Husumer Hafen unterwegs. Auf einer Segeljacht wurde die Leiche einer Frau gefunden. Es ist Nantje. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie an angesagtes und nicht ganz billiges Fischrestaurant.
Der Autor hat einen fesselnden Nordseekrimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an.
Das Besondere des Buches besteht darin, dass es einen Erzählstrang gibt, der tief in die Vergangenheit ins Jahr 1362 reicht und mit der untergegangenen Stadt Rungholt zu tun hat. Hier stehen Beeke und Oke im Mittelpunkt. Der Abschnitt beginnt mit folgenden Sätzen:

„...Ein stiller, kalter Morgen und die seltsame Ahnung, dass die Welt bald eine andere sein würde. Die kühle Luft prickelte auf ihrer Haut, schmeckte nach Salz und Meer...“

Das Unwetter, das nur wenige Stunden entfernt ist, ahnt keiner, auch Gebhardt nicht, der glaubt, sich wegen seines Reichtums alles herausnehmen zu können.
Doch wenden wir uns der Gegenwart zu. Für Krumme gilt es, einen Mordfall aufzuklären. Sebastian Schreiber, der Mann der Toten, ist ihm unsympathisch und ein möglicher Täter. Dummerweise kennt der nicht nur Pat, sondern lässt auch seine Beziehungen ins Polizeipräsidium spielen, um Krumme auszubremsen. Dabei macht es ihm gar nichts aus, zu lügen wie gedruckt und nur das zuzugeben, was offensichtlich ist.
Obwohl Krumme und Pat eigentlich gut zusammenarbeiten, ergeben sich nun Spannungen, weil sie unterschiedlicher Meinung sind. Krummes Alleingänge sind nicht unbedingt hilfreich. Pat erinnert ihn:

„...Ein guter Kollege und Freund hat mir mal gesagt, man soll sich nicht so sehr von seinem ersten Eindruck leiten lassen...“

Dann aber ist Schreiber plötzlich verschwunden und Krummes Vorgesetzter gründet eine SOKO. Im Gegensatz zu den Kriminalisten weiß ich als Leser, was passiert ist.
Krumme bekommt einen Tag frei, weil er Patenonkel wird. Nicht nur auf seiner Reise nach Hooke, auch an vielen anderen Stellen wird die Landschaft des Nordens liebevoll und mit treffenden Metaphern beschrieben:

„...Diese atemberaubende Weite, die jedes Wort überflüssig machte. Die Ringelgänse, die sich in gewaltigen Schwärmen über das Marsch bewegten. Das Gefühl, so dicht von der Nordsee umgeben zu sein, dass man ein Teil dieser einmaligen Landschaft wurde...“

Auch die Menschen der Gegend werden gut charakterisiert. Manchen fällt es schwer, den Mund auf zu machen. Kurz und bündig ist die Devise. Ab und an blitzt ein sehr feiner Humor auf.

„...So sind wir hier oben an der Küste. Wir lieben die Fremden. Aber nur, wenn sie brav ihre Kurtaxe zahlen und am Ende des Urlaubs wieder nach Hause fahren...“

Das Buch zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen und gut ausgearbeitete Dialoge aus. Obwohl Pat von ihren vier Kollegen der SOKO in Krummes Abwesenheit aus Abstellgleis geschoben wird, ist sie diejenige, die letztendlich das notwendige Puzzleteil findet, um den Fall zu lösen.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 09.04.2021

Mörderisches Yoga

Tod in Zeeland
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„...Yoga konnte gefährlich sein und einen verletzen, wenn man nicht richtig achtsam war. Auf die richtige Haltung kommt es an. Die richtige Haltung zu sich selbst...“

Das Zitat stammt aus dem Prolog des ...

„...Yoga konnte gefährlich sein und einen verletzen, wenn man nicht richtig achtsam war. Auf die richtige Haltung kommt es an. Die richtige Haltung zu sich selbst...“

Das Zitat stammt aus dem Prolog des Buches. Vor dem befindet sich ein Karte von Zeeland, so dass ich von Anfang an weiß, wo ich mich in der Handlung gerade befinde.
Freddie hatte sich durch ihre Freundin Miriam zu einem Yogakurs auf Zeeland bei einer der berühmtesten Yogalehrerinnen überredet lassen. Sie brauchte eine Auszeit von ihrem Freund Jan, dem sie nicht mehr vertraute. Normalerweise ist Yoga nicht ihr Ding. Sie ist Informatiker und an das logische Denken gewöhnt.
Als sie am ersten Abend nochmals in den Yogaraum geht, um ihr Handy zu suchen findet sie eine Tote.
Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die fünf Grundübel des Seins führen die Teilnehmer durch den Yogakurs und mich kapitelweise durch das Buch.
Als ein Foto auftaucht, dass die Arusha, die Tote, mit Jan zeigt, schrillen bei Freddie alle Alarmglocken. Sie nimmt die Ermittlungen in die eigene Hand, muss aber auch damit leben, dass die niederländische Polizei für eine der möglichen Täterinnen hält.
Der Schriftstil ist so vielfältig wie das Buch. Ich lerne eine Menge über Yoga. So erklärt Prem Freddie:

„...Gleich wirst du spüren, um wie viel tiefer du in die Dehnungen kommst, wenn wir uns gegenseitig unterstützen. Eine Wohltat für den Körper, die auch den Geist stärkt...“

Wie es in der Informatik nur 0 oder 1 gibt, so sieht Freddie im Leben häufig nur die zwei Extreme Weiß oder Schwarz. Von ihrer Freundin wird sie deshalb liebevoll „Schwarzweißchen“ genannt.
Mit glasklarer Logik geht Freddie auch an den Todesfall heran. Das klingt dann so:

"...Wenn kein A da war, aus dem ich B folgern konnte, würde ich noch weniger ein C herleiten können. Aus nichts folgt nichts. Null mal drei blieb Null..."

Auf dem Laptop stellt sie ihre Erkenntnisse grafisch zusammen und nimmt mich dabei auf all ihren Umwegen mit. Vor allem vernünftige Motive bereiten ihr Kopfzerbrechen. Immer neue Informationen führen zur Erweiterung des Schemas.
Doch auch im Yogazentrum gibt es einige unschöne Ereignisse. Gibt es einen Zusammenhang mit dem Totesfall?
Mit Freddie darf ich auf dem Fahrrad die Insel erkunden, wenn sie gerade mal keine Lust auf Yoga hat und Zeit zum Nachdenken braucht. Schöne Sprachbilder dienen der Beschreibung der Landschaft, An und an aber kommt auch Freddies trockener Humor durch.

„...Rasch erreiche ich eine schmale, von schützenden Büschen gesäumte Straße. Die salzige Meeresluft war dem guten, ehrlichen Geruch des Landlebens gewichen...“

Die Kapitelüberschriften gibt es auf Deutsch und Niederländisch. Auch im Text dürfen die Einheimischen manchmal ihre Sprache verwenden. Ich fand es spannend, die Bedeutung zu entschlüsseln. Natürlich hätte ich im Anhang im kleinen Wörterbuch nachschlagen können.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Es war ein gekonnter Mix aus Spannung und Information.
Ein sehr schönes Zitat soll meine Rezension beenden:

"...Neid und Gier wohnen in der Enge. Vertrauen braucht Freiheit, ein großes Herz braucht Platz..."

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Reise in ein fernes Land

Jenseits der Fronten
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„...Fast alles in diesem Buch ist deshalb eine subjektive Beschreibung, zusammengetragen aus dem, was ich selbst erlebt und gesehen habe, und aus dem, was mir berichtet wurde. Niemals würde ich behaupten, ...

„...Fast alles in diesem Buch ist deshalb eine subjektive Beschreibung, zusammengetragen aus dem, was ich selbst erlebt und gesehen habe, und aus dem, was mir berichtet wurde. Niemals würde ich behaupten, dass ich alles wüsste oder in allem recht hätte – das ist gar nicht mein Ziel...“

Diese Worte aus dem Vorwort des Buches haben mich sofort angesprochen. Damit weiß ich als Leser, was ich zu erwarten habe.
Ihr Buch ist ein Rückblick, ein Rückblick auf ein Jahr Arbeit in Afghanistan. Detailgenau beschreibt die Autorin, wie es zur Entscheidung kam, ein Jahr in die Ferne zu gehen und warum gerade Afghanistan. Als gelernte Kinderkrankenschwester mit mehrjähriger Berufserfahrung, insbesondere auch auf der Intensivstation, hätte sie sich ebenfalls andere Reiseziele aussuchen können. Nach einer Schulung im Gebetshaus in Augsburg steht das Ziel für sie fest. Auslandserfahrung hat sie, denn sie war schon in Kolumbien. Dort hat sie begriffen:

„...Um Menschen zu helfen, muss man sie erst einmal lieben – egal in welchen Umständen sie leben. Wenn man Menschen annimmt, wie sie sind, entsteht ein Raum von Vertrauen...“

Der Reise geht ein Visionstrip voraus. Dabei lernt sie zwei Einsatzgebiete vor Ort kennen und kann sich für eines entscheiden. Sie entscheidet sich für Sardsang. Dort soll sie Kurse zum Thema Schwangerschaft und Geburt geben und sich um unterernährte Kleinkinder und werdende Mütter kümmern. Die Säuglingssterblichkeit in dieser Gegend ist enorm hoch.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Sehr genau wird die Landschaft beschrieben:

„...Fasziniert war ich vom Farbspiel in dieser Gegend. Denn in dieser kargen Landschaft wirkten die Menschen mit ihren grellen, fast neonfarbenen Kopftüchern wie bunte Farbtupfer in einer beige überzogenen Landschaft fast ohne Bäume...“

Die Autorin lässt mich an ihrem Leben in der Fremde teilnehmen. Sie ordnet sich den gegebenen Regeln unter und findet Freunde, auch unter der einheimischen Bevölkerung. Erstaunlich ist, wie manche Dörfer aus dem wenigen, was sie haben, zu technischen Leistungen kommen, die man hier kaum erwartet hätte.
Natürlich werden auch die Schwierigkeiten nicht ausgegrenzt. Vor allem die Zusammenarbeit mit der entsendenden Organisation klappt mehr schlecht als recht. Lara ist in der Fremde meist au sich allein gestellt.
Erstaunlich ist, wie in diesem Land ihr Glauben toleriert wird. Ab und an spiegelt die Autorin ihre Erfahrung im Lichte des Glaubens.

„...Mein Blick auf Gott macht etwas aus ihm, aber er macht auch etwas mit mir selbst. Es verändert mich, wenn ich meinen Blick auf Gott gerichtet halte...“

Auf das Thema Blicke kommt sie, weil eine der Regel dort lautet, nie den anderen in die Augen zu blicken.
Es gäbe eine Menge über ihre Erlebnisse zu sagen. Doch das kann nicht Ziel und Sinn dieser Rezension sein.
Eingebettet in persönliche Erfahrungen sind ab und an Informationen über Land und Leute. Es gibt Szenen voller Freude und Ausgelassenheit – trotz Krieg und Not. Andere Stellen sind schockierend, wie die Hochzeit einer Neunjährigen. Allerdings lässt mich die Begründung für das Geschehen nachdenklich zurück.
Sehr gut gefallen hat mir, mit wie viel Achtung die Autorin über die Menschen spricht, die ihren Weg kreuzen. Außerdem wird deutlich, wie durch den Einfluss der westlichen Helfer sich die Einstellungen zu Fragen von Geburt und Hygiene ändern. Dabei geht es nicht darum, ihnen unsere Kultur beizubringen, sondern ihnen in ihrer Kultur neue Wege aufzuzeigen.
Mehrere Farbfotos vervollständigen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ermöglicht mir einen kleinen Einblick in eine Welt, die man sonst nur aus dem Kriegsgeschehen in den Medien kennt.

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Veröffentlicht am 07.04.2021

So macht Schule Spaß

Endlich Schulstart
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„...Katta wälzt sich unruhig im Bett hin und her. Sie ist mindestens schon eine Stunde lang wach, weil die Vögel so laut zwitschern. Und weil sie schrecklich aufgeregt ist...“

Mit diesen Sätzen beginnt ...

„...Katta wälzt sich unruhig im Bett hin und her. Sie ist mindestens schon eine Stunde lang wach, weil die Vögel so laut zwitschern. Und weil sie schrecklich aufgeregt ist...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein abwechslungsreiches Kinderbuch. Katta hat einen besonderen Grund für ihre Aufregung. Heute ist ihr erster Schultag.
Das Buch zeigt, wie gut sich die Autorin in die Gefühlswelt der kleinen Protagonisten hineinversetzen kann. Der Schriftstil ist kindgerecht. Große Schrift und klar gegliederte Absätze ermöglichen bald dem Kind, die Geschichte auch allein lesen zu können. Viel wörtliche Rede lockert das Geschehen auf und zeigt die Stimmung der Erstklässler.
Natürlich geht am ersten Schultag schon zu Hause das Eine oder Andere vor Aufregung schief. Positiv ist zu vermerken, dass die Autorin die Vielfalt der Schüler in der Schule berücksichtigt.. So bekommt Katta als Pate Simon zugewiesen, der in einem Rollstuhl sitzt. Das wird wie selbstverständlich hingenommen.
Mo, ein Schwarzafrikaner, fällt durch seine Begabung im Fußball auf.
Katta sitzt neben ihren Kindergartenfreund Aaron.
In der Schule wird viel Wert auf die Selbstständigkeit der Kinder gelegt. Deren Phantasie wird nicht abgewertet, sondern als Ansatzpunkt für neue Gedanken und Ideen genommen. Schwächere Schüler bekommen ein Lob für Erreichtes und Hinweise, für die weitere Arbeit. Regeln werden klar und eindeutig formuliert und visuell dargestellt. Eine lautet:

„...Gespenster werfen keinen Müll auf den Boden...“

Warum Gespenster? Die Erstklässler sitzen in der Gespensterklasse. Schöne Idee, Klassen Namen zu geben.
Doch Schule bedeutet auch Anstrengung. Das erlebt Katta bei ihren ersten Hausaufgaben.

„...Es ist ganz schön schwer, mit der Bleistiftspitze genau auf der Linie zu bleiben. Am Anfang schafft sie eine halbe Zeile, ohne abzusetzen, dann rutscht der Bleistift zwischen ihren Fingern weg...“

Jedes Kapitel beginnt mit einer Zeichnung und einer kurzen, aber aussagekräftigen Überschrift. Viele farbenfrohe und realistische Bilder innerhalb der Kapitel veranschaulichen die Handlung.
Das Cover ist ein Hingucker. Der Leser weiß sofort, worum es geht.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. So, wie beschrieben, macht Schule Spaß. Manche darin erhaltene Idee wäre es wert, in der Praxis umgesetzt zu werden.

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Veröffentlicht am 05.04.2021

Gelungener Auftakt

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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„...Es war ein Kommen und Gehen, ein sorgfältig orchestriertes Schauspiel wie auf einer Bühne, an dem sich Elisabeth niemals sattsehen würde...“

Mit diesen Worten beschreibt Elisabeth ihre Eindrücke von ...

„...Es war ein Kommen und Gehen, ein sorgfältig orchestriertes Schauspiel wie auf einer Bühne, an dem sich Elisabeth niemals sattsehen würde...“

Mit diesen Worten beschreibt Elisabeth ihre Eindrücke von Palais Heiligendamm. Vor kurzen ist ihre Familie aus Berlin nach Bad Doberan gezogen, weil der Vater das Hotel übernommen hat.
Wir schreiben das Jahr 1912. Es war die Idee von Ottilie Kuhlmann, die ihren Mann gedrängt hat, sich um ein eigenes Hotel zu bemühen.
Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt.
Elisabeth ist die zweitälteste Tochter des Hauses. Sie würde gern im Hotel mitarbeiten. Aber dafür hat ihre Mutter gar kein Verständnis. Dabei hat Elisabeth einen sehr guten Blick für Details und bringt gut umsetzbare Vorschläge, wenn es darauf ankommt.
Paul, der Sohn des Hauses, ist als Nachfolger gesetzt. Doch er selbst hat diese Ambitionen nicht. Er tut sich schwer, seinen Pflichten nachzukommen. Im Herzen ist er Künstler. Mit seinem Klavierspiel berührt er die Zuhörer.
Minna ist Hausmädchen bei Familie Kuhlmann. Sie hat das Angebot angenommen, sie nach Bad Doberan zu begleiten. In ihr aber brennt das Heimweh nach ihrer Familie.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Die Autorin arbeitet häufig mit passenden Metaphern und beschreibt die Örtlichkeiten detailgenau. So hatte ich schnell ein Bild des Hotels im Kopf.
Durch die unterschiedlichen Perspektiven ergibt sich ein vielschichtiges Bild der Verhältnisse. Ottilie ist die Tochter eines Offiziers. Das zeigt sich in den Äußerungen gegenüber Paul:

„...Auf dem Parkett werden bleibende Verbindungen geknüpft, und die Schwellen der Ballsäle führen in den sicheren Hafen der Ehe. Wenn du Walzer, Menuett und Polka nicht beherrschst, wirst du dich schwertun, eine standesmäßige Ehefrau zu finden...“

Ich darf die Familie bis in den Winter 1918/19 begleiten. Als das Hotel vor dem Krieg finanziell ins Schlingern gerät, wird Julius Falkenhayn im Auftrag von Graf Seitz Geschäftspartner. Er erkennt Elisabeths Potential und fördert sie. Privat allerdings sind sie anfangs wie Hund und Katz. Elisabeths Mutter ist das gerade recht, denn sie misstraut den jungen Mann mit mysteriöser Vergangenheit. Julius hat einige Jahre in Afrika verbracht. Ottilie hat zwar keine Ahnung von dem Leben dort, erlaubt sich aber eine Meinung:

„...Ich verstehe sowieso nicht, warum die Eingeborenen gegenüber den deutschen Missionaren und Siedlern nicht mehr Dankbarkeit an den Tag legen. Schließlich bringen die ihnen doch erst Disziplin, Hygiene, Gehorsam, Sitte und Anstand bei...“

Julius kontert und verliert weitere Sympathie bei Ottilie.
In den Kriegsjahren ist Elisabeth zum großen Teil auf sich allein gestellt, um das Hotel am Laufen zu halten. Paul hat sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet – und das schon nach wenigen Tagen bereut. Gerade an ihm wird deutlich, wie der Krieg aus einen schöngeistigen jungen Mann eine abgestumpftes Wesen macht.
Julius wird,wie wir heute sagen würden, Kriegsberichterstatter. Er, der konsequent gegen den Krieg ist, formuliert seine Ambition so:

„...Andererseits will ich die Katastrophe dokumentieren, die da gerade geschieht, damit zukünftige Generationen niemals wieder in einen derart sinnlosen Krieg ziehen...“

Der Roman spielt die gesamte Palette der menschlichen Gefühle wider: Freude, Trauer, Eifersucht und Wut. Das Leben kennt Höhen und Tiefen. Und die Jahre verändern die Protagonisten – nicht immer zum Guten. Der Judenhass von Ottlilie ist mir mehr als suspekt. Julius`Einstellung zum Krieg dagegen hebt sich wohltuend von der herrschenden Euphorie ab. Johanna, die älteste Tochter, zeigt sehr viel Empathie und Einsatzbereitschaft.
Natürlich kommen in ein bekanntes Hotel auch historische Persönlichkeiten, so der Dichter Rainer Maria Rülke. Er begibt sich selbst in die Küche, um sich für ein Soufflè zu bedanken.

„...Ein Pariser Sternekoch hat mir einmal gesagt, Soufflés seien wie Katzen. Wenn man ihnen nicht seine ganze Aufmerksamkeit schenkt, werden sie zickig und machen, was sie wollen….“

Es sind solche Sprachspiele, die das Lesen immer wieder zum Vergnügen machen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

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