Cover-Bild Vom Aufstehen
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 18.03.2021
  • ISBN: 9783423282789
Helga Schubert

Vom Aufstehen

Ein Leben in Geschichten | Die Wiederentdeckung einer Jahrhundertautorin

Ein Jahrhundertleben – verwandelt in Literatur

Drei Heldentaten habe sie in ihrem Leben vollbracht, erklärt Helga Schuberts Mutter ihrer Tochter: Sie habe sie nicht abgetrieben, sie im Zweiten Weltkrieg auf die Flucht mitgenommen und sie vor dem Einmarsch der Russen nicht erschossen. In kurzen Episoden erzählt Helga Schubert ein deutsches Jahrhundertleben – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Als Kind lebt sie zwischen Heimaten, steht als Erwachsene mehr als zehn Jahre unter Beobachtung der Stasi und ist bei ihrer ersten freien Wahl fast fünfzig Jahre alt. Doch vor allem ist es die Geschichte einer Versöhnung: mit der Mutter, einem Leben voller Widerstände und sich selbst.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2021

Ein Stück Geschichte

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„Als Erwachsene weiß ich eigentlich, dass ich alles allein machen muss:
Alles selbst einrühren, alles selbst durchstehen, alles selbst ausbaden.
Ich muss die Suppe auslöffeln, die ich mir vorher eingebrockt ...

„Als Erwachsene weiß ich eigentlich, dass ich alles allein machen muss:
Alles selbst einrühren, alles selbst durchstehen, alles selbst ausbaden.
Ich muss die Suppe auslöffeln, die ich mir vorher eingebrockt habe.
Als Erwachsene weiß ich, dass ich Konkurrenten und Neider habe, die hinter meinem Rücken ihre Fallstricke legen.“ (S. 45)

Treffender könnte ein Titel nicht gewählt sein: In „Vom Aufstehen – Ein Leben in Geschichten“ erzählt die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Helga Schubert in 29 Erzählungen aus ihrem Leben. Nachdenklich und drückend skizziert sie Episoden aus ihrer Kindheit, den Leiden der Nachkriegsgeneration, ihrem Leben als Autorin in der DDR und den damit verbundenen Ängsten und Hindernissen – bis hin zur Mauerfall, der auch in ihr einen Befreiungsschlag auslöste. Man spürt förmlich den Druck, der auf ihren Schultern lastet, den Einfluss der Stasi auf ihr Schaffen, den sie durch die lakonischen Darstellungen, die Wiederholungen erzeugt. Umso freimütiger, leichter – quasi als Aufmunterung, als Hoffnungsschimmer – werden die längeren biographisch-historischen Erzählungen von kurzen Sinneseindrücken, Momenten der Fröhlichkeit, der Wertschätzung des Lebens abgewechselt: So schreibt sie herrlich selbstironisch von den Tücken des Alterns in der modernisierten Welt, von der Hängematte im Garten ihrer Großeltern, von den Düften der Blumen in ihrem Garten. Diese Passagen, die mit klug gesetzten Absätzen und bildhaften Darstellungen Zeit zum Verweilen und Reflektieren geben, haben mir besonders gefallen. Zu diesem Wohlgefühl zuträglich ist, dass alle Erzählungen aus der Ich-Perspektive geschrieben sind, was die Erlebnisse und Eindrücke noch nachvollziehbarer, empathischer macht. Sie hält sich nicht mit unnötigen Ausschmückungen auf, sondern bringt klar auf den Punkt, was sie ausdrücken möchte, benutzt lediglich Wiederholungen zur Verstärkung, aber beruht sich sonst auf die Aussagekraft des Wortes selbst.

Die Titelgeschichte bildet den krönenden Abschluss des Erzählbandes, der an Schwermut nicht zu übertreffen ist: [...]

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Versöhnlicher Rückblick

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Eine Sammlung von Erzählungen, Erlebnisse, die ein Leben geprägt haben, Eindrücke, die eine Person ausmachen.

Helga Schubert berichtet aus ihrem Leben, von der Flucht aus Hinterpommern, von ihrem Dasein ...

Eine Sammlung von Erzählungen, Erlebnisse, die ein Leben geprägt haben, Eindrücke, die eine Person ausmachen.

Helga Schubert berichtet aus ihrem Leben, von der Flucht aus Hinterpommern, von ihrem Dasein in der DDR und von dem, was danach geschah. Dabei sind ihre Erzählungen manchmal kleine Geschichten, denen man leicht folgen kann. Ein andermal sind es philosophische Betrachtungen. Obwohl die Autorin sich einer einfachen, klaren Sprache bedient, die ohne Schnörkel auskommt, sind ihre Episoden doch teilweise poetisch stark. Immer wieder hatte ich versteckte Botschaften zwischen den Zeilen entdeckt, die mir wie beim Ostrock üblich dort bewusst von ihr platziert schienen.

Den größten Raum nimmt die Auseinandersetzung mit der eigenen Mutter ein. Ohne Gram lässt Helga Schubert uns teilhaben an der Distanz zwischen ihr als Tochter und der Mutter. Offensichtlich war die Mutter durch Erlebnisse im Krieg und auch durch ihre eigene Konstitution nicht in der Lage, ihrer Tochter ein normales Maß an Liebe zu geben. Vielmehr lässt sie die Tochter wissen, dass sie ohne sie besser dran gewesen wäre. Die Haltung der Mutter ist ist nicht etwa ein einmaliger Wutausbruch, sondern Teil ihrer Lebenseinstellung. Um so bewundernswerter ist der überaus faire Blick der Autorin auf ebendiese befremdliche Frau.

Besonders gern mochte ich allerdings die eher philosophischen Kapitel, weil ihnen etwas Verborgenes innewohnt, das nicht auf den ersten Blick sichtbar wird. „Mein Wald“ und „Mein Winter“ sind nur zwei Beispiele in einem ganzen Reigen, wobei mache Kapitel nur in Teilen diesen Charakter haben.

So war diese Sammlung an Erzählungen recht attraktiv für mich, obwohl ich im Allgemeinen nicht unbedingt ein Liebhaber von Erzählbänden bin. Insgesamt ein ruhiges Buch, das berichtet, aber nicht anklagt und urteilt. Das überlässt die Autorin der Leseschaft, womit sie bei mir den richtigen Nerv trifft. Ich bin dankbar für dieses Buch und empfehle es sehr gern weiter.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Die Kälte überstehen

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Dieser fragile Moment beim Aufwachen, der manchmal entscheidet, wie man in den Tag startet: noch halb im Traum, halb in Gedanken, noch ruhevoll – mit so einem Moment startet und endet der berührende, atmosphärische ...

Dieser fragile Moment beim Aufwachen, der manchmal entscheidet, wie man in den Tag startet: noch halb im Traum, halb in Gedanken, noch ruhevoll – mit so einem Moment startet und endet der berührende, atmosphärische und lebenskluge Episoden-Roman von Helga Schubert. Anfangs an dem idealen Ort, einer Erinnerung, bei der fürsorglichen Großmutter im Garten unter dem Apfelbaum. Am Ende mit 80 Jahren beim Aufwachen zuhause, Reflektionen über das vergangene Leben, über die Gegenwart mit einem geliebten, pflegebedürftigen Ehemann, den liebgewonnenen Ritualen und einer verstorbenen Mutter, der die Autorin und Bachmannpreis-Trägerin Helga Schubert verziehen hat. Dazwischen liegt ein bewegtes Leben, dass Schubert assoziativ in 29 unterschiedlich langen, literarisch dichten Schlaglichtern der Erinnerung poetisch, weise, aus vielen Blickwinkeln und mit einer präzisen, klaren und sinnlichen Sprache festgehalten hat.

„Ich bin ein Kriegskind, ein Flüchtlingskind, ein Kind der deutschen Teilung.“ S. 25

Auf diesen drei zerbrechlichen Pfeilern steht das Leben von Helga Schubert. Ihre Mutter ist traumatisiert vom Krieg und der Flucht vor der Roten Armee – das hat sie nicht nur gefühlskalt werden lassen: Von ihrer Tochter verlangt sie dafür, dass sie sie bei der Flucht nicht vergiftet oder vorher abgetrieben hat, lebenslange Dankbarkeit und Heldenverehrung. Es fallen auch Sätze wie „Wenn du doch damals bei der Flucht gestorben wärst“. Mutter und Tochter werden sich nie mehr annähern und erst nach dem Tod der Mutter beginnt Schubert darüber zu schreiben. Ein weiteres Trauma ist der Verlust des Vaters, den Schubert nie kennengelernt hat. Sehr jung hat ihn eine Granate an der Ostfront getötet. Die Erfahrungen der Autorin mit Glaube und der Arbeit als klinische Psychotherapeutin fließen subtil in das autobiografisch-autofiktional Erzählte mitein. In der Erzählung „Eine Wahlverwandtschaft“ kommen die Traumata, Sprachlosigkeit und tief liegenden Wunden zwischen Mutter und Tochter deutlich heraus, die Schubert literarisch mit einer kunstvollen Perspektive verdeutlicht: „Die Tochter meiner Mutter“.

Zudem ist Helga Schubert eine pointierte Chronistin über ihr Leben unter dem DDR-Regime. Lakonisch und doch nachdenklich fängt sie zeithistorische Episoden deutsch-deutscher Geschichte ein, schildert beispielsweise ihre schriftstellerische Tätigkeit unter Repressalien wie das Ausreise-Verbot im Jahr 1980, um am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb teilzunehmen. Aber auch absurde DDR-Situationen wie das Vorstellungsgespräch mit ihrem Sohn zu einer Förster-Ausbildung verweben sich in die Erinnerungen.

Im Leben von Helga Schubert war nicht immer „alles gut“ – mehrmals musste sie immer wieder nach schwierigen Situationen Aufstehen, aber ihr Schlusssatz in der letzten, prämierten Titel-Geschichte „Vom Aufstehen“ wird dies reflektieren: „ Es stimmte: Ich hatte von allem genug.“ Sie hat vergeben, ist bei sich angekommen, kann sich Geborgenheit schenken – fast scheinen alle vorherigen Erzählungen auf diese finale Erinnerung, die nochmal alle Lebensthemen zusammenführt, zuzulaufen.

Die ruhevolle Auslotung eines schmerzhaften Mutter-Tochter-Verhältnisses, fein arrangierte Alltagsbeobachtungen vom Alt-Sein, Schreiben, Heimatgefühl und von der Freiheit, umwoben mit deutsch-deutscher Geschichte sowie Traumata und alles eingepackt in einer wunderschönen Sprache, die ohne Groll oder Larmoyanz, sondern mit viel Dankbarkeit, Ruhe und Authentizität auskommt – das alles macht „Vom Aufstehen“ zu einem wunderbaren Kleinod. Nicht jede Geschichte ist gleich stark – aber die Starken sind gewaltig und von einer intimen, persönlichen Schönheit und Weisheit, die lange nachhallen und universell auf unser Leben übertragbar sind.

„Am gedeckten Kaffeetisch. Bis zum Ende des Sommers. So konnte ich alle Kälte überleben. Jeden Tag. Bis heute.“ S. 10

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Fragmente eines Lebens – poetisch erinnert

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In kurzen Erzählungen erinnert sich Helga Schubert in ihrem autobiographischen Buch „Vom Aufstehen“ an ihr Leben in der DDR, ihren von Hindernissen geprägten Werdegang und ihre schwierige Mutter.

Die ...

In kurzen Erzählungen erinnert sich Helga Schubert in ihrem autobiographischen Buch „Vom Aufstehen“ an ihr Leben in der DDR, ihren von Hindernissen geprägten Werdegang und ihre schwierige Mutter.

Die intimen, sehr persönlichen Erzählungen geben einen Einblick in das Innenleben der Autorin, die auf ein bewegtes Leben zurückblickt. Mal assoziativ-ausschweifend, mal knapp und präzise, mal humorvoll-augenzwinkernd erinnert sie sich an Einzelheiten und Episoden, die sie geprägt haben. Das Kaffeetrinken im Sommer bei der Großmutter, die Ausreiseschwierigkeiten in den Westen für eine Preisverleihung, die Mutter, die ein Erbstück zurückfordert … mal Schönes und mal Schmerzliches.

„Vom Aufstehen“ ist häufig poetisch und wenig konkret, verliert aber trotzdem nur selten den Bezug zur Realität. Oft ist es ein Eintauchen in die Gedankenwelt einer anderen Person – und fühlt sich dabei manchmal fast voyeuristisch an. Dieser direkte Einblick ist aber auch ein ums andere Mal verwirrend: Dann wird man hineingesogen in eine Lebenswelt, die nicht die eigene ist, und das Verstehen mancher Assoziationen fällt schwer. Helga Schubert hat hier wirklich ein Stück ihrer selbst zu Papier gebracht, und so manche Assoziationsketten lassen sich wohl nur nachvollziehen, wenn man im Kopf von Helga Schubert steckt.

Nichtsdestotrotz ist hier ein poetisches, teils tragisches, teils optimistisches Werk gelungen, das vor allem sehr viel Nähe vermittelt und Emotionen weckt.

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Veröffentlicht am 11.04.2021

Vom Aufstehen- historisch und gegenwärtig, heiter und ernst, reflektiert und ehrlich! Ein Buch, das mir gut gefallen hat.

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Helga Schubert gewährt uns einen Einblick in ihr bislang 80-jähriges Leben. Ein Leben, das von historischen Ereignissen begleitet und geprägt wurde.

Ich habe bislang nichts von der Autorin gelesen, freue ...

Helga Schubert gewährt uns einen Einblick in ihr bislang 80-jähriges Leben. Ein Leben, das von historischen Ereignissen begleitet und geprägt wurde.

Ich habe bislang nichts von der Autorin gelesen, freue mich aber nun sehr, dass mir dieses Buch in der Online-Ausleihe meiner Bücherei „in die Hände gefallen“ ist. Es hat sich gelohnt.

Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass Schubert ihr Leben nicht chronologisch aufgeschrieben hat, sondern in der Zeitachse gesprungen ist. Trotz der Sprünge war der rote Faden immer zu erkennen und für ihre erzählte Geschichte hat dieser Aufbau sehr viel Sinn gemacht. Ich habe es genossen, ihren Erzählungen, Anekdoten und ihren Gedanken zu folgen.

Natürlich gab es Kapitel, die spannender und nachhaltiger waren als andere. Aber es gab keine Kapitel, die uninteressant geschrieben wurden. Ein paar Kapitel haben mich sogar sehr bewegt, viele Stellen haben mich zum Schmunzeln gebracht. Ich kann das Buch empfehlen.

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