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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2021

Sterben

Betreff: Falls ich sterbe
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Von einem Tag auf den anderen ist Carolina plötzlich alleine mit dem nur wenige Monate alten Ivan. Gestern waren sie noch zu dritt, doch jetzt ist Aksel tot. Carolina ist überfordert mit der Situation ...

Von einem Tag auf den anderen ist Carolina plötzlich alleine mit dem nur wenige Monate alten Ivan. Gestern waren sie noch zu dritt, doch jetzt ist Aksel tot. Carolina ist überfordert mit der Situation und mit dem Tod ihres Freundes.

Ich weiß nicht so recht, wie ich dieses Buch bewerten soll. Mit "Betreff: Falls ich sterbe" verarbeitet die Autorin ihre eigene Geschichte. Zu Beginn hat sie mich unglaublich berührt und stellenweise sogar zu Tränen gerührt. Die Gefühle, die sie beim Lesen vermittelt, die Verzweiflung, die Trauer, das alles konnte ich so gut nachvollziehen. Die Überforderung direkt nach dem Tod eines geliebten Menschen, die Dinge, die geregelt werden müssen und für die man eigentlich gar keine Kraft hat, haben meine eigene Trauer wieder aufleben lassen.

Leider konnte ich diese Beziehung zu Autorin und Buch nicht lange aufrecht erhalten. Nun ist es natürlich schwer, eine autobiografische Geschichte zu beurteilen, es fühlt sich falsch an, das Leben eines echten Menschen zu bewerten. Und doch bin ich im zweiten Erzählstrang nicht so richtig zu ihr durchgedrungen. Sie schildert ihr Leben mit Aksel vor dessen Tod, vom ersten Kennenlernen bis zum letzten Gespräch. Und man möchte ihr am liebsten sagen, mach doch einen Schritt langsamer, achte mehr auf deinen Partner, er ist nicht so schnell und forsch wie du. Nachdem die beiden Erzählstränge irgendwann zusammen laufen, verschiebt sich der Fokus der Geschichte auf sie und ihr Leben als alleinerziehende Mutter. Auch hier möchte ich sie manchmal schütteln und ihr sagen, welch ein Luxus das ist, dass ihre Freunde und Familie sich um sie kümmern. Sie sind rund um die Uhr für sie da, doch sie sieht das alles nicht. Ich verstehe, dass es ihr Weg ist, sich mit der Trauer auseinanderzusetzen, doch ich konnte mich leider nicht richtig hineinfühlen in diesen Teil des Buches.

Carolina Setterwall kann gut erzählen, sie lässt die Leser an ihrem Leben und ihren Gedanken teilhaben. Auch ist es gut, dass sie sich ihrer Trauer stellt, dass sie den Menschen zeigt, jeder hat seinen eigenen Weg mit Trauer umzugehen, jeder braucht sein eigenes Tempo um zurück in den Alltag zu finden. Doch für meinen Geschmack verschiebt sich der Fokus zu schnell auf die Probleme einer alleinerziehenden Mutter, womit ich persönlich nicht so viel anfangen konnte.

Veröffentlicht am 21.05.2021

Es gibt besseres

Die Erfindung der Welt
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Aliza Berg, mehr oder minder erfolgreiche Autorin bekommt eines Tages einen mysteriösen Brief, unterzeichnet nur mit G. Sie soll nach Litstein reisen und sort ein Buch über das Leben schreiben, doch nicht ...

Aliza Berg, mehr oder minder erfolgreiche Autorin bekommt eines Tages einen mysteriösen Brief, unterzeichnet nur mit G. Sie soll nach Litstein reisen und sort ein Buch über das Leben schreiben, doch nicht über das Leben in Litstein selbst sondern über das Leben im unbewohnten Morast hinter dem Ort. Zunächst skeptisch kann sie sich der enormen Geldsumme nicht verschließen und ein Blick auf die Menschen und die Gefend schadet doch sicherlich nicht.

Die Leseprobe hat mich direkt in ihren Bann geschlagen, Alizas Art ihre Umgebung zu analysieren, ihre Art sich auszudrücken hat mir sehr gefallen. Alles klang vielversprechend. Leider kam auch recht schnell die Ernüchterung. Der Schreibstil hat mir noch immer größtenteils gefallen, doch der Autor verzettelt sich auch oft in Nebensächlichkeiten oder langatmigen Szenerien.

Es gab so einige sehr gute Momente, voller Poesie und philosophischen Ansätzen. Momente, die berühren und zum Nachdenken anregen. Nur leider bleiben solche Momente eher ind er Unterzahl und die durchaus vielversprechenden und interessanten Figuren erhalten zu wenig Tiefe. Man hat das Gefühl, an der Oberfläche ihrer Charaktere zu kratzen ohne wirklich weiter vorzudringen. Auch Aliza selbst verliert sich immer mehr im Nirgendwo, sie wird weniger greifbar, weniger echt.

"Die Erfindung der Welt" ist unumstritten gut geschrieben, doch am Ende fragt man sich "Und jetzt?" Der Roman über das Leben hat es nicht geschafft, nachzuklingen, zu bewegen, es bleibt bei distanzierten Momentaufnahmen und undurchdringlichen Figuren, weswegen ich auf lange Sicht nicht viel daraus mitnehmen werde. Ein Roman über das Leben, den ich wirklich gerne mögen wollte, der mich aber leider nicht richtig überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 29.04.2021

Zwei Schwestern

So wie du mich kennst
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Zwei Schwestern

Karla und Marie, früher unzertrennlich, leben Sie mittlerweile auf verschiedenen Kontinenten, aber noch immer telefonieren sie jeden Tag und erzählen sich alles. Doch jetzt ist Marie tot ...

Zwei Schwestern

Karla und Marie, früher unzertrennlich, leben Sie mittlerweile auf verschiedenen Kontinenten, aber noch immer telefonieren sie jeden Tag und erzählen sich alles. Doch jetzt ist Marie tot und Karla muss ihre Asche in einer Urne nach Deutschland bringen und in New York maries Wohnung auflösen. Dabei entdeckt Sie Dinge über Marie, die sie nicht wusste und plötzlich gerät ihr Bild von ihrer Schwester aber auch das von sich selbst ins wanken.

Durch den Klappentext hatte ich eine berührende Geschichte über Trauer und Geheimnisse erwartet. Was ich jedoch bekommen habe war nicht ganz so rührend wie erwartet und auch die Trauerbewältigung spielt eher am Rande eine Rolle. Viel mehr geht es um die Geheimnisse, die Marie vor ihrer Familie aber auch vor ihren Freunden hatte. Sie ist schon früh nach Amerika gegangen, nachdem sie auf einer Ausstellung den jungen Amerikaner Adam kennen lernt. Es ist Liebe auf den ersten Blick und sie heiraten und sie folgt ihm in seine Heimat. Doch die Ehe zerbricht recht schnell wieder, die Trennung aber dann nicht mehr wirklich weiter thematisiert.

Landsteiner hat einen sehr soliden Schreibstil, er ist nicht besonders bildhaft oder poetisch aber was sie schreibt ist flüssig lesbar. Leider bleibt sie doch bei allem etwas zu sehr an der Oberfläche fand ich. Ihre Figuren kommen ohne große Ecken und Kanten daher, ich hatte am Ende nicht wirklich das Gefühl ihnen irgendwie näher gekommen zu sein. Abwechselnd erzählt sie aus der Sicht von Karla in der Gegenwart und Marie in der Vergangenheit. So soll ergründet werden, wie es zu dem tragischen Unfall kam, der Marie das Leben kostet. In ihrem Leben lief nicht alles so glatt, wie alle dachten. Es geht hier um Themen wie häusliche Gewalt und die Scham darüber ein Opfer zu sein. Das als Teil des großen Geheimnisses anzulegen empfinde ich auch als etwas schwierig, es sollte zumindest auf dem Klappentext erwähnt werden, um Betroffene darauf vorzubereiten. Wie schon bei den Figuren selbst, fand ich auch den Umgang mit diesem sensiblen Thema viel zu oberflächlich. Wie Marie und andere Menschen damit umgehen, zeigt eher den Weg, den man nicht gehen sollte, finde ich, eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet weder durch Marie noch durch Karla statt.

"So wie du mich kennst" ist ein gut geschriebenes Buch, dem es für mich leider etwas an Charakter und Tiefe gemangelt hat. Man kann es jedoch schnell lesen und auch wenn das 'große Geheimnis' sehr vorhersehbar ist hatte das Buch doch ein paar schöne Szenen für mich, v.a. die Nebencharaktere mochte ich sehr. Alles in allem ein Buch, das man Lesen kann aber nicht unbedingt muss.

Veröffentlicht am 20.04.2021

Drei Kameradinnen

Drei Kameradinnen
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Ein Haus brennt. Menschen sterben. Der Zeitungsartikel beschuldigt eine radikalisierte Islamistin, die Schüler zum Krieg aufruft. Es könnte so einfach sein oder? Nichts spricht dagegen oder? Wir alle kennen ...

Ein Haus brennt. Menschen sterben. Der Zeitungsartikel beschuldigt eine radikalisierte Islamistin, die Schüler zum Krieg aufruft. Es könnte so einfach sein oder? Nichts spricht dagegen oder? Wir alle kennen solche Artikel.

Ob es wirklich so einfach ist, darum geht es in diesem Buch. Denn die radikalisierte Islamistin ist eigentlich weder radikalisiert noch Islamistin und Krieg führen will sie wohl auch eher nicht. Saya ist einfach nur eine junge Frau wie du und ich. Und irgendwie doch nicht ganz so wie du und ich. Denn sie sieht anders aus und spricht anders, was sie im Auge der Gesellschaft anders sein lässt. Und sie ist unfassbar wütend. Auf die Gesellschaft im Allgemeinen, auf die Ignoranten die ihren Namen immer wieder falsch aussprechen und allen voran auf die Nazis, die ungestraft davon kommen, mit allem.

Drei Kameradinnen, das ist aber nicht nur Saya sondern auch Kasih und Hani, Freundinnen seit Kindheitstagen, alle mit unterschiedlicher Herkunft und Vergangenheit. Woher sie kommen, erfährt man als Leser nicht, das ist aber für dieses Buch auch gar nicht so wichtig. Kasih erzählt uns die Geschichte von Saya, die von Hani und ihre eigene. Sie erzählt von einer Kindheit, vom gemeinsamen Aufwachsen, von gemeinsamen Erfahrungen und sie erzählt wie es zum anfangs erwähnten Zeitungsartikel kommen konnte. Sie erzählt von Alltagsrassismus, vom vermeintlichen Nicht-Nazi, der trotzdem irgendwie alles nachplappert, von Arbeitslosigkeit und Verzweiflung, von Ausgrenzung und Wut.

Leider kann ich mich den vielen begeisterten Stimmen nicht so ganz anschließen und das "Problem" ist Kasih oder vielmehr ihre Art zu erzählen. Sie spricht mich die ganze Zeit mit Du an und doch fühle ich mich irgendwie nicht angesprochen, sie hält mich auf Distanz. Sie provoziert, sie will den Leser wütend machen und es ist ohne Frage wichtig, das was sie sagt laut in die Welt zu schreien. Und doch komme ich nicht immer mit ihrer Art und der Sprache zurecht, ihre Provokationen erreichen nicht das Gewollte bei mir.

Shida Bazyar kann ohne Frage sehr gut schreiben, sie spielt mit dem Leser, führt ihn an der Nase herum und setzt auf seine Sensationsgeilheit. Das funktioniert, denn man will natürlich wissen, wie aus der jungen Frau eine Brandstifterin werden soll. Man fühlt sich am Ende ertappt. Hat man aufgehört Dinge zu hinterfragen, anzuzweifeln, die man immer wieder überall hört und sieht?

"Drei Kameradinnen" ist ein gutes Buch, das uns allen in Erinnerung ruft, wie viel sich noch ändern muss in unserer Gesellschaft. Auch wenn ich fürchte, dass diejenigen, die solche Bücher wirklich lesen sollten, sie nie lesen werden. Ich mochte die Art zu erzählen nicht sonderlich, über weite Strecken war ich versucht, das Buch einfach abzubrechen und auch das Ende lässt mich etwas zwigespalten zurück. Ich hatte mir insgesamt mehr erhofft, dennoch ist es gut, dass es das Buch gibt.

Veröffentlicht am 13.04.2021

Von Freundschaft und Schubladendenken

Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)
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Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein ...

Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein bester Freund gestorben als er vom gemeinsamen Baumhaus gefallen ist und seither schauen ihn alle mit diesem traurig-dich-zu-sehen-Blick an. In dieser Zeit lernt er den neuen Schüler Calvin kennen. Calvin ist das genaue Gegenteil, er ist dünn, klein, dafür besonders schlau. Gemeinsam starten die beiden ein neues Projekt und verbringen die ganze Freizeit zusammen. Als auch Calvin vermisst wird, beginnt Mason endlich ein paar Dinge zu verstehen.

Sprachlich ist das Buch eher einfach gehalten, erzählt wird aus Sicht von Mason, der die Welt eben anders sieht als andere. Er ist ein recht unbedarfter Junge, der mir aber sofort ans Herz gewachsen ist. Auch wenn es eher ein Jugendbuch ist, kann man es als Erwachsener immer noch sehr gut lesen. Lediglich ein paar Phrasen/Ausdrücke wurden für meinen Geschmack etwas zu oft wiederholt. Dennoch ist die Sicht von Mason durchaus authentisch dargestellt.

Was das Buch zu etwas Besonderem gemacht hat, sind die tollen Figuren. Sie alle sind verschieden und das Buch vermittelt eine für Kinder und Jugendliche aber eigentlich auch für jeden Menschen eine wichtige Botschaft: Du bist gut so, wie du bist und du musst nicht in die Schubladen anderer passen. Ein paar Aspekte hätten sicherlich noch etwas mehr herausgearbeitet werden können aber alles in allem ist es ein herzerwärmendes Buch über Freundschaft und Vertrauen geworden. Ich habe es gerne gelesen und mochte v.a. die schusslige Sozialarbeiterin der Schule sehr. Sie kümmert sich liebevoll um die Kinder und schafft es so, dass sie sich wohl fühlen mit sich selbst und hilft ihnen in der Welt zurecht zu kommen.