Freiheit die ich meine ( P. Maffay)
Miss MarieThea hat viele Träume, aber in Europa tobt der Erste Weltkrieg und dieser scheint ihre Wünsche und Sehnsüchte zunichte zu machen. Heiraten, Kinder und die Bäckerei ihres Vaters übernehmen - all das rückt ...
Thea hat viele Träume, aber in Europa tobt der Erste Weltkrieg und dieser scheint ihre Wünsche und Sehnsüchte zunichte zu machen. Heiraten, Kinder und die Bäckerei ihres Vaters übernehmen - all das rückt in weite Ferne, denn das Elend breitet sich immer mehr über Norwegen aus. Die rettende Lösung scheint ein Neuanfang in Amerika zu sein, denn Theas Tante hat dort bereits Fuß gefasst und bietet ihr mit einem Ticket und einer Stelle bei einer der reichsten Familien des Landes den Absprung aus der Armut. Aber selbst in Amerika ist nicht alles Gold was glänzt...
Ellen Vahr zeichnet mit "Miss Marie" sehr schöne historische Bilder, die das Gefühl von Downton Abbey vermitteln und so das richtige Feeling für die Zeitreise entstehen lassen. Die Figuren bewegen sich ihrer Zeit angemessen im passend ausgestalten Rahmen und man spürt regelrecht die Aufregung, die von der überfahrt bis zur Ankunft in Amerika von Thea Besitz ergreift.
Aber schon bald schlägt die kribbelige Vorfreude in Ernüchterung und Frust um, denn Thea muss feststellen, dass sie mit dem ersten Schritt in Amerika alles verliert, was sie ausmacht (man erteilt ihr bei der Einreise einfach den Namen Marie). Mit dem Überschreiten der Schwelle des Hauses Vanderbilts wird aus Thea ein Schatten, der fortan geräuschlos durch die Räume zu huschen hat. Wie man in diesem Haus die Dienstboten behandelt ist wirklich menschenverachtend (Abschneiden der langen Haare, Verlangen eines dauerhaft gesenkten Blickes, um ja nicht aufzufallen) und drückt sehr deutlich aus, was man von Dienstboten hält - nämlich nichts.
Und das ist noch nicht alles, denn die Freiheiten, die Thea in Norwegen kennen und schätzen gelernt hat, sind in Amerika noch lange nicht angekommen - Gleichberechtigung ist noch ein leeres Wort, das Wahlrecht für Frauen ist noch in weiter Ferne und die Ausbeutung von Dienstpersonal steht dafür an oberster Stelle.
Der Roman erzählt unverblümt über die Unterdrückung der Hausangestellten und sät so den Keim des Aufbegehrens, aber irgendwie springt bei mir der Funke nicht ganz so über, denn trotz aller Widrigkeiten habe ich ich manchmal das Gefühl, mich nicht richtig mit den Figuren identifizieren zu können und lese ihre Schicksal zwar aufmerksam, aber ohne große Emotionen. Theass eiserner Wille, wirklich durchzuhalten und ihren Lieben in Norwegen etwas Gutes zu tun, dringt zwar an, aber nicht in mich, weil ich mich ab und zu nicht wirklich verbunden mit ihr fühle.
Auch das Schicksal ihrer Tanten, das hier zur Sprache kommt, berührt mich nur bedingt, weil es mir, gerade zum Ende der Erzählung hin, einfach zu dick aufgetragen wirkt und ich das Gefühl habe, dass es hier um Effekthascherei geht...aber das ist meine persönliche Einstellung .
Ansonsten eine sehr angenehme Erzählung, die für nette Lesestunden sorgt.