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Veröffentlicht am 10.05.2021

Gestatten: Parker Pyne, vergnügliche Kurzurlaubskrimis

Mord unter Palmen
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Ja, ich bin ein treuer Fan der Queen of Crime. Aber Urlaubskrimis mit Parker Pyne klangen auch für mich gänzlich unbekannt. Wer war dieser mir unbekannte Ermittler? Parker Pyne ist kein klassischer Ermittler, ...

Ja, ich bin ein treuer Fan der Queen of Crime. Aber Urlaubskrimis mit Parker Pyne klangen auch für mich gänzlich unbekannt. Wer war dieser mir unbekannte Ermittler? Parker Pyne ist kein klassischer Ermittler, doch was er eigentlich genau macht, verrät auch seine ominöse Zeitungsanzeige nicht, die er regelmäßig in der Times schaltet: „Sind sie glücklich? Wenn nicht, konsultieren Sie Parker Pyne, 17 Richmond Street“. Er ist ein unscheinbarer pensionierter Regierungsbeamter, mit wachen und gütigen Augen, der vor allem sehr gut zuhören und beobachten kann. Durch sein unauffälliges Aussehen wird er leicht unterschätzt. Seine berufliche Laufbahn hat ihm ein angenehmes finanzielles Polster geschaffen, um sich nunmehr Reisen in exotisch aufregende Orte mit Städten des klassischen Altertums zu leisten. Allerdings lässt ihn auch im Urlaub das Verbrechen nicht los und gleich bei der Anreise mit dem Orient Express, Ziel Istanbul, lernt er eine junge, gutaussehende und reiche Amerikanerin kennen. Sie kommen ins Gespräch, doch bei einem Zwischenfall, wird ihr Juwelenkoffer gestohlen. Wie gut, dass Parker Pyne zur Stelle ist! Doch Istanbul ist nur ein Zwischenziel, mit einer Reisegruppe im Kleinbus soll es weiter nach Bagdad gehen. Eine holprige Strecke, die einen der Reisenden das Leben kostet. Den Unfall schließt Parker Pyne schnell aus, hat sein waches Auge doch ein kleines feines Detail bemerkt. Die Flugweiterreise nach Shiraz ist da deutlich angenehmer, doch die Erzählungen seines deutschen Piloten lassen ihn stutzen und Urlaub hin oder her, muss Parker Pyne vor Ort überprüfen, ob das Erzählte sich nicht doch ganz anders zugetragen hat. Als er mit einer weiteren Reisegruppe historische Stätten und Höhlen besichtigt, verliert die junge Schönheit der Gruppe einen Perlstecker, der ein Vermögen kostete. Obwohl sie sich in einer Höhle befinden, ist von diesem Schatz keine Spur zu finden. Scheinbar unlösbar, aber nicht für Parker Pyne. Schlussendlich hofft er sich endlich bei einer Nilkreuzfahrt erholen zu können. Allerdings stirbt die unangenehme Mitreisende Lady Grayle keines natürlichen Todes, dessen ist er sich sicher und er findet auch heraus, wer es wie und warum tat.

Kurze unterhaltsame Krimis an traumhaften Orten, an die es nicht jeden verschlägt, auch heute nicht, da das Reisen und Fliegen bis zur Pandemie selbstverständlich schien. Doch nicht nur die ungewöhnlichen Orte sind reizvoll. Mit Parker Pyne ist Agatha Christe eine Art männliche Miss Marple gelungen. Gut, Parker Pyne strickt nicht und erzählt nichts von seinem Heimatort, dafür liebt er Zahlen und Tabellen und ordnet alles Unbill in Kategorien. Das hilft ihm das Unwichtige von dem Wesentliche zu trennen. Unaufdringlich dringt er so in die seelischen Abgründe seiner Mitreisenden ein, entlockt ihnen kleine Geheimnisse, beobachtet still und zieht verblüffende Schlussfolgerungen! Für mich sind diese kleinen, feinen Kurzkrimis ganz herrliche Gute-Nacht-Geschichten. Sie sind eine angenehme Unterhaltung an Traumorten, voller eigenwilliger Charaktere. Nie so grausam oder dramatisch, dass ich nicht einschlafen könnte, oder wenn doch Albträume bekäme. Dafür kann ich beim morgendlichen Aufwachen noch gut zu Ende hören, was mir abends entgangen ist. Der Abwechslungsreichtum dieser kurzen Episoden lässt mich auch immer wieder gespannt auf Parker Pynes nächsten Coup wider Willen warten. Dieser unscheinbare, ältere Herr, der mit seiner Leibesfülle britische Gediegenheit ausstrahlt ist mir dabei nicht nur vertraut geworden, er hat auch meine Sympathien gewonnen. Immer wieder gelingt es ihm, mich zu überraschen, wobei seine Lösungen durchaus logisch sind. Sprecher Stephan Benson ist zum Glück noch nicht im Ruhestand, klingt allerdings absolut nach einem gemütlichen, bedächtigen älteren Herren, der es nur gut mit uns meint. Sympathisch und unaufdringlich. Absolut passend. Seine Interpretation der weiblichen Rollen ist nicht ganz so brillant, aber gerade noch so, dass es nicht als zu gekünstelt oder verstellt nervt. So wird die Lesung abwechslungsreich und lebendig und ich hätte ihm gerne noch länger zugehört!

Für mich ein kurzweiliges und abwechslungsreiches Hörvergnügen, dass mich von exotischen Orten träumen ließ und angenehm unterhalten hat!

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Veröffentlicht am 09.05.2021

Unvergessen!

Einer muss doch anfangen!
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Heute wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Ob sie solange gelebt hätte weiß man natürlich nicht, da sie am 22. Februar 1943 gemeinsam mit ihrem Bruder Hans von den Nationalsozialisten als Widerstandskämpferin ...

Heute wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Ob sie solange gelebt hätte weiß man natürlich nicht, da sie am 22. Februar 1943 gemeinsam mit ihrem Bruder Hans von den Nationalsozialisten als Widerstandskämpferin verurteilt und hingerichtet wurde, mit nur 21 Jahren. Möge ihre studentische Widerstandsbewegung „Die weiße Rose“ nie vergessen werden und möge sie uns daran erinnern für Freiheit, Gleichheit und Demokratie einzustehen. Demokratie bedeutet Rechte und Pflichten des Einzelnen und dies haben die jungen, kritischen Studenten vorbildlich gelebt. Doch wer war sie wirklich? Was trieb sie an? Wovon träumte sie? Was hat „Die weiße Rose“ unternommen? Diesen Fragen nähert sich Werner Milstein in „Einer muss doch anfangen! - Das Leben der Sophie Scholl“ an. Im Mittelpunkt dieses dokumentarischen Buches für Jugendliche und junge Erwachsene steht der Mensch Sophie Scholl. Es ist gut verständlich geschrieben, sachlich und gut recherchiert. Manchmal hätte der Autor, der immerhin an einem Berufskolleg unterrichtet sprachlich mehr auf die Zielgruppe eingehen sollen. Zahlreiche Fotos und Querverweise, sowie Quellennachweise lassen das Leben plastischer erscheinen und laden zu weitergehender Beschäftigung mit der Biografie dieser jungen Kämpferin für Freiheit, Gerechtigkeit und Leben ein. Ich nahm immer an, dass mit Sophie und Hans die Familie Scholl alle Kinder auf einen Schlag verlor, mir war gar nicht bekannt, dass sie noch einen weiteren Bruder Werner hatten. Auch die „Frontfamulatur“ war mir unbekannt! Ich habe also noch eine Menge Interessantes gelernt. Es lässt sich mit seinen gut strukturierten kurzen Kapiteln leicht lesen, ohne oberflächlich zu sein und würde sich auch sehr gut für den Einsatz im Schulunterricht eignen. Für eine Biografie finde ich es sehr jugendfreundlich gemacht, wobei diese Altersgruppe nicht unbedingt schnell mal eben zu Biografien greift, wenn ein Roman nebenan sie anlacht. Daher fände ich den Einsatz im Unterricht unglaublich empfehlenswert. Möge ihre Bedeutung und ihr Engagement nie vergessen werden, damit diese jungen Menschen nicht umsonst gestorben sind! Ich bin ihnen für ihren Widerstand unglaublich dankbar, auch heute noch! R.I.P. Sophie Scholl! Bewegend und nachhaltig beeindruckend!

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Veröffentlicht am 17.04.2021

Trau Dich! und gibt niemals auf!

Versuchen
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Ein Junge kommt in das Atelier eines alten Bildhauers und bestaunt seine Werke. Er schaut ihm bewundernd bei der Arbeit zu, traut sich aber nicht, es selbst zu versuchen. Er hat Angst zu versagen. Der ...

Ein Junge kommt in das Atelier eines alten Bildhauers und bestaunt seine Werke. Er schaut ihm bewundernd bei der Arbeit zu, traut sich aber nicht, es selbst zu versuchen. Er hat Angst zu versagen. Der alte Meister ermutigt ihn, es dennoch zu probieren, denn ohne Scheitern kein Gelingen. Es sind auch die Misserfolge und das Scheitern, die uns ausmachen und prägen. Würde alles auf Anhieb gelingen, wüsste man es gar nicht so sehr zu schätzen. Das Misslingen gehört zu uns und unserer Selbstfindung einfach dazu. Kein Grund zu verzweifeln, sondern einfach weiterzumachen!

„Versuchen“ das neue Bilderbuch nach dem Welterfolg „Vielleicht“: „Versuche, was du nicht kannst, um herauszufinden, was du kannst“. Es ist ein Mut-mach-Bilderbuch, dass dazu ermutigt etwas zu wagen, etwas auszuprobieren, damit man herausfindet was man kann. Es ermutigt dazu zu scheitern und an seinen Fehlern zu wachsen. Wer nichts wagt, kann nichts erreichen, er bleibt in Sicherheit, aber er kann auch nie wahre Größe erlangen.

Die Altersempfehlung ist von 6 – 8 Jahren. Teilweise finde ich das passend. Gerade ein Bild des Bildhauers finde ich für diese Altersgruppe sehr gut verständlich: Wenn Kinder Laufen lernen und gleich zu Beginn fallen, bleiben sie nicht sitzen, sondern stehen wieder auf und probieren es so lange, bis sie Laufen können! Ein sehr nachvollziehbares Bild für Kinder, allerdings finde ich den Bildhauer nicht ganz so geeignet, als Anschauungsmaterial, da sicherlich nur Kinder aus der Bildungsschicht, sich etwas unter einem Bildhauer vorstellen können. Bildhauerei ist auch nicht einfach ein Loskloppen auf einen Stein, dafür ist das Material zu kostbar. Man lernt erst etwas über seine Materialien, über Techniken und legt dann los, alles andere wäre einfach zu kostspielig. Ein Maler wäre für Kinder von 6 – 8 Jahren sicherlich nahe liegender. Auch beim Malen haben viele Kinder Angst zu beginnen, weil es nicht schön genug sein könnte, aber nur Übung macht den Meister. Die Vorgänge und Materialien sind Kindern allerdings vertraut. Sprachlich finde ich es ebenfalls recht anspruchsvoll. Ich bezweifle das Kinder von 6 – 8 Jahren die Begriffe „wertschätzen“ und „es heißt, man ist nach vorne getreten...“ wirklich begreifen. Die Botschaft ist sehr wichtig, für jedes Alter. Die Altersgruppe von 6 – 8 Jahren kann schon selbst lesen, aber noch nicht so gut abstrahieren. Da wäre für mich, bisweilen weniger, aber einfacherer Text, mehr gewesen. Die Umsetzung finde ich sehr poetisch, vielschichtig und inspirierend, aber eben auch etwas abstrakt und daher eher ein wunderschönes Bilderbuch für Erwachsene. Man muss es nicht vor Kindern verstecken, man kann besonders einige Passagen auch gut gemeinsam Lesen und Betrachten, aber auch die hochwertigen Illustrationen haben eine deutliche Unschärfe, überlassen viel der Fantasie und arbeiten mit einem erheblichen Abstraktionsgrad. Die Illustrationen sind wirklich wunderschön, meist in zweifarbigen Schattierungen gehalten, mit nur wenigen, verhaltenen Farbelementen. Es überwiegt ein grau-weißer Eindruck, doch wer es wagt genauer hinzuschauen, entdeckt eine Vielzahl an Farben, die sich besonders ausgeprägt an einer immer wieder auftauchenden Katze zeigt.

Ein wunderschönes Buch, von der Botschaft her, der Sprache und der Illustrationen von Eileen Hurst, für mich nur nicht unbedingt für Kinder von 6 bis 8 Jahren. Diese fragen nämlich eher: was macht die Katze da immer? Tja, das kann ich leider auch nicht verraten, aber ich kann bestätigen, dass es sich lohnt, es immer zu versuchen und nicht aufzugeben, sich nicht entmutigen zu lassen von Fehlschlägen. Vielleicht soll die Katze ja Kinder ermutigen, ihre Eltern so lange um ein Haustier anzubetteln, bis sie Erfolg haben?

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Veröffentlicht am 11.04.2021

Ein Wohlfühlhörbuch

Mein Glück in deinen Händen
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Sara (38) und ihre Schwester Mariel (35) standen sich nie besonders nahe, dafür sind sie einfach zu verschieden. Die clevere, unabhängige und zielstrebige Sara war Papas Liebling und die schöne und anschmiegsame ...

Sara (38) und ihre Schwester Mariel (35) standen sich nie besonders nahe, dafür sind sie einfach zu verschieden. Die clevere, unabhängige und zielstrebige Sara war Papas Liebling und die schöne und anschmiegsame Mariel Mamas. Der Tod des Vaters vor fünf Jahren hat sie einander auch nicht näher gebracht. Doch dann hat Mariel Sara ihre große Liebe Carter, einen erfolgreichen Hollywood-Anwalt ausgespannt und will ihn in nur 14 Tagen heiraten. Seither ist eigentlich Funkstille und ganz sicher wird Sara nicht an der Hochzeit teilnehmen. Doch dann erhält sie einen Anruf ihrer Mutter, der es gesundheitlich so schlecht geht, dass sie ihre beiden Töchter um sich versammelt wissen möchte. Ein mieser Trick, um Sara an den Ort der Feierlichkeiten zu locken. Also beschließt Eventmanagerin Sara aus der Not eine Tugend zu machen und bietet ihrer überforderten Schwester ihre Dienste als Hochzeitsplanerin an. Dies macht sie nicht, um sich zu versöhnen, sondern um heimlich den schönsten Tag im Leben ihrer Schwester zu sabotieren. Allerdings kommt es ganz anders als von der durchstrukturierten Sara geplant, denn gegen Pleiten, Pech und Liebe ist auch sie nicht gefeit.

Dies ist ein Hörbuch für die Seele und nicht nur für die gesitteten Seiten dieser, sondern auch für das kleine böse Teufelchen in uns, dass bei Kränkungen zu „Rache-Attacke!“ aufruft! Natürlich ist das nicht die Lösung aller Probleme, aber so fiese Pläne zu schmieden kann bisweilen sehr befriedigend sein. Noch befriedigender ist es jedoch, wenn man irgendwann merkt, dass man die Pläne besser wieder sein lassen sollte, weil das Leben nun mal so spielt wie es spielt. Glücklich machen Gemeinheiten nämlich nicht. Dafür hält das Leben so manche Überraschung für einen bereit und einige von ihnen sind nicht nur attraktiv, sondern auch wohltuend ehrlich, kreativ und humorvoll.

Ja, wie bei dem Cover nicht anders zu erwarten, wird auch Sara wieder glücklich, doch wer unter Liebesromanen leidenschaftlichen, schweißtreibenden Sex versteht, der ist hier falsch. Hier geht es um Gefühle und Erkenntnisse, um gemeinsam erlebte Katastrophen, die verbinden und eine dauerhafte Basis bilden können, auch wenn man alt und runzelig ist. Humor als Schmierstoff des Getriebes des Alltags ist beständiger als verklärte Erinnerungen. Es geht aber auch um komplizierte schwesterliche Rivalitäten, um Familienkonstellationen und das Rollenverhalten in der Familie. So hat Mariel die ihre zugedachte Rolle als die Hübsche akzeptiert, ohne je daran zu zweifeln, zu rebellieren oder zu zeigen, dass mehr in ihr steckt. Sie hat unter ihrem Image nicht weniger gelitten als ihre Schwester und jede beneidete die andere. Saras Bedenken gegenüber Mariels Grundeinstellung kann ich nur zu gut verstehen, aber wahrscheinlich hat ihre Mutter recht, dass es tatsächlich Männer gibt, die genau solche Frauen an ihrer Seite brauchen, dann sollen sie sie auch bekommen ;) Daher ist auch Toleranz wichtig, denn nicht jeder ist der unabhängige Typ und nicht jeder möchte eine gleichberechtigte Partnerschaft führen, sondern wünscht sich einen Partner, für den er repräsentieren kann, aber der dann für sie/ihn die Entscheidungen fällt. Ich kann Sara verstehen, dass ihr dieser Rat ihrer Mutter schwer fällt, aber mit der Zeit begreift sie, dass an diesen Worten etwas dran sein mag. Sie begreift auch, dass ein Mann, für den ihre Schwester die Richtige ist, sicherlich nicht der Richtige für sie wäre... Eigentlich keine Einsicht, die die Welt aus den Angeln hebt, oder doch? Niemand geringeres als Queen Elisabeth II meinte, dass das Geheimnis ihrer langen glücklichen Ehe Toleranz sei.

Ich habe herrlich in dieser Welt des Wohlstandes in traumhafter Umgebung einschlafen können. Das meine ich lobend, denn genau das war es was ich suchte! Endlich wieder gut schlafen zu können! Auch wenn man es nach diesem Geständnis nicht glauben mag, so ist die Geschichte unterhaltsam und kurzweilig. Es ist nicht immer alles ganz logisch (die so schlaue und stets gute Schülerin Sara soll schlecht in Mathe sein? Muss man als Eventmanagerin nicht die Kosten im Blick haben?), aber das ist bei einem Wohlfühlhörbuch wohl eher nebensächlich. Manchmal empfinde ich die Ereignisse auch etwas an den Haaren herbeigezogen, was mich vielleicht beim Lesen sehr stören würde, was meiner ersehnten Entspannung und Ablenkung aber keinen Abbruch tat.

Julia Nachtmann leiht der unabhängigen, tatkräftigen Sara ebenso gekonnt ihre Stimme, wie der bequemen und anspruchsvollen Mariel. Die männlichen Rollen übernimmt sie ebenso gekonnt, unaufdringlich, aber mit Charakter. Sie spricht klar und gut verständlich, dass es Spaß macht, ihr zu zuhören.

Das Hörbuch ist in einzelne Tracks eingeteilt, zum schnelleren Wiedereinstieg für den Fall, dass man mal pausiert und ein Gerät nicht über eine Memoryfunktion/Resumefunktion/Hörbuchfunktion verfügt. In der letzten Zeit hatte ich bei Hörbüchern auf MP3 von der Länge oft das Problem, dass meine Geräte lediglich die ersten 20 Tracks abspielten und ich daher die Hörbücher aufs Handy ziehen musste. Woran das liegt, vermochte mir kein Verlag zu erklären. Dieses Hörbuch wird von jedem Gerät erkannt, kein lästiges Überspielen aufs Handy ist nötig, aber möglich.

Ein Hörbuch für entspannte, unterhaltsame Stunden in der Welt der Schönen, der Reichen und der ganz schön Reichen... In Zeiten der Unsicherheit eine Wohltat, normalerweise wäre es mir aber wohl zu l-/seicht.

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Tiefgründig

Sommer der blauen Wünsche
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Carlin ist stets eine Außenseiterin, aufgrund der bipolaren Störung ihrer Mutter. Die leidenschaftliche Malerin, ist sehr emotional und dabei vor allem zwischen zwei Extremen schwankend. Wahrscheinlich ...

Carlin ist stets eine Außenseiterin, aufgrund der bipolaren Störung ihrer Mutter. Die leidenschaftliche Malerin, ist sehr emotional und dabei vor allem zwischen zwei Extremen schwankend. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum Carlins Vater sie schon früh verließ. Seit dem letzten Umzug hat Carlin in der neuen Schule keinen Anschluss gefunden und nach ihrem 14. Geburtstag während einer manischen Phase ihrer Mutter, war auch jeder Versuch zwecklos. Jetzt mit 17 ist sie erschöpft und lässt ihre aktuell schwer depressive Mutter unterbringen. Sie selbst reist zu ihrer Mutter väterlicherseits, die in einer Künstlerkolonie an der Küste der schottischen Highlands lebt und zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Gleich zu Beginn begegnet sie Arran MacKay, den Sohn des örtlichen Großgrundbesitzers und Lords. Seine roten Locken und grünen Augen faszinieren ihn. Dass er seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt stört sie nicht. Immer wieder geraten die zwei aneinander, doch die Funken knistern. Als Carlin erfährt, dass der Lord die Ländereien rund um Caladale an einen norwegischen Milliardär verkaufen will, erwacht in ihr der Kampfgeist!

Ich hatte im ewigen Lockdown Lust auf Heile Welt in Schottland, schön und leicht, so ein bisschen Rosamund Pilcher für Jugendliche. Ein wenig klang der Klappentext so, aber nur wenn man nicht gründlich liest und die Autorin nicht bereits kennt…

Mit „Wie die Sonne in der Nacht“ und „Schneetänzer“ bin ich Antje Babendererde bereits zu den Native Americans nach New Mexiko bzw. den Norden Kanadas gefolgt. Die Probleme der Ureinwohner fand ich sensibel und eindrucksvoll dargestellt, aber stets behandelt die Autorin auch eine problematische Familienkonstellation. Dies ist hier auch wieder der Fall. Sowohl Carlin, als auch Arran haben ein problematisches Verhältnis zu ihren alleinerziehenden Elternteilen. Aber anders als die übrigen männlichen Helden der Autorin, befindet sich Arran immer noch in der Bad Boy Phase und für meinen Geschmack vermittelt die Geschichte zu sehr, dass durch Liebe auch die wildesten Kerle gezähmt werden können. Mädels das klappt so nicht, denkt nicht mal daran!

Vielleicht bin ich als Mutter überbehütend, aber die Altersangabe von ab 13 Jahren finde ich noch zu früh dafür ist mir diese Geschichte zu lustbetont und sinnlich. Meine 13 jährige Tochter würde das alles noch nicht so genau wissen wollen, aber das ist entwicklungsabhängig. Die Großmutter finde ich echt ziemlich cool und ihren Rat Arran aus dem Weg zu gehen, mehr als begründet. Ich habe lange überhaupt nicht verstanden, was Carlin an ihm findet, denn ich stehe weder auf Bad Boys, noch auf Kiffer oder Säufer und als solcher stellt sich Arran ganz klar zu Beginn dar, da helfen auch keine grünen Augen und roten Locken.

Sehr einfühlsam und treffend finde ich Carlins Schwierigkeiten im Alltag mit ihrer geliebten, aber bipolaren Mutter dargestellt, ebenso wie die daraus resultierenden Probleme sich in der Schulgemeinschaft zu integrieren oder mit dem anderen Geschlecht. Auch Arrans seelischer Balast wird nach und nach sehr sensibel offengelegt. Der Rollstuhl als Fortbewegungsmittel ist da in der Tat das geringste Problem. Wie gehen Kinder mit ihren Gefühlen nach dem Suizid eines Elternteils um? Was, wenn dann noch Schuldgefühle nach dem Tod des besten Freundes dazukommen? Ganz langsam wandelt sich Scheusal Arran zu einem verletzlichen Menschen. Dennoch hätte ich wie die Großmutter jeden Kontakt der minderjährigen Enkelin zu ihm versucht zu unterbinden. Es ist auch nicht nur die Liebe zu Carlin, die diese Veränderung mit sich bringt, sondern auch die Liebe zum Land seiner Vorfahren, das nun gerade akut gefährdet ist. Danke, das wäre mir sonst nämlich zu einfach gewesen. Doch das Leben in so einer kleinen Gemeinschaft ist auch sehr speziell und wer aus der Masse hervorsticht, riskiert ausgeschlossen zu werden, was neben Arran auch seine Cousine Fiona und der osteuropäische Neuankömmling Mitja fürchten müssen. Am Beispiel der Gemeindepflegerin Bridget sehen die jungen Leute ganz deutlich, dass das Dorf ein langes Gedächtnis hat und selten Milde walten lässt. So gibt es neben Arran und Carlin noch weitere gut ausgearbeitete Charaktere, die einen mit in die tiefen Geheimnisse der Highlander nimmt.

Katinka Kultscher klingt als Carlin jung und zerbrechlich. Die Sorgen ihrer Großmutter um sie, kann man da umso leichter nachvollziehen und auch ihre gewisse Naivität hinsichtlich der grünen Augen des geheimnisumwitterten Highlanders. Ihre Stimme ist angenehm und abwechslungsreich, so dass es Spaß macht ihr zuzuhören.

Eine sinnliche Geschichte in den Highlands mit zwei Jugendlichen, die sich gegenseitig helfen, mit ihrer Familiengeschichte zurecht zu kommen! Tiefgründig. Einen Stern ziehe ich ab, weil zu selbstverständlich gekifft wird, was ich für die Altersgruppe nicht gut finde. Gut finde ich aber, das Carlin dabei nicht mitmacht.

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