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Veröffentlicht am 03.05.2021

Über das Zueinanderfinden

Warten auf Eliza
1

Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begegnen sich. Jede von ihnen spürt, dass sie ihr Leben neu justieren muss. Da ist die über 70jährige Ada, deren Mann ganz plötzlich stirbt. Was nun? ...

Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begegnen sich. Jede von ihnen spürt, dass sie ihr Leben neu justieren muss. Da ist die über 70jährige Ada, deren Mann ganz plötzlich stirbt. Was nun? Ada merkt, dass sie viel zu sehr in seinem Leben steckte, ihre eigenen Träume hintangestellt hat. Es war für sie gut so - bis jetzt. Die junge Eliza hinterfragt ihr Privatleben, das nicht so abläuft, wie sie es gerne hätte, zweifelt an dem Sinn ihres Studiums der Italienischen Literaturwissenschaft. Beinahe ein halbes Jahrhundert trennt die beiden und doch beäugen sie sich, sind neugierig auf die jeweils andere.

Die Autorin erzählt von Brüchen, von Verzweiflung, sich gehen lassen. Aber auch von Neubeginn. Es kommt nicht darauf an, wie alt man ist. Solange man mit offenen Augen durchs Leben geht, neugierig bleibt. Sich vorwärts tasten, Schritt für Schritt. Nichts abwehren, einfach ausprobieren, Ungewohntes zulassen. Dahin sollte man.

Die beiden Frauen erzählen aus ihrem momentanen Dasein, ihren Ängsten, offenbaren aber auch ihre Träume. Leaf Arbuthnot nimmt den Leser mit sowohl Ada als auch Eliza in ihrer ganzen Zerbrechlichkeit kennenzulernen, aber auch ihre Stärke, ihr Vorwärtsstreben, ja ihre Visionen zu finden. Eine Freundschaft ist keine Frage des Alters, trotz der Gegensätze haben sie vieles gemeinsam, interessieren sich füreinander. Den anderen sein lassen, wie er nun mal ist. Ihn dann unterstützen, ihn stärken, wenn nötig.

Ein Buch, direkt aus dem Leben gegriffen. Zweifeln wir nicht alle irgendwann, reflektieren so manches Mal unser Tun? Eine Freundschaft ist ein kostbares Gut, wie ein Fels in der Brandung kann sie sein. Zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, die gemeinsam ihre Einsamkeit gegen ein erfülltes Leben eintauschen wollen.

Eine wundervolle Geschichte, die viel Wärme ausstrahlt. Gerne habe ich die zwei begleitet, ihr Zueinanderfinden war eine Reise mit vielen spannenden, melancholischen, zuweilen humorvollen, immer aber ehrlichen Momenten.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Atemraubende Familiengeschichte

Girl A
1

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen ...

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen sich einigen, was damit geschehen soll. Eine Begegnungsstätte schwebt Lex vor, sie braucht dafür die Zustimmung der anderen.

Voller spannungsgeladener Vorfreude begab ich mich in das Haus des Grauens, war Zaungast bei der Familie Grace und deren unheilvoller Geschichte. Aus Lex Sicht offenbart sich so nach und nach das schauerliche Familienleben, falls man es als solches bezeichnen kann. Zunächst gehen die älteren Kinder zur Schule, der gestrenge Vater wacht über allen. Gott spielt für ihn eine zentrale Rolle und somit in ihrer aller Leben. Aber dann - wie konnte es soweit kommen?

Girl A, wie Lex von den Medien später genannt wird, kann sich eines Tages befreien, ihr gelingt die Flucht. Sie ist mittlerweile Anwältin, nimmt den Leser direkt mit in ihr Leben, wobei sie gedanklich immer wieder in die Vergangenheit abdriftet. Ein hin und her, das oftmals schnelle Wechsel mit sich bringt und aufmerksam gelesen werden will. Evie – Girl C – ist ihr am nächsten, verbrachten die Mädchen doch ihre Fesseltage, ihre Kettenzeiten gemeinsam eingesperrt. Mit ihr ist sie, wie es scheint, heute noch in Kontakt, die beiden verstehen sich, vertrauen sich blind.

Ein fulminanter Anfang, atemraubend und beklemmend. Genau so las ich von ihnen, konnte mir aber kein komplettes Bild machen. Es fehlten wesentliche Teile, was dem Ganzen noch mehr Spannung gab. Ich lernte Ethan - Boy A – kennen, der so ganz anders war als seine Geschwister, heute noch anders ist. Auch den anderen Gracie-Kindern sind Kapitel gewidmet.

Nach dem perfekten Einstieg in deren deprimierendes Dasein war die Luft über lange Strecken raus. Warum nur war es plötzlich sehr langatmig, so gar nicht mehr fesselnd? Sehr schade drum. Wäre das Erzählte, dieses subtile Spiel mit dem Leser weitergegangen, hätte es ein grandioses Ganzes ergeben. So aber ist die Story abgeflacht, hat sich so dahin gequält, um dann wieder zu erwachen. Weil – es ist ein Ende, das anknüpft an die ersten Seiten, es wieder los geht mit dem fein austarierten Spiel.

Der Anfang, das Ende – grandios, besser geht es nicht. Dazwischen geht die Spannung dahin, jeder Zauber ist verloren. Eine Erzählung, die so dahinplätschert ohne Höhen und Tiefen. Darum werden es „nur“ 4 Sterne, was jedoch keinen Leser davon abhalten sollte, diese Psychospielchen näher zu betrachten.

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Veröffentlicht am 19.04.2021

Vom Glück und Unglück der Liebe

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern
1

Nora Joyce erzählt ihre Geschichte, die Lovestory von Nora und Jim. Von deren erster Begegnung, ihrer tiefen Liebe zueinander. In Dublin trifft Nora Barnacle auf James Joyce – eine schicksalhafte Begegnung. ...

Nora Joyce erzählt ihre Geschichte, die Lovestory von Nora und Jim. Von deren erster Begegnung, ihrer tiefen Liebe zueinander. In Dublin trifft Nora Barnacle auf James Joyce – eine schicksalhafte Begegnung. Erotisch beginnt dieser biografische Roman, es ist um sie geschehen.

Nuala O´Connor zeichnet das unstete Leben des James Joyce nach. Er will weg, will sie mitnehmen und sie folgt ihm. Über Paris und Zürich ziehen sie weiter nach Triest, nach Pola und über noch so manche Zwischenstationen, um dann in Paris, in Zürich zu landen. Es bleibt keine Zeit, um irgendwo Wurzeln zu schlagen. Ihr Dasein ist geprägt von Armut und Alkohol. Seinen schlecht bezahlten Job als Lehrer wird er nicht mehr lange ausüben, er träumt davon, als Schriftsteller anerkannt zu werden, das Leben wird dann ein anderes, ein besseres sein, er schwebt in höheren Sphären. Jim lebt in den Tag hinein, nimmt alles leicht, sieht keine Probleme, verbringt seine Abende in Cafes, trinkt, zuhause wartet seine Nora, die ihm immer wieder auf die Beine hilft. Und vor allem – er sieht oft nur sich selbst, lässt andere arbeiten, nimmt seine Umgebung gar nicht wahr – Jim, der Lebenskünstler.

Nora hat mich teilhaben lassen an ihrem Leben, hat es Revue passieren lassen. Ich musste die beiden erst kennenlernen, Nora genauso wie Jim. Dass die zwei als Einheit so gut funktionierten, war wiederum ihr zu verdanken. Sie hatte ein großes Herz und Jim war ihre große Liebe. Sie wuchs an ihm und seinen Ansprüchen, diesem selbstgerechten, ganz und gar nicht einfachen Mann, dem ewigen Kind. Er war rastlos und sie folgte ihm. Sie war sein Ruhepol, seine Erdung.

Der Titel dieses Buches verleitet dazu, sie als die Bücherliebhaberin zu sehen, was so gar nicht stimmte. War sie doch eher die Mittlerin zwischen Jim und der ganzen Welt. „Ohne Sie würde der Mann zu Staub zerkrümeln, Nora Joyce.“ Ein so richtiger Satz!

Die kurzen Kapitel sind überschrieben mit Ort und Datum, so konnte ich mich gut orientieren. Aus Noras Sicht wird mir ihr Leben nähergebracht. Ein nicht immer einfaches, oftmals schillerndes, auf jeden Fall sehr abwechslungsreiches Leben mit Höhen und Tiefen, schönen und traurigen Momenten und Zeiten. Ich brauchte eine Eingewöhnungsphase, um dann Noras Geschichte zu lauschen, ihr und ihren Lieben zu folgen. Nora Joyce – Jim hielt sich immer an ihr fest. Sie war ihm „Mutter und Fels.“

Ein biografischer Roman über das Leben zweier Menschen. Gut zu lesen - mit obszönen Zügen, die sich immer mal wieder dazwischen schieben. Mein Gesamturteil von 3,5 Punkten werde ich aufrunden.

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Veröffentlicht am 17.04.2021

Historisches Familienepos

Die Perlenprinzessin. Rivalen
1

Das Autorenpaar Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin – Rivalen“ den opulenten ersten Teil der aus drei Teilen bestehenden historischen Familiensaga vorgelegt.

Simon Simonsen und Mina Thadde mögen ...

Das Autorenpaar Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin – Rivalen“ den opulenten ersten Teil der aus drei Teilen bestehenden historischen Familiensaga vorgelegt.

Simon Simonsen und Mina Thadde mögen sich sehr, er will um ihre Hand anhalten. Da noch ein anderer Bewerber um die Gunst der schönen Mina buhlt, ruft Cornelius Thadde, ihr Vater, zu einem Wettstreit auf. Jeder der beiden ist Kapitän je eines Handelsschiffes, an dem Cornelius Anteile hält und so schickt er die Männer in die Karibik mit der Aussicht, dass derjenige Mina zur Frau bekommt, der als erster mit wertvollerer Ladung zurück ist.

Um zwei Reeder-Familien rankt sich der Auftakt dieser dreiteiligen Familiensaga. Wir sind auf hoher See, ankern an exotischen Häfen und fahren zurück in den Heimathafen Hamburg. Mit Simon, der rechtschaffen so manches Abenteuer bestehen muss genauso wie mit Jörgen Mensing, der in diesem Wettrennen auf hoher See den Sieg davonträgt. Beide sind sie sehr gut darin, ein großes Handelsschiff zu kommandieren und es wieder heil in seinen Heimathafen zu bringen. Seeleute sind nicht gerade die feinsinnigsten Gestalten, hier wird so manches Klischee bedient.

Es ist der Beginn einer Feindschaft zweier Familien, die ihren Ursprung mit der Werbung um Mina hat. Zwei ganz und gar gegensätzliche Charaktere sind als Schiffseigner unterwegs. Der eine ist zufrieden, dass er genug Aufträge hat, immer wieder sein Schiff mit wertvollen Gütern beladen und somit ordentlich Gewinn erzielen kann. Wogegen der andere immer mehr will, besser sein möchte und alle lauteren und vor allen unlauteren Mittel zuhilfe nimmt, um sein Vermögen zu mehren und seinen Gegner, denn so sieht er ihn, Stück für Stück zu vernichten. Diese Fehde zieht sich über die nächste und die übernächste Generation, immer kommt es aus der einen Familie, deren Mitglieder mit gezinkten Karten spielen. Gut und Böse sind schnell ausgemacht.

Iny Lorentz entführt den Leser ins Hamburg des 18. Jahrhunderts. Dabei fliest neben der Hauptgeschichte historisches mit ein wie etwa die Zeit der französischen Besatzung mit all den damit verbundenen Schreckszenarien bis hin zur Vertreibung all jener, die nicht genug hatten, um über den Winter zu kommen.

Trotz der vielen Familiengeflechten, den Seeleuten, den Franzosen und Engländern sowie weiteren Hamburgern war ich bald in ihrer Mitte, was auch dank des Personenregisters am Ende sowie dem sehr brauchbaren Glossar gut gelang. So konnte ich mich ganz einlassen auf eine Reise durch die Weltmeere, auf das Leben der Daheimgebliebenen, war bei so manchem Löschen der Fracht dabei, die vorher gut eingekauft sein wollte.

Was mir nicht so gut gefiel, waren – je weiter die Geschichte sich entwickelte – die Zeitsprünge. Wurde den Protagonisten anfangs noch genug Raum gegeben, war die nächste Generation schon schneller abgehandelt, die Erzählung wurde zusehends gerafft.
Ein spannender Auftakt, der mit der Reise der übernächsten Generation auf die entlegene Südsee-Insel Hiva Oa ihren Fortlauf nimmt.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Sie kennen keine Gnade

Der Abstinent
1

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, ...

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, gefühllos und äußerst brutal. Sie kennen keine Gnade.

Constable James O´Connor, von Dublin nach Manchester versetzt, bekommt nach seinen Alkoholexzessen hier nochmal eine Chance. Um an die Fanians heranzukommen, bedient er sich der Spitzel. Ein gefährliches Unterfangen, zumal die Iren vor keiner Grausamkeit zurückschrecken.

Stephen Doyle, ein amerikanischer Ire und von Kämpfen besessener Kriegsveteran, heftet sich an O´Connors Fersen. Unter falschem Namen setzt er über, wird jedoch an seiner auffälligen Narbe erkannt. In den Gassen von Manchester taucht er unter, seine Helfer sind überall und nirgends.

In den Fenian-Kneipen treffen sich alle, auch die Spitzel der Polizei sind darunter. Einmal enttarnt, ist das Leben der hier eingeschleusten verwirkt und als Zeichen der Stärke knöpft dann die Obrigkeit einen von der Gegenseite auf. Ein nie endendes Drama.

Ein historischer Roman, der einem Thriller nahe kommt. „In der Schlacht sind alle gleich und man hat geradezu die Pflicht, seine hässliche Seite zu zeigen“ so denkt und handelt Doyle. Und genau so lese ich dieses Buch, werde in all diese abstoßenden Handlungen direkt hineingezogen. Täuschen und tricksen haben beide Seiten drauf, die Iren mit ihrem dicht verwobenen Netz an Sympathisanten haben mit den Jahren ihre Vorgehensweise perfektioniert.

„Eine fiktive Geschichte, die auf historischen Tatsachen beruht.“ Anders als üblich und nicht vorhersehbar endend hat Ian McGuire einen bedrückend dichten Roman über einen Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen Tyrannei und Lügen vorgelegt, der mich überzeugt hat.

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