Cat und Pug
Lady ChurchillSchon lange wollte ich mehr über den berühmten britischen Premierminister Churchill als Menschen erfahren. Dass hier seine Frau Clementine als Ich-Erzählerin das gemeinsame Leben schildert, fand ich eine ...
Schon lange wollte ich mehr über den berühmten britischen Premierminister Churchill als Menschen erfahren. Dass hier seine Frau Clementine als Ich-Erzählerin das gemeinsame Leben schildert, fand ich eine besondere Herangehensweise.
Tatsächlich habe ich eine ganze Menge über die beiden erfahren, auch wenn das Buch leider kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bereits endet. Obwohl die Geschichte über 440 Seiten umfasst, bleibt auch so schon nur gerade genug Zeit, einzelne Episoden schlaglichtartig zu beleuchten, so dass auch Zeitsprünge nicht ausbleiben. Vielleicht liegt es daran, dass der Roman einerseits für mich sehr interessant war, andererseits aber etwas blutleer blieb. Marie Benedict charakterisiert Cat und Pug, wie sich das Ehepaar liebevoll nennt, als äußerst ambitioniert und machthungrig. Freimütig lässt sie Clementine einräumen, dass fraglich ist, wie weit sie damit ihrem Land und wie weit ihrem eigenen Ehrgeiz dienen wollen. Dies trifft sicherlich auf einen Großteil aller Politiker zu, macht Churchill und Clementine aber nicht unbedingt zu Sympathieträgern.
Das Kriegsgeschehen, vor allem das des Zweiten Weltkrieges, nimmt im Buch einen sehr breiten Raum ein. Dadurch entsteht manchmal eher der Eindruck einer Chronik oder eines biographischen Sachbuches. Schilderungen dagegen z.B. über Churchill als großen bekennenden Katzenfreund habe ich dagegen gänzlich vermisst. Diese hätten seiner Figur mehr Tiefe verleihen können als das ausschließliche Abhaken historischer und entscheidender privater Ereignisse.
Erschütternd aus heutiger Sicht ist, dass Clementine, die sicher selbst eine talentierte Politikerin gewesen wäre, ihre Ambitionen nur über die Steuerung ihres Mannes ausleben kann. Kein Wunder, gibt es doch zu Beginn des Romans nicht einmal das Frauenwahlrecht. Dennoch hat dies das Paar für mich manchmal in ein etwas seltsames Licht gerückt. Gelegentlich entstand auch der Eindruck, dass Clementine ihre Rolle überbetont, etwa, wenn sie Churchill ein "Das ist genau richtig so", zuraunt, während er eine wichtige Rede schreibt. Dennoch ein faszinierender Roman über bewegte Zeiten.