Eine Betrachtung der letzten Jahre
Betreff: Falls ich sterbeAksel schreibt seiner Lebensgefährtin Carolina völlig aus dem Nichts heraus eine E-Mail mit dem Betreff: Falls ich sterbe. Enthalten sind Passwörter und andere Dinge, die nach seinem Tod relevant sein ...
Aksel schreibt seiner Lebensgefährtin Carolina völlig aus dem Nichts heraus eine E-Mail mit dem Betreff: Falls ich sterbe. Enthalten sind Passwörter und andere Dinge, die nach seinem Tod relevant sein könnten. Carolina stillt das gemeinsame Baby und reagiert fast verärgert über diese für sie unnötige Information, fünf Monate später wacht Aksel in der Früh nicht mehr auf.
In gegenläufiger Reihenfolge berichtet Carolina über die Zeit ab dem Kennenlernen Aksels und über die schwierige Phase nach dessen Tod nur acht Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Ivan. Während Carolina immer ein Quell für Neues und Veränderung ist in der Beziehung, bringt sie nach dem schrecklichen Verlust kaum Kraft auf, für sich und ihren Sohn zu sorgen. Unter Familienmitgliedern und Freunden findet sie liebevolle Menschen, die sie auf ihrem schwierigen Weg unterstützen und ihr neue Hoffnung geben.
Der Schreibstil Setterwalls in dieser autofiktionalen Geschichte ist gut gewählt: gleich einem inneren Monolog wendet sich Carolina an Aksel, lässt Szenen Revue passieren, wie sie einander kennengelernt haben und langsam eine Beziehung aufgebaut und schließlich eine Familie gegründet haben. Im Gegenwartsteil spricht die junge Witwe ebenfalls den Verstorbenen an, erzählt von ihren Sorgen und Ängsten und wie sie sich langsam mit und in ihrem neuen Leben zurechtfindet. Ungewöhnlich ist, dass sich diese Perspektive durch das gesamte Buch zieht. Es gibt nur Carolinas Gedanken, auch was die Gefühle und Empfindungen anderer Personen betrifft. Gespräche werden als indirekte Rede dargestellt, wodurch die Tristesse passend widergespiegelt wird. Aber auch in den gemeinsamen Jahren zwischen Carolina und Aksel kommt kaum Lebendigkeit auf, selbst die Feste, die sie besuchen, können beim Leser keine entsprechende Stimmung entfachen, welche Unbeschwertheit und Glück vermitteln, insbesondere bei Aksel. Leider erfährt man nicht, ob der junge Mann irgendwelche gesundheitlichen Beschwerden hat, eine Vorahnung, aufgrund derer er diese E-Mail zu seinem möglichen Tod verfasst.
Carolinas Umgang mit ihrer Trauer, ihre intensive Beziehung zu Ivan sind sehr eindrücklich geschildert. Allerdings fehlt es an einer gewissen Spannung, das Leben vor und nach Aksels Tod plätschert so dahin, was ich insbesondere für die Vergangenheit ein wenig schade finde, aber so ist wohl die Sicht durch einen Schleier aus Tränen. Ebenso nüchtern präsentieren sich sämtliche Figuren, kühl und distanziert, sodass der Leser keine Sympathie zu ihnen entwickeln kann.
Insgesamt habe ich mir eine andere Geschichte erwartet, mehr Informationen zu der E-Mail, (der Originaltitel passt womöglich besser als der deutsche), buntere und farbenfrohere Bilder zumindest in den ersten Jahren. Da es sich um eine autofiktionale Geschichte handelt, ist diese triste Stimmung umso tragischer.
Fazit: ein interessantes Buch, das aber einige wissenswerte Bereiche ausblendet.
Titel Betreff: Falls ich sterbe
Autor Carolina Setterwall
ISBN 978-3-462-05260-2
Sprache Deutsch
Ausgabe Fester Einband, 480 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook
Erscheinungsdatum 8.7.2020
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Originaltitel Låt oss hoppas på det bästa
Übersetzer Susanne Dahmann