eine überaus gelungene Fortsetzung, die ihren Vorgänger vielleicht sogar übertrifft und definitiv wieder genauso zu fesseln vermag wie der erste Teil
Die Bestimmung – Tödliche Wahrheit ist eine großartige Fortsetzung, die noch mitreißender als ihr Vorgänger ist und daher auf keinen Fall nur als Lückenbüßer dient. Veronica Roth ist es gelungen ihr ohnehin ...
Die Bestimmung – Tödliche Wahrheit ist eine großartige Fortsetzung, die noch mitreißender als ihr Vorgänger ist und daher auf keinen Fall nur als Lückenbüßer dient. Veronica Roth ist es gelungen ihr ohnehin schon sehr hohes Niveau auch beim zweiten Band zu halten, wenn sie sich nicht sogar noch einmal gesteigert hat. Den Titel ‚Pageturner’ hat das Buch jedenfalls verdient, denn schon gleich zu Beginn ist man wieder vollkommen von der Geschichte gefesselt und liest sie in einem Rutsch durch, weil sie durchgehend spannend bleibt.
Nach dem plötzlichen Angriff der Ken weiß niemand so genau, wie es nun weiter gehen soll und was das alles zu bedeuten hatte. Die Gesellschaft ist zusammen gebrochen und die nicht direkt involvierten Fraktionen, also Candor und Amite, müssen sich – mehr oder weniger – für eine Seite entscheiden bzw. festlegen, wie sie sich verhalten wollen. Dadurch erfährt man etwas mehr über die Fraktionen, die man im ersten Band noch nicht so gut kennen gelernt hat. Sowohl die Amite als auch die Candor kann man für ihre extreme Feigheit allerdings nur verachten. Sie halten sich heraus anstatt Stellung zu beziehen, obwohl die Ken scheinbar grundlos unzählige Menschen umgebracht haben, und lassen sich lieber freiwillig zu Marionetten machen.
Das gleiche gilt für die Ferox, die nach dem Ende der Simulation bei den Ken geblieben bzw. zu ihnen gegangen sind und nun für sie arbeiten. Sowohl für die Protagonisten als auch für den Leser ist dieses Verhalten völlig unverständlich und man kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, was gerade Mitglieder der Ferox dazu gebracht hat bei der Fraktion zu bleiben, die willenlose Sklaven aus ihnen gemacht hat, während einige Ken ihre eigene Fraktion wegen des gnadenlosen Angriffs auf die Altruan sogar verlassen.
In der Fortsetzung rücken die Unbestimmten weiter in den Mittelpunkt und es gibt weitaus mehr von ihnen, selbst unter den schon bekannten Figuren, als man bisher angenommen hat. Viele ‚normale’ Fraktionsmitglieder haben aus unerfindlichen Gründen sogar Angst vor ihnen oder werfen ihnen Illoyalität vor, weil sie für mehrere Fraktionen geeignet sind und vertrauen ihnen deshalb nicht. Dabei scheinen sie vollkommen zu verkennen, wie viel besser ein unabhängiger Geist ist und dass die Unbestimmten die einzigen sind, die Jeanine Matthews, die gewissenlose Anführerin der Ken, nicht zu ihren Marionetten machen kann, solange sie noch kein neues, umfassenderes Serum entwickelt hat.
Neben den Unbestimmten werden aber vor allem die Fraktionslosen besonders wichtig für den Krieg zwischen den Fraktionen. Es gibt mehr von ihnen als ursprünglich gedacht und sie sind auch wesentlich stärker. Es stellt sich also die Frage, auf wessen Seite sie sich stellen werden und ob man ihnen trauen kann. Zusammen mit den Fraktionslosen rückt zudem eine bisher tot geglaubte Figur in den Vordergrund, bei der man sich aber nicht sicher ist, wie vertrauenswürdig sie wirklich ist.
Ein weiterer Teil der Handlung dreht sich um ein Geheimnis bzw. eine Wahrheit, die viele Altruan versuchten mit ihrem Leben zu schützen und die wohl der wahre Grund für den heftigen Angriff der Ken war. Marcus scheint sie zu kennen, gibt sie aber nicht Preis, weshalb man fast bis zur letzten Seite auf ihre Enthüllung warten muss. Was sich tatsächlich dahinter verbirgt, trifft einen dann völlig unerwartet. Das Ende ist somit ein wenig verwirrend und wirft unzählige neue Fragen auf, die es im dritten Band zu beantworten gilt.
Ferner tun sich noch einige Abgründe auf und manche Charaktere zeigen ganz neue Seiten von sich, die leider nicht immer positiv sind. Verrat ist dabei schon fast an der Tagesordnung, doch während der Verrat mancher Figuren nicht besonders überraschend kommt oder einen nicht sonderlich kümmert, ist der Verrat einer bestimmten Person unheimlich erschütternd. Er kommt völlig unerwartet und schockiert einen zutiefst. Lange Zeit kann man es gar nicht wirklich fassen und hofft inständig sich zu irren; dass sich alles noch einmal wendet, denn ertragen kann man ihn noch weniger. Der Verrat wiegt umso schwerer, weil der Tod einer geliebten Figur, die eigentlich auch dem Verräter sehr nahe steht, untrennbar damit verbunden ist und man den Überläufer bis dahin sehr mochte, während dieser sein Handeln, inklusive aller Konsequenzen, nicht einmal zu bereuen scheint.
Tris und Tobias sind dagegen – zum Glück! – nach wie vor zwei sehr interessante und sympathische Charaktere. Man fiebert mit ihnen mit, vor allem natürlich mit Tris als Erzählerin, und wünscht ihnen nur das Beste. Im Verlauf der Handlung stellt Veronica Roth ihre gemeinsame Beziehung vor einige Höhen und Tiefen, was ihre Gefühle füreinander sehr glaubwürdig macht. Es gibt Probleme, die sie nur gemeinsam lösen können und indem sie zusammen halten, was sie erst einmal erkennen müssen.
Tobias ist manchmal noch sehr schwer zu durchschauen und ziemlich geheimnisvoll, weshalb man – genau wie Tris – manchmal Schwierigkeiten hat ihm zu vertrauen. Er hat genauso viele Geheimnisse vor Tris wie sie vor ihm und er muss lernen, dass er Ehrlichkeit nur von ihr fordern kann, wenn er im Gegenzug genauso offen zu ihr ist.
Tris macht ihm zweiten Teil erneut eine große Entwicklung durch, die zumindest was den Ausgang betrifft schön zu beobachten ist. Am Anfang des Buches wird sie von Schuldgefühlen zerfressen, sowohl wegen Will als auch wegen ihrer Eltern, und ist regelrecht lebensmüde – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie begibt sich unnötig in Gefahr, weil ihr ihr eigenes Leben nicht mehr wichtig ist, was nichts mehr mit Mut oder Tapferkeit zu tun hat, sondern einfach nur unverantwortlich und dumm ist. Später findet sie jedoch zu ihrer inneren Stärke zurück, unter anderem Dank der Unterstützung ihrer Freunde, und begreift, dass sie noch nicht bereit ist zu sterben und ihre Eltern oder Will garantiert nicht wollen würden, dass sie sich schon zu ihnen gesellt.
FAZIT
Die Bestimmung – Tödliche Wahrheit ist eine überaus gelungene Fortsetzung, die ihren Vorgänger vielleicht sogar übertrifft und definitiv wieder genauso zu fesseln vermag wie der erste Teil. Vieles kommt ganz anders als gedacht und überraschende Wendungen werfen einen immer wieder aus der Bahn. Man fiebert mit Tris sowie Tobias mit und möchte das Buch am liebsten ohne Pause verschlingen.
Nach dem Aufhänger am Ende kann der letzte Teil gar nicht schnell genug erscheinen und die Warterei darauf wird garantiert nahezu unerträglich sein.