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Veröffentlicht am 03.06.2021

Lässt mein Thriller-Herz höher schlagen

Dein böses Herz
3

„Dein böses Herz“ ist Paul Buderaths zweiter Thriller. Nachdem ich schon „Der Künstler“ regelrecht verschlungen habe, musste ich dieses mörderische Schockerlebnis einfach haben, lesen, inhalieren.

Sandra ...

„Dein böses Herz“ ist Paul Buderaths zweiter Thriller. Nachdem ich schon „Der Künstler“ regelrecht verschlungen habe, musste ich dieses mörderische Schockerlebnis einfach haben, lesen, inhalieren.

Sandra Rehbein, die alleinerziehende Kommissarin, habe ich gleich ins Herz geschlossen, sie kommt ganz natürlich rüber ohne irgendwelche Klischees. Keine knallharte Kommissarin, die die männlichen Kollegen reihenweise wegbeißt. Nein, sie hat Ecken und Kanten, lässt selbst Ronny, ihrem doch sehr selbstverliebten Mitarbeiter, seine Eigenheiten. Beruflich hat sie ihre Männer im Griff, ihr Privatleben schon auch, aber immer mit dem schlechten Gewissen, zu wenig Zeit für ihren Sohn zu haben.

Es geht gleich richtig zur Sache, eine grausam zugerichtete Leiche wird gefunden. Ein Einstiegsszenario, das mich zwar schockierte, gleichzeitig aber fesselte, so dass ich gebannt weiterlesen musste. Ohne langwierige Einleitung war ich mittendrin – genau richtig. Alle wichtigen Details lässt der Autor geschickt in die Story einfließen, wohl dosiert, dem Geschehen angepasst. Die Figuren werden immer präsenter, ich konnte mir von jeder einzelnen ein gutes Bild machen. Ein Blick in die Vergangenheit lässt Böses ahnen. Eine bewusste Irreführung?

"Dein böses Herz" hat mich gut unterhalten, ich hatte nicht das Bedürfnis, es zwischendurch wegzulegen. Mit Sandra Rehbein hat Paul Buderath eine Ermittlerin erschaffen, die bestimmt noch weitere sehr spezielle Morde aufklären könnte. Ich wäre dabei, ganz klar.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 21.05.2021

Identitätssuche

Viktor
1

Mit „Viktor“ schrieb Judith Fanto ein wundervolles Familienepos, das in den Niederlanden als bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet wurde.

Geertje ist auf der Suche nach ihrer wahren Identität. In eine ...

Mit „Viktor“ schrieb Judith Fanto ein wundervolles Familienepos, das in den Niederlanden als bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet wurde.

Geertje ist auf der Suche nach ihrer wahren Identität. In eine jüdische Familie hineingeboren, einem „Stamm der nichtjüdischen Juden“, spürt sie ihren Wurzeln nach, will als einzige in der Familie das Judentum ergründen und kommt Stück für Stück ihrem Ziel näher, wenn auch nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Rückschläge sind vorprogrammiert, aufgeben ist für sie keine Option.

In Wien begegnen wir Viktor, im Buch als Bruder Leichtfuß tituliert (so herrlich altmodisch). Er ist ein kluger Kopf, ein Meister im Geschäftemachen, dem die Herzen der Frauen nur so zufliegen. Als kleiner Junge gabelt er Bubi auf, der wochentags in einem Heim mehr schlecht als recht lebt. Er nimmt ihn einfach mit nach Hause, wo er liebevoll empfangen wird und schon bald dazugehört. Viktor hat ein gutes Herz, ist ein Tausendsassa, ein liebenswertes Schlitzohr, er zieht sein Ding durch, bleibt aber dennoch geradlinig, auch wenn es ihm zuweilen schadet. Sein Äußeres lässt nicht auf einen Juden schließen, was lange für ihn von Vorteil ist. Die Familie Rosenbaum lebt in Wien, ist dort etabliert. Ihr doch recht komfortabler Alltag ändert sich, als die Nationalsozialisten auch hier unerbittlich vordringen.

Das Kennenlernen fiel mir bei Viktor leicht, mit ihm ging ich sofort gerne durch Wien, er hatte das gewisse Etwas. Nahm das Leben nicht allzu ernst, aber man konnte sich durchaus auf ihn verlassen. War ich zunächst eher von Viktor und der Wiener Verwandtschaft angetan, tastete ich mich später an Geertje heran. Zu ihr musste ich erst einen Zugang finden. Die weit zurückliegende Vergangenheit schien sehr vielschichtiger, ungleich interessanter geschildert.

Diese beiden Epochen – das Heute und das Gestern – bewegen sich aufeinander zu. Judith im niederländischen Nimwegen, wir schreiben das Jahr 1994, geht zurück, erforscht die Vergangenheit, gräbt immer tiefer in ihrer Familiengeschichte, während Viktor 1914 in Wien nach vorne strebt. Von seinen unbeschwerten Jahren als junger Mann bis hin in die dunklen Zeiten des Nationalsozialismus, der auch in Wien angekommen ist, begleite ich ihn.

Judith Fanto erzählt die Geschichte ihrer Familie sehr bildhaft, mich haben sie alle berührt in ihrer Einzigartigkeit. Voller Wärme schildert sie deren Leben, hier spürte ich den ernsten Hintergrund während der immer gefährlicher werdenden Nazi-Jahre, ihre Beklemmung und Betroffenheit ob der sich ganz schnell wandelnden Gesellschaft.

Mit „Viktor“ bin ich gerne nach Wien Anfang des letzten Jahrhunderts gereist, die Autorin hat mir diesen Teil ihrer Geschichte mit ihrem feinfühligen Erzählstil sehr nahe gebracht. Geertje dagegen blieb mir etwas fremder. Auch mit ihr erlebte ich viele kurzweilige Lesestunden, ihre Geschichte konnte mich aber nicht so fesseln wie die von Viktor, dem Charmeur und Herzensbrecher. Das Gerüst bildet das Judentum während der NS-Herrschaft und das damit verbundene Leid, all der Tragik und Aussichtslosigkeit, die Flucht und das Leben danach. So nähern sich Vergangenheit und Gegenwart immer mehr einander an und ganz zum Schluss erfährt man dann doch, wie und ob Viktor und Geertje verbunden sind. Man wird staunen.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

Echte Kriminalfälle, spannend erzählt

True Crime International / FINNLAND TRUE CRIME I Wahre Verbrechen – Echte Kriminalfälle
1

Im mittlerweile sechsten Band seiner True Crime-Serie hat Adrian Langenscheid Verbrechen aus Finnland zusammengetragen.

Ganz unterschiedliche Gräueltaten werden hier geschildert wie gleich im ersten ...

Im mittlerweile sechsten Band seiner True Crime-Serie hat Adrian Langenscheid Verbrechen aus Finnland zusammengetragen.

Ganz unterschiedliche Gräueltaten werden hier geschildert wie gleich im ersten Fall, in dem es um ein unschuldiges Kind und sein nahes Umfeld geht. Hier war ich so entsetzt, konnte nicht nachvollziehen, wie man zu so einer Tat fähig ist. Hinterhältig, verlogen und letztendlich eiskalt wird mit dem Leben eines Kindes gespielt. Die Frage nach dem WARUM liegt vordergründig schon auf der Hand, aber der Gedanke um das Tun und die Ausführung dessen hat doch nochmal eine ganz andere Schwere.

Es geht u. a. um unschuldige Kinder, der Alkohol spielt wie so oft eine nicht geringe Rolle, kann und darf aber nie als Entschuldigung herhalten. Familienzwistigkeiten werden genauso geschildert wie der Streit um Grund und Besitz. Geldprobleme in jeglicher Form machen einerseits erfinderisch, können aber verhängnisvoll enden. So manches Mal hatte ich den Eindruck, dass die sehr dunklen Gestalten nicht immer die hellsten Köpfe sind, ja geisteskrank daherkommen. Das meiste ist schwer auszuhalten, nicht nur, wenn es um Kindesmisshandlung geht. Auch Mord in einer extrem grausamen Form mit Leichenfledderei (alles Weitere werde ich hier nicht ausführen) oder die doch sehr laxe Rechtssprechung lassen mich fassungslos innehalten.

Jeder einzelne Fall hat seine ganz eigene Tragik, was jedoch keine noch so abstoßende Tat rechtfertigt. Zum Verständnis wird die Vorgeschichte, das Umfeld und wenn nötig das krude Gedankengut des oder der Täter beleuchtet. Allesamt wahr, auch wenn man ob dieser verwirrten Geister deren Mordlust, Triebhaftigkeit oder Geldgier ihre Abartigkeiten so gar nicht nachvollziehen kann. Lediglich der vorletzte Fall passt für mich nicht unbedingt hier herein, auch wenn er gut erzählt ist und ein Thema aufgreift (Rechtsradikalismus), über das wir leider heutzutage immer öfter hören müssen.

Diese vierzehn Gräueltaten sind leider wirklich passiert, dieses Mal in Finnland. True Crime nacherzählen, lesbar aufbereiten – das kann Adrian Langenscheid. Inzwischen sind seine Bücher für mich ein absolutes MUSS.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Über das Zueinanderfinden

Warten auf Eliza
1

Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begegnen sich. Jede von ihnen spürt, dass sie ihr Leben neu justieren muss. Da ist die über 70jährige Ada, deren Mann ganz plötzlich stirbt. Was nun? ...

Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begegnen sich. Jede von ihnen spürt, dass sie ihr Leben neu justieren muss. Da ist die über 70jährige Ada, deren Mann ganz plötzlich stirbt. Was nun? Ada merkt, dass sie viel zu sehr in seinem Leben steckte, ihre eigenen Träume hintangestellt hat. Es war für sie gut so - bis jetzt. Die junge Eliza hinterfragt ihr Privatleben, das nicht so abläuft, wie sie es gerne hätte, zweifelt an dem Sinn ihres Studiums der Italienischen Literaturwissenschaft. Beinahe ein halbes Jahrhundert trennt die beiden und doch beäugen sie sich, sind neugierig auf die jeweils andere.

Die Autorin erzählt von Brüchen, von Verzweiflung, sich gehen lassen. Aber auch von Neubeginn. Es kommt nicht darauf an, wie alt man ist. Solange man mit offenen Augen durchs Leben geht, neugierig bleibt. Sich vorwärts tasten, Schritt für Schritt. Nichts abwehren, einfach ausprobieren, Ungewohntes zulassen. Dahin sollte man.

Die beiden Frauen erzählen aus ihrem momentanen Dasein, ihren Ängsten, offenbaren aber auch ihre Träume. Leaf Arbuthnot nimmt den Leser mit sowohl Ada als auch Eliza in ihrer ganzen Zerbrechlichkeit kennenzulernen, aber auch ihre Stärke, ihr Vorwärtsstreben, ja ihre Visionen zu finden. Eine Freundschaft ist keine Frage des Alters, trotz der Gegensätze haben sie vieles gemeinsam, interessieren sich füreinander. Den anderen sein lassen, wie er nun mal ist. Ihn dann unterstützen, ihn stärken, wenn nötig.

Ein Buch, direkt aus dem Leben gegriffen. Zweifeln wir nicht alle irgendwann, reflektieren so manches Mal unser Tun? Eine Freundschaft ist ein kostbares Gut, wie ein Fels in der Brandung kann sie sein. Zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, die gemeinsam ihre Einsamkeit gegen ein erfülltes Leben eintauschen wollen.

Eine wundervolle Geschichte, die viel Wärme ausstrahlt. Gerne habe ich die zwei begleitet, ihr Zueinanderfinden war eine Reise mit vielen spannenden, melancholischen, zuweilen humorvollen, immer aber ehrlichen Momenten.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Atemraubende Familiengeschichte

Girl A
1

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen ...

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen sich einigen, was damit geschehen soll. Eine Begegnungsstätte schwebt Lex vor, sie braucht dafür die Zustimmung der anderen.

Voller spannungsgeladener Vorfreude begab ich mich in das Haus des Grauens, war Zaungast bei der Familie Grace und deren unheilvoller Geschichte. Aus Lex Sicht offenbart sich so nach und nach das schauerliche Familienleben, falls man es als solches bezeichnen kann. Zunächst gehen die älteren Kinder zur Schule, der gestrenge Vater wacht über allen. Gott spielt für ihn eine zentrale Rolle und somit in ihrer aller Leben. Aber dann - wie konnte es soweit kommen?

Girl A, wie Lex von den Medien später genannt wird, kann sich eines Tages befreien, ihr gelingt die Flucht. Sie ist mittlerweile Anwältin, nimmt den Leser direkt mit in ihr Leben, wobei sie gedanklich immer wieder in die Vergangenheit abdriftet. Ein hin und her, das oftmals schnelle Wechsel mit sich bringt und aufmerksam gelesen werden will. Evie – Girl C – ist ihr am nächsten, verbrachten die Mädchen doch ihre Fesseltage, ihre Kettenzeiten gemeinsam eingesperrt. Mit ihr ist sie, wie es scheint, heute noch in Kontakt, die beiden verstehen sich, vertrauen sich blind.

Ein fulminanter Anfang, atemraubend und beklemmend. Genau so las ich von ihnen, konnte mir aber kein komplettes Bild machen. Es fehlten wesentliche Teile, was dem Ganzen noch mehr Spannung gab. Ich lernte Ethan - Boy A – kennen, der so ganz anders war als seine Geschwister, heute noch anders ist. Auch den anderen Gracie-Kindern sind Kapitel gewidmet.

Nach dem perfekten Einstieg in deren deprimierendes Dasein war die Luft über lange Strecken raus. Warum nur war es plötzlich sehr langatmig, so gar nicht mehr fesselnd? Sehr schade drum. Wäre das Erzählte, dieses subtile Spiel mit dem Leser weitergegangen, hätte es ein grandioses Ganzes ergeben. So aber ist die Story abgeflacht, hat sich so dahin gequält, um dann wieder zu erwachen. Weil – es ist ein Ende, das anknüpft an die ersten Seiten, es wieder los geht mit dem fein austarierten Spiel.

Der Anfang, das Ende – grandios, besser geht es nicht. Dazwischen geht die Spannung dahin, jeder Zauber ist verloren. Eine Erzählung, die so dahinplätschert ohne Höhen und Tiefen. Darum werden es „nur“ 4 Sterne, was jedoch keinen Leser davon abhalten sollte, diese Psychospielchen näher zu betrachten.

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