✎ Jessika Westen - Dance or Die
DANCE OR DIEIch bin erst neulich auf dieses Buch aufmerksam geworden, obwohl es bereits seit 1 Jahr auf dem Markt ist. Dazu muss ich jedoch sagen, dass ich nicht mehr in Deutschland wohne und soziale Medien nicht ...
Ich bin erst neulich auf dieses Buch aufmerksam geworden, obwohl es bereits seit 1 Jahr auf dem Markt ist. Dazu muss ich jedoch sagen, dass ich nicht mehr in Deutschland wohne und soziale Medien nicht gar so oft konsumiere. Als ich es jedoch sah, war klar, dass ich es lesen MUSS.
Beim Untertitel hatte ich augenblicklich den Tag vor mir. Zuerst habe ich gar nichts mitbekommen, denn ich habe versucht, am späten Nachmittag ein wenig zu schlafen. Schließlich hatte ich Sonntagsdienst und musste um 20 Uhr auf Arbeit sein. Also hatte ich erst um diese Zeit im Radio gehört, dass etwas gewaltig schief lief auf der Loveparade in Duisburg.
Das Ganze war für mich trotzdem nicht richtig greifbar. Ich musste mich auf meine Aufgaben konzentrieren und konnte nur mit halbem Ohr zuhören. Nie vergessen werde ich jedoch, dass ich mir um einen Mitarbeiter Sorgen machte, der zu diesem Event gefahren war. Ihm ist damals nichts passiert.
Da es mich nicht unmittelbar betraf, machte ich mir irgendwann keine weiteren Gedanken darum. Ich las ständig Zeitungsberichte, doch ab keinem bestimmten Zeitpunkt verschwand das Ereignis aus meinem Blickfeld. Dennoch konnte ich es nie vergessen.
Immer wieder sprach ich über diese Katastrophe mit jemanden, sobald im TV über Konzerte oder Veranstaltungen in größerem Ausmaß berichtet wurde, bei dem die Menschen nicht fein säuberlich auf ihren Plätzen saßen.
Bis heute kann ich an keiner Zusammenkunft in dieser Größenordnung teilnehmen.
"Dance or Die" wird aus 3 Perspektiven erzählt: Katty, Loveparade-Besucherin; Emma, Reporterin; und René, Rettungssanitäter. Alle 3 kommen sehr authentisch rüber. Egal, aus welchem Blickwinkel gerade berichtet wurde, ich konnte mich jedes Mal sofort in die jeweilige Situation hineinversetzten. Die Autorin schildert die Ereignisse aus allen 3 Sichtweisen sehr real.
Anfangs habe ich das Buch ganz leicht zur Seite legen können. Es passiert nichts Aufregendes, Jessika Westen lässt den Leser jedoch an der trügerischen Stille teilhaben.
Als Lesende, die weiß, was passiert, schwang konstant etwas Unheilvolles mit. Ich wusste ja, dass es zur Tragödie kommt. Daher war ich eingangs eher weniger interessiert.
Jugendlichen, die nichts von dem echten Unglück wissen, wird der Einstieg dennoch gefallen. Sie erleben aus 3 Positionen mit, wie schnell alles gehen kann.
Irgendwann war auch ich gefangen. Mich überlief permanent eine Gänsehaut. (ebenso jetzt, beim Schreiben der Rezension) An einer Stelle bildete sich ein Kloß in meinem Hals, den ich noch immer spüre, wenn ich daran denke. Zudem stahlen sich Tränen aus meinen Augen.
Mich lässt das Geschriebene weiterhin fassungslos zurück.
Frau Westen schließt ihren Roman mit Fakten über "Was danach geschah" und "Der Strafprozess" ab.
Die Lektüre liegt seit einigen Tagen ausgelesen bei mir und stets habe ich die Bilder im Kopf, die die Verfasserin gezeichnet hat. Ich kannte niemanden der Opfer und doch trauere ich um sie.
©2021 Mademoiselle Cake