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Veröffentlicht am 30.06.2021

Genialer Reihenauftakt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Friedhöfe üben auf mich eine unglaubliche Faszination aus. Sie sind Orte der Ruhe, Stätten des Friedens. Sie symbolisieren die Endlichkeit und gleichzeitig stehen sie für ewiges Leben. Kein Wunder, dass ...

Friedhöfe üben auf mich eine unglaubliche Faszination aus. Sie sind Orte der Ruhe, Stätten des Friedens. Sie symbolisieren die Endlichkeit und gleichzeitig stehen sie für ewiges Leben. Kein Wunder, dass Oliver Pötzsch den Wiener Zentralfriedhof in seinem neuen Krimi zu einem seiner Hauptschauplätze macht.

Augustin Rothmayer ist eine merkwürdige Gestalt. Rau, griesgrämig, aber keineswegs unsympathisch. Zudem ist er eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet der Erforschung des Todes:

„Im Gegensatz zu noch lebenden Menschen gerinnt das Blut bei Leichen nicht sofort, es bleibt oft noch mehrere Stunden rot und frisch. Forschungen haben gezeigt, daß sich aus einer Leiche bis zu vier Liter gewinnen lassen, wenn man sie nur ordentlich ausblutet.“ (Zitat, S. 329)

Leopold von Herzfeldt steht Rothmayer in Eigenwilligkeit in nichts nach. So ist es nicht verwunderlich, dass Herzfeldt, als Verfechter der modernen Kriminalistik, und Rothmayer, als Profi in Sachen Leichen, unfreiwillig zu einem grandiosen Ermittler-Duo werden. Doch wird es ihnen gelingen, den brutalen Frauenmörder zu entlarven und ihm das Handwerk zu legen?

Pötzsch versteht es, die Geschichte der Forensik und der modernen Kriminalistik mit einem Kriminalfall zu verbinden, der einem stellenweise das Blut in den Adern gefrieren lässt. Dabei lässt er historische Persönlichkeiten und Ereignisse so geschickt in seine Handlung einfließen, dass ich mich so einige Male gefragt habe, wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmt. So hält Pötzsch die Spannung von der ersten Seite an auf einem sehr hohen Niveau und treibt die Handlung schnell voran.

Intelligent und spannend erzählt Pötzsch die Geschichte um Inspektor Herzfeldt, Totengräber Augustin Rothmayer und die junge Telefonistin Julia Löwe, die auf der Suche nach dem Mörder nicht nur mit ihrer eigenen Vergangenheit, sondern auch mit Vorurteilen und Antisemitismus konfrontiert werden. Zudem wird es nicht bei den grauenhaften Frauenmorden bleiben. Das historische Wien hat noch einige abartige Verbrechen mehr zu bieten.

Der Autor hat eine authentische Umgebung erschaffen. Sämtliche Figuren sind glaubwürdig bis ins kleinste Detail durchdacht. Mit ihnen fügen sich nach und nach alle Handlungsstränge zu einem logischen Ganzen. Dabei verrät Pötzsch zu keiner Zeit zu viel und behält des Rätsels Lösung bis kurz vor Schluss. Für mich liefert er mit seinem neuen Buch eines der Krimihighlights des Jahres!

Persönliches Fazit: Oliver Pötzsch veröffentlicht mit „Das Buch des Totengräbers“ einen genialen Auftakt seiner neuen Totengräber-Serie. Dieses Buch ist nicht nur etwas für Fans von historischen Krimis, sondern gehört in jedes Bücherregal. Ich für meinen Teil freue mich schon jetzt darauf, mehr von Leo, Julia und Augustin zu lesen.

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Aktuelles Thema super umgesetzt

In Aufruhr
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Es ist Ende der 50er Jahre in Sunnylakes, Kalifornien, als Ruby, die schwarze Haushälterin, die Kinder ihrer Arbeitgeber alleine im Haus vorfindet - die Küche voller Blut. Statt Hilfe von der Polizei zu ...

Es ist Ende der 50er Jahre in Sunnylakes, Kalifornien, als Ruby, die schwarze Haushälterin, die Kinder ihrer Arbeitgeber alleine im Haus vorfindet - die Küche voller Blut. Statt Hilfe von der Polizei zu erhalten, wird sie direkt als Tatverdächtige festgenommen, doch es gibt keine Leiche. Wo ist ihre Chefin Joyce Hanley, und was ist mit ihr passiert?

Zitat S. 40:
Viele Frauen wie sie sind in eine solche Zelle geschafft worden und nie wieder herausgekommen, jedenfalls nicht so, wie sie hineinkamen.

In einer von Männern dominierten und rassenfeindlichen Zeit, hat Ruby es als schwarze Frau doppelt so schwer. Doch sie will etwas ändern, nicht länger weggucken, für ihre und die Rechte aller Frauen kämpfen, und so hilft sie Detective Mick Blanke bei der Aufklärung dieses ominösen Falls.

Zitat S. 217:
Wenn ich sein Anker sein soll, wann bin dann je ich mit dem Fliegen an der Reihe, mit der Erfüllung meiner Träume?

In dem ersten Roman der Autorin wird Rassenfeindlichkeit und der Stellwert der Frau stark thematisiert. Es gibt drei Perspektiven: die von Ruby, von Detective Blanke und rückblickend von der verschwundenen Joyce Hanley. So bekommt man als Leser einen direkten Einblick in die verschiedenen Probleme und Denkweisen, die Geschlecht und Hautfarbe mit sich bringen. Ist Joyce einfach durchgebrannt, oder ist ihr etwas zugestoßen? Diese Frage beschäftigt einen über das ganze Buch, denn beides kann man nachempfinden. Der Einstieg ist damit direkt voller Spannung und Vesper kann diese bis zum Schluss aufrechterhalten, denn im idyllischen Sunnylakes liegen so einige Geheimnisse vergraben. Detective Blanke stößt auf Lügen und Vertuschungen. Aber die unscheinbare, schwarze Putzhilfe bekommt mehr mit, als es für sie gut ist.

Persönliches Fazit: Ein gelungener Kriminalroman mit einem (leider) immer noch hochbrisanten und aktuellen Thema. Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Jede Menge Action

Der gekaufte Tod
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Dies war mein erstes Buch des Autors, was mich absolut überzeugen konnte. Den Ausflug in die düsteren Viertel Detroits habe ich auf jeden Fall genossen.

Der Plot startet langsam und wir lernen den Ex-Cop ...

Dies war mein erstes Buch des Autors, was mich absolut überzeugen konnte. Den Ausflug in die düsteren Viertel Detroits habe ich auf jeden Fall genossen.

Der Plot startet langsam und wir lernen den Ex-Cop August Snow kennen, der nach mehr als einem Jahr Abwesenheit wieder nach Detroit zurückkehrt, um das verwahrloste Viertel seiner Kindheit wiederaufzubauen. Snow ist nicht gerade beliebt in der Stadt, denn er hat in einem Korruptionsprozess gegen die Polizei Detroit zwölf Millionen erhalten. Die Liste seiner Feinde ist somit ellenlang.
Die mächtige Unternehmerin Eleanore Paget bittet ihn darum, verdächtige Vorkommnisse in ihrer Bank aufzuklären, was Snow zunächst ablehnt. Kurz darauf ist Eleanore tot und Snow kann nicht glauben, dass sie tatsächlich Selbstmord begangen hat. Er beginnt Nachforschungen anzustellen und bringt dadurch nicht nur sich in tödliche Gefahr.

Etwa ab der Mitte des Buches geht es richtig actionreich zu. Ab da gab es für mich kein Halten mehr und ich war gefesselt vor Spannung, was sonst nur wenige Bücher schaffen. Hier passiert einfach eine Menge, man kommt von einem Szenario zum nächsten, steckt immer mittendrin und kann kaum Luft holen.

August Snow ist ein durchaus interessanter und charismatischer Protagonist. Er ist mutig und hat das Herz am rechten Fleck. Gerade für die afroamerikanischen Bewohner hat er sehr viel übrig, was daran liegt, dass er selbst diese Wurzeln hat. Ich sehe ihn ganz klar als Held des Plots, da er über Leichen geht und keine Angst zeigt – vor niemandem!

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, da er mich flüssig und bildhaft durch das Geschehn geleitet hat. Die Atmosphäre, die Mack Jones geschaffen hat, war fast schon erdrückend. Sie hat perfekt zur rauen Handlung gepasst und mich so die Szenerie – gerade in den dunklen Vierteln Detroits - hautnah miterleben lassen.

Fazit: Für mich ein echter Pageturner, der mich mit Spannung und jeder Menge Action voll überzeugen konnte. Ein charismatischer Protagonist, den ich gerne persönlich auf seiner Jagd durch Detroit begleitet hätte, macht das Leseerlebnis darüber hinaus spannend. Rundum gelungen!

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Veröffentlicht am 01.04.2021

Ein sehr interessanter Fall

Tief in der Erde
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Dieser Roman thematisiert die Entführung mit Todesfolge der damals 10-jährigen Ursula Herrmann in den frühen 80er Jahren, die die gesamte Bundesrepublik erschütterte. Im Buch wird sie Annika Schön genannt.

Die ...

Dieser Roman thematisiert die Entführung mit Todesfolge der damals 10-jährigen Ursula Herrmann in den frühen 80er Jahren, die die gesamte Bundesrepublik erschütterte. Im Buch wird sie Annika Schön genannt.

Die Autorin, die auch als Journalistin tätig ist, bringt viele Fakten ein, erwähnt aber explizit, dass sie Unterhaltungslektüre schreiben wollte und geschrieben hat. So sind viele Behauptungen rein spekulativ, aber dennoch denkbar und befassen sich zum Großteil mit der Identität der Täter. Bis heute glauben viele Beteiligte, darunter auch der Bruder des Opfers, dass 2010 der Falsche verurteilt wurde.

Julia Neubacher, die Protagonistin in diesem Roman, nimmt 2010 als Gerichtsjournalistin an der Verhandlung des Tatverdächtigen Karl Leitmeier zum Cold Case Annika Schön teil.

Zitat S. 12:
"Im Gegensatz zu Annika durfte ich erwachsen werden, Liebe, Erfolg, Angst, Frust, Glück, Kummer und Ärger erfahren, Die Welt sehen in all ihrer Schönen, Durchtriebenheit, Großartigkeit und Schrecklichkeit."

In drei Teilen verfolgt man als Leser die verschiedenen Etappen dieses Kriminalfalles. Teil 1 beschreibt einen möglichen Ablauf des Tathergangs 1981 und Mutmaßungen darüber, warum die Täter sich irgendwann nicht mehr meldeten. Aber auch über die Eltern, Geschwister und alle Beteiligten dieser furchtbaren Geschichte. Es folgen Fehler auf Seiten der Polizei und Spuren, denen nicht nachgegangen wird, so dass der Fall zu den Akten gelegt wird.
Erst nach 29 Jahren hat man einen Täter: Karl Leitmeir. Da Entführung nach 30 Jahren verjährt, hatte man es mit der Aufklärung und Verurteilung in einem reinen Indizienprozess sehr eilig.

Zitat S. 131:
"Sie wissen, dass es keine Beweise gibt. Die wird es auch in Zukunft nicht geben." (...) "Es gibt so viel, was für die Schuld Leitmeirs spricht. Aber bei Weitem nicht alles."

Christa von Bernuth erklärt in Teil 2 anschaulich, wie der Prozess ablief und auf welchen Hintergründen die Verurteilung beruht. Aber auch, wo etwaige Fehler passiert sein könnten und vielleicht sogar unterschlagen wurden. Trotz zahlreicher Zweifel am Täter kam es zur Verurteilung.

Teil 3 findet dann erst 2019 statt, als neue Indizien zu einem anderen Täter entdeckt werden und auch Julia eine neue Rolle einnimmt. Hoffnung auf ein Neuaufrollen des Falles kommt auf, wird jedoch wegen Verjährung und unzureichender Beweise abgelehnt. Alles in allem ein ungeheuerlicher Skandal. Doch was davon wirklich stimmt, wird wohl niemals bewiesen werden können.

Persönliches Fazit: Ein sehr interessanter Fall, der vor Fehlern, mangelnden Beweisen und Merkwürdigkeiten strotzt. Unheimlich beklemmend und traurig. Mein Vertrauen in die Justiz wurde jedenfalls erschüttert. Ein must-read für alle Liebhaber von True Crime.

/RO, Dani

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Veröffentlicht am 12.03.2021

Spannender Pageturner!

Die Frau vom Strand
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Rebecca führt das perfekte Leben. Mit ihrer Frau Lucy und Tochter Greta lebt sie in einem absoluten Traumhaus direkt am Ostseestrand. Dort geht sie oft spazieren und trifft eines Tages auf die nackte Julia. ...

Rebecca führt das perfekte Leben. Mit ihrer Frau Lucy und Tochter Greta lebt sie in einem absoluten Traumhaus direkt am Ostseestrand. Dort geht sie oft spazieren und trifft eines Tages auf die nackte Julia. Ihre Kleider wurden gestohlen, als sie schwimmen war. Rebecca hilft ihr (zunächst etwas skeptisch) und die beiden freunden sich an. Doch plötzlich verschwindet Julia spurlos. Rebecca macht sich auf die Suche nach ihr und macht dabei eine Entdeckung, die dem Leser das Blut in den Adern gefrieren lässt. Zumindest ging es mir so! Ich hatte wirklich Gänsehaut beim Lesen.

Der Einstieg in den Plot hat mir sehr gut gefallen, und ich fand mich auch generell schnell zurecht. Zunächst lernen wir die Protagonisten ausführlich kennen, bevor die eigentliche Handlung an Fahrt aufnimmt. Immer wieder wechselt die Perspektive, und der Leser lernt viele unterschiedliche Facetten kennen.

Den Schreibstil fand ich sehr flüssig, und es ist der Autorin prima gelungen, mich an ihr Buch zu fesseln. Die eingebauten Cliffhanger an den Kapitelenden sorgten dafür, dass ich das Buch nicht einfach beiseitelegen konnte. Geschickt gemacht.

Besonders schön fand ich außerdem die bildhafte Beschreibung der Umgebung. Das hat mich tatsächlich etwas an die Ostsee entführt, an die es mich privat schon einige Male zog.

Die Charaktere waren präzise ausgearbeitet und dargestellt. Zu Rebecca und ihrer Familie hatte ich direkt eine Verbindung. Julia erscheint zunächst unscheinbar und geheimnisvoll. Aber je mehr sich die Puzzleteile zusammensetzen, umso mehr bekommt der Leser auch hier ganz tiefe Einblicke. Die Ermittlerin Emma war mir persönlich eher unsympathisch. Man erfährt nicht allzu viel über sie, aber ihre ruppige Art und ihr Umgang mit den Kollegen machte sie nicht gerade zu meiner Freundin.

Was die Spannung betrifft, so lässt es Petra Johann zunächst langsam angehen. Dennoch kommt beim Lesen keine Langeweile auf, da es immer wieder Wendungen und Perspektivwechsel gibt, die für Neugier sorgen. Ab dem Mittelteil ist der Spannungsbogen dann konstant oben und hält auch bis zum Ende an. Dieses ist übrigens eine große Überraschung, mit der ich keinesfalls gerechnet hätte. Das Ende selbst und auch die Handlungen der Protagonisten davor hat noch einige Zeit in mir nachgewirkt und mich zum Nachdenken gebracht.

Persönliches Fazit: Ein Pageturner, der mich bestens unterhalten hat. Der Autorin ist es gelungen, ein heikles Thema brillant umzusetzen und in einen spannenden Thriller zu verpacken.

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