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Veröffentlicht am 15.09.2016

interessanter erster Teil

Das Lied des Blutes
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ord Verniers wurde beauftrag einen wertvollen Gefangenen abzuholen und zu seiner Hinrichtung zu bringen. Es handelt sich um Vaelin Al Sorna, im ganzen Reich bekannt unter dem Schimpfnamen „Hoffnungstöter“, ...

ord Verniers wurde beauftrag einen wertvollen Gefangenen abzuholen und zu seiner Hinrichtung zu bringen. Es handelt sich um Vaelin Al Sorna, im ganzen Reich bekannt unter dem Schimpfnamen „Hoffnungstöter“, den jeder mit Beklemmung und Vorurteilen behaftet ausspricht. Aber schnell erkennt der Geschichtsschreiber, dass nicht alles so schwarz und weiß ist, wie es in Al Sornas Leben scheint und dass dessen Geschichte einen zweiten genaueren Blick wert sein könnte. Also lässt er sich auf der Reise zum Ort des Todesurteiles von Vaelin erzählen wie alles kam wie es kam.
„Das Lied des Blutes“ erzählt in ruhigem und meist verhaltenem Tempo vom kleinen Jungen Vaelin, der vom Vater in einen Kriegerorden gesteckt wird, wo er in langen Jahren in der Kampfeskunst geschult wird. Das Leben dort ist hart und entbehrungsreich – allerdings keine wirkliche Überraschung für den Leser, der ähnliches vielleicht schon andernorts gelesen hat. Dennoch schafft es der Autor, das man mit großem Interesse dem Jungen folgt, wahrscheinlich, weil er von Anfang an ein so integerer und sympathischer Charakter ist und auch seine jugendlichen Mitstreiter facettenreich und unterhaltsam geschildert werden. Immer mehr erkennt man, dass Vaelin zu höherem berufen ist aber es nicht aus eigenen Antrieb oder Ehrgeiz anstrebt, sondern sich immer auf einen Platz stellen lässt, den er dann so gut und standhaft ausfüllt, dass man ihn nur bewundern und belohnen kann. Selbst Enttäuschungen und Rückschläge verarbeitet er zu positiver Kraft und man kann sich schon bald nicht mehr vorstellen, dass seine Verurteilung mit rechten Dingen zugegangen ist oder dass er tatsächlich am Ende sterben könnte.

Ich möchte aber nicht zu viel verraten, denn schöner ist es wirklich, wenn man einfach eintaucht in das Leben dieses Kämpfers und sich mit dem Schreiber zusammen ein eigenes Urteil bilden kann.
Der hervorragende Schreibstil und die einnehmenden Hauptpersonen sind die größte Stärke dieses Buches, welches trotz seiner Dicke keine großen Längen aufweist und neugierig macht auf den Folgeband. Ein wirklich guter Erstling, der mir ohne dieses Forum womöglich nicht so schnell in die Finger gefallen wäre. Von mir 5 Sterne. Es war eine große Freude hier vorab lesen zu dürfen.

Veröffentlicht am 05.05.2024

regt zu Gesprächen an

25 letzte Sommer
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Mich hat das Buch interessiert, da es anspricht, was man sich ab einem gewissen Alter immer wieder denkt. Wie viele Weihnachten werde ich noch erleben? Wie viele Sommer kann ich noch genießen? Und genieße ...

Mich hat das Buch interessiert, da es anspricht, was man sich ab einem gewissen Alter immer wieder denkt. Wie viele Weihnachten werde ich noch erleben? Wie viele Sommer kann ich noch genießen? Und genieße ich mein Leben überhaupt und zieht es einfach nur an mir vorbei? Vollgestopft mit Arbeit und der Hast und unruhe des Alltags.

Ich denke, das Buch ist nicht wirklich ein Roman, sondern eher ein Gespräch mit sich selbst. Der Autor schickt zwar den Ich-Erzähler und den Bauern Karl aufs Parkett. Aber eigentlich ist ein ein Ping-Pong-Spiel zwischen den zwei Seelen, die man oft in sich spürt. Die eine will funktionieren und rennt und macht, und die andere will verweilen, will erspüren und nachdenken.

Es ist ein dünnes Büchlein und ich kann es mir sehr gut in einem Lesekreis vorstellen, wo man danach noch diskutiert und vergleicht. Dafür fände ich es ideal.

Veröffentlicht am 05.05.2024

tolles Buch

Wo die Asche blüht
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Über dieses Buch bin ich nur durch einen Zufall gestolpert. Es ist mir hier im Forum gar nicht richtig aufgefallen. Aber dann habe ich es andernorts geschenkt bekommen und musste hineinlesen. Und schon ...

Über dieses Buch bin ich nur durch einen Zufall gestolpert. Es ist mir hier im Forum gar nicht richtig aufgefallen. Aber dann habe ich es andernorts geschenkt bekommen und musste hineinlesen. Und schon hatte mich die Autorin gefangen, denn die Sprache dieses Buches ist außerordentlich. Einfach wundervoll warmherzig und klug.

Erzählt wird in mehreren Handlungssträngen in und nach dem Vietnamkrieg. Was diesem Volk passiert ist, wie die Menschen denken, wie ihr Glauben und ihre Lebensweise verwoben werden mit der Moderne, mit den amerikanischen Soldaten, mit dem Schmerz des Krieges und dem Wunsch nach einer positiven Zukunft.

Ich habe mich wohlgefühlt in diesem Buch, auch wenn die Darsteller einige Probleme zu bewältigen haben und nicht alles sonnig und leicht ist. Dennoch hat der Erzählstil eine Leichtigkeit, die ich nicht erwartet hatte. Vietnam ist mir ein kleines Stückchen näher gekommen. Das kann nicht jedes Buch. Tolle Autorin.

Veröffentlicht am 23.12.2023

Geheimnisse im Nebel

Die Bibliothek im Nebel
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Der Titel von Kai Meyers neuem Roman "Die Bibliothek im Nebel" ist sozusagen auch Programm. Der Leser wird hineingeworfen in eine komplizierte, über Jahrzehnte währende Geschichte, die so verwinkelt und ...

Der Titel von Kai Meyers neuem Roman "Die Bibliothek im Nebel" ist sozusagen auch Programm. Der Leser wird hineingeworfen in eine komplizierte, über Jahrzehnte währende Geschichte, die so verwinkelt und geheimnisvoll ist, dass lange im Nebel scheint, um was es hier eigentlich geht. Um ein Manuskript geschrieben 1917 in St. Petersburg? Um eine Frau, die aus Russland geflüchtet ist? Um eine Frau, die sich in ein großes Haus mit einer seltsamen Bibliothek zurückgezogen hat? Kai Meyer scheut sich keineswegs davor, den Leser erst mal zu verwirren und im Dunklen tappen zu lassen. Drei ineinander verwobene Zeitebenen, in der Liebe, Diebstahl und einge Mordfälle eine Rolle spielen. Da wird schon was geboten. Das bringt Spannung und man will unbedingt wissen, wie das alles miteinander zusammenhängt.

Am Ende schafft Meyer ist, dass alle Rätsel gelöst, alle losen Fäden verknüpft sind. Von mir eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 17.08.2023

Leseempfehlung

Frag nach Jane
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"Frag nach Jane" wird in den 1960er Jahren Frauen geraten, die ungewollt schwanger wurden und das Kind abtreiben lassen wollten. Das Codewort führte die Frauen dann zu den wenigen mutigen Ärzten und Ärztinnen, ...

"Frag nach Jane" wird in den 1960er Jahren Frauen geraten, die ungewollt schwanger wurden und das Kind abtreiben lassen wollten. Das Codewort führte die Frauen dann zu den wenigen mutigen Ärzten und Ärztinnen, die diesem Wunsch nach selbstbestimmter Mutterschaft nachkamen, obwohl der Eingriff damals noch unter Strafe stand. Um diesen zentralen Schwerpunkt kreist das Buch, dass auf drei Ebenen erzählt wird.

Da ist Evelyn, der man nicht die Chance auf einen Abbruch gewährt hatte und die ihr Kind zur Zwangsadoption durch katholische Nonnen freigeben musste. Da ist Nancy, die mehr durch Zufall herausbekommt, dass sie adoptiert wurde und die ihr Leben lang versucht, dies zu verdrängen, obwohl sie sich danach sehnt ihre biologische Mutter kennen zu lernen. Und da ist Angela, die sich mit ihrer Frau sehnlichst ein Kind wünscht und bereits mehrere künstliche Befruchtungen hinter sich hat. Als sie nach dem Tod der Mutter einen Brief findet, in dem eine Frau ihrer Tochter offenbart, dass sie nicht die leibliche Mutter war, beginnt sie, nachzuforschen und sucht nach der Tochter.

Das Buch hat einen wunderbar empathischen Erzählstil und die Entwicklung der Rechtslage in Kanada wird über mehrere Jahrzehnte am Beispiel der erwähnten Frauen erzählt. Der Kampf um Selbstbestimmung, der Mut der Freiwilligen Helfer und des Rings an Unterstützern, das Schicksal der werdenden Mütter und der ungewollten Kinder, all das wird aus ganz vielen Perspektiven erzählt und man bekommt einen sehr guten Einblick. Die Geschichte regt natürlich zum Nachdenken an, vor allem, wenn man im Nachwort liest, dass gerade in den USA die derzeitige Entwicklung große Rückschritte macht und die Rechte der Frauen wieder zusammengestrichen werden und tatsächlich der Kampf aufs Neue losgeht, den man schon fast gewonnen glaubte.

Ein hochaktuelles Buch, obwohl es aus der Vergangenheit erzählt. Am Ende gibt es bei den persönlichen Geheimnissen einer Frau eine überraschende Wahrheit, die ich für mich nicht gebraucht hätte, deshalb sehr zufriedene 4,5 Sterne und eine unbedingt Leseempfehlung.