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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.05.2021

Eine starke Frau bereitet den Weg, nicht nur auf dem Rad

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Alfonsina Strada, ein Name, den man eigentlich kennen sollte und dank dieses Romans tut man dies jetzt auch. Sie war die erste und einzige Frau, die je beim großen Giro d'Italia mitgefahren ist und das ...

Alfonsina Strada, ein Name, den man eigentlich kennen sollte und dank dieses Romans tut man dies jetzt auch. Sie war die erste und einzige Frau, die je beim großen Giro d'Italia mitgefahren ist und das 1924, als der Platz der Frau in der Gesellschaft doch noch vorwiegend 'daheim am Herd' zu finden war. Diese Geschichte erzählt ihr Leben, auf und neben ihrem geliebten Rennrad, beschreibt dieses Gefühl von Freiheit und Selbstverwirklichung, wenn der Wind ihr durch die Haare weht und sie durch die Landschaft rauscht, diesen unbedingten Willen, genau dies zu tun und das auch eben ganz offiziell in Rennen gegen Männer. 36 teils hochrangige Rennen ist sie gefahren, eben gegen Männer und sie hat dabei nicht wenige hinter sich gelassen, wenn sie über die Ziellinie geschossen kam. Dieser Teil ist Fakt und natürlich überall nachzulesen. Aber die Person dahinter, ihr gerade in den Anfangsjahren hartes Leben, ihre notwendigerweise mit einer sehr kämpferischen Haltung versehene Persönlichkeit, die Menschen, die an sie geglaubt und sie unterstützt haben und später auch die Achtung und Wertschätzung ihrer Leistung und ihrer selbst durch die männliche Journaille und die Bevölkerung am Straßenrand, das wird hier wunderbar rübergebracht in diesem Buch. Natürlich ist das meiste durchaus als fiktiv anzusehen, aber es passt einfach. Denn genauso hätte es sein können und ist es sicherlich auch in vielem gewesen. Und am Ende freut man sich, dass man Alfonsina so nahe hat kommen dürfen. Sie war ihrer Zeit weit voraus und ich danke ihr, denn ich bin mir sicher, ein ganz kleines Stückchen hat auch sie mitgeholfen, uns weiterzubringen, hin zu einer Gesellschaft, wo Gleichberechtigung eigentlich kein Thema mehr zu sein braucht, irgendwann.

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Veröffentlicht am 22.04.2021

Ein Thriller der Extraklasse, filigran eingebunden in die ersten Tage der Besatzung von Paris 1940

Die Toten vom Gare d’Austerlitz
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Es ist mitten im Krieg und genau am Tag der Besetzung von Paris durch die Deutschen geschieht ein Verbrechen, am Gare d'Austerlitz. Vier polnische Flüchtlinge werden, mit Kampfgas getötet, in einem Eisenbahnwaggon ...

Es ist mitten im Krieg und genau am Tag der Besetzung von Paris durch die Deutschen geschieht ein Verbrechen, am Gare d'Austerlitz. Vier polnische Flüchtlinge werden, mit Kampfgas getötet, in einem Eisenbahnwaggon gefunden, der ihnen die Flucht aus der besetzen Hauptstadt ermöglichen sollte, so wurde es ihnen versprochen. Inspecteur Giral von der französischen Polizei ist der zuständige Ermittler in diesem Fall und es steht die Frage im Raum, ob diese Tat es überhaupt wert ist, untersucht zu werden. Was zählen diese vier Toten schon bei all den Opfern, die der Krieg selbst und die Gräueltaten der Nazis, bisher gefordert haben. Aber Giral sieht das anders, will es anders sehen. Er versucht verzweifelt, in diesen neuen Verhältnissen Normalität zu bewahren, den Wert der Gerechtigkeit hoch zu halten, für die Bevölkerung von Paris und ganz besonders auch für sich selbst, denn er trägt eine Menge kaputte Seele mit sich herum. Schon 'im Krieg davor' war er selbst, im Schützengraben, mit dabei, um für sein Land zu kämpfen und immer noch begleitet ihn dieser Albtraum fast jede Nacht. Aber erstaunlicherweise wird ihm sein Vorsatz, wie zuvor weiter zu machen, geradezu als Befehl auferlegt, von den deutschen Besatzern selbst, mit einem Major Hochstetter als Verbindungsmann bzw. als dem, der den Ton angibt.
Und so macht sich Giral, den alle nur Eddie nennen, an die Arbeit, die unter den gegebenen Umständen, so ganz anders ist und irgendwie manchmal nicht wirklich real erscheint, aber hier ist sie, die neue Wirklichkeit.
Und genau an diesem Punkt fragt man sich, kann das sein, funktioniert 'Krimi' inmitten der neu geschaffenen deutschen Wehrmachtsstrukturen im besetzten Paris. Ja, tut es und zwar einfach ganz großartig. Das feindliche Bollwerk der Kriegsbesatzung treibt diese hochspannende Geschichte geradezu faszinierend gut voran. Hier ist alles echt, bis aufs Kleinste sorgfältig recherchiert. Und so hat der Autor dieses Thriller mit seinem Roman ein tief berührendes und absolut packendes, noch lange nachklingendes Werk geschaffen.
Dieses Buch muss man einfach gelesen haben.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Ein Krimi wird zum Lonely Man und das Happy End ist ganz anders

Der Abstinent
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Das Manchester um 1867, auch hier ist der Konflikt zwischen dem nach Unabhängigkeit strebenden Irland und der britischen Krone täglich zu spüren und nach dem eher versehentlich durch einige Fenians verursachten ...

Das Manchester um 1867, auch hier ist der Konflikt zwischen dem nach Unabhängigkeit strebenden Irland und der britischen Krone täglich zu spüren und nach dem eher versehentlich durch einige Fenians verursachten Tod eines Polizisten wird ein Exempel statuiert und drei Iren hängen. Mit aller Kraft versucht die englische Polizei, unter ihnen auch der aus Dublin stammende O'Connor, eine weitere Eskalation zu verhindern, aber trotz ihres redlichen Bemühens gibt es weitere Tote, und das Motiv ist, wie so oft, Rache und Vergeltung. Gerade O'Connor hat geradezu dafür gelebt, die Balance zu halten und Schlimmeres zu verhindern, aber jetzt empfindet er sich als auf ganzer Linie gescheitert und als man einen Sündenbock für die Geschehnisse braucht, ist auch er mit dabei. Er hält es aus, was man mit ihm macht, denn nun ist auch sein Ziel, Rache zu nehmen und danach ist sowieso alles egal.
Dieses Buch ist ein spannender Krimi seiner Zeit, präzise, authentisch und ein bisschen dunkel auch. Und die Menschen darin bekommen durchaus Raum, um sie wirklich zu sehen und zu verstehen. Da ist erstaunlich viel Redlichkeit und Anstand, gerade bei einem Teil der Polizei und auch die andere Seite, sie kann eben einfach nicht anders, aus durchaus nachvollziehbaren Motiven. Und dann, dann bekommt die Hauptperson, nämlich dieser besagte O'Connor, einen 'Durchhänger' und die Geschichte damit auch. Denkt man, doch daraus wird dann etwas ganz anders. Und es dauert etwas, bis man sich als Leser damit arrangiert. Aber es funktioniert.
Wohlfühlunterhaltung ist diese Geschichte nur sehr bedingt und da ist man noch nicht am Ende angekommen. Denn wenn einem der Autor wenige Seiten vor Schluss (vielleicht) auch noch das 'kleine Happy End' wegnehmen will, da ist tief durchatmen angesagt. Aber da muss man dann einfach durch, denn das ist wohl das echte Leben.
Ein forderndes besonders Buch und auf jeden Fall zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Eine Heldin in unserer Zeit

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
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Zelda ist eine besondere junge Frau. Sie lebt mit ihrem Bruder Gert zusammen und eine Zeit lang hat auch AK47, eigentlich Annie, Gerts Freundin, hier gewohnt. Aber das hat nicht geklappt und jetzt ist ...

Zelda ist eine besondere junge Frau. Sie lebt mit ihrem Bruder Gert zusammen und eine Zeit lang hat auch AK47, eigentlich Annie, Gerts Freundin, hier gewohnt. Aber das hat nicht geklappt und jetzt ist Annie nur noch Zeldas superliebe beste Freundin, mit der sie über alles reden kann, auch wenn sie sich um ihren unvernünftigen Bruder, der in so manche schlechte Sache hineingerät, sorgt und die ihr auch sonst hilft, wo sie nur kann. Ihren Vater hat Zelda nie kennengelernt und ihre Mutter ist an Krebs gestorben, als sie noch klein war, aber jetzt, jetzt ist sie schon erwachsen und gerade 21 geworden. Eine Weile mussten Gert und sie bei ihrem Onkel wohnen, aber das war gar nicht gut. Und so hat Gert ihnen dann eine eigene Wohnung besorgt, das Sorgerecht für sie übernommen und seitdem passen sie eben gegenseitig auf einander auf, auch wenn Gert das sicherlich anders sieht, denn Zelda ist mit einer Fetalen Alkoholspektrumsstörung (FASD) auf die Welt gekommen. Aber sie kann trotzdem eine Menge, ist richtig klug und stellt sich dem Leben, jeden Tag. Nur laut und tumultig sollte es um sie herum nicht so zugehen, sonst bekommt sie Angst und kann nicht mehr so gut 'funktionieren'. Aber meistens bekommt sie das ganz gut hin, denn sie hat ja ihre Regeln und was ihr am allermeisten hilft, ist ihre Liebe zu den Wikingern. Die sind sehr ehrbar und kümmern sich um ihre Sippe, so wie Zelda um Gert. Sie sind sehr mutig, auch wie Zelda, ihr werdet es sehen und sie tragen alle zum gemeinsamen Silberhort bei und das macht Zelda auch, denn sie hat es tatsächlich geschafft und arbeitet jetzt in einer Bibliothek. Dass sie selbst natürlich auch ein Wikinger ist, ist ja selbstverständlich und das wird sie noch mehr wie beweisen. Einen Freund hat sie übrigens auch, Marxy, mit dem sie bald Sex haben möchte.
Also, Zelda ist wirklich besonders und eine Heldin in dieser Welt. Sie ist ungeheuer stark und ihre Geschichte ist es auch. Erst denkt man, dass sie es ja wirklich gut getroffen hat mit so viel netten verständnisvollen und unendlich toleranten Menschen überall um sie herum, egal, wo sie hinkommt und es kommt einem in den Sinn, das dies schon nicht so der Realität entspricht, aber dann erkennt man, es ist anders. Es ist Zelda, die mit ihrer so superauthentischen positiven Art aus uns ganz normalen Menschen ein bisschen bessere und nettere Menschen macht, meistens jedenfalls, denn ein paar böse oder zumindest einen gibt es hier auch, aber auch das wird man sehen.
Eine richtig gute Geschichte beherbergt dieses Buch und das Ende, ergreifend bis in die Haarspitzen, macht es zu einem 'the best'.
Es war mir wirklich eine Ehre, Zelda auf ihren Weg begleitet haben zu dürfen.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Ein Mann im Todestrakt und die Entwicklung eines freien Geistes

Gefangen und frei
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Jarvis Jay Masters, ein Mann und seine Geschichte im Todestrakt von Sankt Quentin, davon handelt dieses Buch, aber auf eine ganz andere Art und Weise, wie man das so allgemein erwarten würde.
Jarvis ...

Jarvis Jay Masters, ein Mann und seine Geschichte im Todestrakt von Sankt Quentin, davon handelt dieses Buch, aber auf eine ganz andere Art und Weise, wie man das so allgemein erwarten würde.
Jarvis wurde im Alter von 19 Jahren wegen mehrerer Überfalle zu einer Haftstrafe verurteilt. Vier Jahre nach Beginn seiner Gefangenschaft beschuldigte man ihn der Mittäterschaft bei der Ermordung eines Wärters und er wurde zum Tode verurteilt, für einen Mord, an dem er in keinster Weise beteiligt war. Die ersten 20 Jahre der folgenden Zeit im Todestrakt erfolgte in Isolationshaft. Anschließend wurde Jarvis, nach langer beharrlicher Intervention durch viele Menschen, die sich auf verschiedenste Weise seines Falles angenommen hatten, auf eine 'normale Station' für zum Tode verurteilte Männer verlegt. Ein Anwaltsteam versucht über all die Jahre, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erwirken. Die Mängel bei Jarvis erstem Prozezz waren eklatant und neue Erkenntnisse und wiederrufene Zeugenaussagen beflügelten seine Hoffnung auf eine Freilassung oder zumindest ein neues Verfahren, mehr wie einmal auf seinem Weg. Aber dies ist nur der Mantel, die Eckdaten des Lebens eines Mannes, der den überwiegenen Teil seines Lebenszeit hinter Gefängnismauern verbracht hat.
Dieses Eingesperrtsein, von den eigenen Gefühlen des Leids, der Wut und des Hasses gefangen in seinem tiefen inneren Wesen, dazu das Erleben der Verzweiflung, der Hoffnung und dann wieder der Hoffnungslosigkeit, nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei den anderen Männer im Todestrakt, das hat bei den meisten zum Aufgeben geführt. Aggressivität gegen sich selbst und andere, innere Verrohung, Drogensucht und viele Selbstmorde in all den Jahren, das ist der Weg, den die meisten gehen, aber nicht so Jarvis. Er hat schon sehr früh Zugang zur Meditation gefunden, zur Schulung und Befreiung seines eigenen Geistes, dem Aufheben alter Verhaltensmuster und einer ganz neuen anderen Sicht auf die Menschen, auf alle Menschen. Und das dieses sich Anleiten lassen zu einem ganz neuen anderen Denken schließlich irgendwann zur Begrifflichkeit des Buddismus führte, das hat sich 'einfach so ergeben'. Jarvis Jay Masters hat dem Autor dieses Buch und damit auch uns Lesern erlaubt, Teil zu haben an diesem beschwerlichen keinesfalls gradlinigen Weg und uns zu zeigen, was unter der Kraft des Geistes zu verstehen ist und was sich daraus entwickeln kann.
Mich haben Jarvis Weg und all die Menschen, die ihn darin bis heute unterstützen, sehr beeindruckt. Es gab Ansätze, die einem sehr nah waren und jede Menge Aspekte, die einen selbst 'weitergebracht haben und vielleicht noch weiterbringen werden'. Und genau so soll es ja auch sein. Suche das heraus, was dir hilft und einem erlaubt, ein freieres Denken zu erfahren und sich den Menschen unvoreingenommener zuzuwenden, so versucht es Jarvis zu vermitteln und allein das finde ich sehr befreiend.
Ein sehr besonderes, lesenswertes Buch.

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