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Veröffentlicht am 22.08.2017

Die Kapitel meines Herzens

Die Kapitel meines Herzens
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Der große Schriftsteller Tristan Whipple, Samanthas Vater und direkter letzter Nachfahre der Bronté-Familie, vererbte seiner Tochter die "Warnungen aus Erfahrung". Samantha (Sam), in Boston aufgewachsen, ...

Der große Schriftsteller Tristan Whipple, Samanthas Vater und direkter letzter Nachfahre der Bronté-Familie, vererbte seiner Tochter die "Warnungen aus Erfahrung". Samantha (Sam), in Boston aufgewachsen, ist angehende Studentin der Englischen Literatur und nimmt auf Wunsch des verstorbenen Vaters ein Auslandssemester an der Universität Oxford an, um das Rätsel ihres mysteriösen Erbes zu lösen. Mit ihrer Verwandtschaft zu den Schwestern Bronté, die aus der klassischen englischen Literaturgeschichte nicht wegzudenken sind, tut sie sich eher schwer.

Sie bezieht im College ein Turmzimmer, in dem ein Bild ("Die Gouvernante") hängt, das ihr teils zuwider, teils auch faszinierend erscheint, da es zu verschiedenen Tageszeiten seinen Ausdruck zu verändern scheint... Das erste Tutorium bei Dr. Orville führt sie dann sehr rasch an ihre Grenzen, da sie es auf ihrem "Wohlfühl-College" in den Staaten gewohnt war, dass jede Meinung zählte.

Im Romanverlauf, der flüssig und gut zu lesen umschrieben werden kann, werden Samantha dann Päckchen vor die Türe gelegt, die die berühmten Klassiker der Bronte-Schwestern enthalten und einst ihrem Vater gehörten: Führen diese Romane der bekannten Vorfahrinnen sie zu der Lösung des Rätsels um ihr Erbe? Ihr Vater markierte immer besondere Stellen in Büchern und versah die ungelesenen Bücher für die Tochter mit Lesezeichen: Ob diese den Weg markieren? Kann Orville, der zwar gerne helfen möchte, aber selbst einen gewissen brennenden Schmerz empfindet, wenn es um die Literatur der Bronté-Schwestern geht, Samantha dabei helfen, dem Familienrätsel des Erbes auf die Spur zu kommen?

Catherine Lowell entführt die Leser gekonnt in die Welt der klassischen englischen Literatur und lässt Samantha eine Art von literarischer Schnitzeljagd bestehen, an deren Ende sie ihr Erbe antreten kann. Gefallen haben mir die Ausflüge in diese Welt der englischen Literaturgeschichte, auch der Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen. Weniger überzeugen konnten mich die etwas fiktiv angelegten literarischen Rätsel, die mir recht hypothetisch erschienen. Die Spannungsbogen nimmt im letzten Drittel des Romans noch zu, ein Brunnen auf dem Gelände des Campus spielt hier eine Rolle, jedoch wirkte diese Szene auf mich etwas konstruiert. Die Dialoge im Pfarrhaus mit dem Literaten Sir John Booker, Dr. Orville und Samantha hingegen konnten mich eher fesseln; der Eindruck einer zarten Liebesbeziehung verstärkt sich.

Interessant fand ich auch die Tatsache, dass sich in Samanthas Leben im Grunde Muster wiederholten, die auch das Leben der Brontés in Haworth prägten. Der Roman entführt in die Welt der Brontés, von Vorteil ist jedoch, wie ich finde, diese bereits in Form gelesener Klassiker wie Jane Eyre, Sturmhöhe oder Agnes Grey bzw. in Form von Sachbüchern über die Familie Bronté bereits betreten zu haben. Sollte dies nicht der Fall sein, so regt dieser Roman sehr dazu an, dieses nachzuholen.

Mich konnte leider die Hauptprotagonistin Samantha nicht erreichen bzw. überzeugen; evtl. war sie mir zu 'amerikanisch' angelegt, was m.E. nicht so recht zum Romaninhalt passen wollte. Auch das schwere Erbe, das hier als Hypothese im Raum stand, war mir zu fiktiv.

Spürbar ist jedoch, dass sich die Autorin mit den Werken der Schwestern Bronté sehr auseinandersetzte und Samantha immer wieder in Beziehung zu deren Geschichte setzt. Insofern ist es in gewisser Weise auch ein Entwicklungsroman, da Samantha in Oxford auch in gewisser Hinsicht einen Weg zu sich selbst findet, der ihr zuvor verschlossen war. Dr. Orvilles Charakter war etwas ambivalent angelegt, jedoch letztendlich ein sympathischer Charakter, der fürsorgliche Seiten hatte und Samantha auf diesem Weg zur Seite stand.

Da es sich um das Début von Catherine Lowell handelt, sehe ich hier noch Luft nach oben und vergebe 3,5 * sowie eine Leseempfehlung für lesebegeisterte Fans der Schwestern Bronté, da "Die Kapitel meines Herzens" dazu einladen, sich mit den berühmten Werken der Schwestern (noch einmal oder erstmals) auseinanderzusetzen.

Veröffentlicht am 05.07.2017

Der Ärger mit Ziegen und Schafen...

Der Sommer der schwarzen Schafe
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"Der Sommer der schwarzen Schafe" von Joanna Cannon erschien (HC, gebunden) 2017 im Limes-Verlag; Gruppe Random House GmbH und hat mich durch das etwas schräge Cover und den deutschen Titel für sich einnehmen ...

"Der Sommer der schwarzen Schafe" von Joanna Cannon erschien (HC, gebunden) 2017 im Limes-Verlag; Gruppe Random House GmbH und hat mich durch das etwas schräge Cover und den deutschen Titel für sich einnehmen können.

Eine Straße in einer kleinen Stadt irgendwo in Mittelengland, 1976:
Grace und Tilly (10) wohnen in derselben Straße und die beiden
Mädchen freunden sich an, werden beste Freundinnen. Das Leben hat nicht viel zu bieten und die Sommerferien stehen bevor; zudem wird es immer heißer und es droht, ein mörderischer Sommer voll ungewohnter Hitze in England zu werden. Eines Tages verschwindet Mrs. Creasy, die jeder mochte und schätzte, spurlos: Wohin kann sie hingegangen sein? Weshalb verschwand sie urplötzlich? Wurde ihr etwas angetan?

Diese Fragen beschäftigen die Bewohner - und Grace und Tilly machen sich auf den Weg, Gott und Mrs. Creasy zu finden. Dazu suchen die beiden Mädchen unter sehr fantasievoll erfundenen Gründen alle Bewohner der 'Avenue' auf und lassen alle zu Wort kommen bzw. entlocken ihnen Antworten auf die Frage des Verbleibs der Verschwundenen und ihr Verhältnis zu Mrs. Creasy.

Der Roman liest sich flüssig und eingängig; die Erzählperspektive ist die von Grace und Tilly, die das ganze Vorhaben abenteuerlich finden, aber nicht wissen, welche Leichen sie mit ihren Fragen aus den Kellern der verschiedenen Bewohnern holen....

Vom Haus No. 11 besagter Avenue sollen sie sich fernhalten, was Kinder natürlich zum Gegenteil bewegt: So unterhalten sie sich mit Walter Bishop, den jeder Bewohner und Nachbar seit Jahren meidet; ihn ausgrenzt und die Meinung vertritt, dass etwas mit ihm nicht stimmt: Zurück geht dieses einhellige Mobbingverhalten auf ein Ereignis im Jahre 1967 und auf ein Hobby von Walter Bishop...

Die Charakterisierung der einzelnen Bewohner, angefangen beim 'dünnen Brian', Eric Lamb, die Eltern von Grace bis hin zu dem sehr "entzückenden" Ehepaar Dorothy und Harold Forbes ist durchaus gelungen; allerdings sind viele Figuren auf ihre Weise nicht sehr sympathisch. Einzig Grace und Tilly, in die ich mich gut hineinversetzen konnte (und die Beschreibung der tiefen Kinderfreundschaft mir gefallen hat) sowie Mrs. Morton und deren wundersame Wandlung, die ich interessant fand, fanden meine Sympathie. Die Geschichte des Mobbings, der Ausgrenzung und der Vorurteile, um die es hier im eigentlichen Sinne geht, hatte ich so nicht erahnt und fand sie insgesamt düster, wenn auch absolut realisitisch. Eine Prise schwarzen englischen Humors konnte ich auch finden und mochte die recht scharfsinnigen Gedanken von Grace, das Romanende allerdings lässt den Leser mit dem Wetterwechsel in England des Jahres 1976 ebenfalls ein wenig 'im Regen stehen' und war mir zu abrupt. Eine Art 'roter Faden' fehlte auch mir und ich fasse den Roman als eine Art Gesellschaftskritik zusammen, der auch satirisch-realisitische Bezüge zur Gegenwartsgesellschaft hat, deren Fassade oft glatt und sauber ist, sich jedoch tiefe Abgründe dahinter verbergen können, die alles andere als offensichtlich sind.
Hier ist es ein "dazugehören wollen" - doch um jeden Preis?

Fazit:

Ein Roman, der etwas schwarzhumorig ist, in der Perspektive zweier 10jähriger englischer Mädchen erzählt wird und durch schonungslose Ehrlichkeit punktet, was Vorurteile, Ausgrenzung und Mobbing betrifft und welche Rädchen sie zum Rollen bringen können. Nicht alle Handlungsstränge waren für mich von Belang und Wichtigkeit, was das Zusammenreimen der vielen Fäden und Figuren zuweilend etwas anstrengend machte. Das Ende lässt viele Fragen offen, z.B. der zur Rehabilitation Walter Bishops - ob es die überhaupt gab? Ich vergebe 3 Sterne und 77° auf der "Belletristik-Couch".

Veröffentlicht am 22.04.2017

Die Liebe zum Regen - oder der Mut zum Neuanfang...

Die Liebe zum Regen
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"Die Liebe zum Regen" von Claire Hoffmann erschien (Paperback) 2017 im Diana-Verlag. Es handelt sich um das Début der Autorin, die auf sehr unterhaltsame Weise aus dem (durchaus wandelbaren) Leben der ...

"Die Liebe zum Regen" von Claire Hoffmann erschien (Paperback) 2017 im Diana-Verlag. Es handelt sich um das Début der Autorin, die auf sehr unterhaltsame Weise aus dem (durchaus wandelbaren) Leben der 57jährigen Vera Klapproth erzählt...

"In Veras wohlgeordnetem Leben bricht aus heiterem Himmel das Chaos ein. Hals über Kopf flüchtet sie nach England - als Au-pair. Ziemlich gewagt mit 57 Jahren. Doch auch in London ist die Welt nicht heil. Drei eigensinnige Mädchen machen es ihr alles andere als leicht, der Vater glänzt durch Abwesenheit, und sie spürt, dass die Familie ein Geheimnis hat. Als Vera beschließt dahinterzukommen, muss sie erkennen, dass sich auch ihre eigenen Wahrheiten nicht ewig vertagen lassen." (Quelle: Buchrückentext)

Vera ist mit Gernot, einem verknöcherten, etwas egozentrischen und sehr unaufmerksamen Richter, seit vielen Jahren verheiratet. Einerseits mag sie (Zitat) "das bequeme Leben an seiner Seite", die Restaurantbesuche jeden Montag und die Sicherheit, die sie durch ihre Ehe mit ihm erfährt; andererseits weiß sie, dass sie einen hohen Preis zahlt: Den der Anpassung.

Sie gerät etwas ins Wanken, als Gernot ihr eröffnet, dass er eine lange Auszeit in Afrika verbringen will; als ein Mädchen ihr den flyer einer Au-Pair Agentur für Grannys in die Hände drückt. Sie ergreift die Chance, die sich ihr bietet und verlässt bereits am nächsten Tag das Haus; Ziel: London und die Familie Hastings.

Dort nimmt sich Zoe, die jüngste Tochter, Vera an - mit dem Wissen, dass das neue Kindermädchen von Ruby und vor allem Amanda, ihren ältesten Schwestern, nichts Gutes zu erwarten hat.... Die kleine Zoe ist die sympathischste Romanfigur und ist mit ihren 5 Jahren sehr klug und einfach liebenswert: Die mittlere Schwester steht etwas im Schatten von Amanda (14), die in der Familie die Mutterrolle übernommen hat. Bis zur Romanhälfte wird nun in allen Nuancen geschildert, welche Machtkämpfchen sich Vera, die entschlossen ist, sich hier durchzubeißen, mit Amanda liefert. Sie spürt allerdings auch, dass sich ein Unverständnis in ihr breit macht, da die Situationsschilderung, wo denn die Mutter abgeblieben ist, vehement ausbleibt. Diese Frage, die um die Mutter der drei Mädchen kreist, ist auch ein Kernpunkt des Romans, der letztendlich zum Schluss zur Auflösung gebracht wird.

Ab diesem Zeitpunkt stellt sich Vera demonstrativ auf die Seite der Kinder und das Blatt wendet sich: Ein wenig hat mich der zweite Teil des Romans (der mir erheblich besser gefiel als die erste Hälfte) an eine Art Remake von "Mary Poppins" erinnert, was ich jetzt nicht negativ meine. Die Granny Au-pair ist allerdings hier etwas unruhig, da ihr gesundheitlicher Zustand nicht ganz geklärt ist....
Der Stil der Autorin, die hier ihr literarisches Début vorstellt, ist sehr unterhaltsam, gut und flüssig zu lesen; allerdings hat mich der stets sehr aufgeregte (innere) Ton Veras zuweilen etwas genervt, da die emotionalen ups and downs sich in kürzester Zeitfolge stetig abwechselten; die frühere Freundin Evelyn war da sicher aus anderem Holz geschnitzt. Dennoch gefiel mir die Entwicklung, die die recht mutige Protagonistin machte und sich aus ihrer Komfortzone bewegte. Besonders in der zweiten Hälfte des Romans, den ich Frauen in ähnlicher Situation, die Neues wagen möchten - aber sich vielleicht nicht trauen, empfehlen kann, nahm die Geschichte eine stimmige und sehr positive sowie menschliche Wendung.

Fazit:

Ein lesenswerter, erfrischend geschriebener und stimmiger Roman über eine Granny Au-pair in London, die sowohl bei Vera selbst als auch bei der Familie Hastings neue Lebensimpulse und -akzente setzt, in dem sich alle Akteure der Wahrheit stellen (müssen).Die zweite Romanhälfte gefiel mir allerdings wesentlich besser als die erste, von mir gibt es für's ansonsten recht gelunge Début 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 19.04.2017

Oma Elisabeth haut ab!

Meerblick inklusive
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"Meerblick inklusive" von Anna Rosendahl erschien als TB im Heyne-Verlag, 2017. Das Cover ist ein 'eyecatcher' und deutet auf den Zielort der Handlung bereits hin: Dünen und Strand an der schönen Nordsee, ...

"Meerblick inklusive" von Anna Rosendahl erschien als TB im Heyne-Verlag, 2017. Das Cover ist ein 'eyecatcher' und deutet auf den Zielort der Handlung bereits hin: Dünen und Strand an der schönen Nordsee, hier geht es auf die wunderschöne Insel Amrum, wo der Roman hauptsächlich verortet ist....

"Oma ist verschwunden. Nach Amrum. Dort ist Elisabeth aufgewachsen, hat die Insel aber seit dem tragischen Sturmtag vor knapp 60 Jahren nicht mehr betreten. Sogar ihrer Enkelin Meike verschweigt sie, was damals geschehen ist, dabei stehen die beiden sich sehr nahe. Und das nicht nur durch ihre gemeinsame Leidenschaft für Bücher. Meike wird von der Familie beautragt, Elisabeth wieder zurückzuholen. Als die junge Buchhändlerin auf der Fähre anlegt, ist Oma nicht da. Dafür aber Meikes eigene Vergangenheit mit der Insel - und vielleicht sogar ein Neuanfang..." (Quelle: Buchrückentext)

Die Familie Ritter reagiert sehr unterschiedlich auf das plötzliche Verschwinden von Oma Elisabeth; die Tochter weilt gerade in Spanien, Opa ist sehr enttäuscht und auch irritiert ("ohne mich ist sie doch nichts - sie wird schon wieder zurückkommen") und die Enkelin Meike, hier die Hauptprotagonistin, sehr besorgt:
Kurzerhand entschließt sie sich, einem Hinweis folgend, Oma nach Amrum zu folgen, wo sie wenige Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugendzeit einholen...

Meike, frisch getrennt von ihrem Freund Tom, der sich bereits anderweitig entschieden hat (Corinna), reserviert ein Zimmer in Norddorf und begibt sich auf die Reise nach der Spurensuche von Elisabeth, die sie sehr liebt und nicht nur die Liebe zu Büchern mit ihr teilt...

Sie mietet sich in einer schrulligen Pension einer Schweizerin ein, lernt Walter, den Feuerschamanen kennen, rettet ein Seehundbaby, fährt mit dem geliehenen Rad über die Insel, die übrigens sehr gut beschrieben wird und immer eine Reise wert ist; versandet eines Nachts in der Blauen Maus, lernt die rauen, aber herzlichen Insulaner kennen (und mögen), ganz speziell fühlt sie sich zu Barne, dem Seenotretter, magisch hingezogen.... Von Tom hingegen entfernt sie sich immer mehr und erkennt, dass er wohl nicht der Richtige für sie war...

In der Windmühle erkennt sie auf einem Foto das Bild ihrer Oma, zusammen mit anderen Menschen, die einst mit ihr aufwuchsen; durch gute Kontakte zu dem Buchhändler Joos erfährt sie mehr von der alten Geschichte, die des Rätsels Lösung ist, wo ihre Oma geblieben ist...

Über den Umweg nach Föhr findet Meike endlich ihre Oma, jedoch an einem anderen Ort als Amrum. Gegen Ende des Romans hagelt es schließlich an familiären Überraschungen, die Meike einen Entschluss fassen lässt, über den sich Barne ganz besonders, aber auch Doro, ihre beste Freundin, freuen werden...

Der Sprachstil von Anna Rosendahl ist sehr klar und einfach zu lesen; die Handlung soweit stimmig, jedoch vieles war mir persönlich zu vorhersehbar. Ansiedeln würde ich den Roman im Bereich Liebes- und Frauenroman; auch sind darin positive emanzipatorische Entwicklungen (eine mit 29 Jahren, die andere reichlich spät, aber nicht zu spät ;) erkennbar, die mir gefallen haben. Ein "Wohlfühlroman", der sicher im Urlaub (an der Nordsee, auf Amrum, aber auch anderswo) auf unterhaltsame Weise zu lesen ist, mir jedoch Tiefe fehlte. Die Verwechslung eines Namens (es geht um die Freundin von Ex-Freund Tom) ist ein Lapsus, der so nicht vorkommen sollte - und (auch im Lektorat) vermeidbar gewesen wäre.

Fazit:

Frauen- und Liebesroman mit hohem Unterhaltungsfaktor, nette Handlung mit emanzipatorischen Zügen, Familiengeheimnisse, jedoch wenig Tiefgang. Ich vergebe 3 Sterne und hoffe, das Lektorat wird den Fehler vor der 2. Auflage berichtigen können.

Veröffentlicht am 27.03.2017

Hotel du Barry oder der Mikrokosmos des "Labyrinth"

Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel
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Das Romandébut "Hotel du Barry" oder das Findelkind in der Suppenschüssel" von Lesley Truffle erschien als HC 2017 im Verlag HarperCollins, Germany.

"Im berühmten Hotel du Barry lebt Cat in ihrer eigenen ...

Das Romandébut "Hotel du Barry" oder das Findelkind in der Suppenschüssel" von Lesley Truffle erschien als HC 2017 im Verlag HarperCollins, Germany.

"Im berühmten Hotel du Barry lebt Cat in ihrer eigenen Welt. Am liebsten schwänzt die Ziehtochter des Hoteldirektors ihre Ballettstunden, um in der Bibliothek zu schmökern. Oder sie schnappt sich ihr Notizbuch oder forscht in den labyrinthischen Gewölbekellern nach ihrer eigenen Geschichte. Jemand hat sie damals hier zurückgelassen - und sie wäre keine echte du Barry, wenn sie diesem Rätsel nicht auf die Spur kommen könnte. Doch als ein tragischer Unfall die Londoner Oberschichte in Aufruhr versetzt, besteht bald kein Zweifel: Hier gehen gefährlichere Dinge vor sich, als die makellose Hotelfassade vermuten lässt...." (Quelle: Klappentext)

Meine Meinung:

Die Geschichte beginnt mit einem Baby an der Wäscheleine, das von Mary Maguire, einem Hausmädchen des Hotels gefunden wird. Das Personal berät sich kurzerhand und wechselt sich mit der Betreuung des kleinen Mädchens ab, um es nicht der öffentlichen Jugendhilfe anheimgeben zu müssen...
Eines Tages wird es zum Schlafen in die silberne Suppenschüssel gelegt, die für den Direktor, Daniel du Barry, bestimmt ist: Wird Mary das Mädchen als eigene, uneheliche Tochter ausgeben? Wie wird der Direktor reagieren? Da Daniel du Barry ein wahrer Gentleman ist (für mich die sympathischste Figur von allen), adoptiert er kurzerhand das kleine Mädchen, das fortan unter dem Namen Caterina Anastasia - Kurzform Cat - im Hotel aufwächst. Das Hotelpersonal ist entzückt, da Cat ein neugieriges, wenn auch sehr schläfriges Kind ist, das gerne lernt und sich am liebsten in der Bibliothek des "Vaters" bedient... Einzig Edwina Lamb, die um ihr eigenes Wohl am meisten bedacht ist und eine Art viktorianisches Gehabe dem Dienstpersonal entgegenbringt, ist weniger gut auf die Ziehtochter zu sprechen: Statt Ballettstunden zu nehmen und die Etikette der Oberschicht zu erlernen, um später "eine gute Partie" zu machen - möglichst noch mit Adelstitel - ist Cat viel lieber in ihrer geliebten "Familie" bei Mary Mary, Bertha, Sean, Jim, Henri und den Zimmermädchen, die sie gemeinsam großziehen. Später wird sie sich der Kunst verschreiben und wird nach dem tragischen Unfall, der sich auf dem Hoteldach abspielte, von Edwina, die nun das Imperium leitet (wann immer dazu Zeit ist, da zwischenmenschliche Kontakte und Sex allerorten immer die höchste Priorität ist, und dies nicht nur bei ihr), wo es dieser möglich ist, gegängelt.

Während einige Hotelangestellte - so z.B. Sebastian, erst einmal abwandern, bleiben andere wie z.B. Jim Blade, der auf alles immer ein Auge hat als Hoteldetektiv, um mit Cat gemeinsam herauszufinden, was sich tatsächlich am Tag des Unfalls im Hotel ereignet hat...

Der Schreibstil ist zuweilen bissig, sarkastisch und eingängig zu lesen. Ein ironischer Unterton ist mit Humor gepaart, allerdings kam die Geschichte für mich nicht so schnell 'in Fahrt'. Das erste Romandrittel langweilte mich und ich quälte mich etwas durch die Seiten, die eine mondäne Welt beschreiben, in der viele Charaktere irgendwie für mich an der Oberfläche blieben - ebenso wie ihr Verhalten. Ich konnte mich den Figuren nicht nähern, sie blieben zumeist Fremde, auch die Hauptprotagonistin selbst. Einzig Daniel du Barry, vermögender Hoteldirektor mit einem ausgeprägten Faible für die Unterstützung ärmerer Gesellschaftsschichten, Obdachloser schien mir recht sympathisch. Allerdings ist auch hier die Geschichte so angelegt, dass es fast eine Karrikatur ist, wenn etwa ein Hoteldirektor ein Weihnachtsfest vor der Hoteltür für alle Bedürftigen und Obdachlosen der Stadt gibt - etwas dick aufgetragen.
Der Unterhaltungswert ist hoch; plätscherte die Beschreibung alles Möglichen (einschließlich der Beziehungen innerhalb des Personals) so vor sich hin wie das Wasser der Themse, so erhöhte sich der Spannungsfaktor nach dem Unfall doch noch: Was war wirklich an dem fraglichen Abend passiert?

Um dies herauszufinden, müssen sich einige Verbündete Cats, allen voran Mary, Jim, Bertha und Sean sehr anstrengen, die Wahrheit ans Tageslicht zu zerren; sie bedienen sich dazu makabrer, aber sehr wirkungsvoller Mittel....

Gelungen ist es der Autorin, die Welt des Hotels immer wieder wie ein (eleganter) Mikrokosmos zu beschreiben, so etwa das mondäne Dachcafé, das nach Plänen der Medicis vergleichbar angelegt wurde. Eine gewisse Schlüpfrigkeit, erotische Passagen sind während des gesamten Romans zu finden; der Schreibstil ist stellenweise ironisch-heiter, auch komisch und transportiert neben den Dialogen (einige von ihnen haben schon was ;) auch die nicht minder witzigen Gedankengänge der jeweiligen Akteure.

Fazit:

Ein Roman mit sehr hohem Unterhaltungswert, der den Mikrokosmos inclusive halbseidener Gestalten eines Luxushotels beschreibt sowie das detektivische Gespür einer jungen Frau, die an einer Wäscheleine zurückgelassen wurde. Da mir hier trotz Komik und Humor doch sehr eine Sinnhaftigkeit und Tiefgang fehlen; die Figuren für mich nicht wirklich erkennbar waren und doch einiges an der Oberfläche blieb, gebe ich 3 Sterne - wobei 1 Stern dem Schreibstil von Lesley Truffle gewidmet ist; 2 Sterne für die Romanhandlung - das Potential ist jedoch sicher noch ausbaufähig.