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Veröffentlicht am 04.07.2021

Die Rache des „Gehängten“

SCHULD! SEID! IHR!
5

Hauptkommissar Rolf Degenhardt steht vor einer seltsamen Situation: Innerhalb von wenigen Tagen ist er mit zwei Selbstmorden konfrontiert, die auf den ersten Blick weder in Zusammenhang miteinander stehen, ...

Hauptkommissar Rolf Degenhardt steht vor einer seltsamen Situation: Innerhalb von wenigen Tagen ist er mit zwei Selbstmorden konfrontiert, die auf den ersten Blick weder in Zusammenhang miteinander stehen, noch als Verbrechen deklariert werden müssen – allerdings nur auf den ersten Blick. Denn beide Männer – ein Obdachloser ehemaliger Ingenieur und ein pensionierter Polizist – starben unter größten Qualen an einer Vergiftung. Zusätzlich stellen Degenhardt und sein Team bei beiden Opfern Tarotkarten fest, die sich auf erstaunliche Weise ähneln. Zufall oder Absicht? Und sind noch mehr Menschen in Gefahr?

„SCHULD! SEID! IHR!“ ist das zweite Buch des Autors Michael Thode, der sich um das Ermittlungsteam rund um Hauptkommissar Rolf Degenhardt dreht. Zwar gibt es an einigen Stellen Anspielungen auf den ersten Band „Das stumme Kind“, liest sich jedoch unabhängig von diesem, da der Autor dem Leser alle notwendigen Informationen gibt, um die aktuelle Geschichte problemlos zu verstehen. In mir wurde dennoch die Neugier auf die vorhergehenden Ereignisse geweckt und es hinterließ mich leider etwas unzufrieden, dass diese nicht kurz erläutert wurden.

Sehr gut gefallen haben mir indes der spannende, treibende Schreibstil des Autors sowie die Idee hinter dem Gesamtkonzept, das Buch in verschiedene Akte mit Hauptdarstellern wie in einem Theaterstück aufzubauen. Das fand ich sehr kreativ und interessant. Passend dazu die sechs Striche auf dem Cover, das somit in seiner Schlichtheit einen schönen Bezug zum Inhalt schafft. Ebenfalls toll waren die kurzen Kapitel mit ständigen Perspektivwechseln zwischen Täter, Opfer und Ermittler sowie die Rückblenden in die Zeit der auslösenden Ereignisse. Diese ständigen Wechsel haben mich nicht nur permanent mitdenken lassen, sondern auch das Tempo der Handlung permanent erhöht. Durch den Einblick in die Sicht des Täters wird dem Leser dessen Motiv und Emotionen ersichtlich und man fiebert darauf hin, dass all diese Perspektiven schlussendlich aufeinandertreffen. Auch interessant fand ich die Kapitel mit sachlichen Erläuterungen zum Tarotspiel.

Das Buch beginnt mit einem rätselhaften und bereits grausamen Prolog. Sofort war mein Interesse geweckt, wie diese Geschichte aus der Vergangenheit mit den Geschehnissen in der Gegenwart zusammenhängt. Erst danach beginnen das streng durchgeplante Vorgehen des „Gehängten“ und seine Unterteilung in sechs (Rache-)Akte. Im Folgenden wechselt die Handlung zwischen Gegenwart und Vergangenheit, der Perspektive des Täters, der verschiedenen Opfer und der Ermittler. Teilweise schweift die Handlung weg vom eigentlichen Fall, in anderen Passagen liegt der Fokus eindeutig auf den polizeilichen Ermittlungen des Teams rund um Rolf Degenhardt, aus dessen Privatleben der Leser ebenfalls Einblick erhält – insgesamt wurden hier sehr viele unterschiedliche Handlungsstränge geschaffen, die aber nicht alle am Ende zusammengeführt und gelöst wurden. Gerade der private Bezug Degenhardts sowie die Abteilungsinternen Querelen seines Teams werden so für das Folgebuch des Autors noch von Relevanz sein. Für meinen Geschmack hätte der Fokus auch komplett auf dem Fall bleiben können, so kamen mir an manchen Stellen die Ermittlungsarbeit sowie deren Hintergründe etwas zu kurz. Insgesamt fand ich den Spannungsbogen dennoch gelungen und auch wenn bereits zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt der Täter enttarnt war und sein Motiv offen gelegt hat habe ich die Geschehnisse noch aufgeregt weiterverfolgt um herauszufinden, ob er sein Ziel erreichen wird oder ob die Polizei schneller sein wird. Gerade diese Einblicke in seine Psyche haben mich verstärkt mitfiebern lassen. So war auch das Ende des Buches wenig überraschend und kein fulminanter Showdown, aber das hat es meiner Meinung auch nicht gebraucht – das Ende war schlüssig und stimmig und darauf kommt es mir persönlich an. Etwas unbefriedigt zurückgelassen haben mich doch noch einige offene Fragen zum Ende, die nicht mehr aufgeklärt wurden. Auch waren es für meinen Geschmack zu viele Anspielungen auf das Vorgängerbuch.

Insgesamt hat mir „SCHULD! SEID! IHR!“ gut gefallen, vor allem der strukturierte Aufbau der Handlung und die Anspielungen auf ein Theaterstück habe ich als sehr kreativ empfunden. Für mich war es eine Mischung aus Krimi und Thriller, da zunächst mehr Wert auf die Ermittlungsarbeit und gegen Ende erst auf Spannung gelegt wurde. Auch wenn ich mir am Ende einige Antworten mehr erhofft habe hatte ich dennoch tolle Lesestunden und konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 13.06.2021

Bezaubernder Schreibstil

Tage mit Gatsby
2

Wer kennt ihn nicht – den „großen Gatsby“ des berühmten amerikanischen Autors F. Scott Fitzgerald? Kaum ein Buch hat die Atmosphäre und das Lebensgefühl der „Roaring Twenties“ so eingefangen, wie dieses. ...

Wer kennt ihn nicht – den „großen Gatsby“ des berühmten amerikanischen Autors F. Scott Fitzgerald? Kaum ein Buch hat die Atmosphäre und das Lebensgefühl der „Roaring Twenties“ so eingefangen, wie dieses. Doch wie kam es zu dem Roman und was steckt dahinter? Dieser spannenden Frage hat sich die Autorin Joséphine Nicolas in ihrem Erstlingswerk „Tage mit Gatsby“ gewidmet. Ihren Ansatz, die Geschichte hinter der Geschichte zu erzählen finde ich wahnsinnig interessant und faszinierend - eine Art Entstehungsgeschichte mit realen Bezügen als Buch.

Beim Lesen wird deutlich spürbar, wie viel Herzblut und Recherche in diesem Buch steckt: Joséphine Nicolas hat sich intensiv mit dem Leben Zelda Fitzgeralds und der damaligen Zeit auseinandergesetzt und besitzt hier eine große Kompetenz. Unter anderem hat sie sogar sämtliche Orte, an denen das Buch spielt, bereist und sich stark an der damaligen Korrespondenz der Fitzgeralds orientiert. Teilweise konnte ich allerdings nur schwer einordnen, was auf wahren Begebenheiten beruht und was im kreativen Schaffungsprozess fiktiv ausgeschmückt wurde. Insgesamt hat das Buch mich aber sehr neugierig auf das Leben des Glamour-Paares Fitzgerald gemacht, so dass ich sehr motiviert war, im Anschluss selbst über das Leben der echten Zelda nachzuforschen. Erleichtert wurde dies durch die umfassende Literaturauflistung am Ende des Buches.

Besonders hervorheben möchte ich jedoch die Sprache des Buches: Joséphine Nicolas hat es geschafft, mich mit ihrem wunderschönen Schreibstil absolut zu verzaubern! Selten habe ich so einen mitreißenden Umgang mit Sprache erlebt, der mich absolut in seinen Bann gezogen hat. Davon abgesehen, dass er sehr zeitgemäß für die zwanziger Jahre ist empfand ich ihn als sehr durchdacht, filigran und künstlerisch, beinahe schon poetisch. Es wird aus Zeldas Perspektive erzählt, so dass der Leser tiefe Einblicke in ihre fragile Persönlichkeit und manchmal etwas weltfremde Wahrnehmung erhalten. Die Dialoge im Stil der damaligen Zeit sind ebenfalls gelungen und gespickt mit wunderschönen Zitaten. Auch durch ihre anschaulichen und bisweilen schillernden Beschreibungen der Lebensumstände der Fitzgeralds, wie z.B. deren Partys und Shoppingtouren, aber auch von Landschaften und Räumlichkeiten hat mich die Autorin in die zwanziger Jahre zurückgebeamt. Lediglich das Cover hätte ich nicht auf Anhieb dorthin verortet. Es passt zwar optisch gut zum Kapitel in Südfrankreich, ist aber ehrlich gesagt nicht mein Stil und ich hätte wohl auch nicht zugegriffen, wenn ich es in einer Buchhandlung ausliegen gesehen hätte. Beim weiteren Fortschreiten des Buches wird die tiefe Melancholie Zeldas immer deutlicher, die Gesamtstimmung wird beklemmend, so dass der Leser das Unglück zum Ende deutlich heranziehen spürt, ohne dass dies explizit benannt wird. Besonders hervorzuheben ist hier der Epilog, der das Schicksal der wahren Zelda auf kunstvoll-tragische, aber auch wieder nur auf implizit-sensible Weise darlegt.

Was für meinen Geschmack aber leider zu kurz kam war der eigentliche Inhalt: Für ein Buch von 400 Seiten ist irgendwie doch recht wenig wirklich passiert, Zeldas Leben dreht sich irgendwie im Kreis und erfährt viele Redundanzen. Wo ich die Beschreibungen ihrer Beziehung zu Scott, Festivitäten und Gedanken anfangs noch faszinierend fand, wurden deren Wiederholungen gegen Ende hin eher ermüdend. Viele Szenen und Begebungen ähneln sich stark. Auch die ständigen Dispute des Paares waren auf Dauer etwas langatmig. Insgesamt hätte für meinen persönlichen Geschmack das Erzähltempo schneller sein könnten, so wirkte sie eher handlungsarm. Zeldas affektiert-naive Art und Scotts Arroganz empfand ich auf Dauer als störend, beide wurden mir im Verlauf des Buches immer unsympathischer – ich konnte leider keinen richtigen Zugang zu den Protagonisten entwickeln. Weitere Personen sind eher blasse Randfiguren geblieben, ich konnte relativ wenig mit den meist kurzen Begegnungen anfangen.

Insgesamt bleibt mir „Tage mit Gatsby“ aber schon als interessanter Roman im Gedächtnis, der mir das wilde Leben von Zelda und Scott Fitzgerald in den zwanziger Jahren nahe gebracht und mir Lust darauf gemacht hat, mich näher mit dieser Zeit zu befassen. Die Entstehungsgeschichte des „großen Gatsby“ aus andere Sicht zu betrachten war spannend und ich möchte das Buch nun unbedingt noch einmal mit diesen neuen Eindrücken im Hinterkopf lesen. Das eigentlich Herausragende ist aber der wunderschöne Schreibstil, der die überschaubare Handlung absolut wieder wettmacht. Das Lebensgefühl der „Roaring Twenties“ wurde perfekt transportiert und ich habe die bildhaften Beschreibungen und den außergewöhnlichen Umgang mit Sprache der Autorin sehr genossen.

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  • Cover
  • Geschichte
Veröffentlicht am 02.05.2021

Eine mutige alte Frau geht ihren Weg

Als wir uns die Welt versprachen
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Edna ist eine fast 90jährige rüstige alte Dame, die mit Papagei Emil zurückgezogen in einem kleinen Dorf in Südtirol lebt. Keiner der Dorfbewohner ahnt, dass Edna in ihrer Kindheit schreckliches erleben ...

Edna ist eine fast 90jährige rüstige alte Dame, die mit Papagei Emil zurückgezogen in einem kleinen Dorf in Südtirol lebt. Keiner der Dorfbewohner ahnt, dass Edna in ihrer Kindheit schreckliches erleben musste, da sie von ihrer Familie als sogenanntes „Schwabenkind“ über die Alpen nach Deutschland verkauft wurde, um bereits als 10jährige Schwerstarbeit auf einem schwäbischen Bauernhof zu leisten. In diesen harten Monaten hat sich eine enge Freundschaft mit Jacob aufgebaut, einem Jungen, der sich um sie gekümmert und sie so gut es geht beschützt hat. Damals haben sich die geschworen, zusammen fliehen – gelungen ist es nur Edna. Als die alte Dame Edna nun Jacobs Foto in einer Zeitung sieht, fühlt sie sich an das alte Versprechen gebunden und rüstet sich zum Aufbruch: Sie möchte Emil Jacob zurückbringen und dafür ist ihr kein Weg zu weit oder zu steinig – selbst der der Schwabenkinder über die Berge nicht.

„Als wir uns die Welt versprachen“ von Romina Casagrande ist ein berührender Roman, der zwei Geschichten in einer vereint: Die der jungen Edna aus der Zeit als Schwabenkind und die der alten Edna auf ihrer Reise zurück nach Ravensburg. Der Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart liest sich angenehm, auch wenn zu Beginn eines neuen Kapitels zunächst nicht eindeutig klar ist, in welcher Zeit wir uns gerade befinden. Das in Sepia gehaltene Bild des kleinen Mädchens passt sehr gut dazu, man kann sich gut vorstellen, dass es sich dabei um das Foto aus dem Buch handelt. Auch gut gefällt mir die abgedruckte Karte, die ebenfalls eine große Rolle in der Geschichte spielt. Ich hatte viel Freude dabei, anhand dieser Ednas Weg nachzuvollziehen.

Der Schreibstil der Autorin ist zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig und ich habe dadurch etwas gebraucht, bis ich wirklich in die Geschichte eintauchen konnte. Vieles wird nur angedeutet und die vielen zusätzlichen Einschübe in Klammern waren so zahlreich, dass sie den Lesefluss etwas beeinträchtigt haben. Auch wirkt das Erzähltempo aufgrund des Schreibstils mit vielen Detailbeschreibungen irgendwie sehr langsam. Dies passt zwar zur Sichtweise der alten Dame, für meinen Geschmack hätte die Story aber an einigen Stellen schneller voranschreiten dürfen. Mit der Zeit habe ich mich aber an den etwas anderen Schreibstil gewohnt und mich nicht mehr daran gestört.

Der Erzählstrang aus der Vergangenheit ist der Autorin sehr gut gelungen. Das Mädchen Edna berichtet in ihrer naiven Art von den schlimmen Geschehnissen auf dem Hof, durch ihre kindliche Erzählweise wirken trotz ihres Schreckens beinahe alltäglich. Die Szenen auf dem Hof haben mich tief erschüttert, vor allem weil sie auf der wahren Geschichte der „Schwabenkinder“ beruhen, über die es meiner Meinung nach viel zu wenig Aufklärung gibt. Ihr Schicksal hat mich unheimlich erschüttert und traurig gemacht.

Wo der Vergangenheitsstrang durch seine grausame Authentizität überzeugt, desto unglaubwürdiger wirkt der aus der Gegenwart. Auch wenn es amüsant zu lesen war, so halte ich es doch für überzogen, dass eine fast 90jährige alleine mit einem Papagei den Weg über die Alpen geht, ohne dabei aufzufallen oder zusammenzubrechen. Natürlich erhält sie Hilfe von verschiedensten Leuten, überwindet eigene Vorurteile und lernt dabei viele Lebensweisheiten, aber an vielen Stellen wirkte die Wanderung dann doch zu konstruiert, um noch realistisch zu sein. Trotzdem sind der Trip und ihre Begegnungen sehr unterhaltsam. Das Ende hingegen hat mich traurig hinterlassen. Es ist emotional, irgendwie aber auch stimmig. Vieles bleibt ungesagt, aber Edna schließt ihren Frieden mit ihrem Schicksal. Dieses Ende hat mich sehr berührt, auch aufgrund seiner gnadenlosen Ehrlichkeit – der Kreis hat sich geschlossen.

Der alten Dame Edna stand ich bis zum Ende hin etwas zwiespältig gegenüber. Einerseits hatte ich das Gefühl, dass sie nicht mehr vollkommen klar denken kann, stark in der Vergangenheit lebt und darüber hinaus ihre körperlichen wie geistigen Fähigkeiten überschätzt. Andererseits bewundere ich sie für ihren Mut, ihre Hartnäckigkeit und Entschlossenheit, das Versprechen Jacob gegenüber einzuhalten. Auch ist sie sehr tolerant, wundert sich zwar über die seltsamen Menschen, die ihr auf ihrer Reise begegnen, gibt aber jedem eine Chance und sieht das Gute in ihnen. Dadurch werden beiderseits Vorurteile abgebaut und generationsübergreifende Lebensweisheiten ausgetauscht.

Insgesamt hat mir das Buch trotz einiger unrealistischer Begebenheiten gut gefallen, gerade die Botschaften hinter den Worten waren so wahr und wichtig. Die alte Edna macht Mut, seinen Weg zu gehen und anderen Menschen offen zu begegnen und ihnen zuzuhören. Insbesondere hat mich aber die Thematik der Schwabenkinder nachhaltig beschäftigt. Meiner Meinung nach ist die Zeit der Schwabenkinder ein sehr dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, von deren Schicksal jeder gehört haben sollte. Super, dass in „Als wir uns die Welt versprachen“ mithilfe eines fiktiven Romans gleichzeitig geschichtliche Aufklärung stattfindet.

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Veröffentlicht am 07.04.2021

Kurzweilige Geschichte über eine verrückte Vater-Tochter-Hunde-WG

Die Liebe ist ein dicker Hund
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Franzi versteht die Welt nicht mehr! Da ist sie endlich mit ihrem Mann Manolito in ihr Traumhaus gezogen und steckt mitten in der liebevollen Renovierung der Immobilie, schon kommt die Hiobsbotschaft: ...

Franzi versteht die Welt nicht mehr! Da ist sie endlich mit ihrem Mann Manolito in ihr Traumhaus gezogen und steckt mitten in der liebevollen Renovierung der Immobilie, schon kommt die Hiobsbotschaft: Manolito steckt in einer Lebenskrise, von der Franzi nichts mitbekommen hat, und flüchtet in einer Nacht-und-Nebel-Aktion für mehrere Monate in ein Kloster nach Nepal, um sich selbst zu finden! Neben einem großen Berg Schulden für das Haus, einem leergefegten Bankkonto und einem großen Schock bei Franzi lässt er auch seine Leonberger Hündin Andromeda, die er gegen Franzis Willen unbedingt anschaffen wollte, zurück. Eigentlich macht sich Franzi nichts aus Hunden, aber als Leidensgenossen halten sie und Andromeda/Andi zusammen und bilden schon bald ein tolles Team. Denn Franzi hat sich fest vorgenommen, ihr Traumhaus zu behalten! Doch dazu muss Geld her – und ihr Vater stellt sich als vorübergehende Lösung heraus. Denn dieser zieht nach einem Streit mit Franzis Mutter bei ihr ein – das lustige Chaos in dieser ungleichen Vater-Tochter-Hund-WG ist also vorprogrammiert. Und dann gibt es ja auch noch den attraktiven neuen Nachbarn Mick und seinen eleganten Dalmatiner-Rüden Pongo, die den beiden Damen der WG nicht mehr aus den Köpfen gehen…

Ich liebe Hunde und dementsprechend hat mich das Cover direkt gecatcht. Der gestreifte Hintergrund lässt zudem auf eine humorvolle Geschichte schließen, auch wenn er mir persönlich etwas zu kindisch erscheint. Auch hätte mich der Titel so nicht wirklich angesprochen.

Lustig finde ich die verschiedenen Zwischenüberschriften der einzelnen Kapitel. Diese sind noch dazu kurz gehalten und somit angenehm zu lesen. Der Schreibstil der Autorin ist ebenfalls sehr ansprechend, sie schreibt sehr realistisch und vor allem unglaublich humorvoll. Es gab sehr viel Situationskomik und Stellen, bei deren leicht überzogener Beschreibung ich laut auflachen musste. An einigen Stellen bin ich allerdings leider etwas über die unklare Darstellung zeitlicher Abläufe gestolpert, manche Zeitsprünge waren auf den ersten Blick nicht sofort als solche erkennbar, was zu Verwirrung geführt hat.

Die Geschichte an sich ist relativ kurz, aber auf das Wesentliche beschränkt. Der Leser hat einen umfassenden Ausschnitt aus dem Leben einer jungen Frau bekommen, die sich gerade in einer maximal schwierigen Phase befindet. Mir hat gut gefallen, dass der Fokus weniger auf der Liebesgeschichte zwischen Franzi und ihrem Nachbarn lag, sondern darauf, dass sie ihr chaotisches Leben neu ordnet und in den Griff bekommt. Natürlich haben dazu (etwas zu) viele Zufälle beigetragen und es war vorhersehbar wie sich alles perfekt gefügt hat, aber angesichts der locker-leichten Grundstimmung des Buches konnte ich darüber hinwegsehen. Besonders gut gefallen hat mir, wie die Hunde in die Geschichte eingebunden wurden und diese mitgestaltet haben. Auch gab es einige rührende Szenen der liebevollen Vater-Tochter-Beziehung, die ich als sehr authentisch und einfach nur schön empfunden habe.

Sowieso hat mir die Figurenzeichnung ausgesprochen gut gefallen: Die verschiedenen Charaktere sind so facettenreich und glaubwürdig ausgearbeitet, dass der Leser sie sofort ins Herz schließt. Die einzige Ausnahme dabei ist Antagonist Manolito, der mir persönlich zu egoistisch und selbstbezogen dargestellt wurde, um noch glaubwürdig zu sein.
Franzi hat mir in der Seele leidgetan und auch wenn ich ihre besonnene, ruhige Reaktion auf die Geschehnisse nicht nachvollziehen konnte passen diese gut zum Charakter, als der sie im Folgenden beschrieben wird. So ganz konnte ich nicht verstehen, warum sie Manolito überhaupt geheiratet hat, da ich keinen Moment auch nur irgendeine Verbundenheit zwischen den beiden gespürt habe. Insgesamt hat sie manchmal zu viel Verständnis gezeigt und sich klein gemacht, war in anderen Situationen dann aber wieder taff. Wunderbar fand ich aber die Annäherung an Andi/Andromeda und wie rührend sie sich um den Hund gekümmert hat. Sie und ihre kleine Familie konnte man nur ins Herz schließen! Mein absoluter Lieblingscharakter war aber Papa Gerhard! Diese "spezielle", aber sehr liebenswerte Figur mit dem Herz am rechten Fleck war einfach wahnsinnig gut beschrieben. Mit seiner manchmal etwas unbeholfen, trotteligen Art war er sehr lebensnah dargestellt und einfach nur zum kaputt lachen!

Ich hatte eine sehr kurzweilige Lesezeit mit „Die Liebe ist ein dicker Hund“ und fand die Idee zur Story kreativ und vor allem sehr humorvoll umgesetzt! Es war für mich eine locker-leichte Lektüre zum Entspannen und Abschalten.

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Ein Nachahmungstäter auf Langeoog

Ostfriesenzorn
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Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen steht vor einem neuen Rätsel: Offenbar hat es ein verrückter Mörder auf unschuldige Urlauberinnen abgesehen. Er geht dabei jedes Mal anders, aber stets sehr geplant vor, ...

Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen steht vor einem neuen Rätsel: Offenbar hat es ein verrückter Mörder auf unschuldige Urlauberinnen abgesehen. Er geht dabei jedes Mal anders, aber stets sehr geplant vor, ein Motiv ist nicht zu erkennen und bald ist er in der Presse als der „Langeoog-Killer“ bekannt. Doch auch hier durchbricht er wieder sein Muster und verlässt die Insel bald für seine Taten. Ann Kathrin und ihr Team stehen vor einem großen Rätsel, da bietet sich Hilfe von unverhoffter Seite an: Dr. Bernhard Sommerfeldt meldet sich aus dem Gefängnis bei Ann Kathrin: Offenbar ist der Mörder sein glühender Fan und unterrichtet ihn stets als erstes von seinen Taten. Sommerfeldt bietet seine Hilfe bei der Ergreifung an, doch Ann Kathrin ist sich unsicher: Einerseits könnte die Verbindung der beiden Mörder zur Ergreifung führen und somit weitere Straftaten vermeiden. Andererseits müsste sie Sommerfeldt vertrauen, dass er die Chance nicht nutzt, um aus dem Gefängnis zu fliehen. Eine hoch moralische Frage für die Ermittlerin…

Bereits optisch sind die CD´s zu „Ostfriesenzorn“ ein echter Hingucker: Das Cover ist schlicht, versprüht aber direkt Urlaubsfeeling; hat durch die dunklen Wolken aber auch etwas Bedrohliches. Schön finde ich auch, dass die fünf Einzel-CDs alle unterschiedliche, aufeinander abgestimmte Farben haben. Das beigelegte Booklet ist hilfreich zum Einschätzen der Länge und Anzahl der einzelnen Kapitel.

Ich finde es super, aber auch sehr mutig von Autor Klaus-Peter Wolf, dass er das Hörbuch selbst einspricht und es somit zu einer Autorenlesung macht. Und genau das gibt dem Hörbuch etwas Besonderes, es lässt es sehr persönlich wirken. Ich mag Wolfs Stimme sehr, sie ist ruhig und unaufgeregt, das Zuhören macht großen Spaß. Besonders schön finde ich seine pointierte Sprechweise, besonders an humorvollen stellen. Das leichte Lispeln macht mir Klaus-Peter Wolf noch zusätzlich sympathisch, eine sehr authentische Lesung!

„Ostfriesenzorn“ ist bereits der 15. Band von Klaus-Peter Wolfs beliebten Ostfriesenkrimis und vereint dort alle aus den Vorgängern bekannten Personen mit dem Protagonisten der „Dr. Sommerfeldt“-Reihe. Da ich „Quereinsteiger“ in die Ostfriesenreihe bin, war ich zunächst etwas überfordert mit den vielen Personen, bin oft durcheinandergekommen und habe mir auch zahlreiche Zusammenhänge erst durch Hintergrundrecherche erarbeiten müssen. Ohne ein tieferes Verständnis für die Vergangenheit der Personen haben zu wollen wäre aber auch ein Einstiegt mit „Ostfriesenzorn“ relativ problemlos möglich.
Am Schreibstil des Autors hat mich insbesondere sein feinsinniger Humor, seine detailreiche durchdachte Figurenzeichnung und seine Ironie begeistert. Gefallen haben mir auch die verschiedenen Erzählstränge, die den Leser Einblicke z.B. in Dr. Sommerfeldts Leben hinter Gittern oder die verschrobenen Gedanken des Mörders gibt. Auch die Beschreibungen von Land und Leuten in und um Langeoog waren sehr atmosphärisch und haben direkt Fernweh in mir hervorgerufen. Die detaillierten Darstellungen auch real existierender Restaurants und Köstlichkeiten haben mir direkt das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, das war sehr bildlich und mitreißend geschrieben! Aber auch die Spannung und etwas leichter Grusel kamen nicht zu kurz – eine tolle Mischung!

Bereits der Beginn des Hörbuches versetzt mich direkt an die Nordsee: Ein herrliches Meeresrauschen setzt ein, bevor der Autor mit seiner Lesung beginnt. Die Geschichte wird langsam aufgebaut und sehr schnell gibt es bereits die erste Tote, der noch einige folgen sollten. Dazwischen wird es teilweise etwas langatmig, aber durch den folgenden Wechsel der Schauplätze und Perspektiven geraten diese Stellen eher in Vergessenheit. Am Fall selbst mochte ich die Ermittlungsarbeit von Ann Kathrin Klaasen und ihrem Team. Dadurch, dass alle Gedankengänge und offenen Punkte innerhalb des Teams diskutiert wurden konnte ich gut folgen mit miträtseln. Das Finale war dann noch einmal richtig aufregend, aber wenig überraschend. Leider blieb bis zum Ende offen, wer der Mörder war und warum er mit dem Morden begonnen hatte. Mit der Erklärung war ich nicht wirklich zufrieden. Schön finde ich den Cliffhanger, den Wolf für Dr. Sommerfeldt gewählt hat – das macht Hoffnung auf mehr!

Insgesamt hat mir „Ostfriesenzorn“ aber sehr gut gefallen und ich habe große Lust, wieder gemeinsam mit dem Autor an die Nordsee zu fahren und zu ermitteln – gerne auch im Rahmen einer Autorenlesung, die Klaus-Peter Wolf ganz wunderbar gelungen ist.

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