Traumabewältigung und Selbstfindung in poetischer Form
Klappentext:
Judith ist mit ihrer kleinen Tochter Amber aufs Land geflohen, um der Verfolgung eines Mannes zu entgehen. Sie hat im Haus der deutlich älteren Bea eine Wohnung gefunden und in Bea eine Freundin. ...
Klappentext:
Judith ist mit ihrer kleinen Tochter Amber aufs Land geflohen, um der Verfolgung eines Mannes zu entgehen. Sie hat im Haus der deutlich älteren Bea eine Wohnung gefunden und in Bea eine Freundin. Als sie Beas Aufzeichnungen über deren Erlebnisse in einer Therapiegruppe liest und gebannt verfolgt, wie Bea auf ein altes Trauma stößt und sich Schritt für Schritt daraus erlöst, tritt ihre eigene Geschichte an sie heran: die kleine Wilde, die nicht weiß, wer ihr Vater ist und ihre Mutter deshalb hasst; die durch die Gartensiedlung, in der sie aufwächst, strolcht und ihren väterlichen Freund Nathan besucht. In der Vertrautheit einer Nähe, die Halt gibt und zugleich frei lässt, erwacht die kleine Wilde zur Frau. Sie begegnet dem Schauspieler Alexander, der sie zutiefst liebt. Sie selbst aber kann nicht wirklich lieben, glaubt sie, so wie sie auch nicht wirklich fühlen kann. Als sie Nathan nach mehr als zehn Jahren wiedertrifft, kommt eine Erinnerung in ihr hoch, die ihr den Atem nimmt.
Fazit:
Als ich den letzten Satz des Klappentextes gelesen hatte, wollte ich die Erinnerung entschlüsseln, da ich schon einen Verdacht hatte. Ob sich mein Verdacht bestätigt, verrate ich hier nicht.
Natürlich fragte ich mich auch sofort, warum Judith mit ihrer Tochter auf der Flucht ist und vor allen Dingen vor wem. Dies erschließt sich erst nach und nach und ich überlegte am Schluss, ob die Reaktion von Judith wirklich gerechtfertigt war. Doch nachdem ich einige Tage nachgedacht habe, kann ich sie jetzt doch ansatzweise verstehen, denn sie hat noch einen langen Weg vor sich, um alle Verletzungen aus ihrer Kindheit und Jugend zu verarbeiten.
Bea war mir in ihrer mütterlichen und verständnisvollen Art schnell sympathisch. Auch sie hat einige Verletzungen bezüglich ihrer Weiblichkeit erlitten und eine entsprechende Therapie gemacht. Ihre Aufzeichnungen der Therapieerfahrungen stellt sie Judith zur Verfügung und reißt unbewusst bei Judith alte Wunden auf.
Mit einer sehr poetischen und bildgewaltigen Sprache wurden von der Autorin sensible Themen aufgegriffen, die unter die Haut gehen und für viele Menschen auch heute noch tabu sind. Beide Frauen müssen sich mit ihren Traumata auseinandersetzen und erfahren dabei, wie schmerzhaft es ist, sich diesen Wunden erneut zu stellen. Gerade Judith hat damit ihre Probleme und lernt erst durch Beas Hilfe über ihre schmerzhaften Erfahrungen zu reden und sich zu öffnen.
Dieses Buch ist sehr tiefgründig und lässt sich sehr gut lesen. Es gibt Einblicke in menschliche Abgründe und deren Bewältigung, ohne Anspruch auf den einzigen richtigen Weg. Ich konnte tief in Judiths Gedankenwelt und Psyche eintauchen, auch wenn ich sie nicht immer verstehen konnte.
Dieses besondere Buch sucht besondere Leser, die sich auf eher leise, poetisch-literarische Texte einlassen können und Sprache und Bilder genießen wollen, ohne sich von der eher schweren Kost abschrecken zu lassen. Ich habe mich ganz bewusst auf dieses Buch eingelassen und bin jetzt froh, dass ich es entdeckt habe und lesen konnte. Mich hat es bereichert und nachdenklich zurückgelassen. Dieser Roman ist geeignet für Leser, die den Mut haben in menschliche Abgründe zu schauen und mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Da mich das Buch tief berühren konnte, vergebe ich eine Leseempfehlung an mutige Menschen.