Absturz in den Wahnsinn
Der fürsorgliche Mr. CaveDer Antiquitätenhändler Terence Cave fühlt sich verflucht. Bereits zwei nahe Angehörige hat er durch unnatürliche Todesfälle verloren und dann stirbt auch noch sein 15-jähriger Sohn Reuben bei einer Mutprobe. ...
Der Antiquitätenhändler Terence Cave fühlt sich verflucht. Bereits zwei nahe Angehörige hat er durch unnatürliche Todesfälle verloren und dann stirbt auch noch sein 15-jähriger Sohn Reuben bei einer Mutprobe. Cave bleibt zurück, als alleinerziehender Vater von Reubens Zwillingsschwester Bryony und ihm ist eines klar: seine Tochter muss um jeden Preis beschützt werden. Was mit einer guten und verständlichen Intention beginnt, nimmt bald jedoch wahnhafte Züge an und selbst Terences Schwiegermutter Cynthia kann das drohende Unheil nicht mehr abwenden.
Nach dem „Comfort Book“ und der „Mitternachtsbibliothek“ ist „Der fürsorgliche Mr. Cave“ mein dritter Roman von Matt Haig. Erzählt wird aus der Perspektive des Protagonisten Terence in der Vergangenheits- und Ichform und zwar in einem Brief, den er rückblickend für seine Tochter schreibt. Als Leser*innen befinden wir uns also die meiste Zeit im Kopf des Antiquitätenhändlers – und das ist wirklich nicht angenehm. Nur einmal wechselt das Geschehen kurz in die Außensicht, um eine zentrale Stelle zu schildern; dieser Kunstgriff ist dem Autor gut gelungen.
Abgesehen davon muss ich leider sagen, dass ich mir eine etwas andere Art von Geschichte erwartet hatte; eine, die sich mehr mit dem Prozess des Trauerns und der gesamten Familie auseinandersetzt. Was aber letztendlich erzählt wird, ist Terences langsamer Abstieg in den Wahnsinn. Natürlich ist auch das auf eine gewisse Art nur eine Form dessen, was Verlust mit uns macht, aber eben in seiner extremsten Weise. Mr. Craves Gedanken zu folgen, ist stellenweise wirklich unangenehm. Das kann ich zwar durchaus als literarisch gut umgesetzt anerkennen, aber eine Beziehung lässt sich so zu den Charakteren nur schwer aufbauen. Terence selbst ist völlig verblendet, weshalb wir Tochter Bryony auch nicht objektiv wahrnehmen können. Cynthia ist zwar eine stärkere Figur, kommt aber nur selten zu Wort.
Schade finde ich auch, dass wieder einmal der deutsche Titel nicht die Kraft und Bedeutung des Originals hat. Dieser lautet „The Possession of Mr Cave“ und trägt einen doppelten Sinn in sich: Einmal die Tatsache, dass Terence Bryony behandelt, als sei sie sein persönlicher Besitz. Und auf der anderen Seite fühlt er sich wörtlich, als habe Reubens Geist von ihm Besitz ergriffen. Der deutsche Titel hingegen birgt ein Versprechen, das die Handlung nicht einlösen kann.
Hat mir das Buch gefallen? Nur teilweise. Werde ich die Bücher des Autors weiterhin lesen, weil ich seinen Kampf für die Akzeptanz von Depressionen und psychischer Krankheiten im Allgemeinen unterstützenswert finde? Auf jeden Fall.