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Veröffentlicht am 29.07.2021

Mattis und die Waldschnepfe

Die Vögel
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Die Vögel – Tarjei Vesaas

Wie schade, dass es nur so wenige Werke des bereits 1970 verstorbenen Autors Tarjei Vesaas gibt! Denn die wenigen sind wunderbare Weltliteratur aus Norwegen.

„Die Vögel“ ist ...

Die Vögel – Tarjei Vesaas

Wie schade, dass es nur so wenige Werke des bereits 1970 verstorbenen Autors Tarjei Vesaas gibt! Denn die wenigen sind wunderbare Weltliteratur aus Norwegen.

„Die Vögel“ ist eine stimmungsvolle Geschichte über den Außenseiter Mattis. Der lebt zusammen mit seiner Schwester Hege – und doch ganz in seiner eigenen Welt. Von Außen betrachtet ist Mattis zu nichts nütze. Er schafft es nicht, einer geregelten Arbeit nachzugehen, er muss von seiner Schwester verpflegt werden und wird von den Leuten im Dorf „Dussel“ genannt. Doch eigentlich ist Mattis sehr besonders. Er macht sich jede Menge Gedanken über alles Mögliche, vor allem über Waldschnepfen, von denen er glaubt, geheime Botschaften zu empfangen.

Es ist eine ruhige Geschichte, mit einer starken Atmosphäre und einem besonderen, sehr sympathischen Helden. Die Sprache ist meist schnörkellos, manchmal poetisch, doch beherrschte der Autor die Kunst, unheimlich viel zwischen den Zeilen zu verstecken. So ist das Wesen Mattis sehr liebevoll gezeichnet, doch erfährt man auch all die negativen Seiten, die dieses „Anderssein“ für ihn und für Hege mit sich bringt. Ebenso ist von Anfang an noch ein düsteres, bedrohliches Gefühl zu spüren. Erst ganz leise, dann immer stärker. Dinge in Mattis Welt ändern sich, seine Ordnung gerät aus den Fugen.

Ein wunderbare Leseerlebnis! Diese recht ruhige Geschichte, die so stimmungsvoll doch so viel in sich trägt. Der Roman scheint ganz aus Stimmungen und Gefühlen zu bestehen. Dieser tolle Protagonist, der so anders ist, den man trotzdem in sein Herz schließt!

Herausragende norwegische Literatur, 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 07.07.2021

Sam und Lucy

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
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Wie viel von diesen Hügeln ist Gold – C. Pam Zhang

Wow, was für eine Geschichte! Wie eine Naturgewalt hat mich der Sog mitgerissen und nur schwerlich wieder ausgespuckt. Dieses bemerkenswerte Debüt lebt ...

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold – C. Pam Zhang

Wow, was für eine Geschichte! Wie eine Naturgewalt hat mich der Sog mitgerissen und nur schwerlich wieder ausgespuckt. Dieses bemerkenswerte Debüt lebt vom großen schriftstellerischen Talent der Autorin und einem starken, sehr besonderen Erzählton.

Zwei Geschwister, Sam und Lucy, sind allein unterwegs mit ungewissem Ziel. Sie sind Waisen und in diesem Land niemals wirklich angekommen – obwohl beide hier im Wilden Westen, zur Zeit des Goldrausches geboren wurden. Sie führen ein Pferd mit sich und eine große Kiste mit der Leiche ihres Vaters.

Es ist eine Geschichte über die Suche nach Wurzeln, nach der eigenen Identität. Auch über tiefsitzenden Rassismus und festgelegte Geschlechterrollen. Und darüber, was der Verlust eines Elternteils auslösen kann. Über Verrat und Verzweiflung. Und über die Hoffnung, doch noch Gold zu finden und es auf die Sonnenseite des Lebens zu schaffen. Vor allem eine Geschichte über die verzweifelte Suche nach einem Zuhause. Es sind also eine ganze Menge Themen, denen sich die Autorin hier zuwendet. Das eigentlich besondere an diesem Werk ist aber die literarische Umsetzung. Denn die ist grandios.

Ein beinahe poetischer Schreibstil, der die Rauheit des Wilden Westens perfekt mit den Märchen und Sagen aus der chinesischen Mythologie verbindet. Poetisch und tiefsinnig greift die Autorin existenzielle Fragen auf, spielt mit ihren Lesern und deren (verborgenen) Vorurteilen. Immer wieder wird man auf eine falsche Fährte geführt, dazu gezwungen, sich mit all diesen Themen auseinanderzusetzen. Immer wieder ist dieser Roman für eine Überraschung gut. Das beginnt bereits bei der Einteilung.  Die Geschichte ist in vier Teile gegliedert – und jeder davon überrascht,  ist völlig anders als der vorhergehende und trotzdem passend.  In jedem neuen Teil werden Überzeugungen über den Haufen geworfen, eine neue Sicht der Dinge präsentiert.

Es ist eine überragende Atmosphäre, der man bei dieser Lektüre ausgesetzt ist. Leider ist es zwar eine sehr düstere, unheilschwangere Grundstimmung, aber fesselnd. Grausame, brutale Szenen werden mit wenigen Worten umrissen und wirken dadurch nur noch umso stärker.

Auf jeden Fall ein Leseerlebnis der besonderen Art. Man muss sich darauf einlassen,  es lohnt sich.

Edit: noch Tage nach der Lektüre lässt mich die Geschichte nicht los, hadere ich mit dieser oder jener Entwicklung. Die beiden Kinder sind beinah lebendig geworden, ihr Schicksal hat mich sehr berührt.

5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.06.2021

Wunderschöner Liebesroman

Wenn in mir die Glut entflammt
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Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die mich sehr berührt und gefesselt hat. Ich konnte mit den beinahe rundum liebenswerten Charakteren mitfiebern und mitleiden. Natürlich handelt es sich dabei um einen ...

Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die mich sehr berührt und gefesselt hat. Ich konnte mit den beinahe rundum liebenswerten Charakteren mitfiebern und mitleiden. Natürlich handelt es sich dabei um einen klassischen, also auch recht vorhersehbaren Liebesroman - dennoch konnte er mich voll überzeugen. Die Geschichte ist sprachlich elegant und mitreißend geschrieben und steckt voller Gefühle, die ich den Figuren auch abgenommen habe. Deshalb, 5 Sterne von mir!

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Wunderbar!

Die Geschichte von Kat und Easy
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Die Geschichte von Kat und Easy – Susann Pasztor
Um es vorab zu sagen: das ist für mich ein Jahreshighlight 2021! Ein Roman, so berührend und aufwühlend, dass er mich noch lange beschäftigt hat.
Die Geschichte ...

Die Geschichte von Kat und Easy – Susann Pasztor
Um es vorab zu sagen: das ist für mich ein Jahreshighlight 2021! Ein Roman, so berührend und aufwühlend, dass er mich noch lange beschäftigt hat.
Die Geschichte einer ganz besonderen Freundschaft zwischen Kat und Easy wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Im Heute treffen sich die beiden inzwischen erwachsenen Frauen auf der griechischen Insel Kreta. Dort verbringen sie eine Woche zusammen und versuchen, ein jahrzehntelanges Schweigen zu brechen und die Ereignisse eines schicksalhaften Sommers ihrer Jugend aufzuarbeiten. Der zweite Erzählstrang spiel in eben jenem Jahr 1973, als beide Mädchen in denselben Jungen, Fripp, verliebt waren. Nach einem tragischen Unfall nimmt die Freundschaft ein jähes Ende. Aber was ist damals wirklich passiert?
Susann Pasztor hat einen wahnsinnig tollen Schreibstil. Von der allerersten Seite an, hat sie mich damit gepackt und nicht mehr losgelassen. Augenblicklich fühlte ich mich in meine eigene Jugend zurückversetzt. Insbesondere der Erzählstrang in der Jugend erinnerte mich stark an den Schreibstil von Benedikt Wells. Schnoddrig und mit guter Portion Herzenswärme. Auf jeden Fall ganz nah am echten Leben. Mit einer unglaublichen Authentizität und Eindringlichkeit erweckt sie Kat und Easy zum Leben. Das gelingt ihr sowohl bei den sechzehnjährigen Mädchen, als auch bei den reifen Frauen. Das finde ich wirklich bemerkenswert.
Dieses Jahr 1973 hat für beide Frauen Weichen gestellt, hat sie fürs Leben geprägt. Wären diese anders (glücklicher?) verlaufen, wären sie Fripp niemals begegnet? Kann eine einzige tragisch endende Liebe in der Jugend, ein ganzes Leben beeinflussen? Und was ist denn nun eigentlich genau passiert? Es sind große tiefgreifende Fragen, die hier aufgeworfen werden, die vermutlich jeden Leser bereits einmal beschäftigt haben.
Es passiert nicht allzu oft, dass mich ein Buch nach dem Beenden noch derart beschäftigt. Immer wieder überlegte ich mir andere Variationen. Was wäre gewesen, wenn… Warum hat Easy so gehandelt.. etc. etc.
Ein tolles, ein großartiges Buch und eine absolute Leseempfehlung!
Highlight – 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Verschollen im Eis

Weiße Finsternis
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Weiße Finsternis – Florian Wacker
Nachdem mich bereits sein Werk „Stromland“ damals sehr begeistern konnte, musste ich Florian Wackers neuen Roman „Weiße Finsternis“ unbedingt lesen. Und tatsächlich hat ...

Weiße Finsternis – Florian Wacker
Nachdem mich bereits sein Werk „Stromland“ damals sehr begeistern konnte, musste ich Florian Wackers neuen Roman „Weiße Finsternis“ unbedingt lesen. Und tatsächlich hat mir dieses Buch sogar noch besser gefallen! Ein literarisches Meisterwerk!
Der Autor greift den historisch belegten Fall zweier vermisster Seeleute der Amundsen-Expedition von 1919 auf und beschreibt einen möglichen Verlauf der Geschichte.
Peter und Paul sind beste Freunde, bereits seit Kindertagen. 1919 befinden sich die beiden auf einer gefährlichen Reise, per Ski und Hundeschlitten durchs ewige Eis des Polarmeers. Sie gehören zur Crew von Amundsens Forscherschiff Maud, die im Eis steckengeblieben, dort überwintern muss. Peter und Paul sind aufgebrochen, um Nachrichten zur weit entfernten Wetterstation zu bringen. Doch Peter ist krank, die Reise gefährlich, gerade zur ungünstigsten Reisezeit im Winter. Die Männer verbindet außerdem die Liebe zu ein und derselben Frau, Liv. Dieses Abenteuer entwickelt sich zum Überlebenskampf und die Frage wird immer offensichtlicher: worum geht es wirklich, bei diesem waghalsigen Unternehmen?
Zwei Jahre später bricht ein Expeditionsteam auf, um nach Spuren der nie bei der Station angekommenen Männern zu suchen. Dieser Roman wird auf zwei Handlungssträngen erzählt: 1919, Peter und Paul, der Überlebenskampf im ewigen Eis. Und 1921, die Suchmission. Geradezu genial verwebt Wacker die beiden Stränge. Parallel erfährt man immer mehr über das Schicksal der beiden Hauptprotagonisten. Mal erlebt man ein Abenteuer in einer Bucht mit Peter und Paul, wovon auf den nächsten Seiten das Expeditionsteam die Spuren entdecken. Dann wieder finden die Männer der Suchmission Hinterlassenschaften, deren Ursprung kurz darauf aufgeklärt werden. Wobei die Suchenden durchaus dem ein oder anderen Irrtum aufsitzen.
Ergänzt wird dieser spannende Abenteuerroman durch Briefe von und an Liv. Bereits im Klappentext wird eine Dreiecksgeschichte angekündigt, die mit dem Überlebenskampf von Peter und Paul zu tun hat. Dazu gibt es etliche wundervolle Rückblenden in die Kindheit der drei. Tatsächlich fand ich diese Geschichte im Hintergrund fast genauso spannend, wie die Reise der Männer selbst.
Florian Wacker hat einen ganz wundervollen Schreibstil. Bildgewaltig und literarisch hochwertig nimmt er seine Leser mühelos mit ins ewige Eis. Die Geschichte ist unheimlich komplex und atmosphärisch dicht. Hatte ich anfangs Probleme mit den vielen Namen und unbekannten Orten, war ich bald wie gebannt von diesem Abenteuer in einer höchst unwirtlichen Gegend. Allerdings muss man dem Buch schon etwas Zeit widmen, um seinen Lesesog entwickeln zu können. Mich hat es zu etlichen Internet-Recherchen angeregt.
Ein wunderbares Leseerlebnis und ganz sicher eines der Lesehighlights dieses Jahres! Große Leseempfehlung, 5 Sterne.

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