Gefühlvoller Reihenauftakt!
Mit "Trust My Heart" hat Lyla Payne einen wundervollen, erfrischend anderen New-Adult-Roman geschaffen, der als Auftakt der Golden-Campus-Trilogie so manch typisches Genre-Klischee unterwandert. Zwar gibt ...
Mit "Trust My Heart" hat Lyla Payne einen wundervollen, erfrischend anderen New-Adult-Roman geschaffen, der als Auftakt der Golden-Campus-Trilogie so manch typisches Genre-Klischee unterwandert. Zwar gibt es auch hier den obligatorischen, attraktiven Bad Boy, ein Mädchen in Außenseiter-Rolle und unerwartete Gefühle, dafür dreht sich die Geschichte weniger um High School Drama, sondern um das Erwachsenwerden unter widrigen Umständen, Selbstfindung und den Kontrast zwischen unterschiedlichen Einkommensschichten: der reichen Elite und jenen Familien, die für sie arbeiten.
Die Covergestaltung hatte es mir direkt angetan – leuchtend goldene Buchstaben, Glanzprägung, Glitzereffekte…mein Elster-Auge war begeistert! Überhaupt gefällt mir die gesamte Aufmachung der Reihe, die man im hinteren Innencover bereits bewundern kann, ausgesprochen gut und ich freue mich schon jetzt darauf, alle Bände nebeneinander im Regal stehen zu haben.
Nach dem Tod ihrer Großmutter ist die 17-jährige Maybelle Russell auf sich allein gestellt und möchte vor Gericht erstreiten, dass sie vorzeitig für mündig erklärt wird - denn eine Rückkehr ins Provinznest Clover, in den Trailerpark, wo ihre suchtkranke Mutter noch immer lebt, ist keine Option. …aus mehreren Gründen. Im schicken Golden Isles gehört May zur Unterschicht, aber dank ihres vorab gezahlten Platzes an der lokalen Eliteschule hat sie hervorragende Chancen auf ein Collegestipendium. Für die reichen Kids der High School ist das Mädchen ohne Markenklamotten unsichtbar, darauf war die junge Programmiererin allerdings eingestellt gewesen, grämt sich nicht sonderlich darüber und konzentriert sich rein auf die Absicherung ihrer Zukunft. Leider reicht das geerbte Haus ihrer Oma jedoch nicht zum Leben und die Jobsuche gestaltet sich inmitten der touristenfreien Saison als schwierig. Da kommt das unerwartete Angebot vom Schul-Hottie Felix James gerade recht: Nach einem Zwischenfall mit seiner kleinen Schwester Sophie möchte der junge Erbe, der kürzlich seine Eltern verloren hat und sich seitdem in Alkohol, Parties und One-Night-Stands verliert, May als Babysitterin einstellen…zu einem fürstlichen Gehalt. Sein Zwillingsbruder Noah ist alles andere als begeistert über eine Fremde im Haus und Felix' elitäre Clique verhält sich mehr als skeptisch gegenüber der Außenseiterin. Dennoch übt May einen ungewohnten Reiz auf Felix aus, da sie sich nicht im Geringsten für ihn zu interessieren scheint...
"Wir wussten doch beide ganz genau, was er von mir wollte und was passieren würde, sobald er es bekommen hatte. […] Das hier war schließlich kein Märchen. Und ich war keine Heldin, der es durch ihre Schönheit oder ihre besonderen Fähigkeiten gelang, den Jungen zu zähmen, den alle wollten, den aber keine haben konnte."
Bald zeigt sich, dass nicht nur Felix von Vorurteilen geblendet war; May fällt es immer schwerer, seinem Charme zu widerstehen, obwohl sie weiß, dass es in seiner Welt keinen Platz für sie gibt, zumindest keinen dauerhaften. Von seinen Freunden wird sie gerade mal toleriert, aber keinesfalls akzeptiert und die gesellschaftlichen Standesunterschiede, die eine gemeinsame Zukunft unmöglich machen, werden ihr permanent vor Augen gehalten…
"Es war nicht zu leugnen – ich wollte, dass dieser beharrliche, traurige Bad Boy zu einem Teil meines Lebens wurde, auch wenn ich es vermutlich bereuen würde."
Das Setting in South Carolina, in der Nähe von Charleston und Hilton Head Island, ist wunderbar gewählt und durch stimmungsvolle Beschreibungen zum Leben erweckt worden. Da ich diese traumhaft schöne Gegend schon bereist habe, hatte ich die Szenerie direkt vor Augen und fühlte mich rundum wohl mit der Lektüre.
May ist eine bemerkenswerte junge Frau. Sie hat früh lernen müssen, stark zu sein und für ihr Wohlergehen zu kämpfen, ist nicht auf den Mund gefallen und vertritt ihre Meinung recht deutlich, ohne unbequeme Aussagen mit Zuckerguss zu überträufeln. Dabei wahrt sie gegenüber Erwachsenen (auch jenen, die sie aufgrund ihrer ärmlichen Verhältnisse herablassend behandeln) allerdings immer Haltung und beweist dadurch wahre Größe. Diese Tatsache hat mir, neben ihrer ausgeprägten Tierliebe, besonders gut an ihrer Figur gefallen - die Autorin stellt May nicht als patzig-freche, auf alle Regeln des Anstands und der Höflichkeit verzichtende Rebellin dar, deren respektloses Verhalten mit ihrer schweren Vergangenheit gerechtfertigt wird, wie es ja in vielen anderen Geschichten oftmals der Fall ist. Stattdessen zeigt sich immer wieder, dass May – trotz der Vernachlässigung durch ihre Mutter – sehr wohl weiß, wie man sich korrekt verhält, was angesichts ihrer ernüchternden Erlebnisse echt bewundernswert ist. Auch in Felix, der entgegen seines anfänglich oberflächlichen Verhaltens das Herz am rechten Fleck hat, habe ich mich gut hineinversetzen können.
Erzählt wird in der Ich-Form, wobei die Perspektive zwischen May und Felix wechselt. Die Dialoge sowie die langsame Annäherung zwischen den beiden wirken ungemein authentisch. Viele Nebenfiguren sind im Hintergrund präsent und ergänzen die Storywelt, ohne vom Hauptplot abzulenken. Felix' Zwillingsbruder, der düstere, in sich gekehrte Noah, war mir ein Rätsel und ich hoffe sehr, in den Folgebänden mehr über jenen jungen Mann zu erfahren, der nach außen hin immer ein perfektes Bild abgibt (- hervorragende schulische Leistungen erbringt, Chirurg werden möchte und ein Sporttalent ist -), im Inneren jedoch sehr zerrissen, verbittert und desillusioniert wirkt. Auch die Backgroundstory zu Mays einziger Freundin (- der einst wohlhabenden, mittlerweile verarmten Jo -) würde mich brennend interessieren.
Der angenehme, luftig leichte, schnörkellose Schreibstil ist herrlich unaufgeregt und hat mich sehr an jenen von Kelly Oram erinnert, folglich flogen die Seiten wie selbstverständlich dahin und im Nu war ich beim letzten Kapitel angelangt, in dem mich ein stimmiger, wohl abgerundeter Abschluss erwartete. Am liebsten hätte ich mir direkt die Folgebände geschnappt und muss mich nun in Geduld üben.
Mein einziger Kritikpunkt – auch wenn dies Jammern auf hohem Niveau ist, da es mein Lesevergnügen nicht getrübt hat – ist der Prolog, der 'im Sommer danach' spielt. Hierfür gibt es keinen Grund, weder in der Handlung noch in Form eines Teasers für die weiteren Bände, stattdessen wird quasi das Ende vorweggenommen, das fand ich ziemlich verwirrend.
Fazit: Es geht auch ohne viel Drama. Dieser ruhige und dennoch niemals langweilige Roman hat mich ausgezeichnet unterhalten, weshalb ich für alle Fans des New-Adult-Genres eine klare Leseempfehlung ausspreche.