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Veröffentlicht am 24.05.2021

Frauenalltag in China

Anders Gleich
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China, fremde Kulturen, unbekannte Traditionen, außergewöhnliche Lebensweisen. Nicht zu vergessen die ungewöhnliche Speisekarte und damit meine ich nicht Ente süß-sauer. Mein Wissen über dieses Land war ...

China, fremde Kulturen, unbekannte Traditionen, außergewöhnliche Lebensweisen. Nicht zu vergessen die ungewöhnliche Speisekarte und damit meine ich nicht Ente süß-sauer. Mein Wissen über dieses Land war (und ist!) begrenzt, erst durch dieses Buch habe ich mich tatsächlich näher mit der Thematik beschäftigt.

China hat aktuell (Stand 23.05.2021) 1.45 Milliarden Einwohner, davon sind über 696 Millionen weiblich und über 751 Millionen männlich. Man erwartet dieses Jahr ein Bevölkerungswachstum von über 2,9 Millionen! China ist somit das bevölkerungsreichste Land der Welt. Zum Vergleich: Deutschland hat aktuell 83,72 Millionen Einwohner, davon sind über 42.665.457 weiblich und über 41.059.102 männlich.

Die Wege der Autorinnen haben sich 2014 in China gekreuzt. Zu diesem Zeitpunkt entstand die Idee zum Buch, deren Umsetzung allerdings erst im Oktober 2015 realisiert werden konnte. Heraus kam ein wunderbares Buch, in dem 45 Frauen aus Beijing ihre Geschichte erzählen. Sie berichten über ihre Familien und ihr eigenes Leben, über ihre Wünsche, Sehnsüchte, Träume und Vorstellungen.

Wie gestaltet sich das Leben in diesem Land als Mädchen, Schwester, Frau, Mutter? Warum wachsen die meisten Kinder bei ihren Großeltern oder Verwandten auf dem Land auf und nicht bei ihren Eltern? Welche Rolle nimmt die Frau in einem Land ein, in welchem man früher eher männliche Nachkommen herbeigesehnt und auch alles dafür getan hat? Ist dies immer noch so? Es werden Fragen zu Familie und Arbeit beantwortet, zu Schule und Freizeit, aber ebenso welche zu Beziehungen und Liebe.

Es war interessant und sehr spannend für mich, die Interviews zu lesen. Einiges fand ich aber wirklich schwer auszuhalten. Wenn etwa über die Zeit der Ein-Kind-Politik (1979 bis 2015) berichtet wurde, war es kaum zu glauben, was die Frauen berichteten. Für das zweite Kind stand in dieser Zeit eine Strafe an, oft wurde aber eine Abtreibung erzwungen und nicht selten die Frau danach zwangssterilisiert. Bei uns wäre dies undenkbar! Hielt man sich an die Auflage, bekam die Familie ein Zertifikat von der Regierung mit dem Wortlaut: „Du bist ein guter Mitbürger! Wir sind stolz auf dich!“, verbunden mit monatlich 40 Yuan (5 €) als Belohnung. In kleinen Dörfern durfte man übrigens zwei Kinder haben, wenn das erste Kind ein Mädchen war und die Familie einen Sohn haben wollte.

Wie abgeklärt die Frauen über ihre Lebensumstände berichten, imponiert mir. Keine Klagen, keine Beschwerden, jede von ihnen hat ihr Los angenommen, akzeptiert und macht das Beste daraus. Hierbei fällt mir auf, dass keine von ihnen es wagt, die Regierung zu kritisieren, auch nicht durch versteckte Hinweise. Meinungsfreiheit und freier Wille geht sicherlich anders. Fast jede von ihnen wünscht sich ein besseres Leben, aber jede spricht davon, dass Bildung ihr größter Wunsch für alle sei. Es gibt in China so viele Hürden, um zur Schule und/oder Universität gehen zu können, dass der größte Teil der Bevölkerung, insbesondere die Menschen aus ländlichen Gegenden, keinen Zugang zur Bildung hat.

Es gibt so vieles im Buch, das ich nicht wusste, was mir absolut unbekannt war und meine Neugierde weckte, mehr über dieses Land zu erfahren. Dies wird sicherlich nicht mein letztes Buch über China bleiben. Von mir gibt es 5 Sterne und eine große Leseempfehlung. Eine großartige Reise in eine fremde, faszinierende und außergewöhnliche Welt. Es war mir eine große Freude, dieses Buch lesen zu dürfen.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

berührende Geschichte einer außergewöhnlichen Frau

Sturmvögel
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Emmy wird 1907 als Älteste von vier Töchtern auf einer kleinen Nordseeinsel geboren, die früher zu Dänemark, nun aber zu Preußen gehört. Als nach dem Ersten Weltkrieg erst ihre Mutter Janne und später ...

Emmy wird 1907 als Älteste von vier Töchtern auf einer kleinen Nordseeinsel geboren, die früher zu Dänemark, nun aber zu Preußen gehört. Als nach dem Ersten Weltkrieg erst ihre Mutter Janne und später ihr Vater Andries sterben, fällt der elterliche Hof an die Gemeinde, weil es keinen männlichen Erben gibt. Die Töchter werden auf verschiedene Vormunde verteilt und sehen sich nie wieder. Da Emmy kurz danach vierzehn Jahre alt und somit arbeitsfähig wird, bringt man sie in einem vornehmen Haushalt als Dienstmädchen unter. Sie kommt zur Bankiersfamilie von Waldstetten, wohnhaft in Charlottenburg, das zu Groß-Berlin gehört. Als sie dort Hauke, einen Sohn aus reichem Hause kennenlernt, folgt eine aufregende Zeit, denn er zeigt ihr das Leben in Berlin der Zwanzigerjahre.

Das Buch beginnt 1994. Emmy ist sechsundachtzig Jahre bzw. Sommer, wie sie es lieber formulieren würde, alt. Emmy ist mit sich im Reinen, sie fängt an, ihre Angelegenheiten zu regeln und erinnert sich rückblickend an ihr ereignisreiches Leben zurück. Was hat sie nicht alles erlebt? Zwei Weltkriege, eine Ehe, drei Kinder und nie hat sie ihren Humor und ihre Zuversicht verloren. Von der Liebe ihrer Eltern zehrt sie bis ins Erwachsenenalter.

„Vergiss nie, dass du von uns sehnsüchtig erwartet und immer geliebt worden bist. Diese Liebe, das tiefe Gefühl, erwünscht gewesen zu sein, trug sie durch schwere Zeiten. Wenn sie nur an ihre Eltern dachte, fühlte sie sich gewärmt.“ (Seite 242)

Eine tolle Geschichte erzählt Manuela Golz hier. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren Weg geht. Die Rückblicke betreffen nicht nur ihr, sondern auch das Leben ihrer Kinder. Gefühlvoll und mit viel Humor entfaltet sich das Leben von Emmy vor uns, die viele Höhen und Tiefen durchlebt, einige Katastrophen überlebt hat. Das hat mir imponiert und mich bewegt. Eine tolle Geschichte, die mich gut unterhalten hat. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 11.05.2021

Definitiv keine Liebesgeschichte

Marta und Arthur
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Seit über vierzig Jahren sind Marta und Arthur zusammen. Sechzehn Jahre Altersunterschied trennen sie. Als sie sich kennenlernten, war Marta siebzehn und Schülerin, Arthur war Referendar, Deutsch und Geografie ...

Seit über vierzig Jahren sind Marta und Arthur zusammen. Sechzehn Jahre Altersunterschied trennen sie. Als sie sich kennenlernten, war Marta siebzehn und Schülerin, Arthur war Referendar, Deutsch und Geografie für die Oberstufe. Jetzt ist Marta neunundfünfzig Jahre alt und Arthur ist tot. Da liegt er nun im Bett und Marta erinnert sich daran, wo und wie sie sich kennengelernt haben und wie es dazu kam, dass er nun da liegt und sie keine Trauer empfindet. Keine Trauer empfinden kann und auch nicht will.

Bereits auf der Rückseite des Buches steht, dass dies definitiv keine Liebesgeschichte ist. Und das ist es tatsächlich nicht, obwohl es um ein Paar geht, das seit über vierzig Jahren zusammenlebt und einen gemeinsamen Sohn hat. Marta, die bei ihrer alkoholkranken, alleinerziehenden Mutter aufwächst, hat es nicht leicht. Keine Freunde, keine richtigen Familie und was Liebe ist, hat ihr keiner gezeigt. Als sie Arthur kennenlernt, verwechselt sie Aufmerksamkeit und Begehren mit Liebe. Fixiert sich auf Arthur, der warten möchte, bis sie achtzehn geworden ist und sie bis dahin wochenlang einfach nicht mehr beachtet.

„Jeden Morgen klopfte ihr Herz zu schnell, jeden Morgen fuhr Arthur zu schnell vorbei, jeden Morgen verlangsamte er das Tempo nicht, jeden Morgen grüßte er nicht.“ (Seite 69)

Als sie sich wiedersehen, passiert es in einer Umkleidekabine, dass Marta Arthur Erleichterung verschafft. Dennoch ist sie überzeugt davon, dass sie füreinander bestimmt sind und als ihre Mutter sie aus der gemeinsamen Wohnung rausschmeißt, ist es Arthur, zu dem sie hingeht. Hingeht und bleibt, denn ein Nein akzeptiert Marta nicht. Um zu bleiben, ist ihr jedes Mittel recht. So nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Was für ein Buch! Ganz ehrlich; ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so zwiegespalten war. Immer wieder wechselte ich meine Meinung zu den Hauptpersonen, mal hatte ich Mitleid mit Marta, mal mit Arthur. Ganz oft aber wollte ich einen der beiden schütteln und fragen „was machst du denn da und warum?!“. Tragisch, verstörend, toxisch, das alles kann man aufführen, wenn man die Beziehung der beiden erklären will. Auf keinen Fall liebevoll, freundlich und schon gar nicht harmonisch geht es zwischen den beiden zu. Ein stiller Kampf über Jahrzehnte, den keiner gewinnen kann. Ein Leben, das man niemandem wünscht, über das die Autorin nicht bewertet, nicht urteilt. Nüchtern und mit klaren Worten erzählt und protokolliert sie, was passiert ist. Das hat mir unglaublich gut gefallen und ist mir 5 Sterne wert. Ein Buch, das mich nachhaltig beeindruckt hat.

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Emotionale Reise in die deutsche Vergangenheit

Stay away from Gretchen
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Der Zweite Weltkrieg fasziniert und stößt mich gleichermaßen ab. Viele Geschichten habe ich darüber gelesen, unzählige Bücher ausgelesen, viele Filme geschaut. Von der Thematik des Buches aber hatte ich ...

Der Zweite Weltkrieg fasziniert und stößt mich gleichermaßen ab. Viele Geschichten habe ich darüber gelesen, unzählige Bücher ausgelesen, viele Filme geschaut. Von der Thematik des Buches aber hatte ich bislang noch nie gehört. Ich gebe allerdings zu, ich habe mir bisher noch nie Gedanken darüber gemacht und war mehr als überrascht, von diesem Skandal zu lesen. Eine Liebe, die nicht sein durfte, eine Liebe mit Folgen. Wie mit diesen Folgen umgegangen wurde, beschämt und entsetzt mich.

„Also, warum sollen wir dann nicht zusammen sein? Wenn ich erst einmal volljährig bin...“
„In my America es is forbidden, zu haben ein weiße Frau“, unterbrach er sie.
„Aber in meinem Deutschland nicht! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“
(Seite 236)

Greta, die Mutter des bekannten Nachrichtenmoderators Tom Monderath, leidet an Demenz im Anfangsstadium. Ihr Sohn ist beschäftigt mit seiner Karriere, hat dafür keine Zeit. Und ehrlich gesagt auch keine Lust. Das Problem aber erledigt sich nicht von selbst und so ist Tom gezwungen, sich mit der Krankheit und zwangsläufig auch mit seiner Kindheit auseinanderzusetzen, denn Greta erzählt erstmals aus ihrem Leben. Als Tom in Gretas Sachen das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut findet, weigert sich Greta, ihm zu verraten, wer das ist. Tom fängt an, nachzuforschen und findet Unglaubliches heraus.

Die Autorin verbindet hier Fakten mit Fiktion und das macht sie so außergewöhnlich gut, dass man kaum unterscheiden kann, was nun wahr und was erfunden ist. Tom war für mich anfangs kein wirklich sympathischer Charakter; eingebildet, narzisstisch, bindungsunfähig sowie sex- und karrieresüchtig. Ausgerechnet mitten in der Flüchtlingskrise 2015 macht seine Mutter Probleme und somit ist er hin- und hergerissen zwischen Karriere und der Pflicht, ein guter Sohn zu sein. Wie er in diese Aufgabe hinein- und mit dieser über sich hinauswächst, das hat mir gefallen; mehr sogar, es hat mir imponiert! Abwechselnd lesen wir über die Gegenwart im Jahre 2015 und die Vergangenheit, die 1939 beginnt. Ich gebe zu, die Gegenwart hat mich erst nicht so gefesselt, aber das änderte sich im Laufe der Zeit. Die Geschichte von Greta allerdings war so interessant, so spannend, ich konnte das Buch nicht zur Seite legen. Über große Strecken habe ich mit der Familie und besonders mit Greta gelitten und geweint.

Ein mir unbekanntes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte hat Susanne Abel hier in Worte gefasst. Ein emotionales Buch, das berührt und zum nachdenken anregt. Ein Buch, das mich begeistert, mich zum lachen und zum weinen gebracht hat. Ein außergewöhnlich gut recherchiertes Buch, das ich jedem ans Herz legen möchte. Von mir gibt es 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Düster, brutal, magisch und voller Liebe

Der Junge, der das Universum verschlang
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Der 11-jährige Eli Bell lebt mit seinem älteren Bruder August und ihrer Mutter Frankie im Haus von Lyle, mit dem Frankie seit Jahren zusammen ist. Eli liebt Lyle und schaut zu ihm auf. Alles könnte so ...

Der 11-jährige Eli Bell lebt mit seinem älteren Bruder August und ihrer Mutter Frankie im Haus von Lyle, mit dem Frankie seit Jahren zusammen ist. Eli liebt Lyle und schaut zu ihm auf. Alles könnte so schön sein, aber Frankie und Lyle sind wöchentlich nicht im Kino, wie sie behaupten, sondern dealen mit Heroin. Eines Tages kommt ein Geheimnis ans Licht, das das Leben aller Beteiligter für immer verändert.

Wer hier eine 08/15 Geschichte erwartet, der wird eines besseren belehrt, denn es ist so viel mehr. Hier geht es zwar um Drogenkonsum und Drogenverkauf, um organisierte Kriminalität und Gefängnisausbrüche. Es geht aber auch um Freundschaft, Loyalität, Familie und Liebe. Und es geht auch um die Magie der Fantasie. Eli ist ein wunderbares Kind, dem wir beim Älterwerden zusehen. Ein Kind, das eine eigene, eine besondere Sicht auf die Welt hat. In der brutalen Realität bewahrt er sich eine kindliche Naivität, die rührt und bewegt.

In diesem Buch ergibt vieles einen Sinn, einiges aber gar nicht. Als Leser brauchte auch ich viel Fantasie, um mich auf dieses Abenteuer einzulassen. Anfangs war es ein komisches Leseerlebnis, ich verstand nicht so recht, worauf ich mich da eingelassen hatte und war zwiegespalten; mag ich die Story nun oder mag ich sie nicht? Je länger aber das Erlebnis andauerte, desto mehr verliebte ich mich in Eli; in seinen Charakter, sein Wesen, seine Handlungen, seine Denkweise und seinen Sinn für Gerechtigkeit.

Es wird in diesem Buch oft geflucht, die Sprache war manchmal ordinär, das hat mich anfangs etwas gestört. Im Hinblick aber auf das Milieu und die Story selbst, war dies unabdingbar, damit es authentisch bleibt. Es ist kein Wohlfühlroman und auch kein Märchen, die Realität trifft den Leser hier mit voller Wucht; Armut, Vernachlässigung, Kriminalität, alles dies wird hier behandelt. Aber auch Zusammenhalt, Freundlichkeit und Güte kommen hier drin vor. Ein Buch, das mich begeistert und auf ein ungewöhnliches Abenteuer mitgenommen hat. Ein außergewöhnliches Buch, das ich sehr empfehlen kann. Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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