Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2021

Ein sturer Kopf, die Frau Stier

Doppelbock
0

Dieser Krimi ist der zweite mit der, aus gesundheitlichen Gründen in den (Un)Ruhestand geschickten, ziemlich kompromisslosen KHK Frederike Stier.

Alexander, ein Bekannter aus der Reha-Klinik und engagierter ...

Dieser Krimi ist der zweite mit der, aus gesundheitlichen Gründen in den (Un)Ruhestand geschickten, ziemlich kompromisslosen KHK Frederike Stier.

Alexander, ein Bekannter aus der Reha-Klinik und engagierter Umweltschützer wird tot aufgefunden. Frederike glaubt nicht an die Unfalltheorie und ermittelt auf eigene Faust, sehr zum Missfallen der ehemaligen Kollegen und ihres Freundes Hartmut.

Frederike verbeißt sich in die Tätersuche und gibt auch dann nicht auf, als sowohl Hartmut als auch sie massiv bedroht werden und tote Ratten vor ihren Wohnungstüren vorfinden.

Meine Meinung:

Leider fehlt mir der erste Teil „Kohlenwäsche“, um mich mit der streitbaren Kommissarin besser anfreunden zu können. Den Krimi selbst kann man ohne Vorkenntnisse lesen, bringt sich aber um die Charakterstudie. Auch wie Frederike und Hartmut sich und Alexander in der Reha kennengelernt haben, fehlt (nicht nur) mir. Eine kurze Rückblende, z.B. in einem Gespräch, hätte hier in wenigen Sätzen Abhilfe schaffen können.

Sehr gut sind die Interessenskonflikte hier die Umweltschützer dort die Bauern, dargestellt. Die Menschen, die früher in den Kohlgruben gearbeitet haben, sehen die Aktivitäten der Umweltschützer mit gemischten Gefühlen. Diese Stimmung ist sehr gut getroffen. Auch die Angst um den Verlust der Arbeitsplätze bei einer Spedition lässt die LKW-Fahrer mehr Schichten fahren, als gesund ist. Dass diese Spedition ausgerechnet Alexanders Ex-Frau gehört, kann nur der Fantasie eines Autors entsprungen sein. Die Tochter eines dieser Fahrer ist durch Umweltgifte krank, doch ihr Vater macht dafür die Falschen verantwortlich.

Das Verhältnis zwischen Frederike und ihren ehemaligen Kollegen scheint nicht ganz so harmonisch zu sein. Sie wirkt auf mich ein wenig rechthaberisch, hat aber vermutlich mehr Instinkt und Erfahrung. Komisch finde ich nur, dass ausgerechnet jener Kollege, mit dem sie, in ihrer aktiven Zeit, nie so recht konnte, der Einzige zu scheint, der ihr (unerlaubterweise) Informationen zusteckt.

Fazit:

Ein durchaus interessanter Krimi, der noch ein bisschen Luft nach oben hat. Gerne gebe ich hier gute 3 Sterne und schaue, ob ich den 1. Band in der Bibliothek ausleihen kann.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Reichlich skurril

Der Stempelmörder
0

In einem Österreich der fernen Zukunft werden Zuwanderer nach ihrer Herkunft getrennt und in diverse Programme gesteckt, um aus ihnen „gute Österreicher“ zu machen. Da gibt es „Piefke 5“, „Tschuschen 6“ ...

In einem Österreich der fernen Zukunft werden Zuwanderer nach ihrer Herkunft getrennt und in diverse Programme gesteckt, um aus ihnen „gute Österreicher“ zu machen. Da gibt es „Piefke 5“, „Tschuschen 6“ und „Türken hab 8“. Allen ist gemeinsam, dass sie strengen Regeln unterworfen sind, die aber von der Exekutive situationselastisch gehandhabt werden.

Hauptfiguren sind Juri, ein echter Deutscher, und Georg, der eigentlich ein Kärntner ist, aber dennoch das „Piefke 5“-Programm durchlaufen muss. Die näheren Hintergründe werden nur angedeutet. Die beiden wohnen im wieder eröffneten Männerwohnheim in der Meldemannstraße in der Brigittenau, dem 20. Bezirk Wiens.

Wir Leser begleiten Juri und Georg eine Woche lang bei ihren Verrichtungen im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens und stolpern mit ihnen von einer Leiche zur anderen. Die Polizei scheint sich auf die beiden als Täter eingeschossen zu haben.

Meine Meinung:

Was als schwarzhumorig angekündigt wurde, trifft nicht immer meinen Geschmack. Vieles ist überzeichnet dargestellt, über ein paar Dinge, wie den Esel „Hazee“ musste ich allerdings herzlich lachen.

Der Schreibstil ist für viele Leser gewöhnungsbedürftig. Schnelle Schauplatzwechsel führen uns in verschiedene Winkel von Wien, die der übliche Wien-Tourist nicht zu sehen bekommt: Den Sammelplatz der Müllabfuhr, die in Wirklichkeit (Magistratsabteilung) MA48 heißt. Die Mistfeste mit Brat- und/oder Burenwurst und Hüpfburg gibt es wirklich. Und an der Alten Donau kann man sowohl im Arbeiterstranband als auch im Bundesbad Alte Donau baden. Das eine oder andere Techtelmechtel passiert dort auch. Ob sich ein hochrangiger Polizist und eine Ministerin wie beschrieben, vergnügt haben, wer weiß das schon.

Der Krimi ist recht skurril und gleitet ins Abstruse ab. Als Wienerin muss ich unseren Bundespräsidenten zitieren, der anlässlich des Ibiza-Videos gesagt hat „Nein, wir sind nicht so! So sind wir nicht!“. Aber wie sind wir dann? Neigen wir nicht alle dazu, Menschen in Schubladen zu stecken?

Fazit:

Wer skurrile Krimis mit ebensolchen Protagonisten mag, ist hier richtig. Mir persönlich ist er ein wenig zu überzogen. Daher gibt es nur 3 Sterne

Veröffentlicht am 02.05.2021

Ein netter Urlaubskrimi

Bretonisch mit Meerblick
0

Dieser Krimi ist der erste der Reihe rund um Tereza Berger, einer Schweizer Buchhändlerin, die ein altes Haus in der Bretagne erbt und es eigentlich schnell loswerden will.

Die Menschen sind so rau wie ...

Dieser Krimi ist der erste der Reihe rund um Tereza Berger, einer Schweizer Buchhändlerin, die ein altes Haus in der Bretagne erbt und es eigentlich schnell loswerden will.

Die Menschen sind so rau wie der Atlantik, der an die Felsen schlägt. Vor allem sind die Dorfbewohner in zwei Fraktionen gespalten: auf der einen Seite engagierte Frauen, die das Dorf sanft aus seinem Dornröschenschlaf wecken wollen und andererseits die „Anciennes“, jene Männer, die am Alten, Traditionellen festhalten.

Meine Meinung:

Der Krimi ist als Urlaubskrimi gut geeignet. Der Leser kann in die wild romantische Landschaft des Finis Terrae eintauchen.

Der Schreibstil selbst ist eher einfach. Stellenweise gibt es kurze Längen und Tereza ist hin und hergerissen zwischen bleiben und gehen. Diesem Gefühlsdilemma wird leider ein wenig zu viel Bedeutung beigemessen, daher kommt der Krimi zu kurz. Die Charaktere wirken alle ein wenig verschroben.
Ein Recherchefehler, der nicht passieren hätte dürfen, ist die Erwähnung von 1.000-Euro-Noten. Diese hat es niemals gegeben. Schweizer Franken, D-Mark oder Schilling - das ja, aber nicht im Euro.

Fazit:

Ein netter Urlaubskrimi, der noch ein bisschen Luft nach oben hat. Gerne gebe ich hier 3 gute Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2021

Nicht ganz einfach zu lesen

Hotel Weitblick
0

Die Geschäftsführung einer erfolgreichen Werbeagentur soll nachbesetzt werden. Daher werden drei Männer und eine Frau als mögliche Nachfolger in ein entlegenes Hotel zu einem Assessment eingeladen. Ausgerechnet ...

Die Geschäftsführung einer erfolgreichen Werbeagentur soll nachbesetzt werden. Daher werden drei Männer und eine Frau als mögliche Nachfolger in ein entlegenes Hotel zu einem Assessment eingeladen. Ausgerechnet der von Selbstzweifeln geplagte Dr. Marius Tankwart leitet den Prozess zur Entscheidungsfindung.

Zu Beginn scheint alles im Lot, doch nach und nach entgleitet Tankwart das Seminar, denn die Teilnehmenden legen Verhaltensweisen an den Tag, die stark an die Erziehungsmethoden aus dem NS-Regime erinnern. Dazu zitiert die Autorin aus den Lehrbüchern der NS-Pädagogin Johanna Haarer und spielt mit tradierten Rollenbildern. So soll die einzige Frau ein Glas Wasser holen, tut dies, bis sie die Manipulation bemerkt. Doch dann ist es zu spät.

"Der Letzte, der nicht den Verstand verloren hat, wird Geschäftsführer: ein bitterböser Roman über das Leistungsdenken und den Glauben an sich selbst."

Wäre dieses Buch ein Krimi, so müsste man es in die „Closed Room“-Schublade einordnen. So aber kann es als Kammerspiel bezeichnen: Wenig Personal, ein begrenzter Raum und das schonungslose Aufdecken verborgener Befindlichkeiten. Hier wird das Innerste hervorgekehrt.

Wer von uns Lesern jemals an einem Assessment teilgenommen hat, weiß, dass manchmal selbst die beste Vorbereitung nicht zum gewünschten Job führt.

In letzter Zeit haben sich vermehrt unterschiedliche Stilmittel eingebürgert, die nicht immer meine ungeteilte Zustimmung erhalten. Hier wird auf die direkte Rede verzichtet, was bei mir den Eindruck erweckt, die Situation „schaumgebremst“ wie durch ein Milchglas zu erleben.

Fazit:

Ein Roman auf den man sich einlassen muss und von mir 3 Sterne erhält.

Veröffentlicht am 11.04.2021

Hat mich leider nicht überzeugt

Der Verdrüssliche
0

Dieser Kunstkrimi besteht aus mehreren Handlungssträngen, die vorerst kaum Zusammenhänge erahnen lassen.

Die pensionierte Mitarbeiterin des Bundesdenkmalsamtes, Dr. Carola Broggiato, entdeckt, dass „der ...

Dieser Kunstkrimi besteht aus mehreren Handlungssträngen, die vorerst kaum Zusammenhänge erahnen lassen.

Die pensionierte Mitarbeiterin des Bundesdenkmalsamtes, Dr. Carola Broggiato, entdeckt, dass „der Verdrüssliche“, eine der 52 von Franz Xaver Messerschmidt (1736-1783) geschaffenen Büsten in das Getty-Museum nach Los Angeles verkauft worden ist. Dabei hätte die Ausfuhrgenehmigung gar nicht erteilt werden dürfen, da es sich bei diesem Charakterkopf um österreichisches Kulturgut von höchstem Stellenwert handelt.

Gemeinsam mit dem Journalisten Marc Radek beginnt sie die Umstände dieses Verkaufs zu recherchieren.

Ein weiterer Handlungsstrang ist das Familienleben von Gitta, Paul und Bernhard Hausladen, das in Auflösung begriffen ist. Gitta ist eine Malerin, die an diversen psychischen Störungen leidet und kaum den Alltag bewältigen kann. Erst als sie von Paul, der allerlei Geheimnisse mit sich herumträgt, verlassen wird, gelingt es ihr mithilfe ihrer Freundin, langsam wieder Tritt zu fassen.

In einem dritten Handlungsstrang, der in der Vergangenheit spielt, kommt die Skulptur selbst zu Wort.

Langsam und durch die vielen Andeutungen verwirrend, lässt sich eine Verbindung der gegenwärtigen Handlungsstränge erahnen. Wie das Ganze zusammenhängt, erschließt sich dem Leser erst sehr spät.

Meine Meinung:

Dieser Roman von Eva Holzmair wird als „packend, auf wahren Begebenheiten rund um Kunst und Korruption basierend“ beschrieben. Natürlich musste ich das Buch lesen! Als Wienerin und Liebhaberin von komplexen Kriminalromanen habe ich mich auf spannende Lesestunden gefreut. Doch leider hat mich das Buch enttäuscht.

Die eigentliche Krimihandlung, die ich hier jetzt nicht verrate, setzt erst ziemlich spät ein. Ja, es geht um undurchsichtige Geschäfte mit Kunstwerken und die unrühmliche Rolle, die Mitglieder der Museen spielen. Spätestens seit dem Raub der „Saliera“ weiß die ganze Welt, dass in österreichischen Museen nicht alles Gold ist, was glänzt. Und die Machenschaften rund um in der NS-Zeit geraubte Kunstschätze beschäftigen noch heute die Gerichte.

Die Idee hat mir ausgezeichnet gefallen. Was wäre das für ein fesselnder Krimi geworden! Doch leider wird durch die langatmige und ausufernde Beschreibung von Gittas Seelenleben und ihres nicht bewältigten Alltages, die Spannung zerrissen. Für den Verlauf des Krimis ist es völlig unerheblich, ob Bernhards Zeugnis Ziffernnoten oder eine verbale Beurteilung enthält. Oder die häufigen Auftritte von Jarolim, Broggiatos dreibeinigem Kater. Weiters kommen zahlreiche Nebenfiguren vor, die wenig bis nichts zur Handlung beitragen. Da hätte getrost gestrafft werden können.

Gut gefallen hat mir die Figur der alten Lehrerin von Carola Broggiato. Die bringt Leben in die Geschichte.

Warum seit einiger Zeit bei Dialogen die Anführungszeichen entweder ganz weggelassen oder durch andere Zeichen ersetzt werden, entzieht sich meiner Kenntnis.

Das Cover, auf dem die Skulptur „Der Verdrüssliche“ abgebildet ist, weckt sofort Interesse. Schade, dass mich das Buch nicht so richtig fesseln konnte.

Fazit:

Ein verwirrender Krimi aus dem Kunstmilieu dem ich leider nur 3 Sterne geben kann.