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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2017

In the Dutch mountains

Das Leben ist eine Windmühle
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Cover:

Das Cover ist wirklich toll, ist anders als bei Bd 1 nicht orange (sondern blau!) und macht Lust auf's Lesen. Es handelt sich um eine Klappbroschur - ein schönes, stabiles Taschenbuch, was mir ...

Cover:

Das Cover ist wirklich toll, ist anders als bei Bd 1 nicht orange (sondern blau!) und macht Lust auf's Lesen. Es handelt sich um eine Klappbroschur - ein schönes, stabiles Taschenbuch, was mir sehr wichtig ist, da ich paperbacks lieber als gebundene Bücher mag.

Klappentext:

'In seinen erotischen Wunschträumen hatte sich Gabriel das Eheleben ganz anders vorgestellt. Während Gattin Nuki als Käse verkaufende "Frau Antje" Karriere macht und eher nebenbei Nachwuchs auf die Welt bringt, läuft bei ihm gar nichts mehr. Erfolg im Beruf - Fehlanzeige. Auch müsste man erst mal einen haben. Den Hausmann geben wäre nicht schlecht, doch der ist im holländischen Familienmodell nicht vorgesehen. Im Liebesleben herrscht völlige Flaute, die Großfamilie nervt, ganz zu schweigen von den durchgeknallten Nachbarinnen ...'

Meine Einschätzung:

Besser als Teil 1!



"Das Leben ist eine Windmühle" ist der zweite Teil einer Reihe und gefiel mir besser als Bd 1.
Anouk (Nuki) und Gabriel (Gab) ziehen vom Hausboot in ein kleines Reihenhaus.
Misanthrop Gabriel bleibt nichts erspart - Die Geburt seines Sohnes Remco wird zum Ereignis, an dem halb Holland teilnimmt & Gardinen an den Fenstern kann er sich zunächst auch abschminken. "Heel gezellig" lautet der Kommentar von Anouk. Gab und Nuki sind sympathische Protagonisten, und der Autor Ben Bergner schildert auf humorvolle Weise die kleinen und grossen Schwierigkeiten, aber auch die kleinen und grossen Vorteile einer hybriden Identität (auf dem Oktoberfest hat Gab Heimweh nach Holland) und binationalen Ehe.

Nach dem Streusalz - Desaster aus Bd 1, Kaugummiautomaten - Hiwitätigkeit & Tatortreiniger - Intermezzo wird Gab schliesslich Pommeskönig und das Familienglück wird von Zwillingen gekrönt.
Vom "Schuhkartonstapelhaus" geht es in eine Windmühle - ein schöner Bezug zum Titel des Romans.

Das Glossar am Ende fand ich amüsant & informativ. Ein kurzweiliges Buch, sehr viel Tiefgang darf & muss man nicht erwarten.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Regionalkrimi

Wut im Quadrat
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Verlagsinfo:

"Noch bevor die junge Olivia von Sassen ihren neuen Job als Kriminalhauptkommissarin antritt, beobachtet sie am Mannheimer Rangierbahnhof einen Mord. Doch als sie die Polizei ruft, ist die ...

Verlagsinfo:

"Noch bevor die junge Olivia von Sassen ihren neuen Job als Kriminalhauptkommissarin antritt, beobachtet sie am Mannheimer Rangierbahnhof einen Mord. Doch als sie die Polizei ruft, ist die Leiche verschwunden - war das alles nur Einbildung? Schnell wird sie in die Wirren ihres ersten Mannheimer Falls gezogen, für den sie selbst die einzige Zeugin ist: ein Mord ohne Spur.
Ein rasanter Krimi, der nicht nur einen spannenden Fall aus der Quadratestadt erzählt, sondern auch ein außergewöhnliches Duo präsentiert, das sich über die Regeln des normalen Ermittelns hinwegsetzt."

"Wut im Quadrat" ist ein spannender Regionalkrimi, der in Mannheim angesiedelt ist, und mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit zu überzeugen vermag.

Die Polizistin Olivia "Livi" von Sassen wird von der Weltstadt Berlin nach Mannheim versetzt.

"Mannheim ist wie New York", twittert der Technik - Freak Olivia.

Doch schon ihr Einstand hat es in sich - sie beobachtet einen Mord, doch wie soll sie ihn beweisen ?

Ihr Kollege ist der bodenständige Moritz Martin, der in der Quadratestadt geboren wurde. Anfangs zieht er Olivia noch mit "Hochwohlgeboren" auf, doch dann raufen sich die beiden zusammen...

Ich habe den Krimi gerne gelesen, denn die originellen Figuren & die spannende Handlung konnten mich überzeugen. So ist etwa der Pathologe ein hochgebildeter Deutschtürke, der sich "deutscher als deutsch" benimmt.

Moritz spricht schon mal Dialekt, wenn es sein muss, und Olivia ist nicht das adelige "Frollein", das sie zu sein scheint.

Ich werde die Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen .

Veröffentlicht am 07.04.2017

Wer ist der Mörder ?

Die letzte Farbe des Todes
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„Die letzte Farbe des Todes“ ist der erste Kriminalroman aus der Feder von P. Reinartz.
Es ist ein kluger Krimi, intelligent erzählt, eine Geschichte voller Tiefgang.
Worum geht’s?
Berlin wird von einer ...

„Die letzte Farbe des Todes“ ist der erste Kriminalroman aus der Feder von P. Reinartz.
Es ist ein kluger Krimi, intelligent erzählt, eine Geschichte voller Tiefgang.
Worum geht’s?
Berlin wird von einer bizarren Mordserie erschüttert: Es werden Leichen mit Farbpunkten im Nacken aufgefunden. Eine Berliner Sonderkommission wird mit der Aufklärung betraut.
Jerusalem „Jay“ Schmitt ist der Leiter der Neunten Berliner Mordkommission, einer Sondereinheit für außergewöhnliche Fälle.
Er ist eine Art Polizei – Wunderkind, gesegnet mit einer perfekten Kombinationsgabe und messerscharfem Verstand; außerdem hat er eine internationale Eliteausbildung genossen, unter anderem in Großbritannien.
Jay muss nicht nur gegen einen unsichtbaren Antagonisten kämpfen, der mit der Polizei Katz und Maus spielt, sondern sich auch mit seinem unfähigen Assistenten Marcel herumschlagen und eine für ihn traumatische Trennung verarbeiten. Der Mörder scheint der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein, Jay ermittelt fieberhaft, denn die Morde weisen auf den ersten Blick keinen Zusammenhang auf, bis Jay auf die perfide Logik des Täters stößt…
Ich lese sehr gerne Krimis. Leider sind sie oft spannend, aber handwerklich mies. Nicht so hier! Reinartz‘ Krimi bewegt sich sprachlich und stilistisch wirklich auf höchstem Niveau, es sind viele kluge Gedanken in der story enthalten und man kann als Leser definitiv etwas lernen (zum Beispiel über das Alphabet).
Wenn der Autor die Figuren berlinern lässt, dann setzt er dieses Stilmittel sparsam und absolut authentisch ein, dies gelingt nicht jedem Autor, Chapeau.
Es gibt kurze Kapitel. Anfangs gefiel mir dies gut, aber gegen Ende hätte ich mir etwas längere Kapitel gewünscht, die den Erzählfluss nicht beeinflussen. Denn für mich kam erst nach der ersten Hälfte des Romans richtig Spannung auf. Ich habe für meine Verhältnisse relativ lange an dem Buch gelesen, es hat mir etwas gefehlt, obwohl es ein guter Roman ist.
Jay ist eigentlich genau die Art Mensch, mit der ich eigentlich gut kann – klug und kein Schwätzer.
Trotzdem konnte ich zu keiner der Figuren im Roman eine Verbindung herstellen, was ich schade finde. Aber in einem Folgeband kann die Figurenzeichnung noch vertieft werden, denn die Personen waren für mich ein wenig schematisch gezeichnet: die Toughe, der Einfältige, der unsichere Schlaue, das arme reiche Kind etc.
Insgesamt ist das Werk ein schlauer Krimi, gut komponiert aber für mich fast etwas zu konstruiert. Die Konstruktion ist allerdings schlüssig und stimmig. Jay fällt allerdings für mich zum Teil aus der Rolle, denkt an zwei Stellen im Roman fast schon einfältig, was ihn wohl menschlich machen soll. Aber die Geschichte an sich ist gehaltvoll und nie platt, da der Autor völlig auf Klischees verzichtet und seinen eigenen Weg geht, ohne ausgelutschte Topoi zu reproduzieren.
Das Finale der story ist richtig spannend und kommt mit einem Showdown daher, der keine Wünsche offen lässt.
„Die letzte Farbe des Todes“ ist ein moderner, intelligenter Krimi, der sprachlich und stilistisch einfach klasse ist.

Veröffentlicht am 28.03.2017

Hannahs Briefe

Hannahs Briefe
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Optik: Das Cover, welches in sepiafarbenen Tönen gehalten ist, ist sehr schön. Leider muss ich sagen, das es jedoch nicht zum Inhalt des Romans passt & der Vielschichtigkeit des Buches nicht gerecht wird. ...

Optik: Das Cover, welches in sepiafarbenen Tönen gehalten ist, ist sehr schön. Leider muss ich sagen, das es jedoch nicht zum Inhalt des Romans passt & der Vielschichtigkeit des Buches nicht gerecht wird.

Verlagsinfo: "Eine Liebe, in der sich Weltgeschichte spiegelt.

Rio de Janeiro am Vorabend des Zweiten Weltkriegs: Nach der gescheiterten Revolte von 1935 eröffnet das Vargas-Regime eine Hexenjagd auf Kommunisten. Der Schuhmacher Max Kutner, ein polnischer Jude, muss im Auftrag der Geheimpolizei auf Jiddisch verfasste Korrespondenz etlicher Exilgenossen übersetzen und nach verschlüsselten Botschaften durchsuchen. Dabei stößt er auf die Briefe einer gewissen Hannah an ihre Schwester Guita. Hals über Kopf verliebt er sich in die unbekannte Schreiberin und beginnt sie fieberhaft zu suchen – bis sie eines Tages vor ihm in seinem Schusterladen steht und er sie an ihrer Handschrift erkennt. Doch die wirkliche Hannah ist nicht die Traumfrau aus den Briefen: Sie arbeitet als Edelprostituierte – und gleichzeitig als Spionin.
Mit dem wunderbaren Mikrokosmos des jüdischen Viertels um die Praça Onze lässt Ronaldo Wrobel in Hannahs Briefe einen Moment in der Geschichte Rios lebendig werden, der zugleich Weltgeschichte ist: Der jüdische Einwandererstrom aus Europa in den 1920er und 1930er Jahren, der tiefe Spuren in der brasilianischen Gesellschaft hinterlassen hat. Der hintergründige Humor, die Nostalgie und die Fabulierlust des Erzählers machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen. "

Gehalt: Am Roman hat mir besonders die Sprache und die kaleidoskopartige Erzählweise gefallen, und auch das vergleichsweise exotische setting. "Hannahs Briefe" zeichnet sich durch eine Tiefe aus, die man in der Literatur nicht mehr oft findet. Allerdings wird der Leser gefordert, zum Nachdenken angeregt - wer ein "Wohlfühlbuch" sucht, ist mit diesem Buch schlecht beraten.
Der Autor versteht jedoch sein Handwerk und entführt den Leser in eine andere Zeit und in eine "andere Welt".

Fazit:

Durch die Lektüre des Romans habe ich meinen Lesehorizont erweitert und eine facettenreiche Geschichte mit komplexen Figuren "erlebt". Das Buch macht nachdenklich und bringt den Leser ins Grübeln, ist jedoch keine locker - leichte Lektüre.
Mit grosser Kunstfertigkeit "übersetzt" der Autor historische Ereignisse in die Form des Romans.
Daher kann ich "Hannahs Briefe" von Ronaldo Wrobel zur Lektüre empfehlen!

Veröffentlicht am 28.03.2017

Witzig und klug

Genau mein Beutelschema
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Vorab:

Um den Roman zu verstehen, sollte man die neunziger Jahre bewusst erlebt haben. Es schadet auch nicht, wenn man weiss, wie die Universitätslandschaft vor der Bologna - Reform aussah, denn unser ...

Vorab:

Um den Roman zu verstehen, sollte man die neunziger Jahre bewusst erlebt haben. Es schadet auch nicht, wenn man weiss, wie die Universitätslandschaft vor der Bologna - Reform aussah, denn unser nachdenklicher, manchmal etwas melancholischer Protagonist scheint ein Relikt dieser Zeit zu sein.

Auf einer 90er - Mucke - Party lernt "Marky Mark" "Christina Aguilera" kennen. Leider spielt der DJ aber nicht coolen Grunge, sondern das Schlechteste, was die 90er zu bieten hatten - Eurodance (Scooter, Mr President mit "Coco Jambo" und die BSB).

"Dr Alban" ist der bebrillte Mbw von Christina, ausserdem ist da noch der "schwangere" Kurt und "Gary", der Chef des Helden. Gary macht dann mal in Selbstfindung.

Unser Protagonist ist ca 31, hat ein abgeschlossenes Philosophiestudium vorzuweisen. Er betreut Kleinanzeigen, die grosse journalistische Karriere lässt auf sich warten. Und er wohnt in einem nicht ganz so hippen Berliner Viertel, wohingegen seine Freundin mit ca 20 schon bei Universal (name - dropping) arbeitet, dann aber gefeuert wird, und Angst hat, mit 22 (!) zu alt zu sein, um an die Uni zurück zu gehen...
Als Mark dann das Baby seines Freundes sieht, kommen ihm die Tränen vor Rührung, selbst mag er aber keine Kinder haben.

"Midlifecrisis!" mutmasst seine Freundin. "Höchstens Quarterlife!" kontert der Protagonist.

Macht der Jugendkult einen Menschen in den Dreissigern zum Greis ?

Der Zeitgeist ist seltsam - "Bauernstiefel" und bedruckte Stoffbeutel scheinen die Uniform des hippen Berliners zu sein, auch Club

Mate. Ein Seitenhieb auf die Ökoschickeria ? Praktikanten buckeln für die blödesten, unbezahlten Jobs...




"Genau mein Beutelschema" ist ein tiefgründiger Roman, der oberflächlich daherkommt.

Es ist eine Erzählung, die mit surrealen Elementen durchsetzt ist (Stream of Consciousness will ich es nicht mal nennen). Es wird tatsächlich eine Geschichte erzählt, und weniger eine Abbildung der Wirklichkeit. Damit gelingt dem Autor mit seinem Debut ein Kunststück, denn die Bestsellerlisten sind voll von gänzlich ironiefreien Romanen, die ohne jeden Hintersinn auskommen.

Lehmanns Erstling ist ein herrlich uneitler Roman, der mir sehr gefallen hat.