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Venatrix

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Veröffentlicht am 09.05.2021

Psychogramm eines Serienmörders

Haarmann
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Im Hannover des Jahres 1920 verschwinden immer wieder männliche Jugendliche. Robert Lahnstein wird nach Hannover geholt, um die Verbrechen aufzuklären. Womit er nicht rechnet ist, dass die örtliche Kriminalabteilung ...

Im Hannover des Jahres 1920 verschwinden immer wieder männliche Jugendliche. Robert Lahnstein wird nach Hannover geholt, um die Verbrechen aufzuklären. Womit er nicht rechnet ist, dass die örtliche Kriminalabteilung ihren eigenen Interessen nachgeht und wenig von seinen Ermittlungen hält. Als Lahnstein die ersten halbwegs brauchbaren Hinweise bzw. Indizien erhält, sind schon mehr als zehn Jungs verschwunden. Recht schnell gerät Fritz Haarmann in das Visier von Robert Lahnstein. Doch der Verdächtige spielt Katz-und-Maus mit dem Ermittler, da er sich durch seine Spitzeldienste für die örtliche Polizei sicher wähnt.

Dass Lahnstein dem Serientäter letztendlich doch das Handwerk legen kann, ist nicht nur seinen akribischen Ermittlungen geschuldet, sondern auch deswegen, weil Haarmann nun als Spitzel „verbrannt“ ist und die Polizei ihn fallen lässt.

Meine Meinung:

Fritz Haarmann war der erste bekannte Massenmörder in Deutschland, der ausschließlich männliche Jugendliche ermordete. 24 Opfer werden ihm zugeschrieben, die in den Jahren 1918 bis 1924 in Hannover ermordet wurden. Nur neun Morde hat Haarmann gestanden. Die landesweite Bekanntheit des Täters beruht neben der großen Zahl der Getöteten auf dem Umgang mit seinen Opfern, die er zerlegt und deren Fleisch er wahrscheinlich verkauft hat.

Autor Dirk Kurbjuweit hat tief in den Ermittlungs- und Prozessakten gegraben und einen für mich fesselnden True-Crime-Krimi geschrieben. Aufgrund der großen Anzahl von Opfer kann der Autor gar nicht anders als distanziert über diese Verbrechensserie schreiben. Zu monströs sind diese Verbrechen, zumal die Kriminalpolizei von Hannover sich nicht unbedingt durch objektive Ermittlungsarbeit auszeichnet.

Gut gelungen ist die Darstellung der Zeit, in der die Morde verübt werden. Es ist die Zwischenkriegszeit. Das Alte (die Monarchie) ist unwiederbringlich verloren, das Neue (die Weimarer Republik) steht auf tönernen Füßen. Politisches Ränkespiel von Links und Rechts verunsichern die Menschen. Die Reparationszahlungen an Frankreich, die Geldentwertung und die Lebensmittelknappheit lassen die Menschen verrohen. So wird alles Fleisch, dessen man habhaft wird, verkocht, auch wenn es zweifelhafter Herkunft ist. Ob Haarmann wirklich den Gasthäusern das Fleisch der Ermordeten verkauft hat oder nicht, ist bis heute nicht zweifelsfrei erwiesen. In den Protokollen ist mehrmals von einem eigentümlichen süßlichen Geschmack die Rede.

Interessant ist auch das Psychogramm von Haarmann, das Lahnstein zeichnet als er zufällig Haarmanns Schwester kennenlernt. Gut getroffen sind auch Robert Lahnsteins (Selbst)Zweifel, die ihn manchmal schon ans Aufgeben denken lassen.

Der Autor zeichnet ein beklemmendes Bild der sogenannten „Goldenen Zwanziger Jahre“, die nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung „golden“ waren. Für die Mehrheit waren sie eine Zeit der traumatisierten Kriegsrückkehrer, der Armut, des Alkoholismus und der Prostitution.

Mit hat die Aufarbeitung der „Haarmann-Protokolle“ in einem Krimi gut gefallen. Einzig diese Unsitte bei der direkten Rede auf Satzzeichen zu verzichten geht mir wirklich auf die Nerven. Das kostet den 5. Stern.

Um einen anderen Blick auf Fritz Haarmann zu bekommen, werde ich noch „Der Werwolf von Hannover“ von Franziska Steinhauer lesen.

Fazit:

Eine gelungene Modifizierung von Gerichtsakten zu einem Krimi. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Komplexer Krimi

Die Nachtigall singt nicht mehr
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Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über ...

Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über Unterwanderung durch spionierende Emigranten die Runde machen. Journalist Karl Wieners will gemeinsam mit seiner Nichte Magda darüber eine Reportage machen.

Gleichzeitig wird der ehemalige Polizist und Privatdetektiv Ludwig Gruber von von Rudi, einem Jungen engagiert, seinen richtigen Vater zu suchen. Er glaubt, dass sein älterer Bruder von dem Heimkehrer getötet wurde, der sich als sein Vater ausgibt, es aber nicht ist.

„Ich will meinen Papa, meinen echten Papa! Können Sie ihn finden?“ (S. 125)

Während Karl und Magda sich auf die Spuren von Tomáš Čierny, eines möglichen Spions, heften, zeiht Walter Blohm, Magdas geschäftstüchtiger Ehemann, seine eigenen Fäden. Blohm gerät ebenfalls unter Verdacht, mit dem Kommunisten zu liebäugeln, war er doch gemeinsam mit einigen von ihnen im KZ.

Noch bevor die einzelnen Puzzleteile richtig sortiert werden können, explodiert auf einem Münchener Postamt eine Paketbombe und tötet Čierny.

Meine Meinung:

Dieser zweite Teil der Karl-Wieners-Trilogie ist kein gewöhnlicher Krimi mit „Tat-Täter-Aufklärung“, sondern eher eine Milieustudie der damaligen Zeit. Deutlich ist die Angst der Menschen vor dem Kommunismus spürbar. Zahlreiche Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei verunsichern die Deutschen. Ist jeder ein Spion? Noch gibt es keinen Geheimdienst, aber die „Organisation Gehlen“ ist auf dem besten Weg, einer zu werden.

Die Handlungsstränge rund um die die Personen, Karl, Ludwig und Magda, verdichten sich immer mehr, und alles deutet auf Walter Blohm hin, der einige (Geschäfts)Geheimnisse mit nahezu jedem Mittel zu verteidigen weiß. Gleichzeitig scheint auch er, von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden.

„Je weniger du weißt, desto besser für dich. … Wenn ich falle, sollst du nicht mit mir fallen. … Ihr dürft niemals Teil von dem sein, was mich angreifbar macht.“ (S. 57)

Gut integriert sind die verschiedenen Schicksale der Menschen. Ludwig, dessen Frau im Krieg gestorben ist, trauert nach wie vor um Anna. Er ist alleinerziehender Vater zweier Söhne und kann sich, aufgrund des eklatanten Männermangels, vor kaum vor unverheirateten Frauen retten.

Karls Familie ist ebenfalls im Krieg umgekommen. Seine innige Beziehung zu Nichte Magda erweist sich als ziemlich ungesund.

Ein gutes Beispiel, wie Menschen durch den Krieg aus der Bahn geworfen werden, ist Rudi. Rudis Vater ist ein Spätheimkehrer, an den er sich kaum erinnern kann. Deshalb hat er sich ein eigenes Bild seines Vaters erschaffen, dem der wirkliche Mann nicht entspricht. Rudis toter Bruder war Teil einer Jugendbande, die in den Hungerjahren die Familie ernährt hat. Nach seiner Rückkehr beansprucht der Vater die Rolle des Familienoberhauptes, was natürlich für Konflikt sorgt.

Eine schillernde Figur ist auch Agota, die Assistentin von Tomáš Čierny, die Blohm seiner Frau als Freundin andient. Agota hat auch so ihre Geheimnisse. Einem bin ich ziemlich gleich auf die Spur gekommen.

Fazit:

Ein komplexer Krimi der Nachkriegszeit, der an Spionagethriller erinnert. Gerne gebe ich hier 4 Sterne. Bin schon gespannt, wie die Trilogie enden wird.

Veröffentlicht am 26.04.2021

"Steig nicht ab"

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Dieser biografische Roman beleuchtet das Leben einer besonderen Frau, die den meisten unbekannt ist: Alfonsina Strada (1891-1959). Geboren als Kind einer bitterarmen Tagelöhner-Familie in der Nähe von ...

Dieser biografische Roman beleuchtet das Leben einer besonderen Frau, die den meisten unbekannt ist: Alfonsina Strada (1891-1959). Geboren als Kind einer bitterarmen Tagelöhner-Familie in der Nähe von Mailand wird sie gegen den erbitterten Widerstand ihrer Familie und der damaligen Gesellschaft Radrennfahrerin.

Dieses Buch zeigt auf, mit welchen Vorurteilen und Aggressionen sowohl von Männern als auch von Frauen Alfonsina kämpfen muss, um ihrer Leidenschaft zu frönen. Man hat sie als „Irre“ oder „Hure“ beschimpft, weil sie den damals für Frauen vorgegebenen Lebensweg der drei Ks (Kirche, Küche, Kinder) verlassen hat.

Als sie mit 13 Jahren ihr erstes Rennen und als Siegesprämie ein lebendes Schwein gewinnt, ist die Familie wütend statt erfreut. Sie siegt bei fast allen Mädchen- und Jungenrennen. 1909 wird sie zum Grand Prix von St. Petersburg eingeladen und der Zarenfamilien vorgestellt, von denen sie eine Medaille erhält. Sie fährt die großen Straßenrennen wie den Giro di Lombardia und den Giro d’Italia.

Als ihr die weitere Teilnahme an Männerrennen verweigert wird, wird sie Bahnfahrerin und stellte mehrere Geschwindigkeitsrekorde auf. Sie muss, um für ihren Lebensunterhalt und die Kosten für die Anstaltspflege ihres Mannes aufkommen zu können, auch Engagements im Zirkus annehmen. Alfonsinas Karriere dauert 26 Jahre.

Ihr Privatleben ist von der Tragödie um ihren Mann Luigi Strada überschattet, der lange Jahren in einer Anstalt gepflegt werden muss.

1959 stirbt die passionierte Motorradfahrerin (sie fährt eine Moto Guzzi) ann einem Herzanfall.

Fazit:

Simona Baldelli ist ein interessanter biografischer Roman gelungen, der lebendig erzählt wird. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Die Dosis macht das Gift

Böse Blumen
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Klaudia Blasl, eine österreichische Autorin, die ich schon von ihren „Damisch-Tal-Krimis“ kenne, hat hier 12 Kurzkrimis geschrieben, die eines gemeinsam haben: Mordwaffe ist jeweils eine Pflanze.

Kurzkrimis ...

Klaudia Blasl, eine österreichische Autorin, die ich schon von ihren „Damisch-Tal-Krimis“ kenne, hat hier 12 Kurzkrimis geschrieben, die eines gemeinsam haben: Mordwaffe ist jeweils eine Pflanze.

Kurzkrimis sind im Allgemeinen nicht so meines, aber die hier haben mich mehrmals zum Schmunzeln gebracht, denn manchmal schlägt das Imperium zurück und die Täterin wird selbst ein Opfer. Und sei nur deshalb, weil sie den Nachbarshund, den sie eigentlich um die Ecke bringen wollte, von ihrer getöteten Nachbarin „geerbt“. Jaja, kleine Sünden straft der Herrgott gleich.

Nach jedem Fall gibt es ein Porträt der Pflanze, die für den Tod verantwortlich gemacht wird. Außerdem bestätigt sich das hartnäckige Gerücht, dass es eher Frauen sind, die zu Giften greifen. Aber keine Regel ohne Ausnahme!
Gerne hebe ich diesen ersten Band zum Thema „Böse Blumen“ 4 Sterne. Der zweite Band heißt „Noch mehr böse Blumen“ und ist vor Kurzem erschienen.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Einblick in den ALDI-KOnzern

Schampus für alle
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In „Schampus für alle“ versucht Guido Knopp die Firmengeschichte von „ALDI“ seinen Lesern nahezubringen. Die Brüder Karl und Theodor Albrecht haben zeit ihres Lebens das Licht der Öffentlichkeit gescheut, ...

In „Schampus für alle“ versucht Guido Knopp die Firmengeschichte von „ALDI“ seinen Lesern nahezubringen. Die Brüder Karl und Theodor Albrecht haben zeit ihres Lebens das Licht der Öffentlichkeit gescheut, weswegen es wenig Tratsch und Klatsch zu berichten gibt.

1913 eröffnet der Bäckergeselle Karl Albrecht sen. in Schonnebeck, einem Vorort von Essen ein kleines, aber feines Geschäft, in dem es neben Brot auch Kaffee, Tee, Konfitüre, Butter und Kekse zu kaufen gibt. Persönliche Betreuung der Kunden ist oberstes Gebot.

Kurz nachdem Zweiten Weltkrieg, die Beschaffung von Lebensmitteln ist sowohl für die Händler als auch für die Konsumenten äußerst schwierig, ändern die Brüder Albrecht ihr Geschäftsmodell: Mit niedrigen Preisen und einem äußerst schmalen Sortiment, das sich auf das Wesentliche beschränkt, locken sie die Kunden in den Jahren der Mangelwirtschaft ins Geschäft.

Damit schlägt die Geburtsstunde des Diskontladens. Was den einen freut, nämlich billigste Preise für die Käufer, treibt so manchen Produzenten in den Ruin, denn die Albrechts setzen den Firmen die Daumenschrauben an. Bald gibt es Mitbewerber im umkämpften Preiskampf, der bis heute anhält.

Wenn zunächst nur die Wenigverdienenden die ALDI-Filialen, die bald die Fühler nach Österreich ausstrecken und dort unter „Hofer“ firmieren, frequentieren, wandelt sich die Käuferschicht. Was zuerst als peinlich gilt, nämlich das Einkaufen in schmucklosen Lagerhallen bei eingeschränktem Sortiment mit Eigenmarken, verwandelt sich bald in „trés chic“.

Meine Meinung:

Guido Knopp hat aus den wenigen zur Verfügung stehenden Quellen ein informatives Bild einer öffentlichkeitsscheuen Familie geschrieben. Wie wir es vom Autor und TV-Präsentator kennen, werden die Informationen leicht lesbar und manchmal auch launig dargeboten. Dabei beleuchtet er auch die diktatorischen Umgang mit Mitarbeitern und Lieferanten, von denen man zwar hinter vorgehaltener Hand schon gehört hat, aber nicht wirklich bekannt waren.

Fazit:

Ein interessanter Einblick in einen Milliarden schweren Konzern, dem ich gerne 4 Sterne gebe.