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Veröffentlicht am 12.05.2021

Ein neuer Weg im Leben

Daheim
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Klappentext:

„Judith Hermann erzählt in ihrem neuen Roman »Daheim« von einem Aufbruch: Eine alte Welt geht verloren und eine neue entsteht.

Sie hat ihr früheres Leben hinter sich gelassen, ist ans Meer ...

Klappentext:

„Judith Hermann erzählt in ihrem neuen Roman »Daheim« von einem Aufbruch: Eine alte Welt geht verloren und eine neue entsteht.

Sie hat ihr früheres Leben hinter sich gelassen, ist ans Meer gezogen, in ein Haus für sich. Ihrem Exmann schreibt sie kleine Briefe, in denen sie erzählt, wie es ihr geht, in diesem neuen Leben im Norden. Sie schließt vorsichtige Freundschaften, versucht eine Affaire, fragt sich, ob sie heimisch werden könnte oder ob sie weiterziehen soll. Judith Hermann erzählt von einer Frau, die vieles hinter sich lässt, Widerstandskraft entwickelt und in der intensiven Landschaft an der Küste eine andere wird. Sie erzählt von der Erinnerung. Und von der Geschichte des Augenblicks, in dem das Leben sich teilt, eine alte Welt verlorengeht und eine neue entsteht.“



Der Ton in dieser „Geschichte“ ist recht kühl, trübe und nebelig und die namenlose Portagonistin bleibt einem bis zum Schluss fremd. Ich muss gestehen, ich hatte damit keinerlei Probleme, denn der Zugang zu ihren Emotionen und ihrer Gefühlswelt war dennoch da und hat mich sehr stark beeindruckt. Autorin Judith Hermann hat eine ganz besondere Art, dem Leser ihre Protagonistin näher zu bringen. Wir erleben eine gewisse Distanz, sehen sie ihr „Ding machen“, erleben sie in ihrer Entwicklung und sind dabei einfach nur stille Beobachter. Wie gesagt, ich fand es treffend, denn nach ihrer Entscheidung muss sie erstmal ihre Gedanken und ihre Welt in die ihren richtigen Bahnen bringen, wieder auf eigenen Füßen stehen, es zumindest versuchen. Deshalb ist Hermanns Ton hier auch wahrlich perfekt getroffen. Laute und schrille Töne oder zu viel Selbstbewusstsein wären hier völlig fehl am Platze. Als Leser ist man hier nur Beobachter und Aufnehmer der Situation, denken muss man hier nicht, außer vielleicht das eigene Gedankengut selbst mal neu zu sortieren. Die raue Küstenlandschaft mit ihren Beschreibungen tut natürlich ihr Übriges dazu und auch das war sehr treffend formuliert. Der Weg eines Neuanfangs, eines Neustarts ist immer ein besonderer Schritt im Leben. Man muss für ihn kämpfen aber auch für das eigene „Ich“. Judith Hermann hat hier einen ganz starken und nachhallenden, aber auch grauen und trübsinnigen Roman geschaffen, der meine Erwartungen getoppt hat und deshalb gibt es auch sehr gut 4 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 12.05.2021

Nichts ist, wie es scheint...

Bittersüße Zitronen
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Klappentext:

„Auf der schönsten Insel der Welt reifen die Zitronen für den berühmten Limoncello von Capri. Doch plötzlich liefert die Familie Constantini nicht mehr, sie will auf Bio-Früchte umstellen ...

Klappentext:

„Auf der schönsten Insel der Welt reifen die Zitronen für den berühmten Limoncello von Capri. Doch plötzlich liefert die Familie Constantini nicht mehr, sie will auf Bio-Früchte umstellen und diese mit Crowdfarming vertreiben. Als Elisa Constantini bei einem mysteriösen Unfall auf den Serpentinen Capris stirbt, leiten der junge Polizist Enrico Rizzi und seine tatkräftige Kollegin Antonia Cirillo Ermittlungen ein und blicken in einen Abgrund von fatalen Liebschaften und Familienfehden.“



Mittlerweile ist Luca Ventura in meinem Krimi-Autoren-Spektrum ein fester Bestandteil, da seine Art des Schreibens und das gewisse Flair Capris hier einfach genial zelebriert wird. Der aktuelle Fall hat es auch wieder in sich. Ermittler Rizzi ist nun mittlerweile eine feste Größe auf Capri und der plötzliche Tot von Elisa ist äußerst mysteriös. Ventura gibt einem als Leser wieder eine Menge Futter, um selbst in Gedanken den Täter zu ermitteln, aber seine Fährten sind so herrlich wirr, wie das Serpentinen-Bild auf Capri. Dennoch bleiben Ahnungen und der Spannungsbogen wächst gekonnt und die Auflösung ist, wie immer eigentlich, sehr ausgetüftelt und logisch. Das Ventura aber auch mal besondere und aktuelle Thema anspricht, fand ich dieses Mal auch wieder sehr passend und treffend. Venturas Sprachstil hat eine gewisse Ernsthaftigkeit aber auch Leichtigkeit. Ich mag diesen Stilmix sehr und Enrico Rizzi ist ein sehr ausbaufähiger Charakter, wo der Leser bestimmt noch viel Spaß in Zukunft haben wird. Der Duft Capris strömt hier jedenfalls wieder wunderbar durch jede Seite. Ich freue mich jedenfalls wieder auf neue Fälle mit ihm auf Capri. 4 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 12.05.2021

Verborgenes entdecken

Deutschlands schrägste Orte
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Klappentext:

„Alles vermessen, entdeckt, bekannt – gibt es in Deutschland überhaupt noch Plätze zum Staunen und Wundern? Die Geographin und Journalistin Pia Volk hat sich zwischen Wattenmeer und Allgäu, ...

Klappentext:

„Alles vermessen, entdeckt, bekannt – gibt es in Deutschland überhaupt noch Plätze zum Staunen und Wundern? Die Geographin und Journalistin Pia Volk hat sich zwischen Wattenmeer und Allgäu, zwischen dem Frankfurter Mainufer und dem Sorbenland umgesehen und ist dabei auf lauter seltsame und seltsamste Orte gestoßen: eine Eiche mit eigener Adresse, ein fortgespültes Atlantis in der Nordsee, ein Kronleuchter in der Kölner Kanalisation, die letzte noch erhaltene Grenzschleuse für sowjetzonale Agenten.



Pia Volk ist einen Pfad entlanggewandert, der über das Gelände eines Atomkraftwerks führt, und hat einen Truppenübungsplatz durchquert auf dem Weg zu mächtigen Gräbern, von denen niemand weiß, wie sie gebaut wurden. Sie ist über eine mit Hohlräumen durchsetzte Felslandschaft gesprungen, in der alles Wasser verschwindet, und hat sich erklären lassen, wie man von einem Kirchturm auf das wohl gigantischste Ereignis der deutschen Erdgeschichte schließen kann. Sie hat sich sorbische Märchen angehört, saterfriesische Sprichwörter und Töne, die Jahre anhalten. Über all diese bizarren Landschaften, exzentrischen Welten und obskuren Objekte berichtet sie. Spannend und unterhaltsam führt sie zu geographischen und historischen Kuriositäten und lehrt uns, das eigene Land mit neuen Augen zu sehen.“



Da meint man, man kennt sein eigenes Land wie seine Westentasche aber mit diesem Buch wird man definitiv eines besseren belehrt. Pia Volk nimmt uns mit auf eine Reise durch Deutschland und zwar zu den schrägsten und speziellsten Orten, die man hier wohl finden kann. Wir reisen mir ihr von Osten nach Westen und von Nord nach Süd und lernen wahrlich skurrile Ortschaften, Sprachen bzw. Begebenheiten kennen. Mit ihrem spritzigen Schreibstil, ist dieses Buch eine ganz nette Unterhaltung an einem grauen Lesenachmittag. Ihr Sprachstil ist freundlich, ansprechend und selbstbewusst. Man merkt der Autorin in jedem Satz an, wie viel Spaß sie selbst dabei hatte, diese Reise zu unternehmen und die Orte kennenzulernen die fast vergessen sind oder einfach so außergewöhnlich sind.

Ich vergebe 4 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 11.05.2021

Bruderliebe

Die wir liebten
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Klappentext:

„Die Siebziger in der westdeutschen Provinz. Ein Dorf, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Für Edgar und seinen Bruder Roman ist das Leben überschaubar und gut. Bis sich ihr Vater am Maifest ...

Klappentext:

„Die Siebziger in der westdeutschen Provinz. Ein Dorf, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Für Edgar und seinen Bruder Roman ist das Leben überschaubar und gut. Bis sich ihr Vater am Maifest in die Tierärztin verliebt und die Familie verlässt. Die Mutter zieht sich immer mehr in ihren Lotto-Laden zurück. Die Jungen sind bald sich selbst überlassen. Schließlich steht das Jugendamt vor der Tür, um Edgar und Roman in den Gnadenhof zu holen. Ein Heim, in dem die Methoden der Nazis fortbestehen.“



Gleich zu Beginn, wie es auch anderen Lesern bereits aufgefallen ist, sei gesagt, das Cover dieses Buches täuscht. Die Geschichte der beiden Brüder ist nämlich nicht zu spaßig und witzig wie es auf den ersten Blick scheint. Nachdem der Vater sich in eine andere Frau verliebt hat, ist das Familienleben komplett zerstört und die beiden werden zu Einzelkämpfern in Brüderform. Als dann das Jugendamt den großen Beschluss fasst, auf den Gnadenhof zu gehen, wirkt das schon fasst vom Autor sehr zweideutig, das mein Leserherz hier einen großen Jubelschrei losgelassen hat. So geht richtig gute Literatur! Dennoch gab es einige Längen und genau deshalb gibt es auch nur 4 von 5 Sterne, denn diese erschienen so gestellt, das man meinen könnte, sie seien Lückenfüller. Der Gnadenhof ist natürlich etwas völlig anderes als erwartet - Nazimethoden stehen hier noch an oberster Stelle und so entpuppt sich diese Welt, als eine andere. Autor Willi Achten hat ein sehr feinsinniges Gespür hier aufgelegt und verknüpft viel Wortspielerei mit Doppeldeutigkeiten, das es nur so eine Wonne ist. Dem Leser springen hier so viele Fragen entgegen, das man dieses Buch recht schnell durchliest weil man nach Antworten sucht. Der bildhafte Schreibstil tut sein übriges dazu und zeigt dem Leser, den Zerfall einer Familie, die Bedeutung von Geschwistern, die Bedeutung von Lebensweisen nach einem gewissen System, nach Macht, nach Anerkennung und nach völliger Suche nach sich selbst. Die beiden Brüder nehmen eine irre Entwicklung hin und haben mich komplett begeistert und eingenommen und deshalb gibt es auch 4 von 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 11.05.2021

Was erlauben wir Menschen uns eigentlich?

Tiere wie wir
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Klappentext:

„Hat das Leben eines Tieres einen anderen Wert als das eines Menschen? Nein, sagt die Harvard-Professorin Christine M. Korsgaard und begründet in ihrem Buch "Tiere wie wir", warum Tiere nicht ...

Klappentext:

„Hat das Leben eines Tieres einen anderen Wert als das eines Menschen? Nein, sagt die Harvard-Professorin Christine M. Korsgaard und begründet in ihrem Buch "Tiere wie wir", warum Tiere nicht getötet oder benutzt werden dürfen. Sie belässt es aber nicht bei der abstrakten Analyse, sondern erörtert an konkreten Beispielen, warum die handelsüblichen Rechtfertigungen von Massentierhaltung und Tierversuchen moralisch unhaltbar sind. Ihr radikales Buch setzt einen neuen Maßstab in der Debatte und gilt als wichtigster Beitrag zur Tierethik seit Peter Singer.



Christine Korsgaard setzt bei der Grundfrage an, was der Wert eines Lebens ist. In einer klar vorgetragenen, von Kants Moralphilosophie und einer Theorie des Guten nach Aristoteles ausgehenden Argumentation gelangt sie zu weitreichenden Schlussfolgerungen: Menschen sind nicht wichtiger als Tiere, und unsere moralische Natur macht uns Tieren auch nicht überlegen. Stattdessen ist es unsere Empathie, die uns erkennen lässt, dass Tieren als bewussten Wesen ebenso wie Menschen ein "Zweck an sich selbst" im Sinne Kants inne sind. Damit erweitert sie Kants Ideen einer moralischen Gemeinschaft grundlegend: Menschen haben nicht nur gegenüber Mitmenschen, sondern auch gegenüber Tieren moralische Pflichten. Anhand praktischer ethischer Fragen veranschaulicht die Philosophin schließlich, warum das Erniedrigen oder Töten von Tieren in keinem Fall moralisch gerechtfertigt ist.“



Korsgaard‘s Worte gehen definitiv unter die Haut und Sie schlagen dieses Buch zu, und fragen sich nach dem ganzen Warum, aber keine Angst, sie werden nicht gleich zum Vegetarier, nur weil Sie dieses Buch lesen wollen/können/dürfen/möchten.

Korgaard stellt sich gewissen Fragen gegenüber und beantwortet dieses extrem wort- und ausdrucksstark. Sie hat einen extrem hohen Drang, dem Leser ihre Meinung genauestens zu erklären, sie will dem Leser genau erläutern warum sie so denkt und dabei herausgekommen ist dieses geniale Buch, welches mehr als nachhallt. Korsgaard macht hier keine Gehirnwäsche oder ähnliches, sie zeigt sehr sachlich und fundiert auf, was es heißt das Menschenwohl und das Tierwohl zu vergleichen. Sie geht dabei auf viele bekannte Persönlichkeiten ein und erläutert Theorien aber auch Zukunftsvisionen. Die Autorin spricht hier Themen an, die eigentlich niemand gern hören will, wenn er gerade in sein Kalbsschnitzel beißt. Sie bohrt mit ihren Worten in keiner weiteren Wunde, aber sie gießt Salzsäure in bereits bekannte Wunden und genau das fand ich persönlich so bemerkenswert. Sie stellt so viele Fragen, das man manchmal das Buch einfach schließen musste, alles sacken lassen musste und gründlich darüber nachzudenken hatte. Dieses Buch fordert den Leser auf ganz besondere Art und es prägt einen bis ins Mark...5 von 5 Sterne!

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