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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2021

Die Vorgeschichte

Totensang
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In diesem Kurz-Krimi wird Maik Bertram, den wir aus den bisherigen Münsterland-Krimis „Tenbrink & Bertram“ kennen, vorgestellt.
Aufgrund eines schwerwiegenden Fehlers ist er aus Magdeburg ins Münsterland ...

In diesem Kurz-Krimi wird Maik Bertram, den wir aus den bisherigen Münsterland-Krimis „Tenbrink & Bertram“ kennen, vorgestellt.
Aufgrund eines schwerwiegenden Fehlers ist er aus Magdeburg ins Münsterland versetzt worden, um ihm eine zweite und letzte Chance zu geben. Sowohl Bertram als auch das eingespielte Team rund um Tenbrink haben mit einigen Vorurteilen zu kämpfen. Doch allzu viel Zeit bleibt dafür nicht, denn gleich nach seinem Dienstantritt, bekommt er es mit einem Mord an einer Prostituierten zu tun, der einige Rätsel aufgibt. Man hat zwar den mutmaßlichen Täter verhaftet, aber Tenbrink & Bertram haben hier so ihre Zweifel. Der Verdächtige, der Krimiautor Henner Holtkamp, ist lediglich aufgrund der Indizien in U-Haft, denn von der Frau bzw. ihrer Leiche fehlt jede Spur. Holtkamp benimmt sich eigenartig und leidet an psychischen Störungen.

Wird es Tenbrink & Bertram gelingen, das Rätsel um die tote Frau zu lösen?

Meine Meinung:

Ich habe mich auf ein Wiedersehen mit dem sympathischen Duo Tenbrink & Betram sehr gefreut. Leider ist ein Kurz-Krimi immer zu kurz.

Herrlich sind die Wortspielereien zwischen Tenbrink & Bertram oder auch zwischen Maik und dem Holtkamp. Das gefällt mir sehr. Maik zitiert häufig aus Filmen. Ein Beispiel gefällig?
“Lern deinen Text und stoß nicht gegen die Möbel.“
„Was?“
„Robert Mitchum hat das mal gesagt. Über die angebliche Kunst des Schauspielens. Text lernen und nicht gegen die Möbel stoßen. Vielleicht war’s auch James Stewart.“

Mein Lieblingszitat aus der gesamten Reihe ist allerdings: „Keine blöden Sprüche“.

Ach ja, die erste Begegnung Maiks mit Martina Derksen, der feschen und ehrgeizigen Oberstaatsanwältin, spricht auch Bände.

Fazit:

Ein gelungenes Prequel, das die Wartezeit auf den nächsten Fall „Finsterbusch“ verkürzt. Gerne gebe ich hier 4 Steren.

Veröffentlicht am 13.05.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Schattenland
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In diesem 6. Band wird der ehemalige Personenschützer des französischen Präsidenten, Nicolas Guerlain, von den Schatten der Vergangenheit heimgesucht.
Er soll, obwohl nicht mehr im aktiven Dienst, die ...

In diesem 6. Band wird der ehemalige Personenschützer des französischen Präsidenten, Nicolas Guerlain, von den Schatten der Vergangenheit heimgesucht.
Er soll, obwohl nicht mehr im aktiven Dienst, die kapriziöse Schauspielerin Noemi Rey während des Filmfestivals in seiner Heimat Deauville beschützen. Rey ist mit der 24-Stunden-Bewachung sogar nicht einverstanden, doch als zwei Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung ermordet werden, bleibt ihr nicht viel anderes übrig, als sich widerwillig zu fügen.

Gleichzeitig schreibt ein sichtlich verwirrter Mann auf jede freie Fläche von Deauville Gedichte, die mit Noemie Rey in Verbindung gebracht werden. Ein Mitläufer oder „nur“ ein Stalker?

Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit Alexandre Guerlain, Nicolas‘ Vater, der wieder einmal mit einer unliebsamen Überraschung aufwartet.

Meine Meinung:

Die unterschiedlichen Handlungsstränge finde ich spannend. Es gefällt mir, wie sie verknüpft werden. Diesmal kommt der Krimi ohne Nicolas‘ großer Liebe Julie aus. Ich gebe zu, das Verwirrspiel rund um Julie ist mir nicht abgegangen.

Was mich in diesem Band gestört hat, ist das breite Auswalzen der Gedichte von Baudelaire. Ich meine, der Dichter kommt in vielen französischen Krimis vor. Diesmal sind die Zitate inflationär. Gibt es keine anderen Dichter, wenn schon Poesie und Lyrik eine Rolle spielen sollen?

Alexandre Guerlain zieht wieder unheilvoll seine Fäden, bis ihn ein Herzinfarkt niederstreckt. Doch Unkraut vergeht nicht und so bleibt es aufregend bis zum nächsten Fall.

Fazit:

Ein Ausflug zum Filmfestival von Deauville, der sich gelohnt hat. Über die Lyrik kann man hinweglesen. Diesmal gibt es 4 Sterne.

Veröffentlicht am 09.05.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Caravaggios Schatten
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Dieser zweite Krimi um die Detektei des Rupert von Schleewitz beginnt mit einem Paukenschlag: Alban, Ruperts Zimmerkollege aus dem Internat, zerstört in einer Ausstellung auf Schloss Sanssouci ein wertvolles ...

Dieser zweite Krimi um die Detektei des Rupert von Schleewitz beginnt mit einem Paukenschlag: Alban, Ruperts Zimmerkollege aus dem Internat, zerstört in einer Ausstellung auf Schloss Sanssouci ein wertvolles Bild. Es handelt sich um das Gemälde „Der ungläubige Thomas“, eines der beiden in Deutschland befindlichen Werke von Caravaggio. Dann verschwindet das Bild auf dem Weg in die Restaurierungswerkstätte. Der Skandal ist perfekt. War das Attentat nur Mittel zum Zweck? Handelt es sich hier um eine Auftragsarbeit? Artnapping? Warum schweigt Alban?

Ausgerechnet Ruperts Detektei wird beauftragt, das Gemälde wiederzubeschaffen. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Max Müller und Klara Ivanovic gelingt es, mit den Räubern Kontakt aufzunehmen. Die Spur führt nicht nur zu einer Rechtsanwaltskanzlei, die bis dato nichts mit Kunstschätzen zu tun hatte, sondern auch in Ruperts verdrängte Jugendzeit im Internat.

Meine Meinung:

Wie schon zuvor im ersten Fall für das kunstsinnige Trio („Der Turm der Blauen Pferde“) führt der Krimi in die Welt der Kunstschätze, in der aberwitzige Geldsummen für Meisterwerke bezahlt werden. Doch diesmal steckt noch etwas anderes dahinter.

Dieser Krimi beschert uns auch ein Wiedersehen mit Klaras Vater, einem Maler, der so seine eigene Interpretation von Kunst hat, und ein gehöriges Schlitzohr ist.

Mir hat dieses Katz-und-Maus-Spiel sehr gut gefallen. Wie werden die Erkenntnisse in diesem Fall das weitere Leben von Rupert von Schleewitz beeinflussen?

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 4 Sterne gebe und auf einen weiteren Fall für das Trio hoffe.

Veröffentlicht am 09.05.2021

Psychogramm eines Serienmörders

Haarmann
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Im Hannover des Jahres 1920 verschwinden immer wieder männliche Jugendliche. Robert Lahnstein wird nach Hannover geholt, um die Verbrechen aufzuklären. Womit er nicht rechnet ist, dass die örtliche Kriminalabteilung ...

Im Hannover des Jahres 1920 verschwinden immer wieder männliche Jugendliche. Robert Lahnstein wird nach Hannover geholt, um die Verbrechen aufzuklären. Womit er nicht rechnet ist, dass die örtliche Kriminalabteilung ihren eigenen Interessen nachgeht und wenig von seinen Ermittlungen hält. Als Lahnstein die ersten halbwegs brauchbaren Hinweise bzw. Indizien erhält, sind schon mehr als zehn Jungs verschwunden. Recht schnell gerät Fritz Haarmann in das Visier von Robert Lahnstein. Doch der Verdächtige spielt Katz-und-Maus mit dem Ermittler, da er sich durch seine Spitzeldienste für die örtliche Polizei sicher wähnt.

Dass Lahnstein dem Serientäter letztendlich doch das Handwerk legen kann, ist nicht nur seinen akribischen Ermittlungen geschuldet, sondern auch deswegen, weil Haarmann nun als Spitzel „verbrannt“ ist und die Polizei ihn fallen lässt.

Meine Meinung:

Fritz Haarmann war der erste bekannte Massenmörder in Deutschland, der ausschließlich männliche Jugendliche ermordete. 24 Opfer werden ihm zugeschrieben, die in den Jahren 1918 bis 1924 in Hannover ermordet wurden. Nur neun Morde hat Haarmann gestanden. Die landesweite Bekanntheit des Täters beruht neben der großen Zahl der Getöteten auf dem Umgang mit seinen Opfern, die er zerlegt und deren Fleisch er wahrscheinlich verkauft hat.

Autor Dirk Kurbjuweit hat tief in den Ermittlungs- und Prozessakten gegraben und einen für mich fesselnden True-Crime-Krimi geschrieben. Aufgrund der großen Anzahl von Opfer kann der Autor gar nicht anders als distanziert über diese Verbrechensserie schreiben. Zu monströs sind diese Verbrechen, zumal die Kriminalpolizei von Hannover sich nicht unbedingt durch objektive Ermittlungsarbeit auszeichnet.

Gut gelungen ist die Darstellung der Zeit, in der die Morde verübt werden. Es ist die Zwischenkriegszeit. Das Alte (die Monarchie) ist unwiederbringlich verloren, das Neue (die Weimarer Republik) steht auf tönernen Füßen. Politisches Ränkespiel von Links und Rechts verunsichern die Menschen. Die Reparationszahlungen an Frankreich, die Geldentwertung und die Lebensmittelknappheit lassen die Menschen verrohen. So wird alles Fleisch, dessen man habhaft wird, verkocht, auch wenn es zweifelhafter Herkunft ist. Ob Haarmann wirklich den Gasthäusern das Fleisch der Ermordeten verkauft hat oder nicht, ist bis heute nicht zweifelsfrei erwiesen. In den Protokollen ist mehrmals von einem eigentümlichen süßlichen Geschmack die Rede.

Interessant ist auch das Psychogramm von Haarmann, das Lahnstein zeichnet als er zufällig Haarmanns Schwester kennenlernt. Gut getroffen sind auch Robert Lahnsteins (Selbst)Zweifel, die ihn manchmal schon ans Aufgeben denken lassen.

Der Autor zeichnet ein beklemmendes Bild der sogenannten „Goldenen Zwanziger Jahre“, die nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung „golden“ waren. Für die Mehrheit waren sie eine Zeit der traumatisierten Kriegsrückkehrer, der Armut, des Alkoholismus und der Prostitution.

Mit hat die Aufarbeitung der „Haarmann-Protokolle“ in einem Krimi gut gefallen. Einzig diese Unsitte bei der direkten Rede auf Satzzeichen zu verzichten geht mir wirklich auf die Nerven. Das kostet den 5. Stern.

Um einen anderen Blick auf Fritz Haarmann zu bekommen, werde ich noch „Der Werwolf von Hannover“ von Franziska Steinhauer lesen.

Fazit:

Eine gelungene Modifizierung von Gerichtsakten zu einem Krimi. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Komplexer Krimi

Die Nachtigall singt nicht mehr
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Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über ...

Der zweite Krimi rund um Karl Wieners, Magda Blohm und Ludwig Gruber spielt im München des Jahres 1955. Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt, als sich im Ost der Bundesrepublik Gerüchte über Unterwanderung durch spionierende Emigranten die Runde machen. Journalist Karl Wieners will gemeinsam mit seiner Nichte Magda darüber eine Reportage machen.

Gleichzeitig wird der ehemalige Polizist und Privatdetektiv Ludwig Gruber von von Rudi, einem Jungen engagiert, seinen richtigen Vater zu suchen. Er glaubt, dass sein älterer Bruder von dem Heimkehrer getötet wurde, der sich als sein Vater ausgibt, es aber nicht ist.

„Ich will meinen Papa, meinen echten Papa! Können Sie ihn finden?“ (S. 125)

Während Karl und Magda sich auf die Spuren von Tomáš Čierny, eines möglichen Spions, heften, zeiht Walter Blohm, Magdas geschäftstüchtiger Ehemann, seine eigenen Fäden. Blohm gerät ebenfalls unter Verdacht, mit dem Kommunisten zu liebäugeln, war er doch gemeinsam mit einigen von ihnen im KZ.

Noch bevor die einzelnen Puzzleteile richtig sortiert werden können, explodiert auf einem Münchener Postamt eine Paketbombe und tötet Čierny.

Meine Meinung:

Dieser zweite Teil der Karl-Wieners-Trilogie ist kein gewöhnlicher Krimi mit „Tat-Täter-Aufklärung“, sondern eher eine Milieustudie der damaligen Zeit. Deutlich ist die Angst der Menschen vor dem Kommunismus spürbar. Zahlreiche Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei verunsichern die Deutschen. Ist jeder ein Spion? Noch gibt es keinen Geheimdienst, aber die „Organisation Gehlen“ ist auf dem besten Weg, einer zu werden.

Die Handlungsstränge rund um die die Personen, Karl, Ludwig und Magda, verdichten sich immer mehr, und alles deutet auf Walter Blohm hin, der einige (Geschäfts)Geheimnisse mit nahezu jedem Mittel zu verteidigen weiß. Gleichzeitig scheint auch er, von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden.

„Je weniger du weißt, desto besser für dich. … Wenn ich falle, sollst du nicht mit mir fallen. … Ihr dürft niemals Teil von dem sein, was mich angreifbar macht.“ (S. 57)

Gut integriert sind die verschiedenen Schicksale der Menschen. Ludwig, dessen Frau im Krieg gestorben ist, trauert nach wie vor um Anna. Er ist alleinerziehender Vater zweier Söhne und kann sich, aufgrund des eklatanten Männermangels, vor kaum vor unverheirateten Frauen retten.

Karls Familie ist ebenfalls im Krieg umgekommen. Seine innige Beziehung zu Nichte Magda erweist sich als ziemlich ungesund.

Ein gutes Beispiel, wie Menschen durch den Krieg aus der Bahn geworfen werden, ist Rudi. Rudis Vater ist ein Spätheimkehrer, an den er sich kaum erinnern kann. Deshalb hat er sich ein eigenes Bild seines Vaters erschaffen, dem der wirkliche Mann nicht entspricht. Rudis toter Bruder war Teil einer Jugendbande, die in den Hungerjahren die Familie ernährt hat. Nach seiner Rückkehr beansprucht der Vater die Rolle des Familienoberhauptes, was natürlich für Konflikt sorgt.

Eine schillernde Figur ist auch Agota, die Assistentin von Tomáš Čierny, die Blohm seiner Frau als Freundin andient. Agota hat auch so ihre Geheimnisse. Einem bin ich ziemlich gleich auf die Spur gekommen.

Fazit:

Ein komplexer Krimi der Nachkriegszeit, der an Spionagethriller erinnert. Gerne gebe ich hier 4 Sterne. Bin schon gespannt, wie die Trilogie enden wird.