Mystisch gut
„Die Liebe zu meiner Mutter ist wie eine Axt. Sie schlägt sehr tief.“ (S. 174)
Sofia begleitet ihre Mutter Rose in Spanien, um sich dort in einer Spezialklinik von dem bekannten Arzt Dr. Goméz untersuchen ...
„Die Liebe zu meiner Mutter ist wie eine Axt. Sie schlägt sehr tief.“ (S. 174)
Sofia begleitet ihre Mutter Rose in Spanien, um sich dort in einer Spezialklinik von dem bekannten Arzt Dr. Goméz untersuchen zu lassen. Immer wieder kann sie ganz plötzlich die Beine nicht mehr bewegen und ist komplett auf die Unterstützung ihrer Tochter angewiesen. Seit ihr Vater die beiden verlassen hat, als Sofia noch klein war, um in seiner Heimat in Griechenland eine neue Familie zu gründen, kümmert sich die Anthropologin um ihre Mutter. Doch je mehr Zeit sie mit Strandspaziergängen verbringt, je mehr Gespräche sie mit Dr. Goméz führt, je mehr sie sich in einer kuriosen Beziehung zu der deutschen Künstlerin Ingrid verliert, desto mehr wacht sie auf: Sie muss sich aus den medusengleichen Fängen ihrer Mutter befreien, aus ihrem Einfluss auf ihr Leben, endlich frei sein, ein eigenständiger Mensch – und so trifft sie eine Entscheidung, die alles verändern soll.
Deborah Levys Roman „Heiße Milch“, der bereits 2016 erschien, ist eine kuriose, manchmal verwirrende, oftmals unglaublich anstrengend zu ertragene Geschichte einer toxischen Mutter-Tochter-Beziehung, die mich aber vor allem durch die ihr zugrunde liegende Genialität begeistert hat. Die Protagonistin Sofia scheint ohne ihre Mutter gar nicht funktionieren zu können, sagt von sich selbst, dass die Worte ihrer Mutter ihr Spiegel seien (vgl. S. 92) und auch ihre Handlungen sind denen der kranken Frau angepasst: „Ich bin ihre Beine, und sie ist lahm. Ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll. Ich habe wieder zu hinken begonnen“ (S. 171). Doch sie hat Angst, sich aus der Beziehung zu befreien, undankbar zu erscheinen; sie befindet sich in einem Dilemma, aus dem ihr auch ihr Vater nicht helfen wird, der mit alledem nichts zu tun haben will, wie sie bei einem kurzen Besuch feststellt.
Auf der Suche nach ihrer Identität trifft sie einige denkwürdige Menschen, deren Rolle mir auch im Nachhinein nicht ganz klar sind, und zur