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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2021

Insgesamt ein stimmiges Hörerlebnis!

Die Verlorenen
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Ich habe bisher geglaubt, Hörbücher seien nichts für mich, ich hätte keine Zeit sie zu hören oder würde vielleicht der Geschichte nicht so folgen können, als wenn ich ein Buch lese. Da Hörbücher aber mehr ...

Ich habe bisher geglaubt, Hörbücher seien nichts für mich, ich hätte keine Zeit sie zu hören oder würde vielleicht der Geschichte nicht so folgen können, als wenn ich ein Buch lese. Da Hörbücher aber mehr und mehr Einzug in die Welt der Bücher halten, wurde es für mich Zeit mich diesem Medium einmal zu nähern. Und so habe ich die Chance im Zuge der #NetGalleyDEChallenge genutzt um mir eine Meinung zu bilden.

Ich habe in der Vergangenheit bereits Bücher von Simon Beckett gelesen und bin von seiner Schreibweise angetan. Seine Geschichten sind zumeist spannend und wenig blutig und vorhersehbar. Es sind Geschichten, die ihre Auflösung erst sehr spät offenbaren. So war dieses Buch meine erste Wahl um ein Hörbuch zu probieren.

Gelesen wird die - leider gekürzte - Geschichte von Johannes Steck. Von ihm hatte ich bisher noch nichts gehört, fand seine Stimme aber bereits in der Hörprobe überaus ansprechend. Ich mag tiefe Männerstimmen sehr und in diesem Fall kommt eine Rauheit hinzu, die nach meinem Dafürhalten perfekt zur Geschichte passt. Darüber hinaus versteht es Steck, das Tempo seines Vorlesens an den Inhalt der Geschichte anzupassen. Ist es spannend, liest er deutlich schneller, als wenn einfach nur ein Stück Geschichte zu erzählen ist. So erreicht er als Vorleser eine zusätzliche Spannung; man hört automatisch genauer hin. Das gefällt mir sehr.

Ebenfalls sehr gut gefällt mir, dass Johannes Steck den Figuren eigene Stimmen verleiht. So bekommt der überaus unsympathische DI Fletcher eine derart schnarrige Stimme, dass man ihn sich sehr deutlich vor dem inneren Auge vorstellen kann, denn auch die Beschreibung von Simon Beckett ist alles andere als ein sympathischer Charakter. Hinzu kommt, dass Fletcher ein absolut sarkastischer Mensch ist. Das glaubt man dem Vorleser aufs Wort! In Dialogen kann man so die unterschiedlichen Figuren immer wunderbar unterscheiden und es gibt nie einen Zweifel daran, wer wann spricht.
Auch die unterschiedlichen Gefühlslagen der Sprechenden kommen ausgesprochen gut heraus und so wird die Geschichte - im Gegensatz zum Gelesenen - lebendiger.

Absätze kommen durch gezielte Pausen sehr gut zum Tragen. Beim Zuhören hat man nicht das Gefühl, dass Beck durch die Geschichte rennt. Allerdings hatte ich manchmal das Gefühl, dass man anhand des Erzählten merkt, wo ein Stück der Geschichte fehlt. Der Umstand, dass viele Hörbücher nicht die gesamte Geschichte beinhalten, hat mich eben auch davon abgehalten, mich bisher mit diesem Medium vertraut zu machen, selbst wenn der Inhalt der Geschichte nicht unbedingt darunter leidet.

Mit der Geschichte “Die Verlorenen” führt Simon Beckett einen neuen Ermittler ein - Jonah Colley. Dieser wird an einem heiteren Abend mit Kollegen von seinem ehemals besten Freund Gavin angerufen und gebeten zum Slaughter Kay zu kommen. Jonah hat dabei ein ungutes Gefühl, fährt aber dennoch hin - nur um dort in einer alten Lagerhalle einen Haufen Leichen und den toten Gavin zu finden. Als DI Fletcher auf den Plan kommt, scheint nichts mehr so klar zu sein, wie es sich für Jonah darstellte und schneller als er gucken kann, ist er der Mittelpunkt eines Verbrechens, in dem nichts offensichtlich zu sein scheint und in dem er sich mehr und mehr verstrickt.

Jonah ist ein sympathischer Typ, der sicherlich - wie jeder andere auch - seine Stärken und Schwächen hat. Immer wieder bekommt man das Gefühl, dass ihm Ungerechtigkeit widerfährt, jedoch kann man sich nur schwer einem gewissen Zwiespalt entziehen, der zielgerichtet erzeugt wird, indem DI Fletcher immer und immer wieder Fakten gegen Jonah verwendet.
Überhaupt ist DI Fletcher ein sarkastischer, bisweilen arroganter Ermittler, der überhaupt keinen Zweifel daran lässt, wen er für den Täter hält. Dabei ist er überaus uneinsichtig und muss so manches Mal von seiner Assistentin “zurück gepfiffen” werden. Wobei das allerdings auch ihr einziger Job zu sein scheint. DS Bennett hat nämlich ansonsten kaum Wortmeldungen und bis zum Schluss war mir die Figur absolut fremd. Damit verteilt der Autor die Sympathien und Antipathien sehr gezielt auf seine Figuren.

Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt, sodass der Leser auch die Möglichkeit hat, Gavin besser kennenzulernen. Der verändert sich spürbar je weiter die Geschichte fortschreitet und je mehr der Leser über ihn erfährt. Das ist aus meiner Sicht am Anfang so nicht zu erwarten und gibt der Story u.a. die Spannung. Mir gefällt es, dass man sich hin und wieder die Frage stellen muss, ob bestimmte Dinge wirklich so gewesen sein können oder ob hier nur wieder DI Fletcher Fakten für sich auslegt. Die Auflösung erfolgt sehr spät, wie es sich aus meiner Sicht für einen guten Thriller gehört.

Simon Beckett bleibt seiner Art zu Erzählen treu. Die Erzählung ist wenig verschnörkelt und nicht detailverliebt. Man kann sich sehr gut vorstellen, in welchem Rahmen seine Geschichte spielt. Dennoch bleibt der Rahmen eben der Rahmen und die Geschichte selbst ist der Mittelpunkt. Das gefällt mir gut.

Der hier vorliegende Roman ist ein solider Thriller, dessen Spannung bis zum Ende gehalten wird. Das große Finale, welches ich so nicht unbedingt erwartet hätte, startet spät und bietet alles auf um jeden begonnenen Faden aufzulösen. Am Ende bleibt nichts ungeklärt. Es lohnt sich also, diesen Roman zu lesen - oder in diesem Fall zu hören. Mir hat die Geschichte gefallen ebenso wie das Hörerlebnis und so kann ich das Buch deshalb empfehlen.

Die Erfahrung Hörbuch werde ich sicherlich vertiefen, denn gerade bei Tätigkeiten wie Malen, ist es eine wunderbare Möglichkeit, das Eine mit dem Anderen zu verbinden. Auf jeden Fall empfinde ich den Versuch als gelungen.

Veröffentlicht am 16.05.2021

Der beste Teil bisher

Land of Stories: Das magische Land - Eine düstere Warnung
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Das Buch:
Es handelt sich bei dem vorliegenden Buch um den 3. Teil der Reihe Land of Stories - Das magische Land. Man sollte Teil 1 und 2 gelesen haben, bevor man diesen zur Hand nimmt. Zwar ist die Geschichte ...

Das Buch:
Es handelt sich bei dem vorliegenden Buch um den 3. Teil der Reihe Land of Stories - Das magische Land. Man sollte Teil 1 und 2 gelesen haben, bevor man diesen zur Hand nimmt. Zwar ist die Geschichte in sich abgeschlossen, aber die Rückblenden zu den beiden Vorgängerteilen sind nicht so ausschweifend.

Worum geht's?
Alex und Connor - die 14jährigen Zwillinge - leben seit einem Jahr in unterschiedlichen Welten. Während Alex zur neuen guten Fee ausgebildet wird, arbeitet Connor weiter daran Schriftsteller zu werden. Eines Tages führt sein Weg ihn nach Deutschland, weil drei unbekannte Märchen der Gebrüder Grimm veröffentlicht werden sollen. Als Connor den Märchen lauscht, ist ihm sofort klar, dass dies keine gewöhnlichen Märchen sind, sondern dies eine Warnung ist. Und sofort macht er sich auf den Weg, die Märchenwelt zu retten.

Charaktere:
In diesem Teil zeigt Colfer die Zwillinge das erste Mal unabhängig voneinander. Nachdem die gute Fee am Ende des letzten Teiles die Portale zwischen der Märchen- und der Anderswelt verschlossen hat, lebt Connor in der Anderswelt und Alex in der Märchenwelt. Auf diese Art und Weise erlebt der Leser diese beiden Figuren einmal einzeln. Bisher waren sie ja quasi eine Einheit. Spannend hierbei ist, dass sie sich dennoch parallel zu entwickeln scheinen. Beide sind das erste Mal verliebt, beide streben ihrem Ziel zu...
In diesem Teil gefallen mir die Zwillinge besser als in den vorangegangenen. Vielleicht liegt es daran, dass sie erwachsener geworden sind, sie sind im Teenageralter angekommen.

Diesmal lernt der Leser Mutter Gans besser kennen. Das gefällt mir sehr. Irgendwie ist dies eine Figur mit einer Vergangenheit, die nach und nach aufgedeckt wird, wenngleich ich davon überzeugt bin, dass Colfer sein Pulver noch nicht verschossen hat. Da kommt bestimmt noch mehr. Ich mag Mutter Gans, denn auch wenn sie auf den ersten Blick etwas wenig verantwortungsbewusst erscheint, ist sie dies nicht. So hat sie die französische Armee 200 Jahre ins Portal gesperrt und gehofft, so die Märchenwelt schützen zu können. SIe hat Kontakte in der Anderswelt und gibt frühzeitig Hinweise, die sich erst später als sinnhaft ergeben. Je besser der Leser diese Figur kennenlernt, desto sympathischer wird sie und besser kann er ihre Beweggründe für ihre Handlungsweisen nachvollziehen.

Ich finde auch die Verbindungen zwischen den Märchenfiguren nicht so verwirrend, wie beim letzten Mal. Colfer konzentriert sich auf weniger Figuren gleichzeitig. Das gefällt mir, weil es das Lesen deutlich erleichtert.

Rotkäppchen bekommt von ihren Untertanen endlich die Quittung für ihr Verhalten. Eigentlich soll man ja nicht schadenfroh sein, aber an dieser Stelle denke ich, sie hat es echt verdient. Wirklich witzig finde ich die Vorstellung, dass eine Königin gewählt werden kann und dass Suse - Rotkäppchens Nachfolgerin - aus dem Königreich eine Republik macht. Hier überträgt Colfer die Realität in seine Märchenwelt. Da Rotkäppchen auch von Anfang an nur gewählte Königin war, zeigt Colfer seinem Leser, dass eine solche Wahl durchaus auch “rückgängig” gemacht werden oder aber bei einem neuen Wahlgang anders ausgehen kann.

Schreibstil:
In diesem Teil besticht Colfer durch immer neue Andeutungen. Einige löst er auf, andere lässt er für die Nachfolgegeschichten. So endet dieser Roman mit einem echten Cliffhanger, der den Leser zum Nachdenken anregt. Insbesondere deshalb, weil auch die gute Fee eine passende Bemerkung gemacht hat. Und so bleibt am Ende die Frage “Wie kann das denn sein?” und ich bin sehr gespannt darauf, wie er das im nächsten Teil auflösen wird.

Ansonsten bleibt der Autor seinem leicht zu lesenden Stil treu, was mich sehr freut. Allerdings fiel es mir auf, dass offenbar auch in diesem Roman die korrekten Genderformen eingehalten werden. Das mag in der heutigen Zeit politisch korrekt sein, wenn aber Sätze künstlich verlängert werden, wenn statt von den Majestäten und den Bürgern nun von Könige und Königinnen und Bürgern und Bürgerinnen die Rede ist, dann geht dies zu Lasten der leichten Lesbarkeit. Da mir dies in den Vorgängern nicht aufgefallen ist, gehe ich davon aus, dass hier beim Übersetzen entsprechende Änderungen vorgenommen wurden. Ich hoffe sehr, dass nicht auch noch die furchtbaren Schreibweisen wie z.B. BürgerInnen Einzug halten werden. Ich finde, in Büchern sollte es doch eher um die Geschichte als um das perfekte Gendering auf Kosten der Lesbarkeit gehen.

Besonders gut gefallen hat mir die Aufteilung der Geschichte auf beide Welten, bevor Connor es geschafft hatte, ein Portal wieder zu öffnen. Es machte mir ausgesprochen viel Spaß Connor und Bree auf ihrem Weg durch Europa zu begleiten. Es passt alles zusammen, die Orte die der Autor beschreibt, sind recherchierbar - sogar das Hotel Kaiserhof, selbst wenn dieses schon längst nicht mehr existiert.

Und auch Alex' Weg in der Ausbildung ist spannend. Immer wieder streut der Autor Mitteilungen an seine Leserschaft ein, die übertragbar auf das ganz reale Leben sind. Je mehr sich der Leser mit den Figuren identifiziert, desto eher werden ihn diese Nachrichten erreichen, schätze ich.

Fazit:
Mir hat dieser Teil bisher am besten gefallen, deshalb gibt es diesmal 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 29.04.2021

Der beste Takeda bisher!

Inspektor Takeda und der lächelnde Mörder
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Das Buch:
Es handelt sich hier um den 3. Teil aus der Krimi-Reihe um den japanischen Inspektor Ken Takeda, der in Hamburg ermittelt. Wie immer kann der Roman unabhängig von allen anderen gelesen werden, ...

Das Buch:
Es handelt sich hier um den 3. Teil aus der Krimi-Reihe um den japanischen Inspektor Ken Takeda, der in Hamburg ermittelt. Wie immer kann der Roman unabhängig von allen anderen gelesen werden, da der Fall in sich abgeschlossen ist. (Für mich ist es der 4. Teil)

Worum geht’s?
An einem grauen Novembermorgen am Bahnhof Dammtor stürzt eine junge Frau vor die einfahrende S-Bahn. Oder wurde sie gestoßen? Erste Eindrücke und ein Geständnis lassen diesen Schluss zu. Allerdings kommen nur all zu schnell Zweifel - sowohl an den Eindrücken als auch am Geständnis - auf. Der nächste Mord lässt nicht lange auf sich warten und wieder ist einer der Jugendlichen vor Ort. Zufall oder hat er doch etwas damit zu tun?

Charaktere:
Ich mag Ken Takeda schon seit dem ersten Teil. Gerade seine manchmal recht melancholische Art, seine Art Traditionen zu bewahren und seine Leidenschaft für Saxophon und japanischen Whisky machen den Japaner sympathisch. Ebenso seine Sicht auf die Deutschen und wie er seine Wahlheimat Hamburg wahrnimmt. Aber in diesem Teil zeigt der Autor ein Stück Takeda, das man so gar nicht vermutet hätte. Ken Takeda litt unter dem Regime seines Vaters - mehr als man bis hier hätte annehmen können - und in dem jungen Simon Kallweit, dem jugendlichen Verdächtigen, erkennt Takeda Parallelen zu seiner eigenen Jugend. Stück für Stück erzählt Siebold aus dieser Jugend, von Takedas Hingabe für Mangas und wie er sich darin verlieren konnte, wie er aus diesem furchtbaren Kreislauf wieder ausbrechen konnte. Gerade dieses Stück Vergangenheit bringt den Inspektor dem Leser sehr nahe.

In diesem Teil habe ich Ken manchmal sogar etwas verlottert empfunden - nicht unangenehm, aber anders als sonst. Während er gewöhnlich überaus gepflegt auftritt, konnte es diesmal passieren, dass er nicht gar so sehr auf sein Äußeres achtete. Auch bedurfte dieser Fall eines übermäßigen Whisky-Genusses. Darüber habe ich eher geschmunzelt, denn dass er diesem Getränk zugetan ist, ist dem Leser seit dem ersten Teil bekannt.
Ebenfalls sehr deutlich wird hier sein innerer Konflikt in Bezug auf seine Kollegin Claudia Harms. Er mag sie, daran besteht gar kein Zweifel. Ihre raue, laute Art und man wird das Gefühl nicht los, dass da deutlich mehr als bloße Sympathie ist. Eine Eigenschaft, die die Figur des Takeda äußerst menschlich und lebendig macht.

Claudia Harms… eine Klasse für sich, möchte ich sagen. Sie und Ken könnten gegensätzlicher nicht sein. Während er japanisch zurückhaltend agiert, auch mal schweigt und sich entschuldigt, poltert sie los. Claudia hat wenig Hemmungen sich mit ihren Kollegen und ihrem Chef anzulegen, wenn sie meint, dass sie im Recht ist. Sie flucht laut und intensiv. Herrlich finde ich ihre Aussage “Nun seien Sie doch nicht so japanisch!”, wenn Ken ihrer Meinung nach mal wieder zu zurückhaltend ist. Aber gerade diese Gegensätzlichkeit macht das Ermittlerteam so authentisch und vor allem effizient. Wo andere längst aufgeben, fangen Ken und Claudia erst an.

Auch bei ihr regen sich langsam mehr als freundschaftliche Gefühle für Ken, doch genau wie er, will sie sie nicht zulassen. Immerhin ist Claudia nicht die geborene Beziehungskünstlerin - im Gegenteil. Und mit Kollegen ja sowieso nicht… Dieses Pritzeln zwischen Ken und Claudia gibt dem Roman das gewisse i-Tüpfelchen. Es ist niemals vordergründig, man bemerkt es eher an Kleinigkeiten und das macht es so reizend.

Der junge Simon Kallweit hat mir gut gefallen. Mit ihm hat mich der Autor dauernd zwischen “der muss es gewesen sein” und “nee, der kann es nicht gewesen sein” hin und her geschickt. Siebold lässt das Bild eines Jugendlichen auferstehen, das so greifbar zu sein scheint, aber immer dann, wenn es Gestalt annimmt, ist das Bild wieder weg. An ihm und auch an anderen Jugendlichen zeigt der Autor viel von dem, was digitale Medien heute bewirken können. Das stimmt nachdenklich - zumindest mich.
Allerdings hat er Simon Kallweit auch sehr tief in die Welt der Mangas eintauchen lassen und hat viel darüber in die Geschichte einfließen lassen - so viel, dass ich mir das Manga, um das es hier geht, besorgt habe.

Schreibstil:
Henrik Siebold schreibt sehr anschaulich ohne detailverliebt zu sein. Als Hamburger sieht der Leser seine Stadt vor Augen, weiß genau, wo er sich befindet. Jemand, der die Stadt nicht kennt, bekommt einen sehr guten Eindruck. Siebold schreibt nicht nur in Hamburg, sondern auch über Hamburg. Besonders gefallen hat mir die Beschreibung der Gegensätzlichkeiten - arm und reich liegen nah beieinander in dieser Stadt. Und ich mag seine Beschreibungen, wie Ken die Deutschen wahrnimmt und immer wieder den Kopf schüttelt - das aber übrigens auch über seine eigenen Landsleute.

In diesem Teil vereint Siebold das erste Mal wirklich viele Themen. Die bisherigen Teile, die ich gelesen habe, hatten im Grunde ein Hauptthema. Diesmal behandelt er diverse Themen: Politik, digitale Medien, Mangas, japanische Kultur, Mobbing. Diese Vielfältigkeit gibt dem Fall eine Komplexität, die den Leser mitreißt. So gibt es vielfältige Wendungen, neue - und reichlich falsche - Fährten und viele Verknüpfungen von unterschiedlichen Fällen. Allerdings braucht man sich nicht darum zu sorgen, ob man den Überblick behält. Der geht zu keiner Zeit verloren.

Die Auflösung um den Täter kommt sehr, sehr spät und aus einer Ecke, die zumindest ich überhaupt nicht in Erwägung gezogen habe. Einzig, dass der Weg dorthin eher zufällig ist, stört das Ganze vielleicht. Aber sind wir mal ehrlich: Im wahren Leben muss auch hin und wieder einfach der Zufall helfen. Ansonsten sind die Verknüpfungen stets logisch und nachvollziehbar.

Fazit:
Absolut lesenswert, spannend bis zur letzten Seite und für mich der beste Takeda bisher. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 29.04.2021

Jede Menge Neuanfänge

Die Stimmlosen
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Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den quasi 3. Teil der Reihe Leise Helden. Quasi deshalb, weil er als 2. Band erschien, zeitlich betrachtet aber als 3. in die Reihe gehört. Das Buch kann zwar ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den quasi 3. Teil der Reihe Leise Helden. Quasi deshalb, weil er als 2. Band erschien, zeitlich betrachtet aber als 3. in die Reihe gehört. Das Buch kann zwar unabhängig von den anderen beiden Bänden gelesen werden, macht jedoch deutlich mehr Freude, wenn man zumindest den Vorgänger “Im Lautlosen” kennt.
Der zeitliche Rahmen umfasst die Jahre 1945 bis 1953 - eine Zeit, die geprägt war von Neuanfängen.

Worum geht’s?
Hamburg 1945 - der Krieg ist vorbei, die Stadt ist nur noch ein Trümmerhaufen und von den Briten besetzt, die Menschen hungern und haben kein Dach über dem Kopf. Hamburg ist ein trostloser Ort, an dem jeder nur noch ums Überleben kämpft. Vor dieser Kulisse treten Fritz Ellerweg, Richard und Paula Hellmer und der Brite Arthur Grifford den Weg in eine neue, ihre Zukunft an. Dabei wird ihnen weiß Gott nichts geschenkt, aber niemals verlieren sie ihren Mut und ihre Lebenslust.

Charaktere:
Wenn es eine Figur in einem Roman gibt, in die ich mich verknallen würde, dann wäre das wohl Fritz Ellerweg. Neben Richard und Paula Hellmer und Arthur Grifford ist er die zentrale Figur dieser Geschichte.

Fritz ist Chirurg. Nicht irgendein Chirurg, sondern ein richtig guter, der an der Front lernte unter den widrigsten Umständen Höchstleistungen zu erbringen, der es gelernt hat, mit den wenigen Dingen, die ihm zur Verfügung stehen, lebensrettende Maßnahmen zu erschaffen und der sich nicht zu fein ist um Hilfe zu bitten. Man könnte meinen, er sei ein Held! Ist er wohl auch, aber das ist es nicht, worauf die Autorin abhebt. Vielmehr zeigt sie den Menschen Fritz Ellerweg. Fritz hat Humor und brachte mich mit seiner Art, Dinge zu beschreiben und auf den Punkt zu bringen, immer wieder zum Lachen. Das Leben in Hamburg in der Nachkriegszeit ist alles andere als leicht, aber Fritz nimmt das Leben einfach nicht so ernst, sondern eben so, wie es kommt. Aus jeder Situation zieht er das Beste heraus - auch wenn es schwer ist. Um sein und das Überleben seiner Freunde zu sichern, übertritt er auch legale Grenzen, aber niemals wäre ich auf die Idee gekommen, ihn dafür zu verurteilen. Im Gegenteil ich bewunderte seinen Mut - immerhin hätte das auch nach hinten losgehen können.

Sein bester Freund Richard und dessen Frau Paula sind die Personen, die ihm nicht erst seit dem Krieg am nächsten stehen. Alle 3 haben während des Krieges fürchterliche Verluste hinnehmen müssen, aber trotzdem geben sie nicht auf. Nie!
Neben Fritz wirkt Richard sehr ruhig und bedacht. Dabei ist er jedoch nicht weniger mutig als Fritz und auch Richard beweist immer wieder, dass er Humor hat. Zusammen sind die beiden beinahe unschlagbar. Es gibt einige Szenen, in denen die Autorin die Unbeschwertheit des Lebens wieder auferstehen lässt, obwohl in dieser Zeit nichts unbeschwert ist, wenn man es genau bedenkt. Ich habe zeitweise herzlich gelacht, wenn ich mir das bildlich vorstellte.

Gleichwohl hat mich Melanie Metzenthin aber auch wieder einmal gelehrt, dass es gut sein kann, genügend Taschentücher parat zu haben. Denn so herrlich diese beinahe friedlichen Szenen waren, so tief treffen den Leser auch die weniger schönen Szenen, wenn den Protagonisten Leid geschieht, wenn ihnen Unrecht widerfährt - und das passiert nicht nur einmal.

Der Krieg hat alle Protagonisten gezeichnet und so versucht Richard mit der Vergangenheit aufzuräumen und seinem Erzfeind endlich zu seiner gerechten Strafe zu verhelfen. Hierbei ist ihm die Aufmerksamkeit des Lesers absolut sicher. Die Gerichtsverhandlungen sind so authentisch und bildlich. Ob er es schafft, müsst ihr selbst lesen!

Der dritte Charakter, der mich sehr beeindruckt hat, ist Arthur Grifford. Am Anfang noch recht unscheinbar entwickelt er sich zu einem so liebenswerten Kerl, der seine eigenen Probleme hat, die durch den Krieg entstanden sind. Mit ihm zeigt die Autorin die andere Seite, denn immerhin ist Arthur Brite und damit eigentlich der Feind. Dass dies aber keineswegs so sein muss, beweist Melanie Metzenthin eindrucksvoll. Und sie tritt ebenfalls den Beweis an, dass Freundschaft über jedwede Nationalität erhaben ist. Mir lief öfter mal eine Gänsehaut über den Rücken, wenn eben diese Nationalitäten zum Stolperstein zu werden drohten.

Alle Figuren in diesem Roman sprühen vor Leben, selbst kleinere Figuren am Rand bleiben nicht grau. Die Charaktere sind so verschieden und haben doch alle dasselbe Ziel - nämlich aus diesem Dilemma des Krieges zu einem würdigen Leben zurückzufinden. Die Autorin schenkt jedem Protagonisten seinen Raum und jeder Leser wird mit Sicherheit die eine oder die andere Figur mehr mögen als die anderen. Aber erst ihr Ensemble macht die Geschichte so rund.

Schreibstil:
Ich habe inzwischen einiges von Melanie Metzenthin gelesen und ich lese ihre Geschichten wirklich gerne. Ihr Schreibstil ist so herrlich gerade heraus. Es gibt keine komplizierten Schnörkel. Die Geschichte bewegt sich immer vorwärts und es wird nie langweilig. Die Autorin schreibt so, wie das Leben eben ist. Niemals geradlinig, aber immer voran. Niemals ohne Kanten, niemals ohne Probleme, aber nach jedem Regen scheint wieder die Sonne. Gerade das macht es wohl aus, dass ihre Geschichte so lebendig und authentisch wirkt.

Melanie Metzenthin bewegt sich diesmal wieder im “Ärztemilieu”. Immerhin sind alle Protagonisten Ärzte. Allerdings versucht sie keineswegs zu erklären, wie Fritz operiert, sondern vielmehr zeigt sie die Umstände unter denen er das tut und unter welchen Umständen Richard und Paula in ihrer Hausarztpraxis zu dieser Zeit ihre Patienten behandeln müssen. Sie erklärt, was erklärt werden muss, nicht mehr! Das gefällt mir ausgesprochen gut, denn so bleibt das Krankenhaus- und Praxisleben für den Leser nachvollziehbar.

Beeindruckend ist auch ihre Beschreibung des zerstörten Hamburg. Sie schafft es über die gesamte Länge des Romans die trübe Stimmung im zerstörten Hamburg latent hoch zu halten. Sie schiebt sie nicht in den Vordergrund, aber während man die Geschichte liest, fühlt man sie. Die Autorin lebt in Hamburg und hat über ihre Stadt intensiv recherchiert. Das merkt man in diesem Roman sehr deutlich, wenn sie Vergleiche zieht, wie Straßenzüge z.B. vor und nach dem Krieg aussahen. Auf diese Art und Weise wird der Roman nicht nur zu einer Geschichte über fiktive Figuren, sondern auch ein Zeugnis einer vergangenen Zeit. Geschichtsunterricht, wie er sein sollte!

Fazit: Großartig! Ein echter Pageturner, der viel zu schnell zu Ende ist, wenn man erst einmal begonnen hat. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Es war einmal…

Land of Stories: Das magische Land – Die Suche nach dem Wunschzauber
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Das Buch:
Mit dieser Rezension habe ich mir viel Zeit gelassen. Einerseits, weil ich mir auch das dazugehörige Hörbuch angehört habe, welches gelesen von Rufus Beck ein echter Genuss ist und andererseits, ...

Das Buch:
Mit dieser Rezension habe ich mir viel Zeit gelassen. Einerseits, weil ich mir auch das dazugehörige Hörbuch angehört habe, welches gelesen von Rufus Beck ein echter Genuss ist und andererseits, weil ich mich immer wieder gefragt habe, in welchem Zusammenhang die Bücher der Land of Stories Reihe mit dem ersten Teil der Tale of Magic Reihe stehen. Auslöser hierfür ist die Ähnlichkeit der Aufteilung der Länder und Namensgleichheiten. Sollte es hier einen Zusammenhang geben, müsste die Tale of Magic Reihe zeitlich betrachtet vor der Land of Stories Reihe liegen, da die Feen Xanthous, Skylene, Emeralda und Mandarina in Tale of Magic gerade ausgebildet werden.

Das vorliegende Buch ist der erste Teil der Serie Land of Stories - Das Magische Land und sollte meiner Meinung nach auch als erstes gelesen werden.
Ich denke, es ist für das Verständnis dieser Geschichte unerheblich, ob der Leser die Märchen kennt oder nicht, die hier angesprochen werden. Viel wichtiger erscheint es mir, sich darauf einzulassen.

Worum geht’s:
Die 11jährigen Zwillinge Alex und Connor haben ihren Vater bei einem Unfall verloren, mussten mit ihrer Mutter in ein gemietetes Haus umziehen und den Buchladen verkaufen um überhaupt über die Runden zu kommen. Da ihre Mutter seit dem Tod des Vaters viel arbeiten muss um die Familie zu ernähren, bleibt beinahe auch ihr 12. Geburtstag auf der Strecke. Nur gut, dass es die Großmutter gibt, die den Zwillingen einen wundervollen Tag bereitet. Zum Schluss schenkt sie ihnen ihr altes Märchenbuch, aus dem sie und der Vater stets vorgelesen hatten und an das Alex und Conner nur gute Erinnerungen knüpfen. Dass das Buch ein Portal in eine andere Welt ist, lernen Alex und Conner kurz darauf auch…

Die Charaktere:
Alex und Connor habe ich absolut lieb gewonnen. Sie sind sich einerseits ähnlich und andererseits so unähnlich. Während Alex eine richtig gute Schülerin ist, schläft Connor im Unterricht gern mal ein. Aber sie sind beide märchenverrückt und wirklich mutig, nachdem sie ins Magische Land eingetaucht sind. Märchen sind eben nichts für Feiglinge.

Während Alex im Magischen Land am liebsten alles ganz genau heraus finden will, will Connor einfach nur wieder nach Hause. Auf ihrer Reise durch die Märchenwelt begegnen die Zwillinge vielen mehr oder weniger bekannten Figuren, die der Autor mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften ausstaffiert, die nicht mehr unbedingt etwas mit den ursprünglichen Märchen zu tun haben müssen, aber durchaus glaubhaft sind.

Während Dornröschen, Schneewittchen und Cinderella z.B. zurückhaltende Königinnen geworden sind, ist mir Rotkäppchen echt auf die Nerven gegangen mit ihrer ewigen Eitelkeit und der Annahme, sie würde immer kriegen, was sie haben will. Vielleicht ist es jedoch gerade diese Überzeichnung bei Rotkäppchen, die dafür sorgt, dass sie dem Leser auch lange nach der letzten Seite noch im Gedächtnis bleibt. Auch ihren Disput mit ihrer ärgsten Konkurrentin Goldlöckchen finde ich hoch amüsant.

Chris Colfer versteht es, seinen Figuren Leben einzuhauchen. Man kann sie sich vor dem inneren Auge gut vorstellen. Wie in Märchen üblich gibt es Gut und Böse und das Gute ist wirklich gut, während das Böse eben wirklich böse und damit der perfekte Gegenspieler ist. So vielfältig die Märchen sind, so vielfältig sind auch die Charaktere in der Geschichte. Und so entsteht ein sehr buntes und lebendiges Bild.

Schreibstil:
Ich finde die Idee Märchen nach ihrem Ende weiterzuerzählen großartig. Was wurde aus Schneewittchen, Aschenputtel oder Dornröschen? Die Königinnen spielen in diesem Teil zwar nur kleine Rollen, dafür erleben wir aber eine ganz neue Stiefmutter. Sie heißt hier nur die böse Königin, aber wie wurde sie dazu? Das ist eine der Geschichten, die Chris Colfer erzählt und damit eine böse Figur aus den Märchen menschlich werden lässt.

Dem Leser begegnen in diesem Buch unglaublich viele Märchen. Viele sind bekannt, andere nicht so sehr. Es ist eine Freude, herauszufinden wie die nicht so bekannten Märchen verlaufen und wie sie sich in diese Geschichte einfügen. Ich habe hin und wieder mal bei Google nachgeschaut, wenn mir etwas nicht bekannt vorkam.

Die Geschichte ist spannend erzählt, hat immer wieder Wendungen, die man so vielleicht nicht erwarten würde. Chris Colfer bewegt sich - und damit seinen Leser - sicher durch sein magisches Land. Es wird nicht langweilig, den Kindern zu folgen und in Gefahrensituationen mit ihnen zu bangen und zu hoffen, dass sie alles für den Wunschzauber zusammen kriegen. Einzig die Auflösung am Ende kam nicht gänzlich unerwartet. Man kann sie im Laufe der Zeit erahnen, ohne dass es irgendwo eine Bestätigung gäbe, bevor es an der Zeit ist.

Colfers Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen. Die Zielgruppe wird damit gut klar kommen, insbesondere, weil wir uns mit diesen Geschichten auf eigentlich bekanntem Terrain aus Kindertagen bewegen. Man kann sich ohne Probleme in die Geschichte fallen lassen und findet sich alsbald in Gegenwart der Kinder im Märchenland wieder. Es ist leicht, sich alles vorzustellen. Der Autor beschreibt sehr gut ohne zu detailverliebt zu sein. Er lässt so genügend Raum für eigene Bilder im Kopf.

Die Illustrationen an den Kapitelanfängen sind sehr niedlich und passend zum Inhalt des Kapitels. Da ich das ebook gelesen habe, kann ich mehr dazu nicht sagen, aber ich halte diese Art der Illustration für diese Zielgruppe angemessen.

Einziger Kritikpunkt ist der Preis. Unabhängig davon, welchen Umfang das Buch hat, halte ich den Preis von 20 Euro für zu viel. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Bücher so manchem aus eben diesem Grunde vorenthalten bleiben, denn in der Bibliothek sind sie für Monate vorbestellt - selbst auf die ebooks wartet man sehr lange! Das finde ich sehr schade, denn gerade die Welt der Märchen verschwindet immer mehr aus dem heutigen Leben.

Fazit: Eine wundervolle Art alte Märchen neu auferstehen zu lassen. Ich denke, das Buch lohnt sich unabhängig davon, ob der Leser märchensicher ist oder nicht. 5 von 5 Sternen

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