Düstere, realistisch wirkende Fantasy
Der Zeichner der FinsternisIch habe das Buch vor allem deswegen gelesen, weil ich die Autorin, Ilsa J. Bick, genial finde. Ich liebe ihren Schreibstil einfach, er packt einen und verleitet dazu, mehr und damit länger zu lesen, als ...
Ich habe das Buch vor allem deswegen gelesen, weil ich die Autorin, Ilsa J. Bick, genial finde. Ich liebe ihren Schreibstil einfach, er packt einen und verleitet dazu, mehr und damit länger zu lesen, als man eigentlich vorhatte. Ich könnte gar nicht sagen, woran genau das liegt, aber die Kapitel lassen sich flüssig lesen. Dazu kommt dann noch, dass an vielen Kapitelenden ein Mini-Cliffhanger ist, der die Spannung aufrecht erhält und wegen denen man oft einfach nicht vom Buch wegkommt.
Zur Handlung kann ich nur sagen - Wow! Ich hatte ja nicht so wirklich eine Ahnung, um was es in dem Buch eigentlich geht. Klar hat sich das, was auf dem Klappentext steht, total interessant angehört, aber irgendwie konnte ich mir noch kein richtiges Bild von der Handlung machen. Es geht darum, dass Christian, der Protagonist, Dinge zeichnet, die irgendwie real werden? Und seine Eltern sind verschwunden und er möchte sie wiederfinden? Hört sich spannend an und so, aber was soll alles passieren? Irgendwie hat sich Christian auch böse angehört, wegen diesem "Und manchmal bringe ich damit jemanden um". Dabei ist er gar nicht böse. Zwar auch auf keinen Fall die netteste Person im Buch, aber eben auch nicht böse, kein Serienmörder oder so. Das und dass ich noch keinen Schimmer von der Handlung hatte, hat dann aber nicht dazu geführt, dass ich enttäuscht wurde, sondern zum genauen Gegenteil! Das Buch fängt ja quasi mit dem Ende an und dann wird rekapituliert, was alles geschehen ist, wie es dazu kommen konnte. Es war also wie ein Puzzle, bei dem man bloß die Teile gefunden hat, aber nicht die dazugehörige Schachtel und man so erst herausfinden musste, was für ein Motiv sich ergibt. Und es war dadurch megaspannend.
Am Anfang fand ich alles noch ziemlich verwirrend. So viele Sachen, die passiert sind, so vieles, was unerklärlich und auch nicht unbedingt miteinander verbunden scheint und nach und nach kommt dann heraus, was alles zu bedeuten hat und außerdem, wie es zusammenhängt. Die Geschichte hat eindeutig etwas von einem Krimi, bei dem man einen Fall aus einer früheren Zeit löst, gemixt mit Fantasy. Erstmal zum Geschichtlichen: "Zeichner der Finsternis" beschäftigt sich viel mit Nazis und Juden und wie deutsche Kriegsgefangene in Amerika untergebracht wurden. Zwar fand ich es doch ziemlich klischeehaft, wie die Deutschen mal wieder als die Bösen dargestellt wurden, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich selbst aus Deutschland bin. Ansonsten fand ich es seeehr interessant, was so geschichtlich in das Buch verwebt wurde. Und dann natürlich zum Fantasy-Teil: Der Klappentext verrät ja schon, dass sich im Buch auch Übersinnliches abspielt. Das Zeichnen, das über harmlose Malerei herausgeht, und das Gedankenlesen. Christian kann also irgendwie in die Köpfe anderer Menschen blicken und manchmal erlebt er sogar Dinge aus der Vergangenheit anderer Leute mit, sieht, was sie gesehen haben. Was ich an der Autorin ja noch so mag, ist, dass sie Übernatürliches so erklärt, dass es total logisch erscheint. Wenn andere Autoren das Buch schreiben würden, es würde auf keinen Fall so rüberkommen, als ob es auch wirklich so passieren könnte. Aber so...die ganzen Erklärungen über Schlafrhythmus und Alzheimer werden so interpretiert, dass Gedankenlesen auf einmal plausibel ist. Natürlich ist manches immer noch ziemlich abgedrehte Fantasy, aber, na ja, deswegen ist es ja auch ein Fantasy-Buch.
Was das Ende anbelangt, bin ich mir nicht sicher, ob ich es gut finden oder ich mir deswegen die Haare raufen soll. Es ist einfach so unglaublich offen! Ich dachte ehrlich, es würde noch etwas kommen, doch dann - Ende. Da wünscht man sich echt noch einen Band, der das ein bisschen aufklärt. Andererseits kann man so wunderbar spekulieren, was noch passieren könnte.
Die Charaktere im Buch fand ich so ziemlich alle okay. Es ist nunmal so, dass die Autorin aus der Sicht von Christian erzählt, in der Ich-Perspektive, deswegen kann man sich ihn richtig gut vorstellen - und er ist mal ein echt interessanter Protagonist, weil er schon ein wenig seltsam ist und nicht gerade beliebt in der Schule und dann noch, wenn er sich selbst fragt, ob er denn verrückt wird -, aber dadurch werden die anderen Charaktere eben ziemlich nebensächlich. Zwar mag ich Onkel Hank, Sarah und vor allem auch Dr. Ranier, aber ich könnte nicht wirklich sagen, wie sie denn so sind. Außerdem merkt man auch schnell, wer die Bösen sind. Die sind dann eben gemein und böse und sonst nichts, was wieder ein bisschen klischeehaft ist. Dabei mag ich eigentlich die Bösen am liebsten, die auch gute Seiten haben, nicht durch und durch schlecht sind. Na ja, ansonsten sind die Personen ja nicht so durchschaubar, die "Guten" sind auf keinen Fall perfekt.
Insgesamt hat mich das Buch überzeugen können, durch seinen mitreißenden Schreibstil und die spannende und komplexe Handlung. Nur ein paar kleinere Sachen haben mich gestört, weshalb ich nicht die volle Punktzahl geben kann.