Briefe an Herrn Namiya
Der Gemischtwarenladen von Yuji Namiya ist kein Geschäft wie jedes andere, denn der Inhaber verkauft nicht nur allerlei, sondern ist ein gefragter Ratgeber. Mithilfe von Briefen erbitten Menschen in Not ...
Der Gemischtwarenladen von Yuji Namiya ist kein Geschäft wie jedes andere, denn der Inhaber verkauft nicht nur allerlei, sondern ist ein gefragter Ratgeber. Mithilfe von Briefen erbitten Menschen in Not bei ihm eine Lösung für ihre Probleme. Eines Nachts suchen die drei Einbrecher Atsuya, Shota und Kohei in dem Laden Unterschlupf und werden auf unerwartete Weise in diese Sache hineingezogen...
„Kleine Wunder um Mitternacht“ ist ein Roman von Keigo Higashino.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fünf Kapiteln. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Handlungsorte und -zeiten variieren ebenfalls. Die geschickt aufgebaute, komplexe Struktur des Romans hat mir sehr gut gefallen.
In sprachlicher Hinsicht hat mich die deutsche Ausgabe leider enttäuscht. Der offenbar ohnehin recht einfache Stil des Originals wird durch eine in einigen Passagen missglückte Übersetzung gänzlich verschandelt. So entstehen mehrere Stellen, die sich nicht recht erschließen. Wobei: Interessanterweise spricht der Verlag gar nicht von einer „Übersetzung“, sondern einem „Übertragen ins Deutsche“. Zudem ist dem Korrektorat noch etliches durchgerutscht.
Die Charaktere sind reizvoll ausgestaltet. Anders als der deutsche Klappentext vermuten lässt, stehen nicht nur die drei Kleinkriminellen im Vordergrund. Besonders sympathisch finde ich Herrn Namiya selbst, der jedoch relativ wenig Raum erhält. Zwar ist es bei dem Umfang an Personen nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Gut gefallen haben mir aber die vielen Verknüpfungen der Figuren untereinander.
Die Grundidee des Romans finde ich sehr charmant. Inhaltlich geht es vor allem um persönliche Schicksale von Menschen, die sich in einem Dilemma befinden. Die geschilderten Fälle sind interessant und durchaus vielschichtig.
Auf rund 400 Seiten bleibt die Geschichte kurzweilig und abwechslungsreich. Dazu trägt auch eine Komponente des magischen Realismus bei, die sich durch die gesamte Handlung zieht und nachvollziehbar ist. Dabei kommt der Autor zwar nicht an andere schriftstellerische Größen wie Haruki Murakami heran, hat mich mit der Umsetzung aber durchaus überzeugt. Weniger gelungen ist aus meiner Sicht dagegen das letzte Kapitel, das zuerst mit einer Wendung überrascht, dann aber ins Kitschige abgleitet.
Das Cover ist ziemlich nichtssagend, aber hübsch. Der deutsche Titel ist nach meinem Verständnis nicht ganz korrekt.
Mein Fazit:
„Kleine Wunder um Mitternacht“ von Keigo Higashino ist ein unterhaltsamer und besonderer Roman, der jedoch nicht ohne Schwächen ist. Vor allem die misslungene Übertragung ins Deutsche schmälert den ansonsten positiven Gesamteindruck.